Mit dem Kulturzug in die Kulturhauptstadt 2016

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von Ursula A. Kolbe

Breslau/Wroclaw ist Europas Kulturhauptstadt 2016, neben der spanischen Hafenstadt San Sebastian. Seit Beginn des Jahres präsentiert sich die niederschlesische Metropole mit ihren über 630.000 Einwohnern in diesem Sinne ihren Besuchern, ist weltoffen, tolerant, gastfreundlich.

Aus rund 400 Projekten wurden wunderbare Ereignisse initiiert, in deren Rahmen das ganze Jahr über nun die vielfältigsten Veranstaltungen stattfinden. So steht jetzt das Frühjahr im Zeichen der UNESCO-Welthauptstadt des Buches. Im Juni lädt eine spektakuläre Opern-Aufführung im Stadtstadion ein – „Die spanische Nacht mit Carmen–Zarzuela-Show.

Der Herbst gehört zu Theaterfestspielen „Die Welt als ein Platz der Wahrheit“, während der die Werke der hervorragendsten Theaterschöpfer aus der ganzen Welt präsentiert werden.

Im Dezember findet ein großes Kinofestival mit der Verleihung der renommierten Europäischen Filmpreise statt. Die In Between Festivals verdeutlichen, wie intensiv der künstlerische Austausch der zeitgenössischen Tanzszene und der Jazzmusik zwischen beiden Städten ist.

Es gibt viele Special Editions der in Breslau organisierten Festivals, wie Brave Festival, Avant Art Festival (Japan), American Film Festival, Chanson-Festival oder die Breslauer Messe für das Kinder- und Jugendbuch GUTE SEITEN“. Mehr unter www.wroclaw2016.pl.

Auch Breslau und Berlin stehen als europäische Nachbarn im Mittelpunkt einer Vielzahl von Veranstaltungen, zu denen Partner aus Kultur, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Sport einladen. Gleichzeitig steht das 25jährige Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags und der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Breslau im Blick.

Die Stiftung Zukunft Berlin hat dies zum Anlass genommen, gemeinsam mit der Kulturhauptstadt Breslau sowie ihren Partnern auf die historischen und aktuellen Beziehungen zwischen beiden Städten aufmerksam zu machen. Ihr gemeinschaftliches bürgerschaftliches Engagement und das gemeinsame Erleben der Kulturhauptstadt eröffnen die Chance zu einer noch engeren Zusammenarbeit.

Das machte auch Rafael Dutkiewicz, Stadtpräsident von Wroclaw, deutlich, als er kürzlich auf der Pressekonferenz in Berlin seine Freude über den großen Besuchererfolg der Europäischen Kulturhauptstadt äußerte und den Stolz auf seine Stadt und ihre Bewohner.

„Der Gedanke, dass sich auch andere europäische Städte – allen voran Berlin – dieser Idee anschließen“, sagte er, „ist eine Ehre und zeigt uns, dass der Zusammenhalt als Nachbarn für die deutsch-polnischen Beziehungen zukunftsweisend ist“.

Ja, die Beziehungen zwischen Breslau und Berlin sind hochaktuell und haben vielfach tiefe historische Wurzeln. Sie sprechen von Nachbarschaft und Aufbruch, geschichtlichen Gemeinsamkeiten, überwundenen Feindschaften, von seltener Stärke, wie sie der Breslauer Kardinal Boleslaw Kominek bewies, von gegenseitigen Einflüssen und Beziehungen.

Vor allem aber von Orten und Menschen in beiden Städten, gesellschaftlichem Leben und aktiver Kultur.
Ein dichtes Netz für den Autoverkehr, die Oder als Wasserstraße und ein internationaler Flughafen machen die viertgrößte Stadt Polens mit 12 Inseln und 112 Brücken nicht nur einzigartig, sondern auch zu einem wichtigen Knotenpunkt in der Oderregion.

Zunehmend enge Kooperationen zwischen Berliner und Breslauer Unternehmen entstehen. Auch in „klassischen“ Branchen wie der Binnenschifffahrt gibt es enge Verflechtungen. In Breslau beheimatete Transportschiffe von OT Logistics sind auf Berlins Wasserstraßen allgegenwärtig.

Lesungen, Ausstellungen, Livemusik im Kulturzug

Kommt der grenzüberschreitende Bahnverkehr zwischen Deutschland und Polen ins Rollen? Vor wenigen Wochen wurde wieder eine Direktverbindung von Grünberg, das heute in Polen liegt und Zielona Góra heißt, nach Berlin-Lichtenberg aufgenommen.

