Novembergedanken an Holundersuppe

Holunderbeeren am Strauch

von Wolfgang Prietsch

Die Wiese gemäht.
Neue Saat gesät.
Grünschwarz die Bäume,
blattlos kahl.
Durchsichtiger werdende Räume.
Der Novemberhimmel fahl
und totensonntagsstill unser Tal.
Alles will nun
ruh´n.

Eine Mondwechselzeit
ist nicht lang, ist nicht weit,
vergeht, verweht.
Nicht stille steht
der Zeiten Lauf.
Nichts hält den Jahresgang auf.

Vor dreißig Tagen noch
stand die Sonne hoch,
mittags zwölf Uhr.
Fast sommerwarm die Flur,
und die Bäume war´n bunt.
Golden der Herbst.
Helles Licht rund -
um auf Wiese und Holderstrauch.
An roten Dolden Fruchtfülle auch:
Schwarzblaue Beeren leuchten weit,
sind erntebereit,
sind vollreif, wollen gepflückt sein.
Laden in unsere Spankörbe ein
Holderbeeren zuhauf.
Violettroter Sud wallt auf
abends am häuslichen Herd.
Geschätzt und begehrt
ist dicker Holundersaft.
Etwas Zitrone dazu schafft
den erwünschten Geschmack.
Man bindet mit Stärke die Suppe ab
und verleiht ihr sämigen Fluss,
den Holundersuppe haben muss.

Wildfrüchte am Abend,
ein Herbsttag klingt aus.
Nehmen in Gedanken mit nach Haus:
Ein weites Tal,
Gräser ohne Zahl,
der Blätter Bunt,
Vogelstimmen, und
den mäandrierenden Fluss,
Eichelhähers Gruß,
Schilfkolben im Ried,
ein Erntelied,
Sonne und Wind.
Überall ich find
wunderbare Welt,
Wald und Feld,
Baum und Strauch
und – ganz real –
Holunderbeeren auch.

Novembertag, Novembergrau,
auf neues Herbstgold ich vertrau´!
Eis, Frost und Schnee,
starr – kaltes, hartes Winterweh,
ist eins – fix – drei
schnell vorbei:
Und wieder wird Mai,
und wieder wird ein Sommer sein.
Woll´n auf den nächsten Herbst uns freu´n.
Holunderbeeren
werden wir
wie jedes Jahr verzehren.