Und plötzlich Poetin

Gemälde von Anna Louisa Karsch, gemalt von Karl Christian Kehrer, 1791

von Brigitte Nehring

Moses Mendelssohn war begeistert, Goethe durchaus angetan, und der anakreontische Lyriker Gleim mutmaßte, was sie antiken Klassikern ähneln ließ: Die “deutsche Sappho” Anna Louisa Karsch.

Eröffnung der Karsch-Ausstellung zum 300. Geburtstag der Poetin

Von Freitag, dem 2. Dezember 2022 bis Sonntag, dem 30. April 2023 – Plötzlich Poetin!? Anna Louisa Karsch – Leben und Werk.

Das Gleimhaus in Halberstadt eröffnet im Dezember die Jubiläumsausstellung zu Leben und Werk von Anna Louisa Karsch 300. Geburtstag der Poetin. Zum Eröffnungsabend am 1. Dezember 2022 ist die Schauspielerin Ines Lacroix als Anna Louisa Karsch zu erleben. Ab Freitag, dem 2. Dezember 2022 ist die Ausstellung fürs Publikum zugängig.

Zur Ausstellung veröffentlicht das Gleimhaus eine Edition mit Briefen und Gedichten sowie einen Begleitband mit Aufsätzen und Objektbeschreibungen. Weitere Publikationen zu Karsch durch andere erweitern das Buchangebot zum 300. Geburtstag, so ein Karsch-Themenheft der Zeitschrift „Das achtzehnte Jahrhundert“, herausgegeben von Nacim Ghanbari und Annika Hildebrandt und die biografisch angelegte Publikation von Annett Gröschner „Die Spazier-Gänge von Berlin – Anna Louisa Karsch (1722-1791)“. Damit zur Ausstellungseröffnung alle Bücher vorhanden sind, wurde die Eröffnung von Oktober auf Dezember verschoben.

Die Ausstellung ist der Höhepunkt des Themenjahrs „Frauen und Künste“, welches das Literaturmuseum anlässlich des bevorstehenden 300. Geburtstags der Dichterin Anna Louisa Karsch von April 2022 bis April 2023 veranstaltet.

Anna Louisa Karsch (1. Dezember 1722 bis 12. Oktober 1791) war eine der wichtigsten und eigenwilligsten Dichterinnen und Briefschreiberinnen ihrer Zeit. Leidenschaftlich warb sie um die Liebe von Johann Wilhelm Ludwig Gleim und ließ sich schließlich auf eine Freundschaft ein. Im Gleimhaus, dem ersten deutschen Literaturarchiv, befindet sich die größte Karsch-Sammlung mit über 2000 Briefen und Gedichten, dem einzigen überlieferten Porträtgemälde sowie einem ganzfigurigen Denkmal. Die spektakuläre Biografie der „Karschin“ hat schon die Zeitgenossen in Erstaunen versetzt. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnisse wurde sie 1761 in Berlin zur gefeierten Poetin. Sie starb in dem Haus, das ihr der preußische König in Anerkennung ihrer Verdienste hatte bauen lassen.

Der Ausstellungstitel „Plötzlich Poetin !?“greift das Phänomen des überraschenden Ruhms zu Beginn der 60er Jahre auf. Doch wird auch gezeigt, dass Karsch diesen Erfolg selbst vorbereitet hat und auch bis ins Alter zu halten versuchte. Die Ausstellung stellt damit übliche Erzählungen zu Leben und Werk der Dichterin infrage, bei denen das Hauptaugenmerk lediglich auf den ersten Erfolgsjahren in Berlin (und Magdeburg) liegt.