„Hinter der Maske“ – DDR-Kunst im Museum Barberini in Potsdam

Großformatiges Gemälde

Waltraud Käß

Das Museum Barberini in Potsdam scheint mit seinen Ausstellungen ein großer Anziehungspunkt nicht nur für die Potsdamer Bürger geworden zu sein. Auch an diesem Sonntag Anfang Januar füllte sich die Eingangshalle mit immer neuen Menschen, die begierig waren, die aktuelle Ausstellung „Künstler in der DDR – Hinter der Maske“ zu besichtigen.

Dementsprechend groß war das Getümmel in den einzelnen Ausstellungsräumen, wo groß- und kleinformatige Gemälde, Fotografien, Grafiken und Skulpturen von DDR-Künstlern gezeigt werden.

Da waren sie wieder, die großen Namen der DDR-Künstlergilde wie Tübke, Sitte, Womacka, Heisig, Mattheuer und viele andere, vor denen in- und ausländische Besucher standen und sich so ihre Gedanken machten.

Ich auch: Warum haben die Ausstellungsmacher die Ausstellung „Hinter der Maske“ genannt? Wollen sie damit zum Ausdruck bringen, dass die Künstler der DDR hinter einer Maske agierten, eigentlich anders dachten, als sie malten? Und damit sich und die Menschen der DDR belogen, die in Sonderzügen, so erinnere ich mich, zu den Kunstausstellungen nach Dresden fuhren, um diese Werke zu bewundern?

Wollen sie damit andeuten, dass diese Künstler unzufrieden waren, obwohl sie geehrt und mit Orden und Nationalpreisen hoch dekoriert waren? Ich kenne keinen, der diese Auszeichnung nicht genommen hätte. Wollen sie damit unterschwellig zum Ausdruck bringen, dass das ganze Leben in der DDR eine Maskerade war? Wollen sie sagen, dass die Bilder das realistische Leben in der DDR nicht widerspiegeln? Mit letzterem Gedanken könnte ich mich noch anfreunden. Das Leben in der DDR war nicht nur grau, braun und blau wie auf vielen Gemälden düster dargestellt. Deshalb erscheint mir die Auswahl der Gemälde sehr einseitig zu sein.

Die Selbstporträts der Künstler, die Gruppenbilder mit Freunden oder Kommilitonen, zeigen fast alle verbiesterte, griesgrämige Menschen in Blau-Grau- und Brauntönen, was mir insbesondere beim Gemälde der Geburtstagsfeier der „Potsdamer Maler“ von Karl Raetsch aufgefallen ist. So unlustig ging es in Künstlerkreisen ganz bestimmt nicht zu.

Und hätten Brigadefeiern so stattgefunden, wäre wohl niemand hingegangen. Da haben viele Menschen doch ganz andere Erinnerungen. Warum haben sich z.B. die Maler Tübke, Heisig oder Mattheuer in Selbstbildnissen als König, Puppenspieler oder mit einer Schachtel über dem Kopf gemalt? Willi Sitte gar zeigt sich mit einem mächtigen, nackten Oberkörper und einem Grubenhelm auf dem Kopf. Hat er sich gewünscht, so auszusehen, oder ist es seine Art Ironie, mit sich selbst fertig zu werden? Was würden die Künstler selbst sagen, könnte man sie heute noch fragen? Würden sie mit einer solchen Deutung einverstanden sein?

Fragen über Fragen – ich habe eigentlich keine Antwort gefunden. Eindeutig aber für mich ist, dass diese Ausstellung polarisiert. Gewollt oder ungewollt?

Ich vermisse die normalen, lachenden Menschen, die es zuhauf in der DDR gab. Einen Hauch von Lebensfreude konnte ich wenigstens im Gemälde „Leipziger am Meer“ von Erich Kissings durch die Seejungfrau als Mittelpunkt des Gemäldes, oder bei den Herren in der Sauna bemerken. Aber alle Herren haben mir viel zu ernste Gesichter. Solchen Männern bin ich noch nie in der Sauna oder am Meer begegnet. Jedenfalls nicht in der DDR. Da erinnere ich mich lieber an Peter im Tierpark und das Paar am Strand von Walter Womacka, die mit zu den beliebtesten Gemälden DDR-weit gehörten und in manchem Wohnzimmer ihren Platz hatten.

Der eigentliche Höhepunkt für mich ist jedoch die Ausstellung der Gemäldegalerie mit den 16 großen Wandgemälden aus dem Palast der Republik in Berlin, vor denen in der DDR auch viele ausländische Staatsmänner standen und sie bewunderten – und damit auch die Künstler, die sie erschufen – wenn auch im Auftrage ihres Staates, der DDR. Seit über 20 Jahren hat sie niemand mehr gesehen. Nun sind sie restauriert und werden erstmalig der Öffentlichkeit wieder präsentiert.

Da werden auch andere Erinnerungen wach: Die gläserne Blume, die wunderschönen Leuchten in allen Etagen, die Disco, die Bowlingbahn, die Milchbar und so weiter und so fort. Millionen von Menschen haben während seines Bestehens diesen Palast für sich erobert und erlebt. Er ist Geschichte – und wie diese Epoche abgeschlossen wurde, auch daran können wir uns noch gut erinnern.

Die Ausstellungsmacher schreiben im Flyer der Ausstellung: „Die damals vielbeachteten Gemälde dokumentieren eindrücklich, wie sich der Staat mit Kunst schmückte und welche Themen dazu dienten“. Diesen Satz will ich gerne aufgreifen. Die gesamte Galerie des Palastes der Republik stand unter dem Motto „Wenn Kommunisten träumen“, angelehnt an das gleichnamige Gemälde von Walter Womacka .

Weitere Gemälde haben folgende Künstler beigesteuert:

Schubert – Brot für alle
Sitte – Die rote Fahne – Kampf, Leid und Sieg
Robbel – Die schaffenden Kräfte
Mohr – Forscht, bis ihr wißt
Neubert – Gestern – heute
Brendel – Großes Stilleben
Mattheuer – Guten Tag
Heisig – Ikarus
Tübke – Mensch – Maß aller Dinge
Vent – Menschen am Strand
Wegehaupt – Raum für Neues
Großmann – Tadshikistan
Paris – Unser die Welt – trotz alledem
Zitzmann – Weltjugendlied
Graetz/Mohr – Krieg und Frieden

Was ist an diesen Themen auszusetzen? Für mich hat jedes dieser Gemälde eine große Aussage darüber, was das Leben in der DDR bestimmte. Und an Aktualität haben sie nicht verloren. Würdigen möchte ich das Anliegen des Museums Barberini, mit dieser Ausstellung das Projekt der Erforschung der DDR-Kunst zu beginnen.

Bisher ist sie in der Kunstgeschichte noch wenig beachtet. Es ist zu vermuten, dass jedes weitere Projekt dieses Museums nicht von jedem Besucher widerspruchslos angenommen wird. Aber vielleicht erwächst aus Widerspruch auch das Gespräch und daraus das Verständnis füreinander. Das wäre wünschenswert.