Viele Änderungen im Schulgesetz
Pressemitteilung vom 14.08.2018
Aus der Sitzung des Senats am 14. August 2018:
Der Senat hat heute auf Vorlage der Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Sandra Scheeres, den Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften zur Kenntnis genommen. Die Vorlage wird nun an den Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme weitergeleitet.
Senatorin Scheeres: „Die Gemeinschaftsschule wird nach zehnjähriger Pilotphase als schulstufenübergreifende Schulart im Schulgesetz verankert. Damit ergänzen wir dauerhaft das schulische Angebot der integrierten Bildungsgänge und leisten einen weiteren Beitrag zur Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg.“
Der Gesetzentwurf sieht folgende Punkte als weitere Änderungen im Schulgesetz vor:
Die erforderlichen Anpassungen an die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zur Definition der dreijährigen gymnasialen Oberstufe werden durch dieses Gesetz vorgenommen. Sowohl an allgemeinbildenden Gymnasien als auch an Integrierten Sekundarschulen, Gemeinschaftsschulen und beruflichen Gymnasien gliedert sich die gymnasiale Oberstufe in eine einjährige Einführungsphase und eine zweijährige Qualifikationsphase. Am allgemeinbildenden Gymnasium bildet die Jahrgangsstufe 10 den Abschluss der Sekundarstufe I und gilt zugleich als Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe, an den übrigen weiterführenden Schulen bildet die Jahrgangsstufe 11 die Einführungsphase.
Integrierte Sekundarschulen, Gemeinschaftsschulen und berufliche Gymnasien können gemeinsam Verantwortung für die Ausgestaltung und Organisation einer gemeinsamen Oberstufe übernehmen. Die Oberstufe ist dadurch integraler Bestandteil aller am Verbund teilnehmenden Schulen. Der durchgängige Weg zum Abitur an Integrierten Sekundarschulen und Gemeinschaftsschulen wird hierdurch gefördert.
Der seit dem Schuljahr 2016/17 bestehende Schulversuch „Inklusive Schwerpunktschule“ wird mit Aufnahme in das Schulgesetz in die Regelform überführt. Die Einrichtung von Inklusiven Schwerpunktschulen für die sonderpädagogischen Förderschwerpunkte „Körperliche und motorische Entwicklung“, „Sehen“, „Hören und Kommunikation“, „Geistige Entwicklung“ und „Autismus“ ist ein wichtiger Schritt beim Übergang zu einem inklusiven Schulwesen. Die Schulgesetzänderung regelt, dass besonders dafür geeignete Schulen sich unter der Bezeichnung inklusive Schwerpunktschule auf höchstens drei der genannten Förderschwerpunkte spezialisieren können. Eine vorrangige Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit dem jeweiligen sonderpädagogischen Förderschwerpunkt wird an diesen Schulen gewährleistet.
Nachteilsausgleich und Notenschutz werden im Schulgesetz erstmals grundgelegt definiert. Schülerinnen und Schülern, die lang andauernd daran gehindert sind, ihr vorhandenes Leistungsvermögen darzustellen, werden Maßnahmen gewährt, die ihren Nachteil ausgleichen (Nachteilsausgleich). Dies kann z.B. die Verlängerung der Bearbeitungszeit sein oder das Bereitstellen oder Zulassen spezieller Arbeits- und Hilfsmittel. Die geforderten Leistungen bleiben die gleichen wie bei allen anderen Schülerinnen und Schülern. Der Nachteilsausgleich wird nicht auf dem Zeugnis vermerkt. Maßnahmen des Nachteilsausgleichs werden gewährt bei Vorliegen einer Behinderung, bei festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf, bei stark ausgeprägten Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben im Sinne einer Teilleistungsstörung oder bei einer lang andauernden schweren Erkrankung.
Wenn eine Leistung oder Teilleistung auch unter Gewährung eines Nachteilsausgleichs nicht erbracht werden kann, kann von einer Bewertung in einzelnen Fächern oder abgrenzbaren fachlichen Bereichen abgesehen werden. Das bedeutet Notenschutz. Notenschutz wird auf dem Zeugnis kenntlich gemacht, d.h. eine nicht erbrachte Leistung wird nicht verborgen. Notenschutz muss von den Eltern oder volljährigen Schülerinnen und Schüler beantragt werden und setzt einen festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf voraus oder festgestellte stark ausgeprägte Schwierigkeiten im Sinne einer Teilleistungsstörung. Genauere Regelungen dazu werden in den Verordnungen der Schularten folgen.
Die seit 2014/15 schrittweise aufgebauten Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ) werden im Schulgesetz verankert und damit in dieser Struktur legitimiert. Aufgabe der SIBUZ ist die Beratung und Unterstützung von Schülerinnen und Schülern und deren Erziehungsberechtigten sowie die Beratung und Unterstützung von Schulen zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags.
