Drucksache - 0010/XX  

 
 
Betreff: Obdachlose vor dem Erfrieren retten
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Fraktion DIE LINKEBezirksamt
Verfasser:Frau Kaddatz, JuttaSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales, Senioren und demografischer Wandel Kenntnisnahme
18.05.2017 
4. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales, Senioren und demografischer Wandel zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
16.11.2016 
2. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksamt Erledigung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Kenntnisnahme
05.04.2017 
7. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin überwiesen   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
4. Version vom 08.11.2016
Austauschseite
Mitteilung zur Kenntnisnahme
0010_XX-Anlage 1 Antwort SenGesSoz vom 14.10.2014

 

Beschlusstext:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung empfiehlt dem Bezirksamt, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die vorhandenen Einrichtungen für Obdachlose im Bezirk, die u.a. Schlafplätze bereitstellen in den Monaten 1. November bis 31. März ganztägig geöffnet werden. In diesem Zusammenhang wird dem Bezirksamt empfohlen, sich beim Land Berlin dafür einzusetzen, dass die Finanzierung dieser Plätze kostendeckend erfolgt, was eine deutliche Anhebung des derzeitigen Satzes pro Platz bedeutet.

Des Weiteren soll es einen Ausbau von gesundheitlicher Versorgung geben.

 

Begründung:

Erschöpfte und gesundheitlich labile Menschen müssen derzeit den ganzen Tag in der Kälte verbringen. Entsprechende Einrichtungen öffnen meist erst abends. Beim „runden Tisch Obdachlosigkeit wurde u.a. nach Verbesserungen für Menschen die auf der Straße leben gesucht. Dies wäre eine Möglichkeit Obdachlose vor dem Erfrieren zu retten.

 

 

Das Bezirksamt teilt zu der o.g. Drucksache folgendes mit:

 

Bisher gab es in Tempelhof-Schöneberg nur einen Anbieter von Kältehilfeschlafplätzen, die Kirchengemeinde zum Guten Hirten. Im dortigen Nachtcafé in der Goßlerstraße 30 stehen zwei Übernachtungsräume mit insgesamt 15 Schlafplätzen für die Zeit von 21:30 Uhr bis 8:00 Uhr zur Verfügung. Das Konzept der Berliner Kältehilfe sieht lediglich eine unbürokratische Übernachtungsmöglichkeit während der kalten Jahreszeit vor.

 

 

Eine Ausweitung der Öffnungszeiten wäre grundsätzlich wünschenswert, jedoch ist dies nicht mehr mit den vorhandenen ehrenamtlichen Kräften umsetzbar. Dazu müssten bezahlte Kräfte eingestellt werden, um die zusätzlichen Zeiten abdecken zu können. Zudem würde dies eine Umwandlung des Nachtcafè in eine Dauereinrichtung bedeuten und hierfür fehlt es an geeigneten Räumlichkeiten. 15 - 20 Nachtgäste benötigen für den Tag mehr Bewegungsraum, eine andere Möblierung, erweiterte Sanitäreinrichtungen etc.

 

Unabhängig von diesen räumlichen und personellen Notwendigkeiten muss zunächst auch geprüft werden, ob eine tatsächliche Nachfrage besteht. Die Erfahrung der Kirchengemeinde zeigt, dass der überwiegende Teil der Nutzer gestrandete Osteuropäer sind, die tagsüber versuchen einer Arbeit nachzugehen. Zudem bestehen bereits andere Angebote z.B. die Wärmestube der Caritas am Bundesplatz oder die bezirkliche Wohnungslosentagesstätte in der Gustav-Freytag-Straße 1, die Mittwoch bis Sonntag von 13:00 bis 18:30 Uhr geöffnet hat.

