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Keine Rabattgutscheine für Einrichtungshäuser oder Freizeitaktivitäten - Sozialgericht zeigt Krankenkassen Grenzen der Mitgliederwerbung auf

Pressemitteilung vom 14.08.2012

Sozialgericht Berlin, Urteil vom 10. August 2012 (S 81 KR 1280/11)

Rabattgutscheine für Einrichtungshäuser oder Freizeitaktivitäten sind kein zulässiges Instrument, um Mitglieder für eine Krankenkasse zu werben.

Dies hat die 81. Kammer des Sozialgerichts Berlin in ihrem Urteil vom 10. August 2012 entschieden und damit die Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger bestätigt.

Um neue Versicherte zu gewinnen, hatte die AOK Bayern ihren Mitgliedern Rabatte und Sonderkonditionen vermittelt, beispielsweise für Möbel- und Bekleidungshäuser, Frisörbesuche, Textilreinigungen sowie Berg- und Sommerrodelbahnen.

Hiergegen klagten sechs Ersatzkassen. Zur Begründung führten sie aus, entsprechende Rabatte oder Sonderkonditionen verstießen gegen die Regeln des Wettbewerbs der Krankenkassen.

Die AOK Bayern hingegen vertrat den Standpunkt, die gesetzlichen Krankenkassen stünden seit der Angleichung der Beitragssätze und seit der Begründung ihrer Insolvenzfähigkeit in einem verschärften Wettbewerb zueinander. Daher sei es gerechtfertigt, intensiver um Beitragszahler zu werben.

Die 81. Kammer des Sozialgerichts Berlin hat in ihrer Entscheidung die Rechtsansicht der Ersatzkassen aufgegriffen. Die gesetzlichen Krankenkassen würden zwar miteinander konkurrieren. Sie dürften sich jedoch nicht alle Freiheiten des Marktes zunutze machen. Von Gesetzes wegen hätten sie ihre Tätigkeit darauf zu beschränken, ihre Mitglieder in Gesundheitsfragen zu unterstützen und zu versorgen. Weitere Grenzen folgten aus dem Gebot der Zusammenarbeit der gesetzlichen Krankenkassen. Vor diesem Hintergrund dürften sie sich bei der Werbung von Mitgliedern nur solcher Mittel bedienen, die einen Bezug zur Gesundheit aufwiesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kammer, die in der Besetzung eines Berufsrichters und zweier ehrenamtlicher Richter entschieden hat, hat die Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.

Zu den Rechtsvorschriften: Entscheidungserhebliche Vorschriften waren § 30 Abs. 1 SGB IV und § 1 SGB V.

§ 30 Abs. 1 SGB IV lautet:

„Die Versicherungsträger dürfen nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden.“

§ 1 SGB V lautet:

„Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.“

Fallzahlen am Sozialgericht: In den Monaten Januar bis Juli 2012 gingen 1.172 Rechtsstreitigkeiten aus dem Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung bei dem Sozialgericht Berlin ein. Das entsprach einem Anteil von 4,5 % am Gesamtvolumen. Der bei weitem größte Arbeitsbereich betrifft die Hartz IV – Verfahren (17.258 Eingänge in den Monaten Januar bis Juli 2012 = 66,4 % aller Verfahren). In den Monaten Januar bis Juli 2011 waren noch 16.908 Hartz IV – Verfahren eingegangen. Damit steigt die Zahl der Hartz IV – Verfahren im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum auf hohem Niveau – wenn auch geringfügig – weiter an (Steigerung um 2,1%).