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ARCHIV: Rundschreiben I Nr. 04/2011 über Leistungen nach § 6 Abs. 1 AsylbLG im Lichte von Art. 15 Absatz 2 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates (Mindestnormen für die Aufnahme) mit Änderungen vom 31.05.2011

vom 06. April 2011, geändert am 31. Mai 2011

Allgemeines

Die EU-Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern sieht u.a. vor, dass die Mitgliedstaaten die spezielle Situation von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern mit besonderen Bedürfnissen, nämlich insbesondere
  • Minderjährige,
  • unbegleitete Minderjährige,
  • Menschen mit Behinderung,
  • ältere Menschen,
  • Schwangere,
  • Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern und
  • Menschen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben
    hinsichtlich der medizinischen oder sonstigen Hilfe berücksichtigen, soweit der besondere Hilfebedarf in einer Einzelprüfung anerkannt worden ist.

Mit Bericht der EU-Kommission vom 26.11.2007 über die Anwendung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten wurde bemängelt, dass u.a. in Deutschland kein Verfahren zur Ermittlung besonders schutzbedürftiger Personen existiert, so dass Zweifel daran bestehen, ob und wie ohne ein entsprechendes Instrumentarium die Betroffenen ermittelt werden können und sie die erforderlichen Leistungen erhalten.

Vor diesem Hintergrund sind die Leistungsbehörden mit Schreiben vom 23.09.2009 aufgefordert worden, ein in mehrere Sprachen übersetztes Merkblatt an diejenigen Leistungsberechtigten auszuhändigen, die einem der fraglichen Personenkreise angehören könnten.
Dieses Merkblatt dient zur Vorlage bei den am Projekt beteiligten Fachstellen, die nach der Durchführung eines Feststellungsverfahrens eine Bescheinigung über die Zugehörigkeit zum Personenkreis der besonders schutzbedürftigen Flüchtlinge im Sinne der EU-Richtlinie ausstellen und den individuellen Leistungsbedarfes einschätzen.
Die Antragstellenden können der zuständigen Leistungsbehörde diese Unterlagen, die bei der Entscheidung über die zu gewährenden Leistungen hinzugezogen werden, vorlegen.

Dieses Verfahren ist auch weiterhin in geeigneter Weise umzusetzen.

Leistungsrechtliche Konsequenzen

Die Bedarfe besonders Schutzbedürftiger werden wie die anderer Leistungsberechtigter nach § 6 Abs. 1 AsylbLG („… zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten …“) als sonstige Leistungen gedeckt. Das besondere Schutzbedürfnis der Betroffenen ist hierbei im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, und zwar auch, wenn es sich nicht um Asylbewerberinnen/Asylbewerber handelt, sondern um andere leistungsberechtigte Personenkreise, die z.B. eine Duldung besitzen.

Grundvoraussetzung der Leistungsgewährung ist für jede der nachfolgend aufgeführten Leistungen, dass im konkreten Einzelfall ein spezieller Bedarf vorliegt, der nicht anderweitig gedeckt werden kann.
Die nachfolgende Auflistung ist weder abschließend noch zwingend; vielmehr können im Einzelfall weitere oder andere Leistungen geboten sein.

Sind Bedarfe offenkundig gegeben, so ist von aufwändigen Antragsverfahren abzusehen. Zum Beispiel genügt für die Gewährung der schwangerschaftsbedingten Leistungen sowie der Babyerstausstattung die Vorlage des Mutterpasses.

Ebenso sollten die nachfolgend genannten besonders schutzbedürftigen Personenkreise jedenfalls das Berlin-Ticket S bzw. Schülerticket/Geschwisterkarte entsprechend dem Rundschreiben I Nr. 20/2003 erhalten.

Der Vollständigkeit halber beginnt die Aufstellung mit einer Nennung der ohnehin für alle Leistungsberechtigten möglichen Leistungen, die für besonders schutzbedürftige Personenkreise ebenso gelten.

0. Für alle Leistungsberechtigten gleichermaßen mögliche Leistungen

Leistung Erläuterungen
Fahrkosten Fahrkosten werden entsprechend dem Rundschreiben I Nr. 20/2003 gewährt.
Begleitung durch Sozialdienst Zum Beispiel kann zur Unterstützung bei der Wohnungssuche die Begleitung durch einen Sozialdienst übernommen werden, wenn keine andere Möglichkeit besteht.
Brille Bei Einschränkungen der Sehfähigkeit wird die Gewährung von Brillen durch Ausgabe der sogenannten Brillenscheine gewährleistet.
Dolmetscherkosten für Arztbesuche Dolmetscherkosten (z.B. Gemeindedolmetscherdienst) werden für die ambulante Behandlung übernommen, soweit dies erforderlich ist. Bei stationärer Behandlung sind die Kosten im Tagessatz des Krankenhauses enthalten.
Krankenkost Die Grundleistungen werden in Anwendung der Empfehlungen des Deutschen Vereins prozentual angehoben, wenn ein dort genanntes Krankheitsbild vorliegt.
Hygienebedarf Hygienebedarf wird übernommen, soweit dies im Einzelfall krankheitsbedingt erforderlich ist.
Psychotherapie Anerkannte Psychotherapien werden bei entsprechendem Bedarf erforderlichenfalls einschließlich Dolmetscherkosten übernommen.
Hilfsmittel, Körperersatzstücke Hilfsmittel und Körperersatzstücke sind zu gewähren, soweit dies nicht bereits im Rahmen der Akutversorgung nach § 4 AsylbLG geschieht.

1. Schwangere/Wöchnerinnen

Leistung Erläuterungen
Ernährung schwangerschaftsbedingt Ein entsprechender Mehrbedarf ist nach der 12. Schwangerschaftswoche in Höhe von 17 % der Grundleistung anzuerkennen.
Erstlingsausstattung Die Erstlingsausstattung ist zwischen dem 6. und 8. Schwangerschaftsmonat zu gewähren. Sie umfasst u.a. Babykleidung, Kinderbett und -wagen. Die Beträge sind dem Rundschreiben I Nr. 38/2004 06/2011 zu entnehmen. Verbrauchsgüter (z.B. Bademittel, Öltücher u.a.) werden bei Bedarf auch fortlaufend gewährt.
Umstandskleidung Bei Bedarf ist Umstandskleidung zu gewähren (Beträge siehe Rundschreiben I Nr. 38/2004 06/2011).
Hebammenhilfe Die Hebammenhilfe ist nach § 4 Abs. 2 AsylbLG zu gewähren. Hierbei handelt es sich nicht um eine Ermessensleistung. Sie umfasst Beratung und Hilfe während der Schwangerschaft sowie Geburtshilfe. Ein Anspruch auf Kurse zur Geburtsvorbereitung besteht daneben nach § 6 nicht.
Hygiene Wöchnerinnen Wöchnerinnen erhalten die erforderlichen Mittel, um den höheren Hygienebedarf zu decken.

2. Kinder

Leistung Erläuterungen
Ernährung altersbedingt Zusätzliche Leistungen sind nur möglich, wenn ein besonderer Bedarf vorliegt. Allein die Zugehörigkeit zur fraglichen Altersgruppe löst noch keinen entsprechenden Bedarf aus.
Baby-/Kleinkindbedarf (z.B. Buggy, Wäsche, Topf, Shampoo) Der entsprechende Bedarf ist laufend zu gewähren.
spezielles „Babymobiliar“ Anspruch auf spezielles Mobiliar (Beispiel Babyschaukelwippe; Wickeltisch/ Hochstuhl) besteht nur, wenn die konkrete Situation dies erfordert (Beträge siehe Rundschreiben I Nr. 38/2004 06/2011).
Kinderkleidung Insbesondere der wachstumsbedingte Bedarf ist zu berücksichtigen (Beträge siehe Rundschreiben I Nr. 38/2004 06/2011).
Kitakosten Ist ein Kita-Besuch aus erzieherischen Gründen notwendig, findet vorrangig das SGB VIII Anwendung, so dass keine Leistungen nach dem AsylbLG gewährt werden. Ist ein erzieherischer Bedarf nicht gegeben, kann der Kita-Besuch erforderlichenfalls nach § 6 AsylbLG sichergestellt werden.
Deutschkurs Deutschunterricht ist vorrangig Aufgabe der Schule. Nur wenn der Bedarf im Einzelfall nicht oder in keiner Weise ausreichend gedeckt werden kann, ist ein Deutschkurs zu bewilligen.
Spielzeug Spielzeug wird im Regelfall nicht nach § 6 AsylbLG gewährt, es sei denn es liegen hierfür zusätzlich gesundheitliche Gründe vor oder ein erzieherisches Defizit (sofern letzteres nicht nach SGB VIII gedeckt wird).
Vereine Vereinsbeiträge können – über das Bildungs- und Teilhabepaket hinaus – nach § 6 AsylbLG nicht übernommen werden.
Bildungs- und Teilhabepaket als freiwillige Leistung des Landes Berlin (Senatsbeschluss vom 5. April 2011) Alle Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz können die FolgendeLeistungen des Bildungs- und Teilhabepakets können auf der Grundlage des § 6 AsylbLG gewährt werden: erhalten, wenn die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt werden. Konkret sind folgende Leistungen umfasst: Tagesausflüge in Schulen, Kindertagesstätten und Horten; Mittagsverpflegung in diesen Einrichtungen; Lernförderung (Nachhilfe); Klassenfahrten; kulturelle, freizeitliche und sportliche Teilhabe; Schülerbeförderung sowie Schülermaterial bzw. -ausstattung. * die Kostenübernahme für Schulausflüge und Klassenfahrten sowie für KiTa-Ausflüge und -fahrten * die Finanzierung von erforderlichem Schulbedarf * die Beförderung von Kindern zur Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln * die finanzielle Absicherung von lernfördernden Hilfen * die Übernahme von Mehraufwendungen bei Teilnahme von Schülerinnen und Schülern ind KiTa-Kindern an gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung (mit Eigenanteil in Höhe von 1 Euro pro Mittagsverpflegung in Schulen bzw. 20 Euro monatlich bei KiTa-Kindern)

