In seiner Oper über den buckligen Hofnarren trieb Verdi die Spannung zwischen den Unwahrscheinlichkeiten der Handlung und der emotionalen Überwältigungskraft des Musiktheaters auf die Spitze.
Jan Bosse erzählt in seiner Inszenierung die Tragödie eines Menschen, der daran scheitert, privates Leben und öffentliches Handeln zu trennen …
Dirigent*in: Dominic Limburg / Giedre Slekyte [Juli]; Regie: Jan Bosse; Mit Attilio Glaser / Andrei Danilov [Juli], Markus Brück, Elena Tsallagova / Marina Monzò [Juli], Samuel Dale Johnson / Michael Bachtadze [Juli], Andrew Harris / Tobias Kehrer [Juli], Maire Therese Carmack / Annika Schlicht [Juli] u. a.
„Bezogen auf den Theatereffekt erscheint mir der Rigoletto als das beste Sujet, das ich bisher in Musik gesetzt habe […]. Dort gibt es Situationen von großer Kraft, Abwechslungsreichtum, Temperament, Pathos.“ (Verdi an Antonio Somma, 22. April 1853)
Mit der Beschreibung der Qualitäten seines 1851 uraufgeführten melodramma nach Victor Hugos Erfolgsstück „Le roi s’amuse“ benennt Verdi zugleich die Herausforderungen, denen sich jede Produktion dieser Oper stellen muss: Rigoletto ist ein Meisterwerk, dessen Besonderheit in der Konfrontation psychologischer Charakterzeichnung mit den Unwahrscheinlichkeiten einer fantastischen Handlung liegt. Wie ein romantischer Schauerroman klingt diese Geschichte: Als Narr im Dienste des Herzogs von Mantua ist der missgestaltete Rigoletto zum Hassobjekt aller Höflinge geworden. Unterschiedslos verspottet er alle, die sein Herr – ein berüchtigter Schürzenjäger – ins Elend gerissen hat. Doch zugleich hat er Angst davor, dass seiner Tochter Gilda ein ähnliches Schicksal drohen könnte und hält sie deshalb versteckt. Doch muss Rigoletto erleben, dass sein Versuch, inmitten einer von Willkür und Gewalt beherrschten Umgebung seine private heile Welt zu bewahren, zum Scheitern verurteilt ist: Auch Gilda wird vom Herzog verführt und geht für ihn sogar in den Tod.
Ihre emotionale Glaubwürdigkeit gewinnt die Geschichte durch Verdis Musik. Durch sie wird Rigoletto zu einer Tragödie, die sich aus dem Aufeinandertreffen dreier völlig verschiedener Menschen ergibt: Der Herzog, der zwar einerseits ein Wüstling ist, dem Verdi jedoch so verführerische Musik geschrieben hat, dass nicht nur Gilda, sondern auch das Publikum regelmäßig seinem Charme erliegt; Rigoletto, der einer jener typischen Verdi-Menschen ist, die die Fähigkeit zum Guten wie zum Bösen in sich bergen; und schließlich Gilda, die in strahlender Reinheit die Prinzipien von Unschuld und Mitleid verkörpert. Man glaubt in Rigoletto vor allem diesen Menschen und begreift durch sie selbst die aberwitzigsten Zufälle der Opernhandlung als unentrinnbares Schicksal.
Dieses Spiel mit den Wirkungskräften des Musiktheaters interessierte auch Jan Bosse bei seiner ersten Berliner Opernarbeit. Sein Rigoletto spielt im Zuschauerraum eines Opernhauses, und wie bei seinen vorherigen Operninszenierungen, Monteverdis L’ORFEO und Cavallis LA CALISTO wird auch diesmal die Grenze zwischen Publikum und Bühne aufgehoben.
ca. 2 Stunden 45 Minuten / Eine Pause
Künstler/Beteiligte: Dominic Limburg (Musikalische Leitung), Jan Bosse (Inszenierung), Stéphane Laimé (Bühne), Kathrin Plath (Kostüme), Jeremy Bines (Chöre), Attilio Glaser (Der Herzog von Mantua), Markus Brück (Rigoletto), Elena Tsallagova (Gilda), Samuel Dale Johnson (Der Graf von Monterone), Joel Allison (Der Graf von Ceprano), Hye-Young Moon (Die Gräfin von Ceprano), Kyle Miller (Marullo), Matthew Newlin (Matteo Borsa), Andrew Harris (Sparafucile), Maire Therese Carmack (Maddalena / Giovanna), Padraic Rowan (Ein Gerichtsdiener), Valeriia Savinskaia (Eine Hofdame), Chor der Deutschen Oper Berlin (Chöre), Orchester der Deutschen Oper Berlin (Orchester)
Laufzeit: Mi, 05.07.2023 bis Sa, 08.07.2023
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Mit Unterstützung des Förderkreises der Deutschen Oper Berlin e. V.
Einführung: 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Rang-Foyer rechts