Im Hinterzimmer

Ein Aschenbecher voller Zigarettenkippen

von Susanne Danowski

Gott sei Dank bin ich Nichtraucher. Hab ich die rauchenden Familienangehörigen, Kollegen und Freundinnen stets billigend ertragen, befürchte ich nun eine vergehende Spezies. Die Nichtraucher sind zähe gewesen. Wenn der Qualm zu dick wurde, sind sie halt in der Pause mal an die frische Luft gegangen. Ich habe mich bei Familienfeiern gern zu den Kleinen ins Kinderzimmer zurückgezogen. Bis sie 12/13 Jahren alt waren, konnte ich davon ausgehen, dort vom Rauch verschont zu bleiben. Danach hatte ich sowieso keinen Zugang mehr zu ihren Gemächern in meinem fortgeschrittenen Alter.

Dann hat jemand erkannt, dass Nichtraucher auch ein Recht auf ein würdiges Dasein haben. Es gab nun rauchfreie Beratungen, bei Familienfeiern ging der Raucher auf den Balkon, zumindest bis die Kinder im Bett waren und der Alkoholpegel noch unter 2,5 Promille war. Plötzlich gab es für Nichtraucher eigene Büros, Reisezugwagen, Restaurants. Aber die gute Stimmung war woanders.
Im Kurheim wurde im Raucherdomizil gefeiert, im Nichtraucheraufenthaltsraum wurde gestrickt und philosophiert. Ich war meist bei den Qualmenden. Es war keine zwingende Voraussetzung, ne Kippe im Mundwinkel zu haben, ich wurde auch ohne geduldet.

Das Passivrauchen macht auch krank, haben die Forscher herausgefunden.
Dann hat der Gesetzgeber seine Aufgabe erkannt. Also Gruseltexte auf die Verpackungen, jetzt auch Ekelbilder zu Abschreckung. Der Umsatz ging zurück, also Preise drastisch raus, auf die Einnahmen will der Fiskus nicht verzichten.
Die Nichtraucher wurden immer mehr und vor allem die Exraucher forderten nun massive Veränderungen zu ihrem Schutz. Offensichtlich sind sie bis in die gesetzgebenden Bereiche vorgedrungen. Wo sind die rauchenden Zeiten unter Altkanzler Schmidt geblieben?

Per Gesetz und gegen massiven Widerstand so mancher Wirtsleute, werden Raucher aus Gaststätten, Zügen, Flugzeugen verbannt. Auf Bahnhöfen dürfen sie noch in prangergleichen gelb aufgemalten Vierecken quarzen. Doch wie lange wird das noch geduldet??? Nun stehen sie in frierenden Grüppchen vor den Lokalen, dem Spott der Passanten ausgesetzt, um ihrem Laster zu frönen. Das Lachen ist ihnen längst vergangen. Selbst die von mitleidigen Wirten aufgestellten Heizpilze werden ihnen per Anordnung verwehrt.

Demnächst wird bestimmt die Videoüberwachung zur Verfolgung der letzten Rauchabhängigen genutzt. Am falschen Ort, außerhalb des Vierecks, in der Nähe einer Haltestelle oder gar auf der öffentlichen Toilette den Glimmstängel gezückt, sofort werden die Aufnahmen in den sozialen Netzwerken geteilt und die Verfolgung wird unerbittlich geführt. Liebe Kneipenbesitzer, Lokalbetreiber, Barmänner und -frauen öffnet eure Hinterzimmer für die gefährdete Spezies der Raucher. Gebt ihnen einen Raum, in dem sie ihrem Laster nachgehen können. Geht achtsam mit ihnen um.

Ich fürchte, wenn dem Fiskus die Einnahmen aus der Tabaksteuer nicht mehr genügt, denkt er sicher über die Strafbesteuerung von Zucker nach, seine weitreichenden gesundheitlichen Folgen sind ja schon lange bekannt. Gott sei Dank bin ich Nichtraucher, aber für’s dolce vita will ich nicht extra zahlen müssen.