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Rundschreiben Nr. 05/06 / 2012

Rundschreiben Nr. 05/06-2012

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

bei vielen Arbeitgebern herrscht noch immer die Vorstellung, das Hamburger Modell (stufenweise Wiedereingliederung) ist nicht zwingend, hierüber könne man frei entscheiden. Dem ist allerdings nicht so. Denn es gilt der Grundsatz, so hat das Landesarbeitsgericht Hamm in einem Urteil vom Juli 2011 (LAG Hamm, Urteil vom 04.07.2011 – 8 SA 726/11) entschieden, das zu den gebotenen Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweise Wiedereingliederung gehört. Im Weigerungsfall kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gemäß § 280 BGB, § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 84 Abs. 2 SGB IX in Betracht.

Themen in diesem Rundschreiben:

  • VdK kritisiert Verteuerung der Wertmarke
    Am Freitag den 11. Mai 2012 wurde im Bundestag eine geplante Änderung des SGB IX diskutiert und dazu ein Gesetzesentwurf beschlossen. Nach dem Willen mehrerer Bundesländer soll der Preis der Wertmarke, mit der behinderte Menschen Vergünstigungen im öffentlichen Personalverkehr in Anspruch nehmen können, nun von 60 auf 72 Euro im Jahr erhöht werden. Darüber hinaus ist geplant, die Kosten für die Wertmarke automatisch zu dynamisieren.
  • Kündigungszeitpunkt / Antrag auf Schwerbehinderung
    Hat der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers oder dessen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch keine Kenntnis, muss der Arbeitnehmer, wen er sich den Kündigungsschutz gemäß §§ 85 ff. SGB IX erhalten will, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist, die regelmäßig drei Wochen beträgt, gegenüber dem Arbeitgeber das Bestehen des Sonderkündigungsschutzes geltend machen.

** Neue Internetpräsenz für die Terminvereinbarung der Berliner Bürgerämter
** Barrierefreies bauen – individuell
** Rollstuhl-Simulator erleichtert barrierefreies Bauen
** Berliner Bedarfs-Kneeling bei Bussen wird abgelehnt

Täuschung über die gesundheitliche Eignung

Die bewusste Täuschung über persönliche Eigenschaften, die für das Arbeitsverhältnis von Bedeutung sind, macht den deshalb abgeschlossenen Arbeitsvertrag anfechtbar.

Das ist passiert:
Ein 57-jähriger Arbeitnehmer verpflichtete sich in seinem Arbeitsvertrag ausdrücklich, in Nacht- und Wechselschichten zu arbeiten. Unmittelbar nach seiner Arbeitsaufnahme legte er seinem neuen Arbeitgeber ärztliche Atteste vor, nach denen er aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtarbeit verrichten sollte. Beide Bescheinigungen waren schon mehrere Jahre alt und wurden ihm also deutlich vor dem Abschluss des Arbeitsvertrags ausgestellt.
Gegen die daraufhin vom Arbeitgeber erklärte Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung über die Einsatzfähigkeit wehrte sich der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht.

Das entschied das Gericht:
Wie schon in der ersten Instanz hatte der Arbeitnehmer vorm Hessischen Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Die Anfechtung des Arbeitgebers führte nach Ansicht der Richter zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wegen der Bedeutung für den Arbeitsvertrag durfte der Arbeitnehmer, der ja wusste, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in Nachtarbeit eingesetzt werden kann, seinen späteren Arbeitgeber hierüber nicht täuschen. Weil der Arbeitgeber im Hinblick auf die Planbarkeit aller Mitarbeiter und aus Gründen der Gleichbehandlung darauf angewiesen war, dass seine Beschäftigten in allen Schichten eingesetzt werden können, durfte er den Arbeitsvertrag anfechten.

Landesarbeitsgericht Hessen vom 21.09.2011 – 8 Sa 109/11

Verfall des tariflichen Mehrurlaubs gem. § 26 TVöD bei Arbeitsunfähigkeit

Ist ein Arbeitnehmer fortdauernd arbeitsunfähig erkrankt, verfällt sein Mindesturlaubsanspruch entgegen § 7 Abs. 3 BUrlG aufgrund europarechtlicher Vorgaben nicht schon am 31. März des Folgejahres.
Der von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleistete Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen darf nach der neueren Rechtsprechung des EuGH nicht vor Ablauf eines den Bezugszeitraum deutlich übersteigenden Zeitraums verfallen, wenn der Arbeitnehmer wegen Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub nicht nehmen konnte. Die Tarifvertragsparteien können hiervon abweichend Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG gewährleisteten und von den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen (Mehrurlaub), frei regeln. Ob sie von dieser Regelungsmacht Gebrauch gemacht haben, ist durch Auslegung der maßgeblichen Tarifbestimmungen festzustellen.

Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) beträgt der Urlaubsanspruch des Klägers 30 Arbeitstage.

§ 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD bestimmt abweichend von der Regelung in § 7 Abs. 3 BUrlG, dass der Erholungsurlaub im Falle seiner Übertragung bis zum 31. Mai des Folgejahres angetreten werden muss, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit nicht bis zum 31. März des Folgejahres angetreten werden konnte. Mit seiner Klage hat der 1950 geborene und seit 1974 bei der beklagten Stadt als Angestellter beschäftigte Kläger für die Jahre 2007 und 2008 jeweils 10 Tage Mehrurlaub als Ersatzurlaub verlangt. Der Kläger konnte diesen Mehrurlaub weder in diesen Jahren noch bis zum 31. Mai des jeweiligen Folgejahres antreten, weil er vom 23. Juni 2007 bis zum 7. Oktober 2009 arbeitsunfähig war. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Tarifvertragsparteien des TVöD haben zwar nicht ausdrücklich zwischen dem gesetzlichen, unionsrechtlich verbürgten Mindesturlaub von vier Wochen und dem tariflichen Mehrurlaub differenziert. Sie haben sich jedoch mit der Regelung in § 26 Abs. 2 TVöD hinreichend deutlich vom gesetzlichen Fristenregime in § 7 Abs. 3 BUrlG gelöst, indem sie die
Übertragung und den Verfall des Urlaubsanspruchs eigenständig geregelt haben. Dies hindert die Annahme eines „Gleichlaufs“ des gesetzlichen Mindesturlaubs und des tariflichen Mehrurlaubs und bewirkt, dass der Mehrurlaub aus dem Jahr 2007 am 31. Mai 2008 und der Mehrurlaub aus dem Jahr 2008 am 31. Mai 2009 gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD verfallen sind.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Mai 2012 – 9 AZR 575/10 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. August 2010 – 10 Sa 244/10 -

Der Senat hat am selben Tag der Revision eines Arbeitnehmers teilweise stattgegeben, der ihm nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zustehenden Mehrurlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegolten haben wollte. Er hat entschieden, dass die Urlaubsregelung im TV-L den Anspruch des Beschäftigten auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs nicht daran knüpft, dass der Beschäftigte zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig ist oder seine Arbeitsfähigkeit während des tariflichen Übertragungszeitraums wieder erlangt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Mai 2012 – 9 AZR 618/10 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 29. Juli 2010 – 3 Sa 280/10 –

VdK kritisiert Verteuerung der Wertmarke

Am Freitag (11. Mai 2012) wurde im Bundesrat eine geplante Änderung des SGB IX diskutiert und dazu ein Gesetzesentwurf beschlossen. Nach dem Willen mehrerer Bundesländer soll der Preis der Wertmarke, mit der behinderte Menschen Vergünstigungen im öffentlichen Personenverkehr in Anspruch nehmen können, nun von 60 auf 72 Euro im Jahr erhöht werden. Darüber hinaus ist geplant, die Kosten für die Wertmarke automatisch zu dynamisieren.

“Wir lehnen die Erhöhung und die Dynamisierung der Kosten für die Wertmarke strikt ab”, erklärte die VdK-Präsidentin und Sprecherratsvorsitzende des Deutschen Behindertenrats (DBR), Ulrike Mascher, anlässlich des Beschlusses im Bundesrat über die geplante Änderung des SGB IX. “Wir sind sehr besorgt und verärgert über die Tendenz der politisch Verantwortlichen, nach und nach immer weitere, gesetzlich verankerte Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderung einzuschränken, abzubauen oder wie eine Sozialleistung ans Einkommen zu koppeln. Immerhin handelt es sich bei der geplanten Erhöhung um eine Preissteigerung von 20 Prozent” so Mascher.

Im Juli letzten Jahres konnten derartige Vorschläge des Bundesarbeitsministeriums von den Verbänden erfolgreich abgewehrt werden, weil man eingesehen hatte, dass im Hinblick auf die UN-Behindertenkonvention eine Verteuerung der Wertmarke den Betroffenen schwer vermittelbar und “politisch ein falsches Signal” sei. “Das gilt auch heute noch”, so Mascher. “Den jahrelangen Forderungen der Verbände, den seit über 25 Jahren unveränderten Behindertenpauschbetrag im Steuerrecht zu erhöhen, ist man nie nachgekommen. Umgekehrt sollen aber nun mit dem Argument, der Preis der Wertmarke sei lange Zeit nicht erhöht worden, ausgerechnet Menschen mit Behinderung zur Kasse gebeten werden.”

