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Rundschreiben Soz Nr. 02/2023 über Anwendungshinweise für die Übernahme von Reisekosten für Assistentinnen und Assistenten von Menschen mit Behinderung nach §§ 113 Abs. 2, Nr. 2, Abs. 3, 78 Abs. 2, Satz 2 SGB IX
vom 05. Juni 2023 in der Fassung vom 27.02.2024
Inhalt
- I. Gegenstand des Rundschreibens und Geltungsbereich
- II. Hintergrund
- III. Anwendungshinweise
- 1. Verfahrenshinweise
- 2. Keine Übernahme der Reisekosten für die leistungsberechtigte Person
- 3. Abgrenzung zu Leistungen der Eingliederungshilfe im Ausland nach § 104 Abs. 5 SGB IX
- 4. Einkommen und Vermögen
- 5. Notwendigkeit der Begleitung durch eine Assistenzkraft
- IV. Erforderlichkeit und Angemessenheit der Reise
- 1. Reisedauer pro Jahr
- 2. Reisekosten
- 3. Vergleichsbetrachtung
- V. Bearbeitung in OPEN/PROSOZ und Haushaltsstellen
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I. Gegenstand des Rundschreibens und Geltungsbereich
I. Gegenstand des Rundschreibens und Geltungsbereich
Gegenstand des Rundschreibens sind ausschließlich die Reisekosten, die für die behinderungsbedingt notwendige Begleitung durch eine Assistenzkraft für diese entstehen. Es geht um die Beurteilung, ob Unterkunfts- und Fahrtkosten der Assistenzkraft als Geldleistung übernommen werden können. Die ohnehin anfallenden Kosten für die Assistenz nach §§ 113 Abs. 2, 78 SGB IX sind nicht Gegenstand des Rundschreibens.
Dieses Rundschreiben gilt für alle Teilhabefachdienste Soziales des Trägers der Eingliederungshilfe Berlin und alle Dienststellen des Landes Berlin, die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX gewähren, mit Ausnahme des Teilhabefachdienstes Jugend.
II. Hintergrund
II. Hintergrund
Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 19.05.2022 – B 8 SO 13/20 R festgestellt, dass Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auch Leistungen umfassen, denen als Teilhabeziel das Bedürfnis nach Freizeit und Freizeitgestaltung und somit auch nach einer Urlaubsreise zugrunde liegt. Der Wunsch eines Menschen mit Behinderung eine Reise durchzuführen, ist zu messen am Wunsch eines Menschen ohne Behinderung, der keine existenzsichernden Leistungen bezieht. Behinderungsbedingte Mehraufwendungen, die durch eine notwendige Begleitung einer Assistenzkraft während einer Urlaubsreise entstehen, können in angemessener Höhe und Dauer bewilligt werden, wenn sie in dem jeweiligen Einzelfall notwendig sind.
III. Anwendungshinweise
III. Anwendungshinweise
1. Verfahrenshinweise
1. Verfahrenshinweise
- a) Verfahren im Allgemeinen
Nach § 108 SGB IX sind Leistungen der Eingliederungshilfe auf Antrag zu bewilligen.
Der Antrag soll mindestens drei Monate vor Reiseantritt gestellt werden. Eine Buchung sollte grundsätzlich nicht vor Bewilligung der Leistung getätigt werden. Nach Antritt der Reise gestellten Anträgen ist nicht zu entsprechen.
Eine Bewilligung und anschließende Auszahlung der bewilligten Reisekosten erfolgt erst nach vollständigem Einreichen der Belege. - b) Antragstellende Person ohne bisherige Eingliederungshilfeleistungen
Wurden bislang keine Leistungen der Eingliederungshilfe gewährt, können einmalig beim Vorliegen des Merkzeichens „B“ oder „aG“ Reisekosten entsprechend den Regelungen dieses Rundschreibens übernommen werden.
