Drucksache - 0006/XX  

 
 
Betreff: Verstetigung einer bezirklichen Präventionskette von der Schwangerschaft bis zum Eintritt in den Beruf
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:Herr Schworck, OliverOltmann, Jörn
Drucksache-Art:Mitteilung zur KenntnisnahmeMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksamt Erledigung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Kenntnisnahme
16.11.2016 
2. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin vertagt   
14.12.2016 
3. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Gesundheit Kenntnisnahme
27.02.2017 
2. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   
Jugendhilfeausschuss Kenntnisnahme
22.02.2017 
2 öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses vertagt   
22.03.2017 
3. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksamt Erledigung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Kenntnisnahme
15.12.2021 
3.öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Gesundheit Kenntnisnahme
24.01.2022 
2. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Mitteilung zur Kenntnisnahme
2_Grobskizze Darstellung Präventionsketten
3_Übersicht Kernteam
4_Infoatlas Präventionskette_Mariendorf
5_Infoatlas Präventionskette_Marienfelde
6_Infoatlas Präventionskette_Lichtenrade
7_Infoatlas Präventionskette_Friedenau
8_Infoatlas Präventionskette_Schöneberg Nord
9_Infoatlas Präventionskette_Schöneberg Sued
10_Infoatlas Präventionskette_Tempelhof
11_Fahrplan_WerdendeEltern_2016_BA-TS
2. Version vom 03.11.2016
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 16.11.2016 folgenden Beschluss:

Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung vom 18.10.2016 die Verstetigung einer bezirklichen Präventionskette von der Schwangerschaft bis zum Eintritt in den Beruf mit folgenden Schritten beschlossen:

Das Bezirksamt nimmt den vom Arbeitskreis „Aufbau einer bezirklichen Präventionskette von der Schwangerschaft bis zum Eintritt in den Beruf in Tempelhof-Schöneberg“ vorgeschlagenen Orientierungsrahmen entgegen und legt ihn für das weitere bezirkliche Handeln fest.

Die Geschäftsbereiche sind gehalten, bei ihren anstehenden Planungen und Entscheidungen zu prüfen, ob diese geeignet sein können, die Umsetzung von Präventionsketten zu befördern, sowie in diesem Falle die Entscheidung zugunsten einer größtmöglichen Unterstützung derselben zu treffen. Darüber hinaus wird angestrebt, auch externe Partner_innen in möglichst breitem Umfang dafür zu gewinnen (z.B.in den bezirklichen Regionalkonferenzen), an der Umsetzung der bezirklichen Präventionskette mitzuwirken.

Nach Ablauf von drei Jahren ist auszuwerten, inwieweit Präventionsketten gebildet worden sind. Ein jährlicher Kurzbericht über den derzeitigen Stand, die Erfahrungen

und gegebenenfalls Empfehlungen für die weitere Gestaltung des Verfahrens sind den zuständigen Dezernent_innen vorzulegen.

 

Das Bezirksamt teilt hierzu als Fortschreibung der MzK vom 24.10.2016 mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:

Tempelhof-Schöneberg setzt sich schon seit Jahren für ein gutes und gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen und für ein familienfreundliches Leben im Bezirk ein. Ein zentrales Anliegen ist es, Familien bei der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen und zu begleiten. Entsprechend groß ist die Angebotsvielfalt für Kinder, Jugendliche und ihre Familien.

Aber haben alle Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern gleichermaßen Zugang zu diesen Angeboten? Kommen die Angebote da an, wo sie dringend gebraucht werden? Sind die Angebote passgenau? Sind sie ausreichend aufeinander abgestimmt, um nahtlose Übergange z.B. von der Familie in die Kita, von der Kita in die Grundschule zu gewährleisten? Was muss getan werden, um allen Kindern im Bezirk ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen?

Aufbau und Entwicklung der Präventionskette in Tempelhof-Schöneberg

Im September 2014 fand die 1. Gesundheitskonferenz zum Thema „Aufbau einer bezirklichen Präventionskette von der Schwangerschaft bis zum Eintritt in den Beruf“ in Tempelhof-Schöneberg statt. Engagierte Fachkräfte aus den unterschiedlichsten Bereichen brachten unter der Federführung der Planungs- und Koordinierungsstelle Gesundheit (QPK), des Jugendamtes und des Gesundheitsamtes ihre Expertise ein und trugen dazu bei, Bedarfe werdender Eltern, Familien und die von Kindern und Jugendlichen im Bezirk zu formulieren. Bei der Umsetzung sollten insbesondere auch Familien in belasteten Lebenslagen Berücksichtigung finden. Es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, als das Bezirksamt am 18. Oktober 2016 sich darauf verständigt hat, diesen Prozess mit einem Beschluss zu unterstützen.

Wer ist für die Planung und Weiterentwicklung der Präventionsketten verantwortlich?

Im Nachgang der Gesundheitskonferenz wurde ein „Kernteam“ gebildet, das sich aus Vertreter_innen der Ämter, die mit Familien arbeiten, Vertreter_innen freier Träger sowie der Gesundheitseinrichtungen im Bezirk zusammensetzte. Das Kernteam hatte den Auftrag, die ermittelten Bedarfe und Themen aufzugreifen und temporäre, sozialräumlich orientierte Arbeitsgruppen einzurichten, die sich z.B. mit Fragen wie dem Entlassungsmanagement medizinischer Einrichtungen oder der Vernetzung mit niedergelassenen Kinderärzt_innen auseinandersetzten. Begleitet wurde der Prozess von Gesundheit Berlin Brandenburg. Im Verlauf des Arbeitsprozesses zeigte sich, dass die Organisationsstruktur verändert werden musste. Das Kernteam wurde abgelöst durch die Integration des Ansatzes der Präventionsketten in die ressortübergreifende Steuergruppe Jugendhilfe-Schule-Gesundheit, an der auch die Planungs- und Koordinierungsstelle Gesundheit teilnimmt. Die verbindliche Zusammenarbeit von Akteur_innen mit Entscheidungskompetenz aus allen beteiligten Bereichen hat sich bewährt und führte zu einer gemeinsam abgestimmten und synergistischen Schwerpunktsetzung.

Was hat sich entwickelt?

5 Jahre sind seit dem BA-Beschluss 2016 vergangen. Das ist ein guter Anlass, um festzuhalten, was erreicht wurde, aber auch, um zu beschreiben, welche Richtung die Weiterentwicklung der Präventionskette in den nächsten 5 Jahren nehmen sollte (könnte). An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass hier nur eine Auswahl des aktuellen Entwicklungsstandes der unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkte im Bezirk dargestellt werden kann.

Schwerpunkt Frühe Hilfen

Die Schwerpunktsetzung auf den Ausbau der Frühen Hilfen im Bezirk erfolgte im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) vom 22. Dezember 2011 gem. § 3 Abs. 4. Die Ressorts Jugendamt und Gesundheitsamt definierten gemeinsam Entwicklungsziele für den Bezirk. Im Mittelpunkt stand dabei

  1. die Entwicklung von Netzwerken und Gremienstrukturen,
  2. die Stärkung der präventiven Arbeit durch die Verstetigung von Unterstützungsangeboten an der Schnittstelle zum Kinderschutz,
  3. die transparente Darstellung und Information über bestehende und bedarfsgerechte Angebote
  4. sowie der Ausbau bezirklicher Ehrenamtsstrukturen unter Einbeziehung der Familienzentren.

