Verfassungsbeschwerde gegen Geldbußen wegen ordnungswidriger Aufstellung von Spielgeräten und verbotener kostenloser Abgabe von Getränken nach dem neuen Berliner Spielhallengesetz zurückgewiesen

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat am 20. Juni 2014 die Verfassungsbeschwerde des Geschäftsführers einer Spielhallen GmbH in Berlin gegen gerichtliche Entscheidungen wegen Zuwiderhandlung gegen das Spielhallengesetz Berlin (SpielhGBln) zurückgewiesen. Das im Juni 2011 in Kraft getretene Gesetz sieht zahlreiche Verschärfungen des Rechts der Spielhallen in Berlin vor. Dazu zählen auch zwei Bestimmungen, deren vorsätzliche Missachtung dem Beschwerdeführer vorgeworfen wurde: Spielgeräte dürfen seither in Spielhallen nur noch einzelnin einem Mindestabstand von einem Meter und mit einer Sichtschutzblende aufgestellt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 3SpielhGBln). Ferner ist es verboten, in Spielhallen kostenlos Getränke abzugeben (§ 6 Abs. 1 SpielhGBln).

Das Bezirksamt Spandau erließ nach einer Spielhallenkontrolle im Sommer 2012 gegen den Beschwerdeführer einen Bußgeldbescheid wegen vorsätzlicherVerstöße gegen dieseBestimmungen. Das Amtsgericht wies den Einspruch dagegen zurück und verurteilte den Beschwerdeführer zu Geldbußen von je 300 Euro für beide Ordnungswidrigkeiten. Das Kammergericht wies die wegen Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Vorschriften eingelegte Rechtsbeschwerde zurück. Mit seiner Verfassungsbeschwerde machte der Beschwerdeführer erneut geltend, für die angewandten Gesetzesbestimmungen bestehe keine Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin. Die Vorschriften seien außerdem – auch im Vergleich zu den Regeln für Gaststätten und Spielbanken – unverhältnismäßig und verletzten sein Grundrecht der Berufsfreiheit aus der Verfassung von Berlin (Art. 17 Abs. 1 VvB).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Verfassungsbeschwerdeteils als unzulässig und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die vom Beschwerdeführer übertretenen Bestimmungen des Berliner Spielhallengesetzes sind verfassungsgemäß, sie verstoßen nicht gegen seine Grundrechte aus der Verfassung von Berlin.

Die Zuständigkeit des Landes Berlin zum Erlass der beanstandeten Regelungen ergibt sich aus dem Grundgesetz (Art. 70 Abs. 1 i. V. m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG).Im Rahmen der Föderalismusreform haben dieLänderdie bis 2006 dem Bund zustehende Gesetzgebungskompetenz für das „Recht der Spielhallen“erhalten. Nach der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes fallen darunter alle Regeln, die den Betrieb der Spielhallen einschließlich der räumlichen Gegebenheiten im Land Berlin betreffen.Hierzu gehören auch die vom Beschwerdeführer übertretenen und angegriffenen Regelungen, die dem Spielerschutz und der Suchtprävention dienen. Diese Gemeinwohlgründe rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit.Auch unter Berücksichtigung der abweichenden Rechtslage für Gaststätten und Spielbanken liegt kein Verfassungsverstoß vor.

Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin: Beschluss vom 20. Juni 2014 – VerfGH 96/13

Hinweis:

Die für das Verfahren relevanten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin vom 20. Mai 2011 lauten:

§ 1 Spielhallen und ähnliche Unternehmen, Anwendungsbereich
Eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im stehenden Gewerbe, das ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Absatz 1 Satz 1 oder des § 33d Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung oder der gewerbsmäßigen Aufstellung von Unterhaltungsspielen ohne Gewinnmöglichkeit im Sinne der Gewerbeordnung dient…

§ 4 Anforderungen an die Gestaltung und Einrichtung von Spielhallen und ähnlichen Unternehmen
(1) …
(2) In Unternehmen nach § 1 darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch acht Geräte nicht übersteigen. Bei Mehrplatzspielgeräten ist jeder Spielplatz als ein Gerät zu behandeln. Die Geräte sind einzeln in einem Abstand von mindestens einem Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante.
(3) und (4)…

§ 6 Jugend- und Spielerschutz
(1) In Unternehmen nach § 1, in denen Speisen oder Getränke an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Die unentgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken ist verboten.
(2) bis (8) …

§ 7 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

6. entgegen § 4 Absatz 2 Satz 3 Spielgeräte nicht richtig aufstellt,

9. als Inhaberin oder Inhaber oder als Aufsichtsperson eines Unternehmens nach § 1 entgegen § 6 Absatz 1 Satz 2 unentgeltlich Speisen oder Getränke abgibt oder zulässt, dass unentgeltlich Speisen oder Getränke abgegeben werden,

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.