Voraussetzung ist,- a) dass diese Leistung ausschließlich beantragt bzw. der Wille gemäß Nr. 19 AV EH ausschließlich darauf gerichtet ist UND
- b) dass davon auszugehen ist, dass ein Gutachten zur Diagnose nach ICD11 bzw. DSM5 nicht innerhalb von drei Monaten vorliegt.
Die Bewilligung erfolgt als Erstattung selbstbeschaffter Leistungen nach § 18 Abs. 6 SGB IX (Nr. 14 Abs. 3 AV EH).
In den Bewilligungsbescheid ist ein Zusatz aufzunehmen, dass im Falle der erneuten Beantragung von Reisekosten der Antrag sechs bis neun Monate vor Antritt der Reise zu stellen ist, um die Bedarfsermittlungen durchzuführen (ggf. Anforderung von Gutachten, Anwendung des Teilhabeinstrument Berlin (TIB), Ziel- und Leistungsplanung (ZLP)).
2. Keine Übernahme der Reisekosten für die leistungsberechtigte Person
2. Keine Übernahme der Reisekosten für die leistungsberechtigte Person
Die Kosten für die eigene Urlaubsreise sind durch die leistungsberechtigte Person selbstverantwortlich sicherzustellen. Diese sind nicht übernahmefähig.
Es kommt nicht darauf an, ob die eigenen Reisekosten durch Selbsterspartes oder durch Schenkung gedeckt werden. Ein Bezug von existenzsichernden Leistungen kann nicht als Ablehnungsgrund bezüglich der Reisekosten für die Assistenzkraft herangeführt werden, da laut des Urteils des BSG das Teilhabebedürfnis eines Menschen ohne Behinderung, der keine existenzsichernden Leistungen bezieht, Maßstab ist. Prüfungsgegenstand dieses Rundschreibens sind ausschließlich die behinderungsbedingten, notwendigen und angemessenen Mehrkosten, die durch die Begleitung durch die Assistenzkraft entstehen.
3. Abgrenzung zu Leistungen der Eingliederungshilfe im Ausland nach § 104 Abs. 5 SGB IX
3. Abgrenzung zu Leistungen der Eingliederungshilfe im Ausland nach § 104 Abs. 5 SGB IX
Die Regelung des § 104 Abs. 5 SGB IX soll vor allem ermöglichen, Rehabilitationseinrichtungen im Ausland in Anspruch zu nehmen, wenn entsprechende Einrichtungen im Bundesgebiet fehlen oder zu weit entfernt liegen oder das Ziel der Eingliederung durch die Leistungen im Ausland besser erreicht werden kann. Urlaubsreisen ins Ausland sind nicht der Eingliederungshilfe im Ausland nach § 104 Abs. 5 SGB IX gleichzusetzen.
4. Einkommen und Vermögen
4. Einkommen und Vermögen
Nach § 136 Absatz 1 SGB IX ist zu den Leistungen der Eingliederungshilfe ein Beitrag aus eigenem Einkommen aufzubringen, es sei denn, dem Leistungsberechtigten ist die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 9. Kapitel, 2. Teil des SGB IX nicht zuzumuten. Eine Einkommens- und Vermögensprüfung ist erforderlich. Es handelt sich bei den Kosten für die soziale Teilhabe nicht um eine privilegierte Leistung nach § 138 Abs. 1 SGB IX.
5. Notwendigkeit der Begleitung durch eine Assistenzkraft
5. Notwendigkeit der Begleitung durch eine Assistenzkraft
Die Begleitung durch eine Assistenzkraft muss behinderungsbedingt erforderlich sein. Das ist dann der Fall, wenn die leistungsberechtigte Person aufgrund ihrer Behinderung ohne die Begleitung durch die Assistenzkraft eine Urlaubsreise nicht antreten kann. Erfolgt die Unterstützung des Menschen mit Behinderung im Urlaub durch Personen aus dem nahen, insbesondere familiären oder freundschaftlichen Umfeld, sind etwaige Mehrkosten nicht zu übernehmen (§ 91 SGB IX).
