Auszug - Errichtung eines Denkmals zur deutschen Einheit
Es wurde ein Wortprotokoll
erstellt: Herr
Bräuniger: Herr Vorsteher, meine
Damen und Herren, als am 05.11. dieses Jahres in Berlin die Ausstellung
eröffnet wurde „Ein Denkmal für Freiheit und Einheit“, da haben
sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee als auch Bundestagspräsident
Norbert Lammert dafür ausgesprochen, mehrere Denkmäler, und zwar in Ost- und
Westdeutschland, einzurichten. Ich finde die Idee ganz gut, meine Fraktion
findet die Idee ganz gut, denn immerhin waren es ja über 80 Orte an denen hier
in Mitteldeutschland demonstriert wurde. Das heißt, die Demonstrationen zur
damaligen Zeit waren nicht nur auf Leipzig oder nicht nur auf Berlin oder
andere Städte bezogen sondern es war eine breite Demonstrationsvielfalt
gewesen. Ich denke, indem wir auch in unserem Bezirk ein Denkmal einrichten,
was an diese Zeit und die seit dem erreichten oder erarbeiteten
Errungenschaften anknüpft, sind wir auf den guten Weg. Aussprache: Herr Groos:
Herr Vorsteher, liebe Kollegen, der Deutsche Bundestag hat am 9. November den
Bau eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin beschlossen. Heute liegt
uns der eben vorgestellte Antrag der NPD-Fraktion vor, in Treptow-Köpenick ein
Denkmal zur Erinnerung an die Deutsche Einheit zu errichten und damit, wie es
heißt, Aufrufen des Ministers Tiefensee sowie des Bundestagspräsidenten Norbert
Lammert zu entsprechen. Ich möchte hier begründen, warum ich Sie um Ablehnung
dieses Antrags bitte. Zunächst ist
zu fragen, auf welcher tatsächlichen Grundlage der Antrag fußt. Oder: Gibt es
die Aufrufe in der unterstellten Intention überhaupt? Norbert Lammert hat
angemahnt, dass wir in der Diskussion um ein nationales Freiheits- und
Einheitsdenkmal den Blick nicht allein auf die Ereignisse der Jahre 1989/90
richten sollen. Er ist der Ansicht, dass die wechselhafte Geschichte der
Deutschen im Ringen um Einheit und Freiheit während des 19. und 20.
Jahrhunderts bei den aktuellen Überlegungen für ein Denkmal insgesamt
berücksichtigt werden muss. Ich teile diese Sichtweise, weil es nach meiner
Auffassung sonst nämlich kaum gelingen kann, den kommenden Generationen
verständlich zu machen, worin die historische Bedeutung der Jahre 89 und 90 für
uns Deutsche besteht. Der Bundestagspräsident hat in diesem Zusammenhang davon
gesprochen, dass eine solche Herangehensweise durchaus als – ich zitiere
mit Ihrer Erlaubnis – „besonders ehrgeiziges Konzept, in der
Bezugnahme von Denkmälern aufeinander münden könnte.“ Zitatende. Damit
meint er, das in Beziehung setzen mehrerer historischer Phasen und herausragender
Einzelereignisse in ihrer so widersprüchlichen Bedeutung für die jüngere
deutsche Geschichte. Bei dem Einheitsdenkmal heute sollte es also auch, so
verstehe ich ihn, die Erinnerung an die Geschichte der Teilung, den
katastrophalen Irrweg der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, die
gescheiterten Revolutionen der Jahre 1919 und 1848 einbezogen werden. Das ist
aber etwas völlig anderes, als uns die Antragsteller suggerieren wollen und mit
Sicherheit kein Aufruf zum Bau einer Vielzahl von Einheitsdenkmälern im ganzen Land.
