Wenige Wintergäste und viele Ringeltauben

Zwei Türkentauben sitzen auf einem Baum

von Janna Einoeder, NABU Berlin

Ergebnis der 13. „Stunde der Wintervögel“: 3.500 Berlinerinnen und Berliner zählen rund 68.000 Vögel / Immer weniger Vögel in den Gärten
Die Endergebnisse der bundesweiten NABU-Mitmachaktion „Stunde der Wintervögel“ sind da. Das nasse und wenig winterliche Wetter zum Zeitpunkt der Zählung hat sich augenscheinlich auf die Teilnehmerzahlen ausgewirkt. Während im Januar 2022 noch mehr als 4.300 Berlinerinnen und Berliner knapp 94.000 Vögel beobachteten, haben dieses Jahr rund 3.500 Berlinerinnen und Berliner nur rund 68.000 Vögel gezählt. „Wir danken allen Vogelfans, die trotz des ‚Schietwetters‘ Vögel gezählt haben“, sagt Ansgar Poloczek, Artenschutzreferent des NABU Berlin, „leider wurden sie nicht mal mit vielen Wintergästen belohnt.“

Denn auch in Berlin zeigte sich die langfristige Tendenz, dass immer weniger Vögel pro Garten gesichtet wurden. Dieses und letztes Jahr haben die Berlinerinnen und Berliner mit 34,2 (2022) und 34,3 (2023) Vögeln pro Garten zwar etwas mehr Vögel gesichtet als in den Jahren zuvor, doch insgesamt sieht man einen starken Negativtrend. „Der sehr milde Winter hat dafür gesorgt, dass typische Wintergäste wie Wacholderdrossel oder Gimpel, die in der kalten Jahreszeit die Städte als Wärmeinseln nutzen, auch außerhalb der Städte noch genug Nahrung finden. Auch Zugvögel aus dem Norden wie der Seidenschwanz, sind in diesem Jahr bislang vergleichsweise selten” erläutert Poloczek.

Ringeltaube und Graugans wurden häufiger als sonst beobachtet
Doch es lassen sich auch einige Positivtrends beobachten. Die Ringeltaube zum Beispiel landete mit einem Zuwachs von 17 Prozent der Beobachtungen auf dem dritten Platz nach Haussperling und Kohlmeise. „Wir registrieren seit einigen Jahren, dass die Ringeltaube nicht nur ihre Brutzeit bis weit in den Herbst hinein ausdehnt, sondern, dass sie sich auch zunehmend neue Brutplätze an Gebäuden sucht und nicht wie ursprünglich ausschließlich an Bäumen brütet“, sagt Poloczek, „möglicherweise profitiert sie von den steigenden Temperaturen im Zuge der Klimakrise!“ Dass sich Ringeltauben im Winter oft zu größeren Schwärmen zusammenfinden, um gemeinsam nach Nahrung zu suchen, könne ein weiterer Grund für die vielen Beobachtungen sein, so Poloczek. Bei mildem Wetter finden sie diese Nahrung eben auch in der Stadt.

Die relativ warme Witterung dürfte auch für die hohen Zahl der gesichteten Graugänse und Kraniche verantwortlich sein. Während Kraniche durch das ausreichende Nahrungsangebot oft gar nicht mehr aus dem Berlin-Brandenburger Raum fortziehen, finden auch Gänse bei weniger Schnee und Eis deutlich mehr Futter. „So kann man vorbeifliegende Gänsetrupps, erkennbar an ihrer typischen V-Formation, gut über der Stadt fliegend beobachten“ erklärt Poloczek. Auch die Zuggewohnheiten des Stars, der auf Platz 6 landete, haben sich den milden Temperaturen angepasst. So bleiben viele Tiere den Winter über in der Hauptstadt und ziehen nicht mehr in südlichere Gebiete.