Die grundsätzliche Notwendigkeit der Begleitung durch eine Assistenzkraft während einer Urlaubsreise soll dem Grunde nach im Gesamtplan (vorab) festgestellt werden. Ein nach der Erstellung des Gesamtplanes gestellter Antrag darf nicht deswegen abgelehnt werden, weil die Notwendigkeit der Begleitung nicht vorab festgestellt wurde. Sie muss jedoch spätestens bei Antragstellung auf Übernahme der Reisekosten ersichtlich sein.
Ein Verweis der leistungsberechtigten Person auf sogenannte sozialpädagogische Gruppenreisen zur Deckung ihres Bedarfes auf eine notwendige Assistenz während einer Urlaubsreise ist nicht zulässig. Bei sozialpädagogischen Gruppenreisen steht die Förderung im Vordergrund und nicht der Erholungscharakter.
IV. Erforderlichkeit und Angemessenheit der Reise
IV. Erforderlichkeit und Angemessenheit der Reise
Voraussetzung für die Übernahme der Reisekosten der Begleitperson ist, ob die Reise des Leistungsberechtigten notwendig ist, das Bedürfnis nach Teilhabe zu erreichen. Der Wunsch nach einer Erholungsreise ist regelmäßig als berechtigt und angemessen anzusehen. Maßstab für berechtigte, d.h. angemessene und den Gesetzeszwecken und -zielen entsprechende Wünsche (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) bzw. unverhältnismäßige Mehrkosten (§ 104 Abs. 2 SGB IX) sind die Bedürfnisse eines Menschen ohne Behinderung, der keine existenzsichernden Leistungen bezieht.
Die angemessenen Bedürfnisse eines Menschen mit Behinderung sind anhand des aktuell üblichen Konsum- bzw. Freizeitverhaltens von Menschen mit und ohne Behinderungen zu ermitteln. Für die Festsetzung von Reisedauer werden als genereller Maßstab die Daten des statistischen Bundesamtes (www.destatis.de) herangezogen. Mangels konkreter Angaben beim statistischen Bundesamt zu den durchschnittlichen Reisekosten pro Person, werden zur Beurteilung der Angemessenheit der Reisekosten pro Person je Tag die verfügbaren Daten des statistischen Amtes der Europäischen Union (https://ec.europa.eu/eurostat/web) herangezogen. Es ist jeweils auf die statistischen Daten des Vorvorjahres abzustellen. Maßgeblich für die Einordung des Vorvorjahres ist das jeweilige Jahr des Eingangs des Antrags im Teilhabefachdienst Soziales.
Bei der Entscheidung über die Angemessenheit sind die persönlichen, behinderungsspezifischen Besonderheiten der antragstellenden Person zu berücksichtigten. Diese können im Einzelfall eine Abweichung nach oben hin rechtfertigen.
1. Reisedauer pro Jahr
1. Reisedauer pro Jahr
Die Reisedauern sind statistisch gesehen von vielen Faktoren abhängig. Zugunsten der antragsstellenden Personen wird der Wert jeweils aufgerundet.
Längere Reisen sind grundsätzlich nicht angemessen, können aber im Vergleich der Gesamtumstände angemessen werden (siehe Nr. 3). Maßgeblich für die Betrachtung der angemessenen Gesamtreisedauer zu Lasten der Eingliederungshilfe ist der jeweilige Gesamturlaub im Kalenderjahr. Bei der Prüfung einer konkreten Reise ist festzustellen, ob das Bedürfnis nach Erholung bereits durch vorherige Urlaubsreisen im Kalenderjahr (anteilig) gedeckt wurde. Die Teilnahme an (mehrtägigen) Veranstaltungen im Rahmen eines ehrenamtlichen Engagements zählt nicht als Erholungsurlaub.
Es gilt immer die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende angemessene Reisedauer, der diesem Rundschreiben zu entnehmen ist. Auf Änderungen in den angemessenen Pauschalen wird gesondert hingewiesen.
