Praxiskongress zur Vergabe von Energiekonzessionen: „Gesetzgeber muss zügig mehr Rechtssicherheit schaffen“

Pressemitteilung Nr. 14-009 vom 10.10.2014

Die Kommunen in Deutschland erwarten vom Bundesgesetzgeber unverzüglich mehr Rechtsklarheit für die Konzessionsvergabe für Energienetze. Das ist das zentrale Ergebnis eines Praxiskongresses, bei dem auf Einladung der Senatsverwaltung für Finanzen mehr als 120 Fachleute aus kommunaler Praxis, Wissenschaft und Politik über aktuelle Erfahrungen bei der Vergabe von Konzessionen, über den geltenden Rechtsrahmen und den politischen Handlungsbedarf diskutierten.

Finanzsenator Dr. Ulrich Nußbaum: „Das große Interesse an unserem Kongress und die engagierten Beratungen haben gezeigt: Die aktuelle Rechtslage ist unzureichend und sorgt für große Unsicherheit bei allen Beteiligten, bei den vergebenden Kommunen, bei den Bewerbern um Energiekonzessionen und den betroffenen Beschäftigten und nicht zuletzt bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Menschen in den Städten und Gemeinden wollen zu Recht wissen, wer in ihrer Kommune künftig die Energienetze als zentrales Element der Daseinsvorsorge betreiben soll. Diese Unsicherheit muss der Gesetzgeber so schnell wie möglich beseitigen und im Energiewirtschaftsrecht klarstellen, wie die konkreten Spielregeln für eine transparente, rechtssichere Konzessionsvergabe aussehen. Das kann er nicht den Aufsichtsbehörden oder den Gerichten überlassen.“

Der Senator wies darauf hin, dass in den kommenden Jahren bundesweit Tausende von Konzessionen neu vergeben werden und damit Millionen von Bürgerinnen und Bürgern betroffen seien. Es könne nicht sein, dass gerade kleine Kommunen Vergabeentscheidungen zugunsten von Neukonzessionären scheuten, weil sie sich von der Komplexität der Verfahren und den erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken überfordert sähen. Auch vor diesem Hintergrund begrüße er die Initiative des Deutschen Städtetages, der anderen kommunalen Spitzenverbände und des Verbands kommunaler Unternehmen zur Novellierung des Energiewirtschaftsrechts.

Die Teilnehmer des Kongresses sprachen sich dafür aus, dass der Bundesgesetzgeber noch vor der angekündigten umfassenden Reform des Energiewirtschaftsgesetzes die dringend erforderlichen Klarstellungen für den Bereich der Konzessionsvergaben vornimmt. Die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung, die auch für die Sicherstellung der Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner mit leitungsgebundener Energie gilt, werde aktuell durch die stark wettbewerbs- und kartellrechtlich geprägte höchstrichterliche Rechtsprechung und die Auslegungspraxis der Aufsichtsbehörden faktisch ausgehöhlt.

Im Rahmen des Kongresses wurden unter anderem folgende Punkte für eine anstehende Gesetzesnovelle bzw. untergesetzliche Regelungen angemahnt:

Für das Vergabeverfahren:
  • Eindeutige rechtliche Regelungen zur Frage, welche netzbezogenen Daten der Altkonzessionär den übrigen Bewerbern zur Verfügung stellen muss.
  • Klare rechtliche Regelungen zur Gestaltung der Bewertungskriterien und Möglichkeit, auch nicht netzbezogene Kriterien anzuwenden.
  • Klarstellung, welche sogenannten Nebenleistungen – wie etwa die Unterstützung der Kommunen bei der Entwicklung von Energiekonzepten – bei der Bewertung von Angeboten berücksichtigt werden dürfen.
  • Klarstellung der Frist für Verfahrensrügen.
Für den Netzübergang im Anschluss an eine Vergabeentscheidung:
  • Eindeutige Klarstellung, welche Bestandteile des Netzes nach einer Vergabeentscheidung auf einen Neukonzessionär übertragen werden müssen.
  • Klare Regelung, auf welcher Grundlage die angemessene Vergütung des Altkonzessionärs zu berechnen ist.
  • Eindeutige Regelung zur Fortzahlung der Konzessionsabgabe nach Ablauf des Karenzjahres.
  • Zahlung der Netzentgelte an den Neukonzessionär, um stärkere Anreize für die Übergabe von Netzen zu setzen.

Weitere Informationen zum Kongress im Internet unter www.berlin.de/praxiskongress