Susann Schmiedel, Pflegerin

Ehrenamtliche hilft älterer Dame

Dass ein Virus, dessen Auswirkungen noch nicht völlig erforscht sind, gerade das öffentliche Leben in Berlin, Deutschland, ja ganz Europa lahmlegt, davon bekommen die Menschen, mit denen Susann Schmiedel täglich zusammenarbeitet, nichts mit. Schmiedel ist seit acht Jahren Pflegerin in der Demenz-WG der Diakonie Kreuzberg/Mitte und leitet das Pflegeteam. Dort leben Menschen, deren Demenz hochgradig fortgeschritten ist, zusammen. Die Wohngemeinschaft soll Vertrauen und Nähe vermitteln – ein bisschen wie zu Hause auch.

„Wir können den Bewohnern die aktuelle Situation nicht erklären, weil sie kognitiv nicht in der Lage dazu sind, sie zu erfassen“, erklärt Schmiedel. Die Pflegenden sind besonders vorsichtig, um keine unnötigen Ängste bei den Bewohnern zu schüren. Viele hätten in ihrer Jugend schlimme Kriegserfahrungen gemacht. Ein Bedrohungsszenario wie das des sich rasant ausbreitenden Virus könnte diese Erinnerungen bei den Betroffenen zurückholen. „Das würde eine Weltuntergangsstimmung erzeugen“, vermutet Schmiedel.

Dennoch bekämen die Bewohner mit, dass etwas anders ist als sonst. „Alles ist unruhiger, wir Pfleger verhalten uns anders.“ Diese Unruhe übertrage das Personal unbewusst auf die Bewohner und das wiederum würden auch die Pflegenden merken. Ein Ping-Pong-Effekt, den Schmiedel und ihre Kollegen durch ganz alltägliche Gespräche oder das Singen von Liedern zu durchbrechen versuchen.

Nicht wegsingen lässt sich jedoch der Umstand, dass der Betrieb der Demenz-WG durch das Coronavirus stark beeinträchtigt wird: Das Desinfektionsmittel wird knapp, die Lieferung von Lebensmitteln dauert länger, externe Betreuer dürfen ihre Freizeitaktivitäten nicht mehr anbieten und auch Besuche von Angehörigen sind gerade untersagt. Zum Glück reagieren jene verständnisvoll: Sie würde ihrer Mutter eben von der Straße aus zuwinken, hat eine Tochter daraufhin gesagt. „Natürlich würde die Mutter nicht verstehen, wer da unten winkt“, so Schmiedel, „aber die Reaktion hat mich schon sehr gerührt.“ (Text: mlk)