Mit der Bahn klimafreundlich durch Europa

Liniennetz Europa der DB für die neuen Nightjet-Linien ab 2021

von Ursula A. Kolbe

„Abends in München oder Berlin in den Zug steigen und morgens entspannt in Paris oder Brüssel ankommen – mit unserem Trans-Europ-Express TEE.2.0 und attraktiven Nachtzugangeboten auf der Schiene sind wir künftig in Europa noch klima- und umweltfreundlicher unterwegs. Das ist ein ganz konkretes Ergebnis unseres Schienengipfels und unserer EU-Ratspräsidentschaft.“ Worte des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer am Rande der Konferenz der europäischen Verkehrsminister von den vier Bahnchefs Dr. Richard Lutz, Deutsche Bahn (DB); Andreas Matthä, Österreichische Bundesbahn (ÖBB); Jean-Pierre Farandou, Französische SNCF, und Vincent Ducrot, Schweizerische Bundesbahnen (SBB).

Die Erklärung der vier Bahnunternehmen bildet den Auftakt zum Europäischen Jahr der Schiene. Am 1. Dezember 2020 hatten sich die Europaabgeordneten des Verkehrsausschusses darauf geeinigt, das Jahr 2021 der Stärkung des Schienenverkehrs zu widmen. Ein starkes Schienennetz ist demnach unverzichtbar, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Dazu gehört auch ein starkes Nachtzugnetz, das Schlüssel zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Mobilität ist. Im engen Schulterschluss mit der Politik soll noch enger auf allen Ebenen zusammengearbeitet werden.

Für den CEO der Österreichischen Bundesbahnen ist klar, dass nur durch diese intensive Zusammenarbeit der Bahnen in Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Österreich das Nightjet-Netz deutlich erweitert und somit noch mehr klimafreundliche Mobilität in Europa angeboten werden kann. „Mit Paris, Berlin, Amsterdam, Brüssel, Zürich, Wien und Barcelona werden noch mehr europäische Metropolen künftig umweltfreundlich über Nacht mit dem Nightjet verbunden.“

Jean-Pierre Farandou, Vorstandsvorsitzender der SNCF, begrüßt die Zusammenarbeit als eine gute Chance, den nationalen Nachtzugservice mit einem internationalen Angebot zu ergänzen. “Nachtzüge sind für die SNCF historisch. Das Interesse und die Begeisterung der Fahrgäste und der Behörden sind groß, denn diese Züge sind für die Verbindung unserer Regionen unverzichtbar ….und wir mit unseren europäischen Nachbarn von der Erfahrung mit dem Nightjet profitieren können, um ein attraktives europäisches Nachtzugangebot voranzutreiben“.

Auch für die Schweiz sei der Ausbau der internationalen Verbindungen im Tages- und Nachtverkehr auf der Schiene sehr wichtig. „Diese Kooperation ermöglicht, unsere Ausbaupläne nun auch schnell umzusetzen. Im Nachtverkehr werden wir so das Angebot ab der Schweiz bis 2024 von sechs auf zehn Linien zu 25 Destinationen ausbauen. Das ist ein sehr wichtiger Beitrag zur Förderung der klimafreundlichen Mobilität.“

Als erste konkrete Ergebnisse sind vier neue Nightjet-Linien geplant. Ab Dezember 2021 sollen die Verbindungen Wien-München-Paris und Zürich-Köln-Amsterdam, ab Dezember 2022 Zürich-Rom angeboten werden. Im Dezember 2023 folgen Verbindungen von Berlin nach Brüssel und Paris und ab Dezember 2024 von Deutschland aus über Zürich nach Barcelona. Später könnten Hamburg-Basel-Mailand und vier Strecken ab Amsterdam folgen: über Hamburg nach Kopenhagen, über München nach Wien, über Berlin nach Warschau und über Köln und Basel nach Rom.

Bis Ende des Jahrzehnts könnten dann Berlin-Innsbruck-Rom, Kopenhagen-Berlin-Prag, Hamburg-Bordeaux-Madrid und Stockholm-Kopenhagen-Hamburg-Paris folgen. „Der Nachtzug ist ein Geschäft unter Partnern. Wenn jede Bahn ‚ein bisschen Nachtzug‘ machen würde, wäre niemandem geholfen“, sagt Bahnchef Lutz zu der neuen Kooperation. Die DB will beim Ausbau vor allem auf Kooperationen wie mit der ÖBB setzen. Diese hatte zuletzt 13 zusätzliche, moderne Schlafwagen-Züge bei Siemens bestellt. ÖBB-Chef Matthä will die jährlich rund 1,4 Millionen Fahrgäste, die der sogenannte Nightjet vor der Corona-Krise hatte, mit der Ausweitung auf rund drei Millionen verdoppeln.

Die DB hat zwar auch eigene Nachtverbindungen im Angebot, aber nur mit normalen Sitzen, nicht mit Betten, so dass man eher gerädert am Ziel ankommt. 2016 hatte sich die Deutsche Bahn ja von ihrem klassischen Nachtzuggeschäft verabschiedet, weil es ein sehr kostenintensives Angebot“ sei, hatte es noch im Januar vergangenen Jahres geheißen.

Auf dem EU-Schienengipfel im September hatte Scheuer das Projekt vorgestellt. Das Konzept sollte mehr durchgehende Schnell- und Nachtzug-Verbindungen zwischen Europas Metropolen schaffen. In 13 Stunden ohne Umsteigen von Berlin nach Barcelona – solche Angebote sollen zur Alternative werden für Menschen, die umweltschädliche Flüge vermeiden wollen, wenn das Reisen nach der Corona-Pandemie wieder einfacher wird. Die Idee knüpft an den legendären „trans-Europ-Express“ an, der einst westeuropäische Metropolen miteinander verband, bis er 1987 eingestellt wurde.

Über 6.000 Züge mit Schlafwagen seien 2020 bereits über deutsche Schienen gerollt, lässt Bahnchef Lutz wissen. Aber bisher wird das Angebot vor allem von den ÖBB organisiert. Bislang nutzen es meist Familien und junge Leute. In Zukunft werde der Nachtzug sein Potential als stressfreie und umweltfreundliche Art des Reisens immer mehr ausspielen, betont Lutz. Das sind ganz andere Töne von der Bahn als noch vor ein paar Monaten. „Wir sind bereit für das europäische Jahr der Schiene 2021.“ Der künftige Nachtzugverkehr wird es belegen.