 

Netzwerk Frühe Hilfen

Ein wichtiges Ziel für die Umsetzung der Präventionsketten im Bezirk war die Gestaltung der verbindlichen Zusammenarbeit möglichst aller Akteure und Akteurinnen im Bereich der Frühen Hilfen. Heute sind das Gesundheitsamt, das Jugendamt, die Zentren für Sexuelle Gesundheit und Familienplanung, niedergelassene Gynäkolog_innen, Familienhebammen und Familienkinder, Gesundheits- und Krankenpfleger_innen, die Planungs- und Koordinierungsstelle Gesundheit ganz selbstverständlich mit Hebammen, niedergelassenen (Kinder)Ärzt_innen, Geburtskliniken, Familienzentren, Beratungsstellen, Kindertagesstätten und freien Trägern vernetzt.

Regelmäßige Netzwerktreffen, die über die bezirklichen Koordinatorinnen der Frühen Hilfen des Gesundheitsamtes und Jugendamtes initiiert werden, stellen den fachlichen Austausch zu relevanten Themen sicher, stärken die Kooperation zwischen den Netzwerkpartner_innen und tragen erheblich zur Qualitätsentwicklung bei. Die Diskussion aktueller Themen im Netzwerk sorgt dafür, dass laufende Projekte immer wieder veränderten Bedarfen angepasst werden. Besonders hervorzuheben ist hier der Fahrplan „Rund um die Geburt“, der um die Informationen rund um die Frühen Hilfen erweitert wurde und fortlaufend aktualisiert wird. Diese Broschüre wird sehr stark von werdenden Eltern und Familien, Kliniken und niedergelassenen Ärzt_innen nachgefragt. Aktuell konnte eine englischsprachige Version erstellt werden. Um zukünftig die Bereitstellung sicherzustellen ist die Finanzierung zu verstetigen.

Familienhebammen und Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger_innen

Ein unverzichtbarer Baustein der Frühen Hilfen ist der niedrigschwellige Einsatz der Familienhebammen für (werdende) Mütter/Väter bzw. Familien oder Alleinerziehende, die sich in belastenden Lebenssituationen befinden und eine Unterstützung und Begleitung bei der Bewältigung der neuen Aufgabe und Herausforderung benötigen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem die frühzeitige Interventionsmöglichkeit und die Begleitung bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres bzw. des 3. Lebensjahres des Kindes die Selbsthilfepotentiale der Eltern fördert und sie in der Übernahme von Verantwortung stärkt. Die Finanzierung erfolgt über das Nationale Zentrum Frühe Hilfen und den Integrationsfond. Eine Verstetigung der über den Integrationsfond erbrachten Leistungen ist im Haushaltplan beantragt.

Schnittstellen zwischen regionaler Kinderklinik und Gesundheitsamt

In Kooperation mit der Techniker Krankenkasse und der regionalen Kinderklinik St. Joseph konnte das Projekt „Gesundheitslotse“ zum 01. September 2019 beginnen. Hier werden Eltern zu früh oder schwerst erkrankt geborener Kinder im Übergang von der Klinik ins häusliche Umfeld unterstützt und begleitet. Das Projekt zielt darauf ab, den Eltern Sicherheit im Umgang mit dieser schwierigen Situation zu geben und sie in ihrer Elternschaft zu stärken. Die Betreuung orientiert sich an den Bedarfen und Bedürfnissen der Eltern. Die Gesundheitslotsin führt mit den Eltern regelmäßig Gespräche zum Entwicklungsstand und berät sie zu unterstützenden Angeboten. Diese Angebote können bedarfsbezogen bis zum 6. Lebensjahres des Kindes realisiert werden.

Familiensprechstunde im Familienzentrum Lichtenrade/Ausbau der Schreibaby-Ambulanz und Prävention von Schütteltrauma

Der Ausbau der Schreibabyambulanz und die Verstärkung der Schütteltraumaprävention hat gerade angesichts der Pandemie und den damit einhergehenden Belastungen von Familien/Eltern an Bedeutung gewonnen. Im Rahmen des Aktionsprogramms Gesundheit wurden dem Bezirk seitens der Senatsverwaltung Mittel zur Verfügung gestellt, so dass im Familienzentrum Lichtenrade eine Familiensprechstunde mit Krisenbegleitung für Eltern mit Schreibabys eingerichtet werden konnte.

