Besuch des Arbeitskreis EFRE in Brüssel

Vom 18.-19. Oktober hat der EFRE-Arbeitskreis im Rahmen des Begleitausschusses (EFRE-ESF) Berlin – koordiniert durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe unter Leitung von Abteilungsleiterin für Betriebe und Strukturpolitik, Frau Rhode-Mühlenhoff – auf Initiative des Berliner Büros Gespräche zur Zukunft der Kohäsionspolitik und den Vorschlägen für die Strukturfondsverordnungen 2021-2027 in Brüssel geführt.
Der Informationsbesuch in Brüssel war der Startschuss für den EFRE-Planungsprozess in Berlin. Das Ziel war es, einen Gesamtüberblick über die derzeitigen Diskussionen in den EU-Institutionen zu erhalten und dadurch die weiteren Planungen der Fondsverwaltung, den zwischengeschalteten Stellen und den Wirtschafts- und Sozialpartnern zu unterfüttern. Der Besuch ist ein gutes Beispiel „gelebter und konstruktiver Partnerschaft“, wie sie sich in Berlin über die Jahre hinweg entwickelt hat. Der Aufbau des Know-how der Partner ist für die Vorbereitung und erfolgreiche Umsetzung der Strukturfondsförderung in Berlin von hoher Bedeutung.

Berlin braucht weiterhin die Unterstützung aus den europäischen Strukturfonds, um den erfolgreich eingeschlagenen Weg sozial und ökologisch verantwortlicher Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik fortsetzen zu können. Mithilfe der EU-Fördermittel soll die Wettbewerbsfähigkeit Berlins weiter gestärkt und Bedingungen dafür geschaffen werden, dass Berlins Wirtschaft nachhaltig wächst und die Menschen in Berlin umfassend davon profitieren.
Die finanzielle Unterstützung durch die Strukturfonds ist nachweislich gut investiertes Geld: Mit Hilfe der EU-Strukturfonds werden in Berlin die Innovationsfähigkeit und die Produktivität kleiner und mittlerer Unternehmen gestärkt, Investitionen in den Klimaschutz getätigt und innerstädtische Ungleichgewichte verringert.
Bis zum Jahresende 2018 sind in der aktuellen Förderperiode – für die Berlin rund 635,2 Mio. € aus dem EFRE erhält – bereits mehr als 1.600 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 822 Mio. € bewilligt worden.
Die Ende Mai 2018 von der Europäischen Kommission veröffentlichten Verordnungsvorschläge definieren den Rahmen, in dem sich die EFRE-Förderung ab 2021 bewegen wird.

Aus Berliner Sicht ist positiv, dass die Verordnungen kürzer werden. Die vorgeschlagenen fünf politischen Ziele werden unterstützt, die im Vergleich zur Vorperiode flexiblere Gestaltung der spezifischen Ziele und die vorgeschlagene thematische Konzentration werden im Grundsatz begrüßt.

Sorgen bereiten noch Themen wie die Halbzeitüberprüfung, da die Strukturfondsmittel nicht mehr für die gesamte Förderperiode, sondern nur noch für einen Zeitraum von fünf Jahren geplant und der Einsatz der Mittel für die restlichen zwei Jahre erst nach einer verpflichtenden Überprüfung in einem Änderungsverfahren im fünften Jahr der neuen Förderperiode (2025) festgelegt werden soll. Dieses Verfahren bringt Planungsunsicherheit für den siebenjährigen Förderzeitraum.