Tiefensee allerdings hat von der Errichtung dezentraler Erinnerungsstätten
gesprochen. Es gehört jedoch nicht besonders viel Einfühlungsvermögen dazu,
nachzuvollziehen, dass er sich als ehemaliger Oberbürgermeister von Leipzig
nach der Entscheidung für den Denkmalstandort Berlin zu einer Geste in Richtung
Leipzig verpflichtet gefühlt hatte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ist
also festzuhalten, dass Aufrufe, die ernsthaft so verstanden werden könnten,
wir in Treptow-Köpenick sollten uns zum Bau eines Einheitsdenkmals ermuntert
fühlen, in der realen Welt nicht vorhanden sind. Damit komme
ich zu einer weiteren Frage, die sich näher mit der Parallelwelt der
Antragsteller befasst, nämlich der Frage, was mit diesem Antrag bezweckt werden
soll. Die NPD-Fraktion in diesem Hause verfolgt dieselbe Strategie, die sie als
Partei gegenwärtig in der Bundesrepublik umzusetzen versucht. Sie möchte sich
den allgemein Unzufriedenen, den Enttäuschten und sozial Verängstigten,
denjenigen, die für sich mit unserer parlamentarischen Demokratie abgeschlossen
haben und denjenigen, die in der offenen Gesellschaft Halt vermissen, all
diesen, die zum überwiegenden Teil auch in der Mitte der Gesellschaft stehen,
als wählbare Alternative anbieten. Deshalb scheuen auch sie hier nicht davor
zurück, sich allein aus taktischen Überlegungen als Demokraten zu maskieren und
mit demokratischen Prinzipien zu argumentieren, so als seien es ihre
Grundüberzeugungen und nicht Objekte ihrer Propaganda. Und genau in diese
Parallelwelt parteitaktischer Überlegungen gehört die Forderung der
NPD-Fraktion nach dem Bau eines Einheitsdenkmals in Treptow-Köpenick. Wir als
die Demokraten hier im Hause sind aufgerufen, alle Anstrengungen zu
unternehmen, den Bürgerinnen und Bürgern in Treptow-Köpenick klarzumachen, dass
es sich bei dieser NPD-Fraktion um mal mehr, mal weniger getarnte Feinde der
Demokratie handelt. Deutsche Einheit, das gilt es deshalb hier
unmissverständlich klar zu machen, wie wir als Demokraten sie verstehen, hat
mit Deutscher Einheit der NPD keinerlei Berührungspunkte. Wir begrüßen in der
Deutschen Einheit unsere freie Selbstbestimmung und das Ende von
Gewaltherrschaft auf deutschem Boden. Für uns ist Deutsche Einheit die
Aufforderung, die demokratischen Errungenschaften im Innern zu festigen und zu
sichern und die auf friedlichem Interessensausgleich beruhenden Beziehungen
nach außen zu pflegen und auszubauen. Für Sie von der NPD ist Deutsche Einheit
eine Chiffre für ihre nationalistischen Überzeugungen und politischen Ziele und
Resonanzboden ihrer auf einem Überlegenheitswahn beruhenden Visionen eines
ethnisch homogenen Landes. Bei manchen Visionen sollte man eben doch zum Arzt
gehen! Drittens und
letztens sollten wir uns selbst nach dem Beitrag unseres Bezirks für die
Erinnerung an Einheit und Freiheit befragen. Seit 1993 erinnert am ehemaligen
Grenzübergang Sonnenallee eine künstlerisch ausgeführte Eisenplatte an die
Öffnung der Berliner Mauer; seit 1999 befindet sich an der Kiefholzstraße eine
Metallskulptur zur Mahnung an die 15 Mauertoten, die dem Grenzregime zwischen
Treptow und Neukölln zum Opfer fielen. Seit 2003 befindet sich am Britzer
Zweigkanal ein an Chris Gueffroy, den letzten Toten an der innerdeutschen
Grenze, gemahnendes Denkmal; der seit 1992 unter Denkmalschutz stehende
Wachturm am Schlesischen Busch ist ein authentischer Ort, an dem seit 2004 die
Erinnerung an die Mauer in künstlerischer Form nachempfunden werden kann; seit
2006 erinnert eine Gedenkplatte in der Elsenstraße an einen der zahlreichen
Fluchttunnel. Ich füge
bewusst hinzu, auch die bezirklichen Gedenkstätten, großen und kleinen
Denkmäler bis hin zu Inschriften und Straßenbenennungen zur
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und zur Unterdrückung freiheitlicher
Bestrebungen in der DDR sind unlösbar verbunden mit der Geschichte von Einheit
und Freiheit in Deutschland. Ich meine, vor diesem Hintergrund kann
festgehalten werden - der Bezirk Treptow-Köpenick leistet seinen Beitrag zur
Erinnerung an die Geschichte von Einheit und Freiheit. Es besteht eine vielgestaltige
Erinnerungslandschaft, die natürlich erst durch uns selbst, durch unser
bewusstes Handeln und Denken zu einer lebendigen Erinnerungskultur wird. Es ist
unsere Aufgabe, an dieser Erinnerungskultur auch in Zukunft mit der gebotenen
Ernsthaftigkeit zu arbeiten und uns zu bemühen, mit dieser Aufgabe möglichst
viele Bürgerinnen und Bürger in Treptow-Köpenick zu erreichen. Das ist unser
nicht geringer Beitrag zur Erinnerung an Einheit und Freiheit in Deutschland.
Für die Errichtung eines Denkmals für die deutsche Einheit in Treptow-Köpenick
besteht dagegen keine Grundlage. Überhaupt keine. Daher möchte ich Sie bitten,
den Antrag der NPD heute, hier abzulehnen. Herr
Bräuniger: Herr Vorstehender, meine
Damen und Herren, Herr Groos, ich denke mal, jeder wird die Worte von Herrn
Tiefensee und Herrn Lammert anders interpretieren bzw. andere Zitate hier ins
Spiel bringen. Genauso wahrscheinlich werden viele der hier Anwesenden, die
Errungenschaften der Einheit oder das, was heutzutage unter Einheit zu verstehen
ist, anders interpretieren oder auf die Verdienste bestimmter oder
verschiedener Personen hinweisen, könnte ich mir denken, dass beispielsweise
die Anwesenden in der Linksfraktion möglicherweise, ich sag mal, die Betätigung
von Hans Modrow in den Vordergrund geschoben sehen wollen oder die Anwesenden
der CDU-Fraktion, die Leistungen von Herrn Kohl berücksichtigt wissen wollen.
So oder so, wie dem auch sei, ich denke mal, jeder sollte auch in diesem Hause
das Recht haben, einzeln darüber nachzudenken und für sich festzulegen, warum
und aus welchem Grund er auch in diesem Parlament so einen Antrag stellt.
Jahrelang wird über uns berichtet, wir wären die Dumpfen, die kein Anspruch auf
Politik haben, die gar nicht befähigt sind und denen nichts einfällt. Was da
alles an Worten zu hören war. Jetzt vernahm ich mit Erstaunen von ihnen, Herr
Groos, was sie alles in unsere Politik und in unsere Emotionen
hineininterpretieren. Da bin ich ja ganz zufrieden, dass das nach ihrer Ansicht
so vielgestaltig und so reichhaltig ist, dass ich damit also ganz zufrieden
sein darf. Ansonsten lasse ich mich ungern ein Feind der Demokratie nennen.
Aber auch Demokratie ist eine Auslegungssache. Herr
Voigt: Herr Vorstehender, meine Damen
und Herren, BzVV: Ich weise ihren Hinweis auf Ausgrenzung ihrer Partei
hier in diesem, sie haben, glaube ich, Parlament gesagt, dieser Bezirksverordnetenversammlung
- der Bezirk heißt nach wie vor Treptow-Köpenick, dies sollten sie sich auch
auf ihre Fahnen schreiben in weiteren Argumentationen – weise ich
kategorisch zurück. Sie werden hier nicht ausgegrenzt. Sie haben stets das
Rederecht, sie können Anträge stellen und sie können sich in dieses
parlamentarische Verfahren ungehindert einbringen. Dass sie keine Mehrheiten
finden, ist ein ganz andere Frage, ganz anderes Thema. Herr Retzlaff hat sich
für das Bezirksamt gemeldet und dann erhält er auch das Wort. BzStR
Herr Retzlaff: Sehr geehrter Herr
Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, ich habe mich ja nun lange
zurückgehalten, aber irgendwann reicht´s mal. Und jetzt reicht es mir. Jetzt
gehen wir mal die Latte durch. Sie erzählen hier was von 14 – geistiger
Schwachsinn. Wir reden hier von 18 und sie wissen ganz genau, was sich hinter
der 18 verbirgt und nun gucken Sie nicht so, Sie wissen es! Tun Sie nicht so.
Zum 2. Sie fordern – jetzt lassen Sie mich ausreden, ich habe Sie ja auch
ausreden lassen, Sie sind doch so ein Demokrat angeblich, angeblich sind Sie
doch ein Demokrat. Jetzt halten Sie doch einfach mal bitte den Mund. Ich bin
noch nicht fertig. Zum 2. Sie fordern hier irgendwas – ein Nationales
Jugendzentrum. Sie wissen überhaupt gar nicht – oder – wir wissen
überhaupt gar nicht, was das sein soll. Wir haben den dichtesten
Versorgungsgrad mit Jugendfreizeiteinrichtungen – in einer
Vielschichtigkeit – alle Jugendlichen sind bei uns herzlich willkommen.
Blasen Sie ihren Mist da am 1. Dezember ab. Die Forderung ist völlig hirnlos.
So, und zum 2. Jetzt kommen wir mal zu ihrem Einheitsdenkmal. Wer hat es denn
bitte vergurkt, wer hat denn dafür gesorgt, dass es 2 deutsche Staaten gab,
nach einem von – und ich frage Sie gleich noch etwas – von einem
Adolf Hitler verursachten Krieg. Das ist die Ursache der deutschen Teilung. Und
da stellen Sie sich heute hin und Herr Voigt, jetzt frage ich Sie ganz ruhig
und sachlich, haben Sie heute endlich mal die Courage, öffentlich zu bekennen,
dass die Aussage in Medien von Ihnen, dass Adolf Hitler ein akzeptabler
Politiker sei, von Ihnen so nie gefallen ist und dass Sie diese Äußerung nie
getan haben. Oder sagen Sie hier deutlich, Adolf Hitler ist ein akzeptabler
Politiker gewesen. Das Eine oder das Andere, das fordere ich jetzt von Ihnen,
hier in diesem Raum. Äußern Sie sich bitte. Herr Bräuniger: Zwei Sachen nur. Wir können nur abblasen, was wir auch selber auch
angemeldet haben, das ist am 1. Dezember nicht der Fall und das andere ist, wir
müssen uns auch immer ihre Zwischenrufe gefallen lassen, wenn wir hier vorne
stehen. Also steht uns auch dasselbe Recht zu, sie mit Zwischenrufen zu
bombardieren. BzVV: Wir
machen hier mal keine Zwiegespräche. Wir müssen die Form in der
Bezirksverordnetenversammlung wahren. Herr Voigt, sie hatten sich gemeldet. Ja,
bitte. Herr
Voigt: Herr Vorsteher, meine Damen
und Herren, es ist doch interessant, wie man immer wieder Zitate aus dem
Zusammenhang hier vorführt. Zwischenruf Ja, gut. Er hat eine ganz klare
Frage gestellt. Sie bekommen eine ganz klare Antwort. Ein Zitat, das Hitler ein
akzeptabler Staatsmann war, gab es von mir nicht. Es gab ein Zitat, das ich
gesagt habe: Hitler war ein großer Staatsmann. Und nur dieses ist stehen
geblieben und ich habe damals gesagt, er war ein großer Staatsmann, weil
zweifelsohne auch Nero ein großer Staatsmann gewesen ist, weil zweifellos der
Kriegsverbrecher Winston Churchill ein großer Staatsmann gewesen ist, nur weil,
wer ein großer Staatsmann gewesen ist, kann auch große Verbrechen tun. Natürlich
hat man nur diesen einen Satz herausgegriffen, um dieses in diesem Raume stehen
zu lassen. Und Sie haben von mir eben eindeutig gehört, worauf sich die
Nationaldemokratie begründet und das sind eben nicht die Jahre von 1933 bis
1945. Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort sagen. Wenn Sie irgendwo die
NPD, die im Jahre 1964 gegründet worden ist, verantwortlich machen wollen für
die deutschen Teilungen, werte Anwesende, wären damals die bürgerlichen
Parteien und die Sozialdemokraten nicht so politisch unfähig gewesen, hätte es
niemals einen Platz für die Nationalsozialisten in Deutschland gegeben. Hätten
Sie den Deutschen Arbeit, Brot und eine Zukunft gegeben, wäre es nicht der Fall
gewesen. - Zwischenrufe - BzVV: Meine
Damen und Herren, wir reden über die Errichtung eines Denkmals zur Deutschen
Einheit. (Zwischenruf) Ja, wir haben sie ja auch großzügiger Weise nicht
unterbrochen. Aber wir müssen einfach zu unserer Tagesordnung zurückkehren und
wir müssen vor allem zur Sache sprechen. Es steht auch in unserer
Geschäftsordnung. Herr Fütterer bitte. Herr Fütterer: Nach
dieser Auseinandersetzung kann ich nur feststellen, dass wir keine Einheit
haben. Deswegen brauchen wir auch kein Denkmal dafür. Danke. Ende des Wortprotokolls. Abstimmung: Bei 3 Ja-Stimmen und 49 Nein-Stimmen ist der Antrag abgelehnt. Es wird folgender Beschluss gefasst: Der Antrag: Das Bezirksamt wird ersucht,
die Aufrufe des Bundesverkehrsministers Wolfgang Tiefensee und des
Bundestagspräsidenten Norbert Lammert an Bürger, Stadträte und Bürgermeister
zur Errichtung von dezentralen Erinnerungsstätten für die deutsche Einheit
aufzugreifen und ein solches Denkmal zu errichten. wird abgelehnt. Abstimmungsergebnis: dafür: 3. dagegen: 49. Enthaltung: 0. |
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