Schwerpunkt Übergänge

Präventionsketten haben eine große Bedeutung im Hinblick auf den Übergang von einer Lebensphase in die andere. Zu diesen Übergängen zählen z.B. die Phase rund um die Geburt, der Übergang von Familie in die Kita, von der Kita in die Schule, von der Grundschule in die weiterführende Schule und von dort in die Ausbildung oder ins Studium. Diese Übergänge bringen viel Unbekanntes und Neues für die Kinder/Jugendlichen und können, wenn sie als Überforderung wahrgenommen werden, zu einer Schwächung des Selbstwertgefühls oder des Selbstbewusstseins führen. Je besser die Übergänge gelingen, desto ausgeprägter ist das Selbstwirksamkeitserleben der Kinder/Jugendlichen. Gerade die Übergänge von der Familie in die Kita und später in die Grundschule sind von besonderer Bedeutung für die Bildungsbiografien von Kindern. Diesem Umstand wird durch die Schwerpunktsetzung auf diese Übergänge Rechnung getragen.

Übergang Kita - Grundschule

Bildungsbotschafter_innen

Das Projekt „Bildungsbotschafter_innen qualifiziert Eltern darin, andere Eltern niedrigschwellig im Hinblick auf die Bildungswege und -chancen ihrer Kinder zu unterstützen. Die ausgebildeten Eltern bringen sich ehrenamtlich in Kitas, Schulen und Familienzentren ein – also überall dort, wo sich Eltern und/oder die Kinder aufhalten. Sie organisieren Elterncafés, Infoveranstaltungen und themenspezifische Projektnachmittage. So werden sie zu „Brückenbauern“ zwischen Familien und pädagogischen Fachkräften. Darüber hinaus ist es Ziel dieses Projekts, Menschen in benachteiligenden Lebensumständen (Sprachbarrieren, Erwerbslosigkeit, eigene Bildungsbenachteiligung) zu aktivieren und zu mehr Beteiligung und Mitsprache zu motivieren.

Vorschulische Sprachförderung

Die vorschulische Sprachförderung ist ein wesentlicher Baustein für einen gelingenden Übergang Kita-Schule. Es wurde fachämterübergreifend vereinbart, Träger aktiv bei der Eröffnung neuer Standorte vorschulischer Sprachförderung zu unterstützen und insbesondere die Schnittstelle zwischen Schul-, Gesundheits- und Jugendamt zu beleuchten. Akteure, die für die Testung, das Ausstellen der Gutscheine und die Vermittlung in die passenden Angebote zuständig sind, haben sich auf konkrete Verfahren und Abläufe geeinigt. Informationen über freie Plätze und neue Angebote fließen an die richtigen Stellen und Personen. Auch die Familien werden entsprechend informiert und beraten.

Präventionsfachtage

In der Steuergruppe Jugend – Schule – Gesundheit wurde 2018 beschlossen, jährlich einen ressortübergreifenden Präventionsfachtag durchzuführen, der Akteure und Akteurinnen zusammenbringt, die Zusammenarbeit im Netzwerk stärkt und den Ausbau der Präventionsketten an den Übergängen fördert. Im September 2019 fand der Fachtag „Zebrastreifen“ statt, der den Übergang Kita-Schule im Sozialraum beleuchtete. Im Rahmen der Veranstaltung konnten konkrete Vorschläge und Absprachen zur Verbesserung des Übergangs getroffen werden.

Ein Fachtag mit dem Fokus auf den Übergang Grundschule - weiterführende Schule konnte pandemiebedingt bisher leider nicht umgesetzt wurden. Dafür wurde die Verbesserung der Erreichbarkeit von Familien in schwierigen Lebenslagen thematisiert: Im Februar 2020 fand der Fachtag „Überall und nirgends – Kinder aus suchtbelasteten Familien wahrnehmen“ im Rathaus Schöneberg statt. Rein statistisch betrachtet leben im Bezirk Tempelhof-Schöneberg ca. 9.000 Kinder, deren Eltern ein Suchtproblem haben könnten. Viele dieser Kinder bleiben lange Zeit mit ihren Sorgen und Nöten alleine und verlieren kostbare und unbeschwerte Lebenszeit. Diese dauerhafte Belastungssituation hat gravierende Auswirkungen, die unter Umständen das ganze Leben der Kinder negativ prägen. Die bezirkliche Arbeitsgruppe Kinder in suchtbelasteten Familien hat im Rahmen des Fachtages Fachkräften der unterschiedlichsten Bereiche die Möglichkeit eröffnet, sich Hintergrundwissen zur Situation von Kindern in bzw. aus suchtbelasteten Familien sowie zu bestehenden Netzwerken und Hilfsangeboten anzueignen, um frühzeitig Belastungen der Kinder durch die Erkrankung der Eltern zu erkennen und einen fachgerechten, nicht-stigmatisierenden Umgang mit den Kindern und deren Eltern zu finden.

Schwerpunkt Qualitätsentwicklung

Im Rahmen der fachlichen Diskussionen zum Auf- und Ausbau der bezirklichen Präventionsketten von der Schwangerschaft bis zum Eintritt in den Beruf wird immer wieder das sogenannte Präventionsdilemma deutlich: Präventionsangebote werden häufig vor allem von Familien in Anspruch genommen, die es schaffen, sich selbstständig um ihre Belange zu kümmern. Familien, die sich in stark benachteiligenden Lebenslagen befinden und vermutlich einen sehr hohen Unterstützungsbedarf hätten, nehmen diese Angebote eher seltener wahr. Gründe dafür könnten darin liegen, dass die vorhandenen Angebote nicht passgenau genug sind, sich in zu großer räumlicher Distanz befinden oder zu hohe Zugangsbarrieren vorhanden sind.

MitWirkung Perspektiven für Familien

Das Bezirksamt hat sich trotz knapper Personalressourcen dafür entschieden, sich verbindlich am Projekt „MitWirkung – Perspektiven für Familien“ zu beteiligen. Ziel dieses Projekts ist es, die Wirkung der unterschiedlichen Bausteine der bezirklichen Präventionskette in den Blick zu nehmen. Kommen die vorhandenen Maßnahmen und Unterstützungsangebote der Präventionsketten bei Familien in schwieriger sozialer Lage tatsächlich an? Mitarbeiter_innen aus dem Gesundheitsamt, dem Jugendamt und der Planungs- und Koordinierungsstelle Gesundheit werden vom Projektträger Gesundheit Berlin - Brandenburg in Methoden der Wirkungsorientierung geschult, die exemplarisch an einem mit der Steuergruppe Jugend-Schule-Gesundheit abgestimmten Baustein erprobt werden. Die erworbenen Kompetenzen sollen mittelfristig genutzt werden, um bei der Planung neuer oder der Überprüfung bestehender Angebote den Fokus stärker als bisher auf die Frage nach ihrer Wirkung zu legen. Die Beteiligung an diesem Projekt bietet die Chance, die vorhandenen und häufig knappen Ressourcen noch zielgerichteter als bisher einzusetzen. Multiplikator_innen und Familien sollen perspektivisch stärker beteiligt und nach ihrer Meinung zu bestimmten Angeboten gefragt werden. Ihre Rückmeldungen sollen dann direkt in die bezirklichen Planungs- und Steuerungsprozesse einfließen, in der Erwartung, dass es so gelingt, mehr Zugänge zu belasteten Familien zu finden oder zu schaffen. Das ist gerade in Zeiten der Pandemie von großer Bedeutung, denn vieles deutet darauf hin, dass besonders Kinder oder Familien mit nur einem Elternteil in prekären Verhältnissen unter den Folgen der Pandemie (Armut, soziale Benachteiligung, Bewegungsmangel, Übergewicht, Dichtestress, psychische Probleme) leiden. Hier müssen Strategien entwickelt werden, die die Folgen der Pandemie abfedern und mittelfristig ein gutes und gesundes Aufwachsen für alle Kinder im Bezirk ermöglichen.

