Mit jungem Herzen alt werden

Blumenrabatte auf der IGA in Marzahn-Hellersdorf von Berlin

von Waltraud Käß

„Mit jungem Herzen alt werden“ – Unter diesem Motto stand die diesjährige Senioren-Bezirksverordnetenversammlung von Marzahn-Hellersdorf. Nicht nur die Seniorenvertretung stellte den Abgeordneten, den Journalisten, den Gästen, denn die Versammlung ist öffentlich, die Ergebnisse der Arbeit eines Jahres seit der Wahl vor, sondern auch einige Bezirksräte standen zu aufgeworfenen Fragen Rede und Antwort.

Über die Arbeitsschwerpunkte der Seniorenvertretung berichtete die Vorsitzende, Frau Ritter. In der Ausgabe der „Spätlese“ Juli/August 2018 haben wir diese bereits vorgestellt. Sie hob insbesondere die gute Unterstützung dieser ehrenamtlichen Arbeit durch die Ausschüsse der Bezirksverordnetenversammlung und des Bezirksamtes hervor. Um die Öffentlichkeit noch stärker mit der Arbeit der Seniorenvertretung vertraut zu machen, informierte sie darüber, dass alle gesellschaftlichen Ereignisse im Bezirk wie z.B. die Sozialtage im Eastgate oder auch das Blütenfest in Biesdorf genutzt werden.

Da die Zuwendungen des Senats für die Mobilitätsdienste im Bezirk sehr eingeschränkt wurden und der Begleitdienst für ältere und behinderte Menschen nur noch über die Diakonie finanziert werden soll, informierte die Bezirksrätin Frau Witt, dass der Bezirk einen Ausweg gesucht hat in Form der Bildung einer Sonder-Sozialkommission. Von hier aus soll ebenfalls ein Begleitservice organisiert werden. Wie die „Spätlese“ inzwischen erfuhr, ist diese Sonder- Sozialkommission bereits gebildet worden.

Mit dem Blick auf die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben für ganz Berlin und die Einbindung der bezirklichen Seniorenvertretung konnte auch Herr Dr. Sack, Vorstandsmitglied der Landesseniorenvertretung, dieser eine gute Arbeit bescheinigen. Wie wichtig diese ehrenamtliche Arbeit ist, machte er auch an einigen Ärgernissen deutlich, mit denen sich ältere und/oder behinderte Menschen im Alltag herumschlagen müssen und verpackte diese in mehrere Fragen:

Warum haben die Verkehrsampeln eine so kurze Grünphase? Ältere oder gehbehinderte Menschen kommen mitunter nur bis zur Mitte der Straße und werden dann noch angehupt.

Warum stehen die billigen Produkte in den Supermärkten ganz unten im Regal (wir wissen natürlich warum)? Ältere Menschen können sich nicht mehr so gut bücken. Und um das zu vermeiden, müssen sie zu den teuren Produkten greifen.
Warum stehen so wenige Bänke an den Wegen, die zum Einkauf genutzt werden?
Muss ein älterer Mensch immer gleich etwas verzehren, wenn er sich zum Ausruhen auf den Stuhl eines Straßencafes setzt?

Man könnte diese Aufzählung noch um weitere Fragen ergänzen:
Bekommt ein älterer Mensch auch mal ein Glas Leitungswasser geschenkt, wenn er erholungsbedürftig ist?

Warum wird die Schrift auf den Verpackungen der Lebensmittel immer kleiner – obwohl es unter der älteren Generation doch viele Sehbehinderte gibt? Es ist mühsam, die Verpackungen immer aus dem Regal zu nehmen und sie unter die Lupe am Einkaufswagen zu halten. Das ist zwar schon eine Verbesserung, aber noch nicht in allen Supermärkten eingeführt. Wer schon einmal ein elektronisches Gerät samt Gebrauchsanweisung erworben hat, hat nach dem ersten mühsamen Entziffern der winzigen Schrift bald aufgegeben, Eigentlich müsste jeder Packung eine große Lupe beiliegen.

Das Sprichwort stimmt schon: „Alt werden ist nichts für Feiglinge.“ Natürlich wird die ältere Generation heute in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen als noch vor 50 Jahren. Alt werden und alt sein schließen sich oft aus, weil diese Generation noch sehr kreativ und unterwegs ist. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel – insbesondere um diese Menschengruppe muss man sich kümmern.

Fazit der Veranstaltung: Es bleibt notwendig, immer wieder den Finger in die Wunde zu legen und die Politik, die Wirtschafts- und Dienstleistungsbereiche, die Gesellschaft insgesamt auf die Schwachstellen im Umgang mit der älteren Generation oder behinderten Menschen aufmerksam zu machen. Natürlich kann das eine Seniorenvertretung nicht umfassend leisten, sie kann nur punktuell und im Rahmen ihrer Kompetenzen die Hinweise dazu aufnehmen und weitergeben.

So war es auch mit der Dokumentation über die „Stolperstellen“ in den Straßen- und Gehwegbereichen des Bezirks. Wir berichteten darüber in der Ausgabe Juli/August. Das ist ja nicht nur ein Marzahn-Hellersdorfer Problem, nein, es betrifft ganz Berlin. Und so haben auch schon andere diese Idee der Fotodokumentation aufgegriffen. Aufmerksame Bürger können sich auf die „Fotopirsch“ in ihrem Kiez begeben.

Aussagekräftige Aufnahmen und die Benennung des Ortes der Aufnahme können der Seniorenvertretung unter der Adresse seniorenvertretung-mh@gmx.de übersandt werden. Wäre noch zu erwähnen, dass sogar der RBB Berlin/Brandenburg in der Abendschau vom 7.Juli 2018 über die Initiative berichtete.

Die Vorsitzende Frau Ritter sprach auch über die Einsamkeit älterer Menschen. Ja, sie ist ein Problem. Aber: Einsamkeit ist mitunter auch hausgemacht. Wer sich nicht rührt, bleibt unbeachtet. Das muss nicht sein. Hilfe kommt nicht von allein. Wer sich nicht selbst helfen kann, muss auf sich aufmerksam machen. Und wer noch kann, dem ist zu raten: Gehen Sie raus in die Natur. Gehen Sie raus unter die Menschen.

Nutzen Sie die Hilfsangebote und alle Möglichkeiten der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben im Bezirk, die es in vielfältiger Form gibt. Ich empfehle an dieser Stelle das „Journal 55 plus“, welches über fast alle Aktivitäten im Bezirk auf den Gebieten Sport, Kultur und Freizeit informiert. Sie finden es in den Bürgerämtern und im Bezirksamt.

Und wenn Sie Hilfe und weitere Informationen brauchen: Bei der Seniorenvertretung sind Sie an der richtigen Stelle.