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Landgericht Berlin: Hohe Jugendstrafen nach Überfall auf Berliner Familie (PM 42/2008)

Pressemitteilung vom 10.10.2008

Die Präsidentin des Kammergerichts
- Pressestelle der Berliner Strafgerichte -

Eine Jugendkammer des Landgerichts Berlin hat heute drei heranwachsende Angeklagte im Alter von jeweils 18 Jahren wegen der Verabredung zu einem Verbrechen und wegen des Überfalls auf eine Hermsdorfer Familie zu Jugendstrafen von drei Jahren und acht Monaten, drei Jahren und zehn Monaten und vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen einen bereits erwachsenen 21 Jahre alten Mitangeklagten erkannte das Gericht auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Die Angeklagten wurden darüber hinaus im Wege des Adhäsionsverfahrens verpflichtet, an jeden der insgesamt vier Geschädigten 5000 Euro zu zahlen. Alle Angeklagte verblieben in Untersuchungshaft.

Die Angeklagten hätten „Luftschlösser bar jeder Wirklichkeit gebaut“, nämlich von der Gründung eines Limousinenservices geträumt. Ohne Führerschein, ohne Kapital und ohne kaufmännische Ausbildung seien sie schließlich der Idee verfallen, sich die notwendigen hochwertigen Automobile durch Überfälle zu verschaffen. Ein erstes Vorhaben brachen die Angeklagten nach genauerer Besichtigung des ins Auge gefassten Grundstücks in Berlin- Frohnau wegen der dort vorhandenen Sicherungsvorkehrungen am 31. März 2008 ab.
Nur einen Tag später seien die Angeklagten am späten Abend in das Einfamilienhaus einer Hermsdorfer Familie eingedrungen, um die Herausgabe von Autoschlüsseln zu zwei auf dem Grundstück abgestellten hochwertigen Fahrzeugen zu erzwingen.

„Es trat etwas ein, womit die Angeklagten überhaupt nicht gerechnet hatten: die Realität“, fasste der Vorsitzende der 24. großen Strafkammer das nun folgende Geschehen zusammen. Eine für die Geschädigten brutale Wirklichkeit: Die maskierten und bewaffneten Angeklagten führten nach den Feststellungen der Kammer Kabelbinder und Tape bei sich, um die Familienangehörigen zu fesseln. Sie traten die Eingangstür ein. Der Familienvater wurde brutal zusammengeschlagen und getreten und zog sich unter anderem einen Kreuzbandriss zu, die Ehefrau erlitt durch die Misshandlungen eines weiteren Angeklagten einen Nasenbeinbruch. Im ersten Stockwerk des Hauses trat ein weiterer Angeklagter maskiert und schweigend in das Zimmer der 17 Jahre alten Tochter der Familie und versetzte ihr zwei Schläge, die sie verletzten. Die kleine achtjährige Tochter der Familie, die die Misshandlungen an den Eltern mit angesehen habe, habe ein schweres Angsttrauma erlitten. Es sei schließlich gelungen, die Nachbarn zu alarmieren. Drei der Angeklagten konnten zunächst flüchten, der vierte aber am Tatort festgehalten werden.

Im laufenden Prozess hatten sich die „mehr oder weniger geständigen“ Angeklagten entschuldigt. Das Gebaren in der Hauptverhandlung habe indes „kindliche Züge“ aufgewiesen: man habe etwas Schlimmes getan und hoffe nach Entschuldigung darauf, dass die „Eltern wieder gut“ seien. Nichts aber sei „gut“. Während des Strafvollzugs warte auf die Angeklagten die Hauptaufgabe, erwachsen zu werden und Empathie und Wirklichkeitssinn zu entwickeln. Die gründliche Auseinandersetzung mit dieser außergewöhnlich brutalen und für die Opfer besonders schlimmen Tat müsse nun Anliegen sein, um dieses Ziel zu erreichen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit dem Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof angefochten werden.

Presseberichterstattung vom 3. April bis zum 24. September 2008

Info Adhäsionsverfahren:

Mit dem in §§ 403 bis 406 d StPO geregelten Adhäsionsverfahren soll es dem Verletzten einer Straftat ermöglicht werden, etwaige bürgerlichrechtliche Ansprüche (Schmerzensgeld, Schadensersatz u.a.) gegen den Täter wahlweise bereits im Strafverfahren geltend zu machen und nicht ein gesondertes zivilrechtliches Verfahren anstrengen zu müssen.

§ 403 StPO
Der Verletzte oder sein Erbe kann gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört und noch nicht anderweit gerichtlich anhängig gemacht ist, im Strafverfahren geltend machen, im Verfahren vor dem Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes.

Iris Berger
Pressesprecherin