Das Gute noch besser machen - Ausblick

Die positive (Weiter-)Entwicklung der Präventionsketten im Bezirk war und ist nur möglich, weil die Bereiche Jugend, Schule und Gesundheit sowohl auf struktureller Ebene als auch auf Projektebene zunehmend abgestimmter handeln. Die dargestellten Angebote/Projekte/Maßnahmen spiegeln nur einen kleinen Teil der Aktivitäten wider, die bis heute zum Wohle der Kinder und Familien umgesetzt wurden.

Die Weiterentwicklung der Präventionskette als Strukturansatz ist kein abgeschlossener Prozess, sich ändernde Bedarfslagen müssen immer wieder reflektiert werden und sich in den kommunalen Unterstützungssystemen niederschlagen.

Zukünftige Handlungsfelder:

 

Risiken, die sich aus den Auswirkungen der Pandemie ergeben

+ Die Pandemie hat besonders Kinder und Jugendliche/Familien/Alleinerziehende in prekären Lebenslagen getroffen – und damit ein Schlaglicht auf die bereits bekannten sozialen und gesundheitlichen Ungleichheiten geworfen.

+ Hier müssen die zur Verfügung stehenden Mittel aus dem „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung) bzw. "Stark trotz Corona" (landeseigenes Programm Berlin) unbedingt ausgeschöpft und wirkungsvoll eingesetzt werden.

+ Der Einsatz der Mittel sollte ressortübergreifend (z.B. in der Steuergruppe Schule-Jugend-Gesundheit) diskutiert und abgestimmt werden, um parallele Strukturen zu vermeiden und um Synergien zu generieren.

+ Außerdem sollten die Projekte so ausgerichtet sein, dass sie an die vorhandenen Strukturen anknüpfen und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind.

+ Die Projekte im Rahmen des Aufholprogramms sollten unbedingt da angesiedelt werden, wo viele Familien/Eltern/Kinder und Jugendliche in sozial benachteiligender Lage leben.

+ Damit die Projekte ihre Wirkung entfalten, müssen sie auch adressat_innengerecht kommuniziert werden.

+ Familien in prekären Lebenslagen müssen besser erreicht werden.

 

Dazu ist es wichtig,

+ ämterübergreifende Austauschformate unter der Prämisse „Zugänge zu Familien aktiv gestalten“ unter Einbeziehung von Multiplikator_innen (z.B. Stadtteilmütter, Lotsenprojekte, Stadtteilzentren etc.) zu schaffen

+ die im Bezirk angesiedelten Lotsenprojekte (Stadtteilmütter, Integrationslots_innen, Bildungsbotschafter_innen, Gesundheitslots_innen) zu stärken und ihre Finanzierung zu sichern

+ für Fachkräfte und Bevölkerung einen Überblick über die vielfältigen Lotsenprojekte zu schaffen, damit mehr Wissen über das jeweilige Angebotsspektrum entsteht und Überleitungen von einem Projekt ins andere gut gelingen.

+ Beteiligungsformate für Familien, Eltern, wie z.B. Befragungen, Fokusgruppen zu bestimmten Themen und Angeboten, themenzentrierte Austauschveranstaltungen in Kitas etc. regelhaft zu etablieren, um Angebote möglichst passgenau zu gestalten.