Maßgebliches Vorjahr | 2019 | 2020 | 2021 |
---|---|---|---|
Dauer pro Jahr | 6 | 5,7 | 5,5 |
Grundsatz angemessene Tage im Sinne dieses Rundschreibens | 6 | 6 | 6 |
für Anträge aus dem Jahr | 2020 | 2021 | 2022 |
2. Reisekosten
2. Reisekosten
Der Gesamtpreis der Reise muss sich im Rahmen der für alle Bundesbürger üblichen Reiseausgaben bewegen. Es ist wiederum eine auf das ganze Jahr bezogene Prüfung angezeigt.
Die Reisekosten werden rechnerisch aufgeschlüsselt nach Person und Tag sowie den Gesamtkosten. Die bezifferten Kosten beziehen sich auf die Gesamthöhe der maximal angemessenen Kosten auf das Kalenderjahr. Die Gesamtkosten beziehen sich auf alle entstehenden Reisekosten der Begleitperson unabhängig von deren Anzahl. Die Gesamtkosten können nur im Vergleich der Gesamtumstände in bestimmten Fällen überschritten werden (siehe Nr. 3). Unterschreiten die Urlaubskosten des Leistungsberechtigten diesen Betrag, sind sie in der Regel angemessen.
Es gilt immer der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende angemessene Kostensatz, der diesem Rundschreiben zu entnehmen ist. Auf Änderungen in den angemessenen Pauschalen wird gesondert hingewiesen.
Maßgebliches Vorjahr | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 |
---|---|---|---|---|
Kosten pro Tag und Person (in €) | 111,34 | 105,61 | 105,61 | 86,28 |
Gesamtkosten in € | 668,04 | 633,66 | 451,92 | 517,68 |
für Anträge aus dem Jahr | 2019 | 2022 + 2023 |
Da es in den Jahren 2020 und 2021 pandemiebedingt zu erheblichen Einschränkungen des Reiseverhaltens gekommen ist, sind die Jahre 2020 und 2021 jeweils außer Betracht zu lassen und für Anträge aus den Jahren 2022 und 2023 der angemessene Wert aus dem Jahr 2019 heranzuziehen. Zugunsten der Leistungsberechtigten ist die Summen jeweils auf den nächsten Euro aufzurunden.
3. Vergleichsbetrachtung
3. Vergleichsbetrachtung
Bei nach oben abweichenden Kosten pro Person oder Reisedauer ist eine Vergleichsbetrachtung vorzunehmen.
Weicht der Tagespreis (Gesamtpreis verteilt auf die gesamte Reisedauer) von den oben genannten durchschnittlichen Kosten je Tag nicht mehr als 50 % ab, so ist ebenfalls von einer Angemessenheit auszugehen, sofern auch die unten genannten maximalen Gesamtkosten nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Abweichung der Reisedauer um bis zu 50 %, soweit die Kosten pro Tag und Person, sowie die unten genannten maximalen Gesamtkosten nicht überschritten werden.
Die folgende Tabelle bezieht sich auf das Antragsjahr 2023 mit den o.g. maßgeblichen Werten von 2019:
Abweichung um bis zu 50% | Reisedauer | Kosten pro Person/Tag | Gesamtkosten |
---|---|---|---|
bei Reisedauer | max. 9 Tage | max. 106 € | max. 954 € |
bei Kosten pro Person/Tag | max. 6 Tage | max. 159 € | max. 954 € |
V. Bearbeitung in OPEN/PROSOZ und Haushaltsstellen
V. Bearbeitung in OPEN/PROSOZ und Haushaltsstellen
Die Erfassung in OPEN/PROSOZ erfolgt im Leistungsbaum unter SGB IX Eingliederungshilfe- Maßnahmen wie folgt:
1017 Reisekosten für Assistenzkräfte – g/k: 67133/415
1018 Reisekosten für Assistenzkräfte – s: 67133/416
Abteilung Soziales
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales
- Tel.: (030) 9028-0
- Fax: (030) 9028-2063
- E-Mail an Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales