Die Ära Böß 1921-1933

Gustav Boess

Dr. Gustav Böß (1925 - 1929)

Neuer Oberbürgermeister wurde am 20. Januar 1921 mit Unterstützung der SPD der bürgerlich-demokratische Kandidat Dr. Gustav Böß. Böß war am 11. April 1873 in Gießen geboren worden und hatte sich kommunalpolitische Erfahrung als Verkehrsstadtrat in Schöneberg erworben. In seiner knapp zehnjährigen Amtszeit als Oberbürgermeister der Hauptstadt wurde die Zahl der Magistratsmitglieder von 30 auf 22 reduziert, es entstanden zahlreiche Sportanlagen, und 1926 fand die erste “Grüne Woche” statt. Die unbestreitbaren Verdienste, die sich Böß erwarb, wurden von seinem Rücktritt 1929/30 überschattet: Er stolperte über die Umstände, unter denen seine Ehefrau bei einem Textilhandelsunternehmen eine Pelzjacke erworben hatte, das im Zentrum einer Affäre und Bestechung und illegale Geschäftsmethoden stand (“Sklarek-Skandal”). Nach ihrer Machtübernahme instrumentalisierten die Nationalsozialisten den Fall und Böß kam neun Monate in Untersuchungshaft. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Gustav Böß in Bernried am Starnberger See, wo er am 6. Februar 1946 starb.

Heinrich Sahm

Dr. Heinrich Sahm (1931 - 1935)

Nachdem in der Interimsphase seit dem Rücktritt von Böß (bzw. seinem Antrag auf Beurlaubung) im Herbst 1929 sein Stellvertreter, der DVP-Politiker Arthur Scholtz (1871-1935), kommissarisch das Oberbürgermeisteramt wahrgenommen hatte, wurde am 14. April 1931 mit Dr. Heinrich Sahm das letzte Berliner Stadtoberhaupt vor der NS-Diktatur gewählt. Sahm, zunächst parteilos und dann Mitglied der DNVP, war am 12. September 1877 in Anklam geboren worden. Bis kurz vor seinem Wechsel in die Hauptstadt stand er als Senatspräsident an der Spitze der Regierung von Danzig, das seit 1919 vom deutschen Staatsgebiet abgetrennt war und als Freie Stadt unter dem Schutz des Völkerbunds stand. Im November 1929 hatte die NSDAP bei den Wahlen zur Berliner Stadtverordnetenversammlung 5,8 Prozent erreicht, Fraktionsvorsitzender im Berliner Rathaus wurde Goebbels. Das Bemühen des Magistrats, die Lage in der Stadt zu stabilisieren, blieb unter den Bedingungen von Wirtschaftskrise und politischer Radikalisierung ein nahezu aussichtsloses Unterfangen.