Drei Gesetzesänderungen für den Wissenschaftsstandort Berlin

Pressemitteilung vom 27.09.2019

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat in seiner Sitzung am gestrigen Donnerstag, den 26. September 2019, drei Gesetzesänderungen beschlossen, die den Wissenschaftsstandort Berlin weiter stärken. Durch Anpassungen im Universitätsmedizingesetz werden Vorstand und Aufsichtsrat der Charité-Universitätsmedizin Berlin weiterentwickelt und die Partizipationsmöglichkeiten erweitert. Unter anderem wird die Bedeutung der Pflege durch einen Sitz im Vorstand unterstrichen, im Aufsichtsrat erhält die Wissenschaft mehr Gewicht und Studierende erstmals eine beratende Stimme. Eine zweite Gesetzesänderung bezieht sich auf das Landesbesoldungsgesetz, das den Berliner Hochschulen künftig eine höhere Handlungsfähigkeit bei der Gewinnung von Professorinnen und Professoren sowie bei Bleibeverhandlungen einräumt. Mit dem dritten Beschluss wurde die Umsetzung des novellierten Staatsvertrages über die Hochschulzulassung zum Medizinstudium vollzogen. Zugleich wurden Anpassungen im örtlichen Auswahlverfahren der Berliner Hochschulen für nicht-medizinische Studiengänge vorgenommen. Neben dem Abitur wird außerschulischen Kompetenzen künftig mehr Bedeutung bei der Vergabe von Studienplätzen eingeräumt. Dadurch verbessern sich die Chancen für beruflich Qualifizierte beim Zugang zum Studium.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin und Senator für Wissenschaft und Forschung, Michael Müller, erklärt dazu: „Mit den erfolgten Anpassungen reagiert Berlin auf konkrete Bedarfe unseres Wissenschaftsstandorts. Die Charité wird für die künftigen Anforderungen deutlich gestärkt, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen wird verbessert und wir sorgen für mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem. Drei weitere Bausteine, die auch unsere Stadt insgesamt voranbringen.“

Änderungen im Universitätsmedizingesetz

Zu den wesentlichen Zielen der Gesetzesänderung zählen die stärkere Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern von Forschung und Lehre an den Entscheidungsprozessen der Charité und die Weiterentwicklung der Governancestrukturen. Die Zusammensetzung des Vorstands wird umgestaltet, um die Belange einer zentralen Wirtschaftsführung eines Universitätsklinikums im Integrationsmodell stärker zu berücksichtigen, im Bereich der Krankenversorgung den medizinischen Aspekt auszubauen und für die gesamte Charité der Herausforderung des Fachkräftemangels, insbesondere im Pflegebereich, angemessen Rechnung zu tragen. Dem Vorstand soll daher künftig zusätzlich ein hauptamtliches Mitglied für Personal und Pflege angehören. In der Position des Vorstandsmitglieds für Finanzen und Infrastruktur sollen künftig Finanz- und Investitionsverantwortung gebündelt werden. Die Ärztliche Direktion, bislang nur kooptiertes Mitglied des Vorstands, soll diesem künftig fest angehören und in der Zuständigkeit für die Krankenversorgung sowohl die ärztliche Kompetenz als auch die Leitung des Klinikums vereinen. Als das für Wissenschaft zuständige Mitglied verantwortet weiterhin die Dekanin oder der Dekan die Belange der medizinischen Fakultät im Vorstand. Die Beteiligung des Fakultätsrats der Charité – als Vertretungsorgan für die Wissenschaft – bei der Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Vorstands sowie bei Entscheidungen des Vorstands mit Auswirkung auf Forschung und Lehre wird ausgebaut.

Für den Aufsichtsrat sieht das geänderte Gesetz fortan einen gemeinsamen Sitz der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin vor, deren gemeinsame Gliedkörperschaft die Charité ist. Zudem erhält der Fakultätsrat der Charité das Recht, zwei Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer als Mitglieder des Aufsichtsrats zu benennen. Als Novum sollen künftig Studierende im Aufsichtsrat beratend mitwirken.

Als neues Organ wird zudem eine Klinikumskonferenz eingerichtet, die der Klinikumsleitung bei ihren Aufgaben im Bereich der Krankenversorgung beratend zur Seite steht. Ihr sollen Leiterinnen und Leiter einzelner Kliniken und Institute angehören, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Beschäftigte aus dem Pflegedienst und der Krankenversorgung, ein Mitglied des Personalrats des Universitätsklinikums, die Frauenvertretung und die Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung. Ziel ist dabei, vorhandene Expertise für die Belange des Universitätsklinikums besser zu nutzen.