Es gibt einige Nachteilsausgleiche für behinderte Menschen, die an die Erwerbstätigkeit gekoppelt sind. “Warum nun ausgerechnet eine Verschlechterung bei einer Sache vorgenommen wird, von der auch nicht erwerbstätige Menschen mit Behinderung profitieren und auf die viele dringend angewiesen sind, die nur über ein geringes Einkommen oder eine kleine Rente verfügen, ist nicht nachvollziehbar”, betonte Mascher.
Betroffen seien circa 1,4 Millionen Menschen, die eine Wertmarke kaufen und damit vergünstigt den öffentlichen Personennahverkehr nutzen können. Ebenso unverständlich sei, dass die Bundesregierung sich geweigert habe, bei der Liberalisierung des Fernbusverkehrs den Unternehmen feste Regeln zur Gewährleistung der Barrierefreiheit aufzuerlegen, so wie es die UN-Behindertenkonvention verlangt. Seit 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention in der Bundesrepublik geltendes Recht und damit auch bindend für die Bundesländer. “Bei allen politischen Vorhaben und Gesetzesinitiativen müssen die besonderen Belange behinderter Menschen berücksichtigt werden und mit den Inhalten und Zielen der Konvention übereinstimmen”, so Mascher.

Kündigungszeitpunkt / Antrag auf Schwerbehinderung

Urteil 09.06.2011 , Gericht: BAG 2. Senat, Aktenzeichen: 2 AZR 703/09, Grundlage aus SGB IX § 85 ff. SGB IX § 90 Abs. 2a

Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG:
1. Hat der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers oder dessen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch keine Kenntnis, muss der Arbeitnehmer, wenn er sich den Kündigungsschutz gem. §§ 85 ff. SGB IX erhalten will, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist, die regelmäßig drei Wochen beträgt, gegenüber dem Arbeitgeber das Bestehen des Sonderkündigungsschutzes geltend machen. Diese Anforderung trägt dem Verwirkungsgedanken (§ 242 BGB) Rechnung und ist aus Vertrauensschutzgesichtspunkten gerechtfertigt.

2. Eine Einschränkung der Möglichkeit des Arbeitnehmers, sich auf den Kündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch zu berufen, ist unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung aber nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber tatsächlich schutzbedürftig ist. Hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vor Zugang der Kündigung mitgeteilt, er habe bei einem bestimmten Versorgungsamt einen Antrag auf “Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung” gestellt, muss der Arbeitgeber mit der Möglichkeit rechnen, dass die Kündigung der Zustimmung des Integrationsamtes bedarf.

3. Mit einem vor Zugang der Kündigung erfolgten Hinweis auf einen Antrag auf Feststellung einer (Schwer-)Behinderung ist der Arbeitgeber hinreichend in die Lage versetzt, sich auf einen möglichen Schutzbestand einzurichten, insbesondere im Fall der beabsichtigten Kündigung vorsorglich die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen. Nähere Angaben wie etwa der Mitteilung, wann der Antrag beim Versorgungsamt eingegangen ist, oder des Aktenzeichens des dortigen Vorgangs bedarf es dazu grundsätzlich nicht.

Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 21. August 2009 – 3 Sa 698/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Die Beklagte betreibt in C ein Steuerberatungsbüro. In S unterhielt sie eine Zweigstelle/Beratungsstelle. Der Kläger, der über keinen Abschluss als Steuerberater verfügt, war seit Oktober 1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig. Ihm oblag die Bearbeitung der laufenden Geschäfte der Zweigstelle. Außerdem war er “fachlicher Ansprechpartner” der in S eingesetzten Arbeitnehmer der Beklagten.
Seit August 2006 war der Kläger arbeitsunfähig. Am 2. Januar 2007 beantragte er beim Amt für Familie und Soziales – Versorgungsamt – der Stadt C rückwirkend ab dem 27. September 2006 “die Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises”.

Im Februar 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Juli 2007 wegen Schließung der Zweigstelle. Dagegen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Mit außergerichtlichem Schreiben vom 7. März 2007 teilte sein Prozessbevollmächtigter der Beklagten – unter Hinweis auf die ihm vorliegende Kündigung und die bereits eingereichte Klage – “der Vollständigkeit halber” mit, dass der Kläger beim Versorgungsamt C “einen Antrag auf Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung” gestellt habe. Eine Entscheidung liege noch nicht vor.
Mit Bescheid vom 21. März 2007 stellte das Versorgungsamt die Schwerbehinderung des Klägers mit einem GdB von 100 rückwirkend ab dem 27. September 2006 fest.