Ein Höhepunkt in diesem Jahr ist der Kulturzug Berlin – Breslau. Am 30. April hat er von Berlin seine erste Reise über Cottbus, Forst, Zary und Zagan in die europäische Kulturhauptstadt Breslau, die Europäische Kulturhauptstadt 2016, aufgenommen und wird bis zum 25. September beide Städte an den Wochenenden verbinden.

Schon auf der viereinhalbstündigen Fahrt können sich die Fahrgäste kulturell einstimmen lassen; neugierig sein auf Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Sport ebenso auf Künstler und Livemusik, Lesungen, Vorträge, in der mobilen Bibliothek „schnuppern“, Ausstellungen sehen.

Abfahrt: Jeden Samstag und Sonntag um 8.31 Uhr in Berlin-Lichtenberg und 8.36 Uhr in Berlin Ostkreuz; Ankunft: Breslauer Hauptbahnhof um 13.03 Uhr. Zurück geht es samstags um 19.21 Uhr mit Ankunft um 23.50 in Berlin Ostkreuz und sonntags um 16.29 mit Ankunft 21.28/21.35 Uhr.

Am 5. und 16. Mai (Christi Himmelfahrt/Pfingstmontag) fährt der Kulturzug wie sonntags. Mehr zum Kulturzug VBB.de; bahn.de.
19 Euro einfache Fahrt / 38 Euro Hin- und Rückfahrt. In diesen Zügen gelten der VBB- und DB-Tarif nicht; keine Fahrradmitnahme möglich. Die Fahrzeuge sind nicht barrierefrei.

Wie man Orte multimedial zusammenbringen kann

Die beiden Städte Breslau und Berlin näher zusammenbringen – Aus dieser Initiative der Stiftung Zukunft Berlin entstand die Idee von Volkmar Umlauft, in jeder der beiden Orte einen Raum zu schaffen, in dessen Inneren man sich in der jeweils anderen Stadt befindet.

Das Ergebnis: LUNETA 2016 – eine begehbare, multimediale Installation, die in ihrer Funktion metaphorisch von einem Fernrohr, polnisch „Luneta“, inspiriert ist. Gleichzeitig, in Breslau und Berlin, können die Besucher in Echtzeit die parallele Wirklichkeit des Partnerortes erleben, etwas über Geschichte, Gegenwart und Zukunft beider Städte erfahren und sich miteinander austauschen.

Die Installation wird in beiden Städten gleichzeitig vom 9. Mai bis 3. Juli 2016 präsentiert. Die auffällige Konstruktion der Außenhülle (ein hellblaues Kuppelzelt von sechs Meter Höhe und 12 Meter Breite) ist bereits von weitem sichtbar.

Im Zentrum der Installation befindet sich die „Membran“, eine Fläche, die den Blick in das „Partnerfernrohr“ erlaubt. Von Breslau aus sieht man in den Raum in Berlin und umgekehrt. Sich zur gleichen Zeit in der Installation befindliche Besucher werden an dieser Stelle füreinander sicht- und hörbar. Sie können miteinander, über Gesten, Sprache, kurze Textnachrichten kommunizieren.

Es gibt viele weitere Angebote. So werden Schulklassen gemeinsam experimentieren und musizieren, und im Umfeld der „Langen Nacht der Wissenschaft“ kann man bei LUNETA hinter die Kulissen schauen.

Alles wird in die jeweils andere Stadt erweitert und bereichert. So soll ein gemeinsamer, zugleich virtueller als auch konkreter, Raum bestehen, der zu Unterhaltung, Nachdenken und kritischem Austausch einlädt.

Standorte:
Berlin: Bahnhof Friedrichstraße/Dorothea-Schlegel-Platz
Breslau/Wroclaw: Vor dem Hauptbahnhof

Öffnungszeiten: täglich 10 bis 22 Uhr

„Berlin und Breslau – Eine Beziehungsgeschichte“

Kulturprojekte Berlin hat das Kulturhauptstadtjahr zum Anlass genommen, in Kooperation mit dem be.bra Verlag das Buch „Berlin – Breslau. Eine Beziehungsgeschichte“ zu veröffentlichen. Dieses Werk will beide Städte einander noch näher bringen.

Herausgegeben von einem deutsch-polnischen Team, Mateusz Hartwich und Uwe Rada, beschreiben mehr als 20 deutsche und polnische Autorinnen und Autoren die verflochtene Geschichte beider Städte, aber auch Gemeinsamkeiten, Konflikte und Utopien.

Das Ergebnis ist die doppelte Stadtgeschichte einer grenzüberschreitenden Region mitten in Europa.
Das Buch wird ab Mai im Handel erhältlich sein.