Ebenso werden die Aufnahmebedingungen in die Abendgymnasien und Kollegs den Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz angepasst, sodass nunmehr der Nachweis einer mindestens zweijährigen Berufstätigkeit (bisher mindestens dreijährige Berufstätigkeit) als Aufnahmevoraussetzung sowie die Vollendung des 18. Lebensjahres (bisher des 19. Lebensjahres) im Schuljahr der Anmeldung genügen. Hierdurch werden unnötig hohe Hürden für den Erwerb eines höherwertigen Schulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg beseitigt.
Neu in das Schulgesetz eingefügt wird eine schulärztliche Untersuchungspflicht für aus dem Ausland zuziehende Kinder und Jugendliche. Aktuell ist die Schuleingangsuntersuchung nur für Schulanfängerinnen und -anfänger verpflichtend. Bereits jetzt führen viele Bezirke die schulamtsärztliche Untersuchung auch bei Kindern durch, die in Willkommensklassen für Neuzugewanderte ohne Deutschkenntnisse aufgenommen werden. Eine Verpflichtung zur Durchführung dieser Untersuchung ist sinnvoll, damit die Untersuchung nicht zufällig, sondern regelhaft in allen Bezirken durchgeführt wird. Mit der schulamtsärztlichen Untersuchung soll geklärt werden, ob gesundheitliche Beeinträchtigungen das Lernen behindern (Hören, Sehen, Sprechen, chronische Krankheiten, Behinderungen). Gleichzeitig werden die Infektionsfreiheit und der Impfstatus überprüft. Die Schulärzte bescheinigen die Schulbesuchsfähigkeit und informieren die Schule, ob ggf. besondere Bedarfe und/oder Einschränkungen vorhanden sind (z.B. Empfehlung zum Antrag auf sonderpädagogischen Förderbedarf, Teilnahme am Schulsport, Pflegebedürftigkeit etc.).
Personenbezogene Daten von Schülerinnen und Schülern können mit deren Einwilligung an die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter übermittelt werden, um im Bedarfsfall Unterstützung in Form von Beratungsangeboten zu erhalten. Dafür werden die datenschutzrechtlichen Vorschriften im Hinblick auf ein Fachverfahren für die automatisierte Datenverarbeitung an Schulen und die am 25. Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) angepasst.
An jeder Schule wird verpflichtend ein Krisenteam eingerichtet, dessen Aufgabe insbesondere die Gewalt- und Krisenprävention in der Schule ist.
Die Elternrechte an beruflichen Schulen und Oberstufenzentren werden gestärkt. Elternversammlungen von Eltern minderjähriger Schülerinnen und Schüler an beruflichen Schulen und Oberstufenzentren sollen nicht mehr nur auf Verlangen stattfinden. Die Mitwirkungsrechte der Eltern an Oberstufenzentren werden dadurch gestärkt, dass eine Abteilungselternvertretung unabhängig davon eingerichtet wird, ob es sich um einen vollzeitschulischen Bildungsgang handelt. Abteilungselternvertretungen sind stimmberechtigt und nicht mehr nur beratend in der Schulkonferenz vertreten.
Durch den Gesetzentwurf werden weitere Schritte unternommen, das Schulgesetz in seinen Formulierungen diskriminierungsfrei zu gestalten. So werden der Bezirkslehrerausschuss in Bezirksausschuss des pädagogischen Personals, der Lehrerausschuss Berufliche Schulen in den Lehrkräfteausschuss Berufliche Schulen und der Landeslehrerausschuss in den Landesausschuss des pädagogischen Personals umbenannt. Damit werden die männlichen Bezeichnungen durch geschlechtsneutrale Begriffe ersetzt. Gleichzeitig schließen die neuen Bezeichnungen alle an der Schule tätigen pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Mitglieder dieser Gremien sind, mit ein, nicht nur die Lehrkräfte. Dies gilt insbesondere für die große Anzahl der an den Schulen tätigen Erzieherinnen und Erzieher.
Das Französische Gymnasium und die John-F.-Kennedy-Schule werden aufgrund ihrer überregionalen und gesamtstädtischen Bedeutung für die Vertiefung des internationalen Bildungsangebots in die zentrale Trägerschaft der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie überführt. Im Rahmen der landesweiten Strategie zur Förderung der Mehrsprachigkeit bildet der Übergang dieser beiden Schulen in die zentrale Trägerschaft eine wichtige Säule. Am Französischen Gymnasium können die Schülerinnen und Schüler sowohl das Baccalauréat als auch das deutsche Abitur ablegen. An der John-F.-Kennedy-Schule kann neben dem deutschen Abitur auch das amerikanische High School Diploma erworben werden.
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