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Landgericht Berlin Höchststrafe wegen Doppelmordes (PM 47/2008)

Pressemitteilung vom 12.11.2008

Die Präsidentin des Kammergerichts
- Pressestelle der Berliner Strafgerichte -

Eine Jugendkammer des Landgerichts Berlin hat heute den Angeklagten Erdal W. wegen zweifachen Mordes und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt.

Der 19 Jahre alte Angeklagte war nach den Feststellungen der Kammer am frühen Mor-gen des 14. März 2008 von der Wohnung seiner Cousine aus zu seinen Großeltern aufgebrochen, um diese zu töten. Maskiert und bewaffnet mit einem Messer habe er sich zu ihnen nach Rudow begeben und zunächst den völlig überraschten Stiefgroßvater in der Küche der Wohnung erstochen. Als die Großmutter auf den Balkon geeilt sei und laut um Hilfe gerufen habe, habe er auch ihr zahlreiche Messerstiche versetzt und sie tödlich ver-letzt.

„Stellvertreter, Ersatzopfer“ seien die Großeltern für den Angeklagten gewesen, erklärte der Vorsitzende Richter im Rahmen der mündlichen Urteilsbegründung.
Denn Hintergrund der Tragödie sei eine komplizierte Familiengeschichte. Die deutsch-türkische Familie habe über viele Jahre unauffällig gelebt, der Angeklagte habe weitere drei Geschwister. Im Sommer 2007 habe sich die Mutter des Angeklagten nach über 20 Jahren von seinem Vater getrennt. Beide Partner hätten unterschiedliche Auffassungen über das Zusammenleben gehabt. Während der Vater oft tagelang abwesend und nicht erreichbar gewesen sei, habe die Mutter des Angeklagten das Familienleben geregelt und habe bei Übergriffen des Vaters zugunsten der Kinder interveniert. Gerade der Angeklagte habe lange Zeit kein gutes Verhältnis zum Vater gehabt, weil er dessen Erwartungen nicht gerecht geworden sei.
Als sich die Mutter des Angeklagten im August 2007 einem neuen Partner zugewandt ha-be, habe der Vater des Angeklagten dies nicht hingenommen. In der Folge habe es „ver-schiedene Phasen“ gegeben. Während der Angeklagte zunächst im Lager der Mutter ge-standen habe und ihren Schritt gut nachzuvollziehen vermochte, habe er sich in der Fol-gezeit seinem Vater zugewandt, der die Mutter zurück in die Familie holen wollte.

Nachdem es bereits am 8. Januar 2008 zu einem massiven körperlichen Übergriff seitens des Angeklagten gemeinsam mit seinem Vater gegen den neuen Lebensgefährten der Mutter gekommen war, den die Kammer im Urteil als gefährliche Körperverletzung zu dessen Nachteil gewertet hat, eskalierte das Geschehen bis zur Tötung der Eltern der Mutter durch den Angeklagten.
Diese habe er hierdurch zu „Objekten des Geschehens herabgewürdigt“, befand das Ge-richt.
Die Version des Angeklagten, es habe überraschend einen Streit mit dem Großvater ge-geben, in dessen Verlauf er sich gegen dessen Schläge zur Wehr gesetzt habe, hat die Kammer nicht geglaubt. Erdal W. sei bewaffnet mit einem Messer zu seinen Großeltern gefahren, um diese planvoll umzubringen. Eine Reihe weiterer Indizien füge sich nur plau-sibel ein, wenn man dieser Überzeugung folge, die gestützt werde durch Zeugenaussagen und die Spurenlage. W. habe sich zudem widersprüchlich eingelassen, was den Verbleib der Tatwaffe betreffe.

Auf den Angeklagten sei in Anbetracht seiner Entwicklung und seines Alters noch Ju-gendstrafrecht anzuwenden. Bei der Bemessung der Höhe der Strafe sei zum einen zwar zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er sich selbst in einer ausweglosen Lage ge-sehen habe. Seine Mutter, die sich aufgrund der Bedrohungen und Übergriffe im Zeugenschutzprogramm befinde, sei für ihn nicht mehr erreichbar gewesen; die Familie sei zerrüttet. Auf der anderen Seite habe er bei voller Schuldfähigkeit zwei Menschen zum einen heimtückisch und zudem aus niedrigen Beweggründen brutal getötet. Für derartige Straf-taten habe der Gesetzgeber die höchste Strafe vorgesehen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit dem Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.

Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Berlin Nr. 18/08 vom 17. März 2008
Presseberichterstattung vom 15. März 2008 bis 10. September 2008

Iris Berger
Pressesprecherin