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Rundschreiben Pflege Nr. 01/2017 über Anrechnung der zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen nach § 38a SGB XI auf Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b SGB XII

p(. vom 21. September 2017

Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.05.2017 (B 8 SO 14/16 R)

Zur Frage der Anrechenbarkeit des Wohngruppenzuschlags gemäß § 38a SGB XI auf die Leistungen der Hilfe zur Pflege in einer ambulant betreuten Wohngruppe gemäß §§ 61 ff. SGB XII hat das Bundessozialgericht (BSG) am 12.05.2017 erstmalig ein höchstrichterliches Urteil gefällt (Az.: B 8 SO 14/16 R ).

Zwar hat das Bundessozialgericht die Sache wegen weiterer Ermittlungen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen, gleichzeitig jedoch entgegen den Vorinstanzen festgestellt, dass es sich bei dem Wohngruppenzuschlag weder um zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 88 Absatz 1 Nr. 1 SGB XII noch um eine zweckentsprechende Leistung i. S. d. § 66 Absatz 4 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung handelt.

Begründet wird diese Rechtsauffassung damit, dass die Leistungen der Hilfe zur Pflege, auch soweit sie nach dem bis zum 31.12.2016 geltenden Recht über die Leistungen der Pflegeversicherung hinausgehen konnten, lediglich die individuellen pflegerischen Bedarfe der Leistungsberechtigten erfassen. Auch die im Land Berlin nach § 75 Absatz 3 SGB XII vereinbarten Tagespauschalen für die in Wohngruppen zu erbringenden ambulanten Leistungen sind entsprechend der bundesgesetzlichen Vorgaben nach Auffassung des Gerichts als individuell pflegerische Leistungen vereinbart.

Der Wohngruppenzuschlag dient dagegen dem zusätzlichen, vor allem organisatorischen und verwaltenden Aufwand in einer Wohngruppe.

Von einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte ist in der Regel auszugehen. Soweit im Einzelfall kein besonderer Sachverhalt vorliegt, wird daher empfohlen, diese höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich anzuerkennen.

Das Urteil sollte in allen offenen (Alt-)Verfahren berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass im vergleichbaren Fall
  1. die Kläger in Parallelverfahren vor dem Sozialgericht Berlin oder dem Landessozialgericht Berlin/Brandenburg durch Anerkenntnis klaglos zu stellen sind.
  2. diesbezüglichen Widersprüchen abzuhelfen bzw. stattzugeben sind und
  3. Erstattungsforderungen und Erstattungsklagen gegen Pflegekassen, die den Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X des Landes Berlin auf den Wohngruppenzuschlag nicht anerkannt haben, zurückzunehmen sind.

Auch für das seit 01.01.2017 geltende Recht ist das BSG-Urteil zu berücksichtigen. Bei dem Wohngruppenzuschlag handelt es sich nicht um gleichartige Leistungen im Sinne von § 63b Absatz 1 und 6 SGB XII in der ab 01.01.2017 geltenden Fassung. Der Leistungskomplex 19 wurde in Bezug auf den Wohngruppenzuschlag bislang auch nicht inhaltlich geändert. Bei laufenden Leistungsfällen ist daher der Wohngruppenzuschlag künftig nicht mehr anzurechnen.

Darüber hinaus sind auch bestandskräftige Bescheide, die eine Anrechnung des Wohngruppenzuschlags auf die Hilfe zur Pflege vorgesehen haben, nach § 44 Absatz 1 Satz 1 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit im Einzelfall, d. h. nur wenn der konkrete Verwaltungsakt zur Überprüfung gestellt wird, zurückzunehmen.

Bei diesen Bescheiden handelt es sich regelmäßig um rechtswidrige Verwaltungsakte, die – soweit die (höhere) Leistung der Hilfe zur Pflege nicht bewilligt worden ist – nicht begünstigend sind (BSGE 84, 281, 285; Steinwedel in Kass. Kommentar 93. Aufl., 2017, SGB X, § 44 Rn. 12-18). Ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt ist nach § 44 SGB X zurückzunehmen, wenn die Behörde das Recht objektiv unrichtig angewendet hat und dadurch Sozialleistungen nicht gewährt worden sind. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich auf Grund einer klärenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Verwaltungsakt als von Anfang an rechtswidrig erweist.