Am 16. April 2007 fand in dem Kündigungsschutzprozess die Güteverhandlung statt. Ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers dabei nähere Angaben zu dem Antrag beim Versorgungsamt und zum Stand des Verfahrens machte, ist zwischen den Parteien streitig. Die Verhandlung endete mit dem Abschluss eines für den Kläger bis zum 30. April 2007 widerruflichen Vergleichs, der hinsichtlich einer vereinbarten Abfindung eine Ratenzahlung vorsah.

Am 27. April 2007 suchte der Kläger die Beklagte in S auf und begehrte die Zahlung der zugesagten Abfindung in einer Summe. Das lehnte die Beklagte ebenso ab wie eine vom Kläger alternativ geforderte Sicherheitsleistung. Daraufhin widerrief der Kläger den Vergleich. Seine Kündigungsschutzklage nahm er später zurück.
Die Beklagte erstattete nach dem Gespräch gegen den Kläger Strafanzeige mit der Begründung, der Kläger habe versucht, sie zu nötigen. Außerdem kündigte sie das Arbeitsverhältnis – ohne Zustimmung des Integrationsamts – mit Schreiben vom 8. Mai 2007 fristlos.
Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit seiner vorliegenden Kündigungsschutzklage gewandt und geltend gemacht, ein wichtiger Grund liege nicht vor. Zudem sei die Kündigung wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamts unwirksam. Er habe die Beklagte durch das Schreiben vom 7. März 2007 hinreichend über seine zur Feststellung beantragte Schwerbehinderung unterrichtet. Während der Güteverhandlung im ersten Kündigungsschutzprozess habe sein Prozessbevollmächtigter zudem mitgeteilt, das Antragsverfahren sei abgeschlossen und er – der Kläger – sei “zu 100 % schwerbehindert”.

Der Kläger hat – soweit noch von Bedeutung – beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 8. Mai 2007 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die fristlose Kündigung sei wirksam. Der Kläger habe anlässlich des Gesprächs in S mit unlauteren Mitteln versucht, sie zum Eingehen auf seine Forderungen betreffend die Abfindungszahlung zu bewegen. Außerdem habe er gegen ein bestehendes Verbot verstoßen, Abschriften aus Handakten und Mandantenunterlagen zu fertigen. Ein sonstiger Unwirksamkeitsgrund liege nicht vor. Der Kläger habe das Recht, sich auf einen besonderen Kündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch zu berufen, verwirkt. Er habe sich gegenüber der Kündigung vom 8. Mai 2007 – unstreitig – erstmals im Gütetermin vom 14. Juni 2007 auf seine Schwerbehinderung berufen. Das Schreiben vom 7. März 2007 habe ihr keine ausreichende Kenntnis der Möglichkeit des Bestehens einer Schwerbehinderung verschafft. Es fehle an der Mitteilung des Datums der Antragstellung und des Aktenzeichens des beim Versorgungsamt bearbeiteten Vorgangs. Im Gütetermin des Vorprozesses habe sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht in der Lage gesehen, hierzu nähere Angaben zu machen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die fristlose Kündigung vom 8. Mai 2007 ist nach § 134 BGB nichtig. Die Kündigung bedurfte gemäß § 91 Abs. 1, § 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Daran fehlt es.

I. Der Kläger hat gegen die Kündigung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 4 Satz 1 KSchG binnen Dreiwochenfrist Kündigungsschutzklage erhoben. Dass er sich erst nach Ablauf dieser Frist auf seine Schwerbehinderung und einen daraus resultierenden Unwirksamkeitsgrund berufen hat, ist mit Blick auf die Klageerhebungsfrist unschädlich; er hat die erforderliche Rüge ordnungsgemäß (§ 6 KSchG) innerhalb des ersten Rechtszugs nachgeholt (vgl. BAG 11. Dezember 2008 – 2 AZR 395/07 – Rn. 15, BAGE 129, 25; 23. April 2008 – 2 AZR 699/06 – Rn. 22, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 65 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 84).

II. Dem Kläger stand im Kündigungszeitpunkt der Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX zu.

1. Gemäß § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Das gilt uneingeschränkt auch für die außerordentliche Kündigung, § 91 Abs. 1 SGB IX.
Allerdings findet das Zustimmungserfordernis nach § 90 Abs. 2a SGB IX dann keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt nach Ablauf der Frist des § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte. Das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes setzt damit grundsätzlich voraus, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung entweder die Schwerbehinderung bereits anerkannt (oder eine Gleichstellung erfolgt) ist oder die Stellung des Antrags auf Anerkennung der Schwerbehinderung (bzw. auf Gleichstellung) mindestens drei Wochen zurückliegt (BAG 29. November 2007 – 2 AZR 613/06 – Rn. 15, AP SGB IX § 90 Nr. 5 = EzA SGB IX § 90 Nr. 3; 1. März 2007 – 2 AZR 217/06 – BAGE 121, 335).

2. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat das Versorgungsamt am 21. März 2007 – und damit vor Zugang der fristlosen Kündigung – die Schwerbehinderung des Klägers mit einem Grad von 100 festgestellt.

III. Der Kläger musste die Beklagte nicht binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung vom 8. Mai 2007 auf seine Anerkennung als schwerbehinderter Mensch hinweisen, um sich den besonderen Kündigungsschutz zu erhalten.
1. Ist der Arbeitnehmer im Kündigungszeitpunkt bereits als schwerbehinderter Mensch anerkannt, steht ihm der Kündigungsschutz gemäß §§ 85 ff. SGB IX nach dem Wortlaut des Gesetzes auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder dem Anerkennungsantrag nichts wusste. Das ergibt sich schon daraus, dass § 85 iVm. § 2 SGB IX mit der “Schwerbehinderung” ohnehin auf einen objektiven Grad der Behinderung und nicht auf dessen behördliche Feststellung abstellt (BAG 6. September 2007 – 2 AZR 324/06 – Rn. 24, BAGE 124, 43; 12. Januar 2006 – 2 AZR 539/05 – Rn. 15, AP SGB IX § 85 Nr. 3 = EzA SGB IX § 85 Nr. 5).

2. Gleichwohl trifft den Arbeitnehmer – sowohl im Fall der außerordentlichen als auch der ordentlichen Kündigung – bei Unkenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderung bzw. der Antragstellung die Obliegenheit, innerhalb einer angemessenen Frist – die in der Regel drei Wochen beträgt – auf den besonderen Kündigungsschutz hinzuweisen (vgl. BAG 23. Februar 2010 – 2 AZR 659/08 – Rn. 16, AP SGB IX § 85 Nr. 8 = EzA SGB IX § 85 Nr. 6; 12. Januar 2006 – 2 AZR 539/05 – zu II 3 b der Gründe, AP SGB IX § 85 Nr. 3 = EzA SGB IX § 85 Nr. 5). Dies trägt dem Verwirkungsgedanken (§ 242 BGB) Rechnung und ist aus Gründen des Vertrauensschutzes gerechtfertigt (BAG 13. Februar 2008 – 2 AZR 864/06 – Rn. 16, BAGE 125, 345; 20. Januar 2005 – 2 AZR 675/03 – zu II 3 a der Gründe, AP SGB IX § 85 Nr. 1 = EzA SGB IX § 85 Nr. 3). Der Arbeitgeber, der keine Kenntnis von dem bestehenden oder möglichen Schutztatbestand hat, hat keinen Anlass, eine behördliche Zustimmung zur Kündigung einzuholen. Je nach dem Stand des Verfahrens beim Versorgungsamt ist ihm dies sogar unmöglich. Das Erfordernis, sich zeitnah auf den besonderen Kündigungsschutz zu berufen, ist geeignet, einer Überforderung des Arbeitgebers vorzubeugen. Dieser müsste anderenfalls vor Kündigungen stets vorsorglich einen Antrag auf Zustimmung beim Integrationsamt stellen, damit nicht der besondere Schutztatbestand ggf. erst nach längerer Prozessdauer offenbar wird. Das Erfordernis trägt zugleich dem Gebot der Rechtssicherheit Rechnung (BAG 20. Januar 2005 – 2 AZR 675/03 – zu II 3 a der Gründe, aaO).

3. Eine Einschränkung der Möglichkeit des Arbeitnehmers, sich auf den Kündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch zu berufen, ist aber nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber tatsächlich schutzbedürftig ist. Das ist hier nicht der Fall.
a) Das Rechtsinstitut der Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger sich längere Zeit nicht auf seine Rechte berufen hat (Zeitmoment). Der Gläubiger muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, er wolle sein Recht nicht mehr wahrnehmen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Bedürfnis nach Vertrauensschutz auf Seiten des Verpflichteten das Interesse an der Rechtsausübung auf Seiten des Berechtigten derart überwiegen, dass ersterem die Erfüllung seiner Verpflichtung nicht mehr zuzumuten ist (BAG 15. Februar 2007 – 8 AZR 431/06 – Rn. 42, BAGE 121, 289).
b) Danach kann der Arbeitgeber regelmäßig keinen Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen, wenn er die Schwerbehinderung oder den Antrag vor Ausspruch der Kündigung kannte und deshalb mit dem Zustimmungserfordernis rechnen musste (vgl. BAG 23. Februar 2010 – 2 AZR 659/08 – Rn. 16, AP SGB IX § 85 Nr. 8 = EzA SGB IX § 85 Nr. 6; 6. September 2007 – 2 AZR 324/06 – Rn. 25, BAGE 124, 43). Der Arbeitgeber ist auch dann nicht schutzbedürftig, wenn die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers offenkundig ist und er deshalb auch ohne Kenntnis von Anerkennung oder Antragstellung Anlass hatte, vorsorglich die Zustimmung zur Kündigung zu beantragen (BAG 13. Februar 2008 – 2 AZR 864/06 – Rn. 15, 20, BAGE 125, 345).
c) Gemessen hieran sind die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht erfüllt. Der Beklagten war durch das Schreiben des Klägers vom 7. März 2007 die Antragstellung beim Versorgungsamt bekannt. Sie musste mit einer Anerkennung des Klägers als schwerbehinderter Mensch und damit der Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung vom 8. Mai 2007 rechnen. Weitergehender Informationen bedufte sie nicht. Insbesondere war der Kläger nicht verpflichtet, ihr das Datum der Antragstellung mitzuteilen oder seine Schwerbehinderung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung durch Vorlage des Feststellungsbescheids nachzuweisen.
aa) Das Schreiben vom 7. März 2007 war geeignet, der Beklagten die erforderliche Kenntnis von der Möglichkeit des Bestehens einer Schwerbehinderung des Klägers zu vermitteln.

(1) Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Der Antrag auf Feststellung einer “Behinderung” schließt, da die Versorgungsämter die Behinderung von Amts wegen festzustellen haben, die Feststellung einer Schwerbehinderung iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX ein. Darüber hinaus bedarf es – soweit die Schwerbehinderung nicht ohnehin offensichtlich ist – einer (förmlichen) Feststellung der Behinderung und ihres Grades nach § 69 SGB IX nur für die Inanspruchnahme der besonderen Hilfen zur Teilhabe Schwerbehinderter am Arbeitsleben und für einen Nachteilsausgleich nach Teil 2 SGB IX (vgl. dazu BT-Drucks. 14/5074 S. 98; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 2 Rn. 26). Dazu zählt auch der besondere Kündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX.

(2) Die Beklagte hat die Mitteilung ersichtlich zunächst so verstanden, dass sich der Antrag des Klägers (auch) auf die Feststellung einer Schwerbehinderung bezog. Sie hat behauptet, ihr Prozessbevollmächtigter habe sich im Gütetermin vom 16. April 2007 nach dem Datum der Antragstellung und dem Aktenzeichen des Vorgangs erkundigt. Diese Fragen zielten erkennbar darauf, die Relevanz der Antragstellung für die Wirksamkeit der ersten (ordentlichen) Kündigung mit Blick auf vom Kläger einzuhaltende Fristen (§ 90 Abs. 2a iVm. § 69 Abs. 2 SGB IX) abzuklären. Wäre die Beklagte im Zweifel darüber gewesen, ob sich der Antrag auch auf die Feststellung einer Schwerbehinderung bezog, hätte sie dies aller Wahrscheinlichkeit nach zum Ausdruck gebracht.

(3) Ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Gütetermin vom 16. April 2007 in der Lage war, nähere Auskünfte zum Antragsverfahren zu erteilen, kann offenbleiben. Selbst wenn dies – wie die Beklagte behauptet – nicht der Fall gewesen sein sollte, war daraus nicht abzuleiten, die Angaben im Schreiben vom 7. März 2007 entbehrten jeglicher Grundlage. Wenn die Beklagte dies dennoch tat, handelte sie auf eigenes Risiko.
bb) Die Beklagte war aufgrund der Angaben im Schreiben vom 7. März 2007 ausreichend in die Lage versetzt, zumindest vorsorglich die Zustimmung zur Kündigung zu beantragen. Nach § 87 Abs. 1 SGB IX ist der Zustimmungsantrag schriftlich bei dem für den Sitz des Betriebes zuständigen Integrationsamt anzubringen. Dabei ist anzugeben, ob das Arbeitsverhältnis ordentlich oder außerordentlich gekündigt werden soll, und sind die Gründe der Kündigung einschließlich des ins Auge gefassten Kündigungstermins zu benennen. Darüber hinaus sind Angaben zur Person des Betroffenen wie Name und Anschrift erforderlich (vgl. Düwell in Dau/Düwell/Joussen SGB IX 3. Aufl. § 87 Rn. 9; Knittel SGB IX 5. Aufl. § 87 Rn. 5a; Kossens in Kossens/von der Heide/Maaß SGB IX 3. Aufl. § 87 Rn. 2 ff.; jeweils mwN). Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, konkrete Angaben zu einem bestimmten Feststellungsantrag des Arbeitnehmers zu machen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Zustimmungsbedürftigkeit der beabsichtigten Kündigung hat das Integrationsamt nach § 20 Abs. 1 SGB X von Amts wegen aufzuklären. Dabei haben sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer mitzuwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben (§ 21 Abs. 2 SGB X).
cc) Zu Unrecht meint die Beklagte, der Mitteilung des Datums der Antragstellung habe es bedurft, um ihr eine Überprüfung der Relevanz der Antragstellung mit Blick auf die Frist des § 90 Abs. 2a SGB IX zu ermöglichen.

(1) Allerdings ist der Zeitpunkt der Antragstellung durchaus von Bedeutung. Ist die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers im Kündigungszeitpunkt noch nicht festgestellt, sondern ist lediglich ein entsprechender Antrag gestellt, besteht der Sonderkündigungsschutz nur, wenn der Arbeitnehmer den Antrag so frühzeitig gestellt hat, dass eine Entscheidung bei Ausspruch der Kündigung binnen der Frist des § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX möglich gewesen wäre. Hat demnach der Arbeitnehmer seinen Antrag nicht mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung gestellt und liegt im Kündigungszeitpunkt auch noch kein Bescheid vor, der seine Schwerbehinderung feststellt, kann er keinen besonderen Kündigungsschutz beanspruchen (BAG 1. März 2007 – 2 AZR 217/06 – Rn. 43, BAGE 121, 335). Aus diesem Grund wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, der Arbeitnehmer, der sich nach Ausspruch der Kündigung auf eine bereits geltend gemachte, aber noch nicht durch Bescheid festgestellte Schwerbehinderung berufe, müsse zugleich die Rechtzeitigkeit der Antragstellung darlegen (vgl. Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 85 Rn. 37).

(2) Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann dahinstehen. Im Streitfall kam es auf die Rechtzeitigkeit der Antragstellung schon deshalb nicht an, weil im Kündigungszeitpunkt ein die Schwerbehinderung des Klägers feststellender Bescheid bereits vorlag. Zudem waren seit der Mitteilung vom 7. März 2007 bis zur Kündigung am 8. Mai 2007 mehr als drei Wochen verstrichen.
4. § 90 Abs. 2a SGB IX verlangt nicht, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Bescheid über die Schwerbehinderung vorlegt, damit der Sonderkündigungsschutz erhalten bleibt. Ausreichend ist die objektive Existenz eines geeigneten Bescheides, der die Schwerbehinderung nachweist (BAG 11. Dezember 2008 – 2 AZR 395/07 – Rn. 28, BAGE 129, 25). Der Arbeitgeber, der die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers im Kündigungszeitpunkt nicht kennt, ist ausreichend durch die vom Senat entwickelten Grundsätze zur Verwirkung geschützt. Bezweifelt er die ihm mitgeteilte Schwerbehinderung oder Antragstellung, kann er die Anerkennung bestreiten und sich auf diese Weise Klarheit verschaffen (BAG 11. Dezember 2008 – 2 AZR 395/07 – aaO). Hat der Arbeitnehmer vorprozessual eine Antragstellung behauptet, kann der Arbeitgeber beim Integrationsamt vorsorglich einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung stellen. Erhält er auf seinen form- und fristgerecht gestellten Antrag ein Negativattest, beseitigt dieses, jedenfalls wenn es bestandskräftig ist, die Kündigungssperre (BAG 6. September 2007 – 2 AZR 324/06 – Rn. 15, BAGE 124, 43).

IV. Darauf, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung im Sinne von § 626 BGB vorlag, kommt es nicht an.

V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

Instanzen: LAG Sachsen Urteil vom 21.08.2009 – 3 Sa 698/08

Dies und Das oder in Kürze mitgeteilt

  • Neue Internetpräsenz für die Terminvereinbarung der Berliner Bürgerämtern
    Seit dem 18. April 2012 erfolgen die Online-Terminvereinbarungen bei den Berliner Bürgerämtern noch einfacher und übersichtlicher. Auf der neuen Terminvereinbarungsseite können die Bürgerinnen und Bürger bequem per Internet einen Termin in einem Bürgeramt ihrer Wahl buchen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit bereits vereinbarte Termine zu ändern oder abzusagen. Darüber hinaus stellt die neue Online-Präsenz ergänzende Hintergrundinformationen allgemeiner Art und zur künftigen Weiterentwicklung des Themas Terminvereinbarung Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Abt. Zentraler Service bereit. Sie erreichen die Seite unter dem folgenden Link: www.berlin.de/terminvereinbarung Eine weitere Neuerung stellt der Zugriff für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bürgertelefons 115 da. Diese können ebenfalls seit dem 18. April auf eine Seite zugreifen, die alle Bürgeramtsstandorte zusammen darstellt. Terminbuchungen für Kundinnen und Kunden können somit mit erheblich geringerem Aufwand vorgenommen werden. In der Folge reduzieren sich auch Bearbeitungszeit und Gesprächsdauer.

Ansprechpartner: Martin Piper, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Tel. (030) 90223-1503 bzw. martin.piper@seninnsport.berlin.de

  • Barrierefreies bauen – individuell
    Beratungsstunden bei nullbarriere.de in 10247 Berlin-Friedrichshain!
    Montags ab 14:00 haben Sie die Möglichkeit, sich von Frau Dipl.-Ing. (FH) Uka, der Expertin für barrierefreies Bauen und Gestaltung, persönlich beraten zu lassen. Eine vorherige Anmeldung sowie das Mitbringen von konkreten Unterlagen wie Bauplänen, Fotos oder Aufmaß- Skizzen sind unbedingt erforderlich. Die Anmeldung zu der Fachberatung ist unter der Telefonnummer (030) 526 96 25-0 möglich.
  • Kennen Sie Schriftdolmetscher?
    Schriftdolmetscher schreiben bei Veranstaltungen das gesprochene Wort wortwörtlich oder in zusammengefasster Form möglichst schnell mit, damit hörgeschädigte Menschen durch Mitlesen folgen können. Der hörgeschädigten Person wird dadurch eine aktive Teilnahme ermöglicht, z. B. durch Diskussionsbeiträge oder Rückfragen. Schriftdolmetschen versteht sich in erster Linie als Angebot für schwerhörige oder spätertaubte Menschen, die die Gebärdensprache häufig nicht oder nur sehr eingeschränkt beherrschen, aber der Schriftsprache gut folgen können.
    In der Adress-Datenbank von REHADAT unter www.rehadat.de können Sie mit dem Schlagwort “Schriftdolmetscher” die Kontakte von eben diesen herausfinden. Sie interessieren sich auch für andere Dienstleistungen für behinderte Menschen? Dann blättern Sie doch mal durch die Informationen, die Sie in der “Suche über Adressgruppen” unter dem Eintrag “Hilfs- und Serviceangebote” finden.
  • Rollstuhl-Simulator erleichtert barrierefreies Bauen
    Das Fraunhofer Institut für graphische Datenverarbeitung (IGD) in Darmstadt entwickelte einen Rollstuhl-Simulator, mit dem barrierefreies Bauen erleichtert werden soll.
    Rolli-Reporter Florian von der Reinheimer Bürgergemeinschaft für Behinderte hat als erster “echter” Rollstuhlfahrer den Simulator praxisnah getestet, bei dem geplante Projekte per Computertechnik durchfahren werden können.
    Die Architektenpläne werden in dreidimensionale Gebäude verwandelt. So können schon in der Planungsphase Hindernisse erkannt und Fehler vermieden werden. Barrierefreies Bauen wird somit leichter erreicht. Nachträgliche und kostenintensive Umbauten werden vermieden.
  • Berliner Bedarfs- Kneeling bei Bussen wird abgelehnt.
    Die Pläne der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), das automatische Absenken der Busse an Haltestellen durch ein so genanntes fahrgastbezogenes Bedarfs-Kneeling zu ersetzen, werden im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) kritisch betrachtet. Bereits in seiner Sitzung im März 2012 hatte das Fahrgastforum des VBB das Unternehmen aufgefordert, zu dem bisherigen – seit Jahren – bewährten System unverzüglich zurückzukehren und das bereits begonnene Pilotprojekt mit sofortiger Wirkung einzustellen.
    In der Pressemitteilung des VBB wurde davor gewarnt, dass bei einem Bedarfs-Kneeling die Mobilität vieler Menschen in Berlin in einem erheblichen Maße eingeschränkt wird.
    Tatsächlich sind viele Formen körperlicher Einschränkungen durch die Busfahrer in keiner Weise zu erkennen, zu bewerten und einzuschätzen. Fahrgäste werden so bei jedem Ein- und Ausstieg zu Bittstellern.