Die Eingriffsregelung ist ein zentrales Element des modernen Umweltschutzrechts und bietet über das Verursacher- und Folgenbewältigungsprinzip die Voraussetzung, die Sicherung der biologischen Vielfalt, der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft auf Dauer zu gewährleisten.
Das “Berliner Verfahren zur Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Land Berlin” ist seit 1994 ein bewährtes und anerkanntes Verfahren zur Bewältigung der Eingriffsregelung – sowohl im Rahmen von Bebauungsplänen als auch bei Planfeststellungsverfahren und anderweitigen Vorhaben. Mehrfach aktualisiert und den jeweils aktuellen Rahmenbedingungen angepasst, ermöglicht dieses Bewertungsverfahren die aus der Eingriffsregelung resultierenden naturschutzrechtlichen Anforderungen in die Stadtentwicklung zu integrieren.
Im ersten Teil wird das “Ausführliche Verfahren” dargestellt, das auf einer Überarbeitung des sogenannten “Auhagen-Verfahrens” beruht. Auf eine erneute Herleitung der Methode wird weitgehend verzichtet, da das Verfahren in Berlin etabliert ist und sich bewährt hat. Datengrundlagen, Handlungsanleitungen, Bewertungsrahmen sowie weitere verfahrensbezogene Informationen, die die Planer und Planerinnen für eine sachgerechte Anwendung der Verfahren benötigen, können der Methodik entnommen werden. Die rechtliche Stellungnahme von Prof. Dr. Dolde erläutert die Folgen des Wannseebahnbahngrabenbeschlusses für das “Ausführliche Verfahren”.
Im zweiten Teil wird das für Berlin entwickelte “Verfahren zur Ermittlung von Kostenäquivalenten” vorgestellt. Dieses sogenannte vereinfachte Verfahren wurde weitestgehend beibehalten.
2019 fand unter Berücksichtigung der Beratungsergebnisse mit Bezirken und Planungsbüros eine Evaluierung des Bewertungsverfahrens mit Stand 2017 statt. Zusätzlich ergab sich mit der Einführung des Ökokontos im Rahmen der wachsenden Stadt (insbesondere für die großen Wohnungsbauvorhaben), die Notwendigkeit, das ausführliche Verfahren um ein „Erweiterungsset“ zu ergänzen.
In der vorliegenden Fassung sind im Wesentlichen folgende Punkte überarbeitet worden:
- abiotischer Naturhaushalt: Anpassung der Bewertungsrahmen einiger Wertträger (Naturnähe des Wasserhaushalts: redaktionelle Änderungen sowie Einordnung der Dachbegrünung allein über die Substratstärke; Stadtklimatische Funktion: Einordnung der Dachbegrünung allein über die Substratstärke) sowie Wegfall des Zuschlags Reduzierung Gewässerbelastung
- Biotopbewertung: Änderung der Bewertung des Biotoptypenbestandes für nicht vorhabenbedingt in Anspruch genommene Flächen
- Schutzgut Pflanzen und Tiere: Berücksichtigung National geschützter Arten als Zuschlag beim Wertträger Biotoptypen, Vorgaben zur biotischen Bewertung von Dachbegrünungen, Anpassung der Zuschläge für Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung des Biotopverbunds im Planfall
- Schutzgut Landschaftsbild: Überarbeitung der Bewertungsrahmen für die Qualität des Landschaftsbildes, die Qualität des Stadtbildes sowie die Bedeutung der Grünflächen und des Freiraumes für die Erholung
- Entwicklung eines Erweiterungssets zum Ausführlichen Verfahren für Kompensationsmaßnahmen in Maßnahmenräumen (Maßnahmenkomplexe) außerhalb des Eingriffsbereichs
- Empfehlungen für den Umgang mit zeitlich befristeten Vorhaben
- Überarbeitung der Schnittstelle zum aktuellen Leitfaden zur Waldumwandlung und zum Waldausgleich im Land Berlin – Band 2: Modell zur Bewertung des Waldbestandes (SenUVK 2020)
- Anhand von Fallbeispielen konnte die Praktikabilität nachgewiesen werden; sie dienen der Nachvollziehbarkeit des Verfahrens.
Für die Anwendung des Leitfadens werden hinreichende Kenntnisse in der Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorausgesetzt. Der Leitfaden ersetzt nicht die einschlägige Fachkompetenz und Fachliteratur.
Die Verfahren werden von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt zur Anwendung empfohlen, wobei begründete Abweichungen und Anpassungen möglich bleiben.