Als nahe Angehörige gelten nicht nur Ehegatten, Lebenspartnerinnen oder -partner, Partnerinnen oder Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft, leibliche Kinder sowie Adoptiv-, Pflege-, Schwieger- oder Enkelkinder, sondern auch Eltern, Stief- oder Schwiegereltern, Großeltern, Geschwister sowie Schwägerinnen und Schwäger.
Um Pflege und Beruf besser zu vereinbaren, gibt es folgende Möglichkeiten:
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung
Bei akut auftretender Pflegebedürftigkeit von nahen Angehörigen haben Beschäftigte Anspruch auf kurzfristige Freistellung. Eine akute Pflegesituation liegt nur dann vor, wenn sie plötzlich und unerwartet auftritt. Beschäftigte dürfen ihrer Arbeit nach Absprache bis zu zehn Tage fernbleiben, um eine Pflege zu organisieren oder in dieser Zeit zu übernehmen. Die Angehörigen können diese zehn Tage auch untereinander aufteilen. Betriebe und Unternehmen können eine ärztliche Bescheinigung als Nachweis verlangen. Bei minderjährigen Pflegebedürftigen besteht ein Anspruch auf Freistellung auch dann, wenn die Betreuung außerhalb der häuslichen Umgebung erfolgt.
Pflegeunterstützungsgeld
Während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung besteht Anspruch auf das so genannte Pflegeunterstützungsgeld. Die Höhe entspricht in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts und richtet sich nach den Vorschriften zur Berechnung des Kinderkrankengeldes. Das Pflegeunterstützungsgeld wird bei der Pflegekasse beziehungsweise dem privaten Pflegeversicherungsunternehmen der zu pflegenden Person beantragt. Machen mehrere Beschäftigte ihren Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung zugunsten derselben pflegebedürftigen Person geltend, ist der Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld zusammen auf insgesamt bis zu zehn Arbeitstage begrenzt.
Pflegezeit
Ist eine Pflege längerfristig notwendig, besteht für alle Pflegegrade ein gesetzlicher Anspruch auf die sogenannte Pflegezeit: Beschäftigte können sich für die Pflege in häuslicher Umgebung bis zu sechs Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Anspruch auf Pflegezeit haben allerdings nur Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten. Wer Pflegezeit nutzen will, muss dies gegenüber dem Unternehmen mindestens zehn Tage im Voraus bekannt geben.
Familienpflegezeit
Um familiäre Pflege besser mit dem Beruf vereinbaren zu können, hat der Gesetzgeber eine weitere Möglichkeit geschaffen, die Familienpflegezeit: Berufstätige können ihre Arbeitszeit für die Pflege naher Angehöriger über einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten auf eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 15 Stunden reduzieren. Ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht allerdings nur gegenüber Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten. Die Familienpflegezeit muss acht Wochen im Voraus angekündigt werden.
Kombination von Pflegezeit und Familienpflegezeit möglich
Pflegezeit und Familienpflegezeit können auch miteinander kombiniert werden, müssen aber unmittelbar aneinander anschließen. Die Gesamtdauer der Freistellungsmöglichkeiten beträgt maximal 24 Monate.
Wenn Angehörige sich die Pflege eines Familienmitglieds teilen, ist es sinnvoll, sich rechtzeitig miteinander abzustimmen, ob sie parallel oder nacheinander von den Freistellungsmöglichkeiten Gebrauch machen möchten.
Zinsloses Darlehen
Beschäftigte, die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen, erhalten ein zinsloses Darlehen zur Absicherung des Lebensunterhalts. Es kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Die Höhe ist abhängig vom Lohnausfall. Grundsätzlich wird die Hälfte der Gehaltsdifferenz ausgezahlt. Das Darlehen wird in monatlichen Raten überwiesen und muss später auch wieder in Raten zurückgezahlt werden.
Kündigungsschutz
Für Beschäftigte, die kurzzeitige Arbeitsverhinderung, Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen, besteht Kündigungsschutz: von der Ankündigung (allerdings höchstens zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn) bis zur Beendigung der Pflegezeit oder Familienpflegezeit. Eine Kündigung ist dann nur in besonderen Ausnahmefällen möglich.
Weitere Informationen und Beratung
Die Pflegestützpunkte in allen Berliner Bezirken beraten und informieren umfassend, unabhängig und kostenlos rund um das Thema Pflege. Weitere Informationen gibt es auf den Internetseiten der Bundesministerien für Gesundheit und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zu Fragen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege berät unter anderem auch die Berliner Einrichtung KOBRA - Beruf - Bildung - Arbeit.
Downloads
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf (Broschüre)
Ein Pflegefall bedeutet für Familien neben der emotionalen Belastung, einen enorm hohen Organisations- und Kraftaufwand – insbesondere wenn die häusliche Pflege mit dem Beruf vereinbart...
Wenn das Kind oder erwachsene Angehörige schwer erkranken, stellt dies Familien neben der emotionalen Belastung auch vor große organisatorische Probleme. Verschiedene Hilfs- und...