Drucksache - 1313/XIX
Das Bezirksamt teilt zu der o.g. Drucksache folgendes mit:
Ein öffentlicher Bücherschrank ist laut Wikipedia „ein Schrank zur Aufbewahrung von Büchern, der genutzt wird, um kostenlos, anonym und ohne jegliche Formalitäten Bücher zum Tausch oder zur Mitnahme aufzubewahren und anzubieten.“
Bücherschränke gibt es als spezielle Konstruktionen, z.B. in Form umgewidmeter Telefonzellen o.Ä., oder als einfache Bücherregale sowohl im öffentlichen Raum als vielfach auch in kirchlichen, gewerblichen oder öffentlichen Einrichtungen. Es sind Tausch- und Mitnahmebörsen, zum Teil auch Kommunikationsorte, die mit ihrem in der Regel weitgehend ungefilterten Angebot im Wesentlichen einen sozialen Zweck verfolgen. Damit grenzen sie sich ebenso vom kommerziellen, durch den aktuellen Buchmarkt definierten Profil des Buchhandels ab wie sie sich auch von Bibliotheken unterscheiden, die mit ihrer fachlichen Medienauswahl einen Bildungsauftrag wahrnehmen.
Da der der Senioren-BVV am 25.11.2014 vorgelegte Vorschlag, im Bezirk 10 umgewidmete Telefonhäuschen zum Büchertausch aufzustellen, einer Variante des Bücherschranks gilt, wurde dies in den Prüfauftrag miteinbezogen. Für Ankauf des Häuschens, Errichtung des Fundaments, Transport und Aufstellung, Beleuchtung und Regalbretter benennt die Anfragende ein Kostenvolumen von je ca. 2.700 €.
In Tempelhof-Schöneberg gibt es bereits eine Reihe von Einrichtungen, die einen nichtkommerziellen Büchertausch ermöglichen, wobei die Liste um weitere Bücherschränke zu verlängern wäre, die sich in nicht öffentlichen Einrichtungen befinden können. Recherchiert wurde:
Frobenstr. 27
Die beiden folgenden Beispiele weichen von den vorgenannten insoweit ab, als sie, vom Jobcenter gefördert, personell betreut werden:
Eine Reihe von Bücherschränken und Büchertauschbörsen gibt es in den Einrichtungen des „Nachbarschaftsheims Schöneberg e.V.“, eine kurzfristig durchgeführte Abfrage ergab folgenden, nach eigener Aussage vermutlich unvollständigen Stand:
Eine weitere Sonderform sind die Bücherflohmärkte der Stadtbibliothek. Die Bibliothekseinrichtungen Mediengeschenke von Kunden entgegen und bieten diese, sofern sie für ihren eigenen Bestand nicht geeignet sind, auf den Bücherflohmärkten gegen eine geringe Spende zugunsten des Medienbestands ihren Nutzer/innen wieder an. Bücherflohmärkte führen regelmäßig vor allem die Bezirkszentralbibliothek und die Mittelpunktbibliothek Schöneberg, aber auch die Stadtteilbibliotheken in Lichtenrade und Marienfelde durch.
In Wahrnehmung des BVV-Auftrages hat das Bezirksamt 3 private Vereine angeschrieben, ob dort „ein Interesse besteht, ein solches Projekt zu fördern und ggf. finanziell und personell mit Hilfe Ehrenamtlicher zu unterstützen“.
Der „Freundeskreis der Thomas-Dehler-Bibliothek e.V.“ hat sich gegen eine Unterstützung ausgesprochen, da er sich auf eine Steigerung der Entleihungen in der Nebenstelle konzentrieren möchte.
Das „Nachbarschafts-und Selbsthilfezentrum in der ufafabrik e.V.“ hat grundsätzlich Interesse signalisiert, ein konkretes Gesprächsangebot ist bislang nicht aufgegriffen worden.
Mit der Geschäftsführung des „Nachbarschaftsheims Schöneberg e.V.“ hat die Leitung der Stadtbibliothek am 19.3.2015 ein informatives Gespräch geführt, bei dem sich herausstellte, dass eine Reihe von Einrichtungen des Nachbarschaftsheims bereits Bücherschränke eingerichtet haben (siehe die unvollständige Auflistung unter I.) In der Regel sind diese selbstinitiativ entstanden und werden dezentral durch die Einrichtungen gestaltet. Sie existieren in den unterschiedlichsten Formen und für unterschiedliche Zielgruppen, z.T. intern nur für Einrichtungsbesucher, z.T. auch für die Allgemeinheit öffentlich zugänglich. Konzeptionelle Überlegungen gelten in erster Linie einer besseren öffentlichkeitswirksamen Sichtbarmachung dieser oft im Verborgenen wirkenden Einrichtungen. Das Nachbarschaftsheim ist gegenüber der Nutzung von Telefonzellen eher skeptisch, da diese ästhetisch wenig ansprechend seien und keine Kommunikation ermöglichten. Bücherschränke sollten über die Tauschmöglichkeit hinaus auch einen Ort bieten, wo Menschen die Möglichkeit haben, miteinander ins Gespräch zu kommen und zu kommunizieren. Auch für Ehrenamtliche sei es interessanter, solche Tauschorte zu betreuen, wenn sie gleichzeitig auch Kommunikationsorte sind.
Bücherschränke oder andere Formen von Büchertauschbörsen haben sich, meist selbstinitiativ von unten und dezentral wachsend, seit 1990 im In- und Ausland stark ausgebreitet und sind inzwischen auch in Berlin und im Bezirk Tempelhof-Schöneberg zahlreich vorhanden. Die obige Aufzählung vermittelt davon nur ein unvollständiges Bild, da es keine offiziellen Statistiken oder Meldepflichten gibt. Unter den unterschiedlichen Formen, über die solche Tauschmöglichkeiten organisiert werden, versprechen nach Einschätzung des Bezirksamts diejenigen am meisten Erfolg, die den Büchertausch mit Möglichkeiten der kommunikativen Begegnung verbinden. Diese Varianten, bei denen wie in den „MedienPoints“ eine oft ehrenamtliche Ansprechperson zur Verfügung steht oder zumindest eine kommunikationsfördernde räumliche Umgebung besteht, sind der Umwidmung von Telefonhäuschen vorzuziehen.
Insgesamt handelt es sich hier um ein bemerkenswertes Erfolgsbeispiel für ein eigeninitiativ und weitgehend ungesteuert von unten her gewachsenes bürgerschaftliches Engagement, dessen besonderer Charme gerade auch in der durch ihre Kieznähe bedingten Vielzahl der Erscheinungsformen mit sehr unterschiedlichen Organisations- und Betreuungsformen liegt. Einige dieser Initiativen erhalten inzwischen auch eine staatliche Förderung: Die personelle Betreuung der beiden MedienPoints-Filialen und der „Bücherstube“ wird vom Jobcenter gefördert.
Insgesamt hat das Bezirksamt festgestellt, dass es im Bezirk eine überraschend große Vielzahl und Bandbreite von Einrichtungen des Büchertausches gibt. Die Zielsetzung des Antrags, der zu prüfen war, kann damit als erfüllt angesehen werden. |
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