Aristokratische Ostereier

Ein geöffnetes Fabergé-Ei mit Glaskugeln

Edelgard Richter

Das wichtigste Fest im russischen orthodoxen Kirchenkalender ist das Osterfest. Allerdings findet es nach dem Julianischen Kalender aus dem 16. Jahrhundert statt, während die westlichen Kirchen seitdem den Gregorianischen Kalender benutzen.

Die russisch-orthodoxe wie auch die westlichen Kirchen feiern Ostern am Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling. Doch der Frühling beginnt in Russland nach den julianischen Kalender 13 Tage später. Die wichtigste Ostermesse findet in der Moskauer Christi Erlöser Kirche statt, an der auch der russische Präsident und hochrangige Politiker teilnehmen.

Der orthodoxe Glaube wurde von Großfürst Wladimir I. Der Heilige eingeführt, der sich 988 taufen ließ. Inzwischen wird seit einigen Jahren in Russland der 28. Juli als der Tag gefeiert, an dem das Land christianisiert wurde.

Nachdem die 40 Tage des großen Fastens vorbei sind, kommen neben bunten Ostereiern und dem speziellen Osterbrot, alle Gerichte auf den Tisch, auf die man während der Fastenzeit verzichten musste. Nach dem alten Glauben, soll man das Festessen mit seinen Nachbarn teilen, weshalb man sich gegenseitig besucht und Eier sowie kleine Osterbrote austauscht.

Auch in der Zarenfamilie wurde Ostern gefeiert. Weltberühmt sind die Fabergé-Eier, die von dem Hofjuwelier Peter Carl Fabergé kreiert wurden.

Der Zar Alexander III. schenkte das erste Ei 1885 zu Ostern seiner Frau Maria. Es war das „Hennen-Ei“, innen Gold, außen Emaille und drinnen sitzt eine brütende Henne. Die Zarin war von dem Kleinod so begeistert, so dass sie nun jedes Jahr ein solches Ei erhielt. Fabergé „zauberte“ im Laufe der Jahre rund 50 Eier, die er aus unterschiedlichen Metallen – Silber, Gold, Kupfer, Nickel, Palladium -, zu verschiedenen Farbkombinationen herstellte.

Geschmückt wurden die Eier mit Jaspis, Rhodonit, Felsenkristall, Achat, Aquamarin, Lapislazuli oder Jade. Zur weiteren Dekoration wurden kostbare Steine, wie Saphire, Rubine, Smaragde und Diamanten verwendet. 1887 schenkte der Zar Alexander III. seiner Frau das „Auferstehungs-Ei“, in dem sich eine Gruppe, bestehend aus Jesus, der aus dem Grab steigt, und zwei Engeln, befindet.

Als 1897 Zar Nikolaus gekrönt wurde, entstand das „Krönungs-Ei“, das innen eine Miniatur der Kutsche enthält, mit der die Zarin durch Moskau zur Krönung in die Kathedrale fuhr.

Zar Nikolaus II. war es auch, der nunmehr jedes Jahr zwei Eier von Fabergé herstellen ließ; eines schenkte er seiner Frau und das andere erhielt seine Mutter. Das jährliche Osterei wurde zu einer großen Überraschung für die Zaren-Familie.

In dem 1898 geschaffenen Ei befinden sich die Porträts en miniature von Zar Nikolaus II. und seiner zwei ältesten Töchter. 1890 entstand das „Frühlingsblumen-Ei“ im Stil Louis XV. , in dem sich innen ein Bouquet aus Frühlingsblumen befindet.

Das „Dänische Palast-Ei“ wurde 1891 angefertigt und stellte in seinem Inneren die Paläste dar, in denen die Zarin vor ihrer Heirat als dänische Prinzessin lebte. Das letzte Ei, das Zar Alexander III. seiner Frau Maria schenkte, war das 1894 geschaffene „Renaissance-Ei“, dessen einstmals darin enthaltene Überraschung im Laufe der Zeit leider verloren ging.

1897 fertigte Fabergé zu Ostern das „Pelikan-Ei“, so benannt, weil auf seiner Spitze ein Pelikan thront. In seinem Inneren befinden sich Miniaturen, die über das Leben der Zarin Marie Auskunft geben.

1912 entstand das „Zarewitsch-Ei“, in dessen Inneren sich ein emailliertes Miniporträt des Zarewitsch Alexej befindet. Auf der Außenseite des 1900 entstandenen Trans-Sibirischen-Eisenbahn-Eies ist die Route von St. Petersburg bis Wladiwostok aufgezeichnet. Die Überraschung befindet sich innen, bestehend aus einer Miniatur des Trans-Sibirischen Express-Zuges mit Lokomotive und Tender sowie fünf Waggons.

Das letzte Ei wurde 1916 geschaffen. Dann konfiszierten die Bolschewisten die Kollektion und verkauften 40 der Kostbarkeiten ins Ausland, wo sie in die ganze Welt verstreut wurden.

Mindestens 15 Stück der berühmten Fabergé-Eier sind im Besitz von dem in der Ukraine geborenen Russen Viktor Wekselberg, der sie von der US-Familie Forbes erworben hat und der in der Liste der 100 reichsten Russen geführt wird. Einige der Fabergé-Eier befinden sich in Museen, acht Eier sind nicht mehr auffindbar.