Änderungen im Landesbesoldungsgesetz

Die Änderung des Landesbesoldungsgesetzes zielt auf eine Stärkung des Wissenschaftsstandortes Berlin insbesondere im Wettbewerb mit anderen Bundesländern ab. Sie soll die Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Hochschulen und die Attraktivität für bereits in Berlin tätige Professorinnen und Professoren durch die erweiterte Handlungs- und Reaktionsfähigkeit der Berliner Hochschulen steigern. Im § 3 Absatz 2 des Landesbesoldungsgesetzes wurde dafür eine Anpassung der Voraussetzungen zur Gewährung von Bleibeleistungsbezügen vorgenommen. Die Regelung sieht vor, dass diese künftig auch gewährt werden können, wenn die Professorin oder der Professor eine andere Einstellungszusage vorlegt. Bislang war hierfür die Vorlage eines formalen Rufs an eine andere akademische Einrichtung notwendig. Bei Abwerbungsangeboten nichtakademischer Einrichtungen, internationaler Institutionen oder gezielter sogenannter Headhunting-Maßnahmen anderer deutscher Hochschulen führte dies zu Wettbewerbsnachteilen für die Berliner Hochschulen.

Mit der Änderung wird zudem die Möglichkeit eröffnet, Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren zur Gewinnung, zur Verhinderung der Abwanderung und für besondere Leistungen eine Zulage zu gewähren. Entsprechend flexible Besoldungsbestandteile waren bisher nur in den Besoldungsgruppen W 2 und W 3 vorgesehen, nicht aber bei Juniorprofessuren. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Hochschulen und ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern, gilt es insbesondere auch beim sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchs, die Attraktivität der Berliner Hochschulen als Arbeitgeberinnen zu steigern. Andere Länder haben entsprechende Regelungen bereits getroffen und sich hierdurch die Möglichkeit verschafft, die Gehälter der Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren leistungsbezogen zu differenzieren. Mit dieser Möglichkeit ausgestattete Länder haben einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, da sie auf besondere personelle Konstellationen flexibel reagieren können.

Änderungen in der Hochschulzulassung

Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2017 zur Vergabe von Medizinstudienplätzen in Deutschland haben die Bundesländer einen novellierten Staatsvertrag über die Hochschulzulassung in medizinischen Studiengängen beschlossen. Dieser wurde nunmehr in das Berliner Landesgesetz überführt. Zugleich wurden Anpassungen des Berliner Hochschulzulassungsrechts für die nicht-medizinischen Studiengänge (sog. örtliches Verfahren) vorgenommen.

Der novellierte Staatsvertrag regelt, dass in den medizinischen Studiengängen über das zentrale Verfahren der Stiftung für Hochschulzulassung künftig 30 Prozent der Studienplätze über die Abiturbesten-Quote vergeben werden und zehn Prozent über die neu eingeführte zusätzliche Eignungsquote. Bewerberinnen und Bewerbern wird über diese Eignungsquote die Chance eröffnet, durch fachspezifische Eignungstests oder studienrelevante Berufserfahrung einen Studienplatz in einem medizinischen Fach unabhängig von der im Abitur erreichten Note zu erhalten. Abgeschafft wurde im zentralen Verfahren die Wartezeitquote. 60 Prozent der Studienplätze werden weiterhin im Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben.

Für die nicht-medizinischen Studiengänge wurde das Berliner Hochschulzulassungsrecht ebenfalls angepasst. Zu den wesentlichen Änderungen gehört, dass im örtlichen Auswahlverfahren die Gewichtung von außerschulischen Kompetenzen gestärkt wurde. Nach den neuen Bestimmungen werden diese nun beim Auswahlverfahren der Hochschule insgesamt genauso stark gewichtet wie das Abitur. Neu wird zudem eine Vorabquote für in der beruflichen Bildung qualifizierte Personen eingerichtet, die über keine andere Hochschulzugangsberechtigung verfügen. Dadurch werden die Chancen von beruflich Qualifizierten auch in den nicht-medizinischen Studiengängen weiter gestärkt. Das Kriterium der Wartezeit wird im örtlichen Verfahren beibehalten und auf 10 Semester begrenzt.