Unklarheit gibt es bei der Programmierung hinsichtlich der zukünftig stärkeren Einbindung in das Europäische Semester: Die Programmierung soll auf den Länderberichten und den länderspezifischen Empfehlungen (LSE) 2019 im Rahmen des Europäischen Semesters basieren. Geplant ist, dass die Länderberichte ein Kapitel zu Investitionen sowie zu regionalen Disparitäten (Ost-/West-Deutschland) enthalten sollen. Im Anhang sollen Punkte zur möglichen Investitionsmöglichkeiten durch die Kohäsionspolitik aufgenommen werden. Die LSE 2019 und 2024 sollen auch Aspekte der Regionalpolitik abdecken. Dieses Verfahren ist neu, und es ist unklar, wie detailliert die LSE Anforderungen an die Programme stellen werden und wie die Abstimmung zwischen Europäischer Kommission, Bund und Ländern geplant ist.
• Ein weiteres Thema, die sogenannten „grundlegenden Voraussetzungen“, mit denen Vorbedingungen für die wirksame und effiziente Umsetzung für jedes spezifische Ziel festgelegt werden, ist vom Grundsatz her nicht völlig neu – auch in der Vergangenheit gab es bereits die sog. „Ex-ante-Konditionalitäten“, die einmalig bei Aufstellung der OP erfüllt sein mussten. Neu ist, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass die grundlegenden Voraussetzungen während des gesamten Programmplanungszeitraums erfüllt sind und angewendet werden. Es soll Aufgabe der Begleitausschüsse sein, die Erfüllung der grundlegenden Voraussetzungen und deren Anwendung während des gesamten Programmplanungszeitraums zu überwachen. Der Mitgliedstaat soll der Europäischen Kommission in Vorbereitung der jährlichen Überprüfungssitzungen Informationen dazu zur Verfügung stellen. Das setzt ein zu installierendes Monitoring voraus und bedeutet damit eine Erhöhung des Verwaltungsaufwandes.
Mit Vertretern der drei Partner in den Verhandlungen der VO-Entwürfe – Europäische Kommission, Europäisches Parlament (EP) und Rat – sowie mit Kollegen anderer Regionen, wie der Hauptstadtregion Brüssel und der Stadt Wien, sowie dem Ausschuss der Regionen fanden hierzu und zu weiteren Punkten, wie die Höhe der Kofinanzierung oder die spezifischen Herausforderungen für eine wachsende Stadt, Gespräche statt.
In den Gesprächen mit MdEP Joachim Zeller, MdEP Kerstin Westphal sowie dem Büro von MdEP Martina Michels konnten die Berliner Anliegen rechtzeitig für die Befassung des EP direkt eingebracht und mit konkreten Beispielen illustriert werden. Das EP plant, seine Berichte im Januar 2019 im EP-Plenum abzustimmen und anschließend in den sogenannten Trilog mit Rat und Europäischer Kommission einzutreten.

Im Rat haben die artikelscharfen Diskussionen der Entwürfe der Allgemeinen Verordnung und der EFRE-Verordnung in der Ratsarbeitsgruppe Strukturförderung seit Juni unter österreichischer Ratspräsidentschaft zu den Themen Verwaltungs- und Kontrollsysteme, Programmierung und grundlegende Voraussetzungen (Ex-ante-Konditionalitäten) begonnen. Ein Abschluss der Verhandlungen selbst unter rumänischer Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2019 erscheint unwahrscheinlich.

Die Europäische Kommission erarbeitet derzeit den Länderbericht Deutschland zum EFRE und ESF, der in den Rahmen des Europäischen Semesters eingebettet und im Februar März vorgelegt werden soll. Über die konkrete Ausgestaltung auch der LSE, die im Juni vorgelegt werden, werden weitere Erläuterungen seitens der Europäischen Kommission folgen.

In allen Gesprächen wurden die für Berlin wichtigen Themen, wie Innovation, die Produktivität kleiner und mittlerer Unternehmen, der Klimaschutz, die integrierte Stadtentwicklung, Integration und sozialer Zusammenhalt, angesprochen.

Interessant war eine Projektbesichtigung bei der Hauptstadtregion Brüssel des grünen Innovations-/Gewerbeparks Greenbizz, der mit 14 Mio. € EFRE-Mitteln kofinanziert wurde. Das Gebäude selbst wurde energieeffizient gebaut, und die Entwicklungsgesellschaft unterstützt bei der energieeffizienten Umwandlung und einer Umorientierung des Managements von öffentlichen und sozialen Wohngebäuden sowie der Ausrichtung von Firmen auf das Angebot der entsprechenden Produkte und Dienstleistungen. Ziel sei es, die Firmen nach einer gewissen Zeit aus Greenbizz entlassen zu können und in der Region anzusiedeln.