+ Eine adressatengerechte Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln, d.h. Informationen so aufzubereiten, dass sie leicht zugänglich, leicht verständlich, kultursensibel und in mehreren Sprachen vorgehalten werden.

 

Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung

+ Qualifizierung der Fachkräfte durch Fortbildungsangebote/ Inhouse-Schulungen/Präventionsfachtage zu relevanten Themen (Gender/Diversity, Kinderschutz, Kindergesundheit, Querschnittsthemen, Präventionskette, Wirkungsorientierung etc.)

+ Verbreitung qualitätsgesicherter Ansätze (statt Rad neu erfinden)

+ Verbesserung der Zusammenarbeit der Fachdienste an den Schnittstellen durch wechselseitige Hospitationen

+ Regelmäßige Evaluation und Anpassung der Unterstützungsangebote (Wirkungsorientierung: dabei geht es nicht darum, Mittel einzusparen, sondern Ressourcen zielgerichteter und adressat_innengerechter zu steuern)

 

Schwerpunkt Übergang Schule - Beruf/Studium

+ Der Übergang von der Schule in den Beruf oder in ein Studium soll stärker in den Blick genommen werden. Corona bedingt stehen hier weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung und die Erreichbarkeit von benachteiligten Schüler_innen war über Monate erschwert. Dies belastet die Übergangsituation Schule - Beruf/Studium zusätzlich.

+ Daher soll zukünftig punktuell der Standort der Jugendberufsagentur Tempelhof-Schöneberg in die Arbeit der Steuerungsgruppe Jugend-Schule-Gesundheit bei der Frage der Übergänge Schule- Beruf/ Studium einbezogen werden. Die JBA deckt mit ihrer ganzheitlichen Arbeit und den Partnern diesen Übergang im Bezirk im Sinne der Präventionsketten ab.

 

Schwerpunkt Elternarbeit/Elternbildung

+ Die Eltern sollen in den Stand versetzt werden, gute Bildungspartner für ihre Kinder zu werden. Die soll möglichst durch niedrigschwellige Veranstaltungen in den Kitas und den Schulen erfolgen, begleitet und konzipiert von den Übergangsbeauftragten der Schulen und Kitas.

+Die Veranstaltungen sollten durch Fachdienste, Stadtteilmütter, Bildungslots_innen etc. unterstützt werden. Ein gut aufgestelltes Übergangsmanagement in den Bildungseinrichtungen zeigt in bereits in einigen Kooperationen gute Erfolge, ist aber bezirksweit noch nicht ausreichend strukturell verankert.

 

Gesundheitsförderung und Prävention als Querschnittsaufgabe begreifen

Zumeist werden die Themen Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit in der Zuständigkeit der Ressorts Gesundheit, Jugend und Schule gesehen, obwohl die Chancen für ein gesundes Aufwachsen von Geburt an erheblich durch soziale und wirtschaftliche Einflussfaktoren wie z.B. Arbeit, Einkommen, (Wohn)Umfeld und auch Familienformen geprägt werden. Das Ziel der gesundheitlichen Chancengleichheit kann aber nur erreicht werden, wenn es gelingt ressortübergreifende Strukturen zu schaffen. Die Bereiche Gesundheit, Jugend, Schule, Sport, Soziales, Stadtentwicklung/Stadtplanung und Umwelt müssen noch stärker vernetzt werden,

+ um ein gemeinsames ressortübergreifendes Verständnis von Gesundheitsförderung und Prävention aller Akteur_innen zu befördern

+ und um gemeinschaftlich die für den Bezirk relevanten Schwerpunkte und Gesundheitsziele zu definieren

Die Bündelung aller Kräfte ist gerade auch im Hinblick auf die Bekämpfung zunehmender Kinderarmut von großer Bedeutung. Je früher diese integrierte kommunale Strategie bzw. das Prinzip der Präventionskette greift, desto nachhaltiger kann das gesunde Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen befördert werden.

 
 

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