 

Darüber hinaus hat der Berliner Senat beschlossen, 1.000 Notschlafplätze im Rahmen der „Kältehilfe“ zur Verfügung zu stellen. Um dieses Planungsziel möglichst rasch zu erreichen, sind 100 Notschlafplätze im Hangar 4 des Flughafens Tempelhof eingerichtet worden. Der Kältehilfebereich in Hangar 4 ist räumlich getrennt von der Flüchtlingsunterkunft und hat seinen Betrieb am 1. Februar 2017 aufgenommen. Die hier untergebrachten Menschen können den Kältehilfebereich von 20.00 Uhr abends bis 8.00 Uhr am Folgetag nutzen. Neben einer Übernachtungsmöglichkeit werden eine warme Mahlzeit und ein Frühstück, Hygieneartikel und die Möglichkeit zum Duschen angeboten. Eine Kleiderkammer wurde ebenfalls eingerichtet.

 

Trotz kurzfristiger Kapazitätserweiterungen darf jedoch die wesentliche Problematik nicht aus dem Blick verloren werden: die Ausweitung des Angebotes scheitert maßgeblich an den zu geringen finanziellen Zuwendungen, verbunden mit fehlendem Personal und fehlenden Räumlichkeiten.

 

Der zuständigen Senatsverwaltung wurde diese Problematik, insbesondere die der Höhe der Zuwendungen, wiederholt von Bezirken und Kältehilfeanbietern mitgeteilt, führte aber lediglich zur Erhöhung von 15,- € auf 17,- € pro Person. In der Sitzung zur aktuellen Situation der Kältehilfe vom 12.Oktober 2016 erklärte der zuständige Staatssekretär Gerstle, dass seitens SenFin kein höherer Zuweisungspreis zu erwarten sei.

 

Zum Thema –Ausbau von gesundheitlicher Vorsorge- ist bereits im Rahmen der Drucksache 0947/XIX (Gesundheitsversorgung Obdachloser erleichtern) eine umfängliche Antwort durch SenGesSoz am 14.10.2014 erfolgt (Anlage).

 

Aktuell hat das bezirkliche Gesundheitsamt folgenden Sachstand übermittelt:

 

„Grundsätzlich hat sich an der Situation aus medizinischer Sicht nichts verändert. Alle Beratungsstellen und alle Personen, die Kontakt zu Obdachlosen haben, legen ihr Augenmerk auf die Unterstützung und Förderung des Eingliederungsprozesses in die Gesellschaft, was insbesondere die Erlangung einer Krankenversicherung beinhaltet. Dazu müssen die Betroffenen jedoch bereit sein.

Dies ist in vielen Fällen nicht gegeben. Wenn die Betroffenen nicht mehr für sich selbst Sorge tragen können, insbesondere für ihre gesundheitliche Sorge, veranlassen die Mitarbeiter ggf. ein Betreuungsverfahren. Auch in diesem Zusammenhang wird die Krankenversicherungsfrage geklärt. Das betrifft aber nur einen Teil der Personen. Zusätzlich gibt es medizinische Einrichtungen oder Praxen, die über freie Träger oder spendenfinanziert obdachlose Menschen behandeln.

 

Im medizinischen Notfall, sei dies als Krise im Fall von Eigen- oder Fremdgefährdung im Sinne des PsychKG oder bei anderen medizinischen Notfällen werden die Betroffenen auch ohne Krankenversicherung stationär versorgt. Dies haben die regionalen Krankenhäuser auf Nachfragen auch bestätigen können. Die Kliniken haben erhebliche offene Behandlungskosten, aufgrund von Behandlungen ohne Versicherungsnachweise.

 

Für die Versorgung von nicht-krankenversicherten Schwangeren stehen die Zentren für Sexuelle Gesundheit und Familienplanung der Gesundheitsämter bereit und für Entbindungen wurde seitens des Senats ein Fonds eingerichtet, um die stationären Entbindungen zu finanzieren. Nicht-krankenversicherte Kinder werden vom Kinder- und Jugendgesundheitsdienst untersucht und erhalten auch die Vorsorgeuntersuchungen. Die SozialarbeiterInnen wirken aktiv auf die Krankenversicherung der Kinder hin, was dann zumeist gelingt.“

 
 

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