Dabei ist nach § 116a Nr. 2 SGB XII i. V. m. § 44 Absatz 4 Satz 1 SGB X zu beachten, dass die rückwirkende Erbringung der Hilfe zur Pflege ab dem Rücknahmeantrag längstens für den Zeitraum von 1 Jahr möglich ist, zurückgerechnet ab Beginn des Jahres, in den die Rücknahme bzw. der Antrag auf Rücknahme fällt. Das bedeutet z. B. eine etwaige Rückzahlung bis längstens 01.01.2016, wenn der Verwaltungsakt noch in 2017 zurückgenommen wird.

Überprüfung im Einzelfall heißt, dass eine Rücknahme nach § 44 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zu prüfen und ggf. vorzunehmen ist, wenn der Leistungsberechtigte einen Überprüfungsantrag gestellt hat. Insbesondere wenn der Wohngruppenzuschlag für die Zukunft nicht weiter angerechnet wird, muss der Sachverhalt auch für die Vergangenheit von Amts wegen mitgeprüft werden. Die Überprüfungspflicht besteht auch dann, wenn sich ansonsten bei Bearbeitung des konkreten Falls, etwa wegen der Änderung der Pflegebedürftigkeit oder der Überprüfung der Einkommensverhältnisse, Anhaltspunkte für die Rücknahme ergeben. Die sofortige Überprüfung sämtlicher Vorgänge mit Bewohnern von Pflege-Wohngemeinschaften ist hierfür nicht erforderlich (kein „Aktensturz“).

Die rückwirkende Nachzahlung der Hilfe zur Pflege setzt jedoch voraus, dass eine von den Mitgliedern einer ambulant betreuten Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragte Person eine Forderung für in der Vergangenheit vereinbarte und erbrachte allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten oder für hauswirtschaftliche Unterstützung erhebt, die auf Grund der Anrechnung des Wohngruppenzuschlags auf individuelle Pflegeleistungen des Pflegedienstes nicht bezahlt worden sind. Hierfür sind auch die vereinbarten Tätigkeiten in schriftlicher Form vorzulegen. Entsprechendes gilt, wenn Leistungen eines Pflegedienstes auf Grund der Anrechnung des Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI auf die Hilfe zur Pflege noch nicht bezahlt worden sind.

Auf den Zinsanspruch gemäß § 44 Abs. 1 SGB I wird hingewiesen. Sofern ein Pflegedienst den zivilrechtlichen Zahlungsanspruch im Wege des Schuldbeitritts nach dem sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis geltend macht, ist dieser allerdings auf den Anspruch des Leistungsberechtigten nach Neubescheidung begrenzt, d. h. rückwirkend bis längstens 01.01.2016 bei Antragstellung in 2017.

Ziffer 3 b) des Rundschreibens Soz Nr. 05/2014 vom 12.12.2014 wird aufgehoben.

Haushaltstechnische Umsetzung:
Für Zahlungen bzw. Nachzahlungen des Wohngruppenzuschlags des Haushaltsjahres 2017 gibt es keine Besonderheiten zu beachten. Sie sind über OpenProSoz aus den fachlich für die Hilfeleistung festgelegten Haushaltsstellen anzuweisen und auf die entsprechenden Transferkostenprodukte zu verbuchen. Auswirkungen in 2017 werden im Rahmen der Nachbudgetierung betrachtet.
Nachzahlungen des Wohngruppenzuschlags für Zeiträume bis einschl. 31.12.2016 sind aus Gründen der Finanzmittelzuweisung als periodenfremder Aufwand zu verbuchen. Zu diesem Zweck sind für diese Zahlungen die Haushaltsstellen Kap. 3911/3913 (nur Lichtenberg), Titel 68128, Ukt. 905 eingerichtet worden. Die Zusatzkontierungen in ProFiskal (KLR-Buchungen) sind auf das Produkt 80690 – Ambulante Hilfe zur Pflege (inkl. Teilstationäre Hilfe zur Pflege) – bzw. auf das Produkt 79085 – R-VT Hilfe zur Pflege in vollstationären Einrichtungen außerhalb des Landes Berlin – (nur Lichtenberg) als periodenfremder Aufwand vorzunehmen.