3. Alleinerziehende

Leistung Erläuterungen
Mehrbedarf Im begründeten Einzelfall kann ein Mehrbedarf aufgrund eingeschränkter Mobilität eintreten.

4. Ältere Menschen

Leistung Erläuterungen
Pflegesachleistungen analog SGB XII Pflegesachleistungen analog SGB XII werden erbracht, wenn diese aufgrund der Umstände unerlässlich sind. Sie sollen möglichst durch einen interkulturellen Pflegedienst erbracht werden.
Mehrbedarf Im begründeten Einzelfall kann ein Mehrbedarf aufgrund eingeschränkter Mobilität eintreten.

5. Menschen mit Behinderung

Leistung Erläuterungen
unterbringungsspezifischer bzw. behinderungsbedingter Bekleidungsbedarf Die Gewährung eines Bademantels bzw. sonstiger zusätzlicher Bedarfe ist im Einzelfall möglich (Einzelbeträge wie Rundschreiben I Nr. 38/2004, jedoch keine Gesamtpauschale).
Barrierefreie Unterbringung Soweit erforderlich und unter den realen Umständen umsetzbar, soll die Unterbringung barrierefrei erfolgen. Die Berliner Unterbringungsleitstelle hat sich die Schaffung barrierefreier Wohneinheiten in Gemeinschaftsunterkünften zum Ziel gesetzt.
vollstationäre Unterbringung in einer Schule für Kinder mit Sehbehinderung Die vollstationäre Unterbringung in einer Schule für Kinder mit Sehbehinderung kann bei entsprechendem Bedarf übernommen werden.
Tagesbildungsstätte für Kinder mit Behinderung Der Besuch einer Tagesbildungsstätte für Kinder mit Behinderung wird sichergestellt, wenn dieser zur Sicherung des Schulbesuchs erforderlich ist.
Fahrkosten für Menschen mit Gehbehinderung Fahrkosten für Menschen mit Gehbehinderung werden im erforderlichen Umfang übernommen.
Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung Hilfsmittel werden nach 6 AsylbLG gewährt, soweit dies nicht bereits Gegenstand der Akutversorgung nach § 4 AsylbLG ist.
stationäre Unterbringung für Menschen mit Schwerstbehinderung Die stationäre Unterbringung kann bzw. muss im Einzelfall ausnahmsweise gewährt werden.
Einzelfallhelfer (einschließlich Fahrkosten) Der Einsatz von Einzelfallhelfer kann gewährt werden, soweit dieser erforderlich ist (unabhängig von der Art der Behinderung).

6. Folter-/Gewaltopfer

Leistung Erläuterungen
Psychotherapien Anerkannte Psychotherapien werden bei entsprech-endem Bedarf erforderlichenfalls einschließlich Dolmetscherkosten übernommen.
Z.B. gesonderte Unterbringung von Frauen Eine gesonderte Unterbringung von Frauen soll soweit erforderlich und umsetzbar bei der Gemeinschaftsunterbringung berücksichtigt werden.

Hier erhalten Sie weitere Informationen:

  • Asylbewerberleistungsgesetz
  • Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern
  • Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe