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Vorfahrt für den elektronischen Rechtsverkehr - Pilotprojekt am Berliner Sozialgericht
Pressemitteilung vom 27.02.2017
Auslaufmodell Aktenwagen
Noch rollen schwere Aktenwagen über die Flure des Sozialgerichts. Die Poststelle ist erfüllt vom Knallen der Eingangsstempel auf täglich rund 2000 Schriftstücke. Doch auch in der Justiz gehört die Zukunft dem elektronischen Schriftverkehr. Ab 2022 sind alle Gerichte gesetzlich verpflichtet, mit Anwälten und Behörden ausnahmslos elektronisch zu kommunizieren. Auf dem Gebiet des elektronischen Rechtsverkehrs ist das Sozialgericht Berlin Pilotgericht der Berliner Justiz.
Die Vorteile der papierlosen Kommunikation liegen auf der Hand: Rasante Postlaufzeiten, unkomplizierte Weiterverarbeitung der Dokumente am Computer, geringere Portokosten.
Sozialgericht macht Werbung für das elektronische Postfach
Seit 2010 gibt es in der Berliner Justiz das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Allerdings ist zu beachten: Nur wer die entsprechende Software installiert und über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügt, kann auf diesem Wege verschlüsselt und vor allem auch rechtswirksam mit den Gerichten kommunizieren. Was vielen nicht bewusst ist: Eine Kommunikation per einfacher E-Mail ist aus Sicherheitsgründen nach wie vor unzulässig.
Speziell für die Anwaltschaft hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) im November 2016 das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ (beA) eingerichtet. Ab 2018 müssen alle 164.000 Anwälte in Deutschland ihr Postfach freigeschaltet haben, ab 2022 müssen sie es auch selbst aktiv verwenden.
Anlass genug für Gerichtspräsidentin Sabine Schudoma, zu einer Informationsveranstaltung zu laden. Rund 40 meist auf das Sozialrecht spezialisierte Rechtsanwältinnen und -anwälte kamen am Mittwochabend vergangener Woche zum fachlichen Austausch in die Invalidenstraße. Im Mittelpunkt standen die Möglichkeiten elektronischer Kommunikation mit dem Sozialgericht Berlin. Ausdrücklich warb Frau Schudoma für die neue Technik. Anwaltsspezifische Fragen beantwortete Rechtsanwalt Christopher Brosch von der BRAK.
Schon heute nutzt eine wachsende Zahl von Anwälten den elektronischen Rechtsverkehr. Im vierten Quartal 2016 erreichten das Sozialgericht auf diesem Wege bereits über 2.500 Dokumente, 1.300 Stück versendete das Gericht selbst. Damit ist das SG Berlin – abgesehen vom Register- und vom Mahngericht – Spitzenreiter in der Berliner Justiz.
Erste Meilensteine auf dem Weg zur E-Akte
Bis zum Verschwinden der Papierakten wird es noch einige Jahre dauern. Doch das Sozialgericht Berlin steckt mitten in der Übergangsphase: Alle 30 Rentenkammern (zuständig für Angelegenheiten der Gesetzlichen Rentenversicherung) legen schon heute neben der herkömmlichen Papierakte auch eine elektronische Akte an. Mit den beteiligten Rentenversicherungen wird, wo immer möglich, elektronisch kommuniziert.
Die nächsten Meilensteine sind in Sicht: Ab März 2017 wird auch in den Kammern der Arbeitslosenversicherung eine digitalisierte „Duplexakte“ geführt. Im September 2017 ist dann der Bereich Grundsicherung für Arbeitsuchende – Hartz IV – an der Reihe. Ein ambitioniertes Projekt. Rund 18.000 der insgesamt fast 34.000 neuen Gerichtsverfahren des letzten Jahres betrafen Hartz IV.
Eines allerdings ist Voraussetzung für die weitere Digitalisierung des Rechtsverkehrs: Die Reduzierung des Schriftguts. Noch muss jedes Stück Papier eingescannt werden, um digital weiterbearbeitet zu werden. Zwar erledigt dies mit atemberaubender Effizienz eine 2016 angeschaffte Hochleistungsmaschine. Doch das Öffnen von Briefumschlägen, das Lösen von Papierklammern, das Sortieren und Wegfächern der Unterlagen bleiben aufwendige Handarbeit.
Erfolgsgarant hauseigene IT-Abteilung
Maßgeblichen Anteil am gelingenden Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs hat die 10-köpfige IT-Abteilung des Sozialgerichts. Sie betreut das Projekt engmaschig. Sie ist im Übrigen auch dafür verantwortlich, dass das Computerprogramm zur hausinternen Aktenverwaltung „Eureka-Fach“ läuft – mit Erfolg: Am Sozialgericht Berlin funktioniert die computergestützte Aktenbearbeitung reibungslos.
Hinweis der Pressestelle:
Einzelheiten zur Funktionsweise des elektronischen Rechtsverkehrs ERV finden Sie auf der Internetseite des Sozialgerichts Berlin.
Das Sozialgericht Berlin ist das größte Sozialgericht Deutschlands. Neben der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) und der Sozialhilfe ist es unter anderem zuständig für Angelegenheiten der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung, aber auch für Asylbewerberleistungen. Am Sozialgericht arbeiten rund 350 Personen, davon 140
Richterinnen und Richter.
2016 gingen insgesamt 33.876 neue Verfahren ein. 54 % davon betrafen Hartz IV – Angelegenheiten. Seit der Arbeitsmarktreform 2005 sind allein am SG Berlin über eine Viertelmillion Hartz IV – Verfahren eingegangen.
Die größte Herausforderung des Gerichts besteht bis auf weiteres darin, das abzutragen, was sich in 11 Jahren Hartz IV aufgetürmt hat. Der Aktenberg der noch zu erledigenden Verfahren (alle Sparten zusammengerechnet) umfasst zurzeit 36.986 Fälle. Das ist das Arbeitspensum eines ganzen Jahres.