Drucksache - 1281/XIX
Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 19.11.2014 folgenden Beschluss:
Der Jugendhilfeausschuss/die Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg unterstützt den Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses zur Finanzierung der Jugendarbeit vom 24.09.2014 und empfiehlt dem Bezirksamt, sich beim Rat der Bürgermeister, bei der Senatsverwaltung für Bildung, der Senatsverwaltung für Finanzen und der Jugend und Wissenschaft für die Umsetzung des Beschlusses einzusetzen.
Der Beschluss des Landesjugendhilfeausschusses lautet:
„Der LJHA hat in einer Reihe von Beschlüssen darauf hingewiesen, dass die aktuelle Finanzierungs-Systematik im Bereich des §11 SGB VIII zu massiven Fehlentwicklungen führt. Dies betrifft insbesondere die Punkte „Preisverfall“, „Übertragungsdruck von öffentlichen auf freie Träger“ und „Validität der Mengenerfassung“ und führt im Ergebnis dazu, dass sich die bestehende Unterfinanzierung der Jugendarbeit im Land Berlin weiter verschärft. Belege dafür sind der Rückgang der Produktbudgets der bezirklichen Jugendförderung um 13 Mio. Euro seit 2011 und die Reduzierung der pädagogischen Fachkräfte vor Ort um 20% seit 2007. Mittelfristig geht es daher um die finanzielle Absicherung von strukturellen, fachlichen, personellen, quantitativen und sächlichen Standards der Jugendarbeit im Rahmen gesetzlicher Regelungen. Umgehend muss die bestehende Praxis soweit korrigiert werden, dass die gröbsten Fehlentwicklungen eingedämmt werden können. Vor diesem Hintergrund begrüßt es der LJHA, dass der Rat der Bürgermeister eine Arbeitsgruppe der Geschäftsstelle Produktkatalog damit beauftragt hat, Fehlentwicklungen in der bestehenden Systematik zu untersuchen und Vorschläge zur Handhabung während einer Übergangszeit zu entwickeln. Die bisher vorliegenden Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe bestätigen die Fehlentwicklungen und geben Anstöße zu weiteren Überlegungen. - So kann die angedachte Einführung eines „Plausibilitätskostensatzes“ die bisherige „Inflation der Angebotsstunden“ verhindern, da nur noch die Angebotsstunden in die Finanzierung einfließen, die bei Zugrundlegung des errechneten Kostensatzes innerhalb des Gesamtbudgets abgebildet werden können. - Die von der Arbeitsgruppe angeregte Anwendung der Kennzahl „Anzahl der bereitgestellten Angebotsstunden je gewichtetem Einwohner“ auf alle Bezirke, würde zu einer systematischeren Einbeziehung von Einwohner- und Sozialstrukturdaten führen. - Eine Mindestfinanzierung für kommunale Angebote, wenn sie sich am derzeitigen IST orientiert, könnte den weiteren Übertragungswettbewerb der Bezirke für einige Zeit aufhalten. Damit würden kurzfristige Budgetgewinne für einzelne Bezirke verhindert und der langfristige Abwärtstrend von Angebote und Ausgaben gestoppt. Übertragungen von Angeboten an freie Träger der Jugendhilfe müssen dabei weiter möglich sein, denn ausschlaggebend für die Frage der Trägerschaft soll die fachliche Beurteilung sein. - Die mit der „outputorientierten Steuerung“ begründete weitere Orientierung der Finanzierung an der rein quantitativen Größe der „Angebotsstunde“, berücksichtigt in keiner Weise sächliche, personelle und qualitative Mindeststandards, die für eine angemessene Versorgung der Kinder und Jugendlichen berlinweit erforderlich sind. - Die im Bericht vorgenommene Problematisierung des Umgangs mit ehrenamtlich erbrachten Leistungen bei der Mengenerfassung ist zu begrüßen. Die Frage, wie und in welchem Umfang diese Leistungen bei der Finanzierung berücksichtigt werden sollen, bedarf zuvor einer transparenten Definition dieser Leistungen, der genauen Abgrenzung und der Klärung der Frage, inwieweit die „KLR-Logik“ eine solche Einbeziehung überhaupt zulässt.
Für einen Übergangszeitraum sind die Ergebnisse der Arbeitsgruppe somit teilweise geeignet, die „Abwärtsspirale“ einzuschränken. Sie können aber in keiner Weise die Erarbeitung gesetzlicher Regelungen ersetzen, die, ausgehend von den Bedarfslagen der Kinder und Jugendlichen, die notwendigen Angebote vor Ort sicherstellen. Das SGB VIII weist dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe eine Gewährleistungspflicht hinsichtlich der Sicherstellung eines rechtzeitigen, ausreichenden und erforderlichen Angebots zu. Der LJHA fordert das Abgeordnetenhaus auf, durch eine Ergänzung des AGKJHG strukturelle, fachliche, personelle, sächliche und quantitative Standards für die Jugendarbeit festzulegen und die Finanzierung der Jugendarbeit entsprechend sicherzustellen.
Der LJHA stellt fest, dass das Land Berlin derzeit seiner gesetzlich vorgeschriebenen Gewährleistungspflicht im Bereich des §11 SGB VIII nicht nachkommt und die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Finanzierung der Jugendarbeit nicht eingehalten werden.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wird daher aufgefordert, bei der Aufstellung des Haushalts 2016/17 die notwendigen finanziellen Mittel zu berücksichtigen, die für die Sicherstellung entsprechender Angebote im Land Berlin erforderlich sind.
Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wird gebeten, dem LJHA, erstmals im Dezember, über das Ergebnis ihrer Bemühungen zu berichten.“
Der Bezirksverordnetenversammlung ist bis zu ihrer Sitzung im Dezember 2014 eine Mitteilung zur Kenntnisnahme vorzulegen.
Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:
Das Bezirksamt hat sich in vielfältiger Weise für eine bessere finanzielle Grundausstattung der Angebote der Jugendarbeit und für eine gerechtere Finanzierungsstruktur im Land Berlin und in den Bezirken eingesetzt und damit die Intentionen des o.g. Beschlusses unterstützt.
Die von der Geschäftsstelle Produktkatalog koordinierte Arbeitsgruppe hat in ihrem Abschlussbericht zur produktbezogenen Finanzierungssystematik der Allgemeinen Kinder- und Jugendförderung entsprechende Vorschläge (Anlage 1) gemacht, die der Rat der Bürgermeister im Dezember 2014 (Anlage 2) zur Kenntnis nahm. Teile dieser Vorschläge, wie z.B. die Einführung eines Plausibilitätskostensatzes und eine Veränderung im Bereich der Planmengen wurden durch die Senatsverwaltung für Finanzen ab 2015 auch für den Haushalt 2016/2017 angewendet. Insgesamt erhielten die Bezirke im Rahmen der Globalzuweisung 4,9 Mio Euro zusätzlich für die Jugendarbeit.
Weitergehende und konkretisierte Forderungen für eine erhöhte finanzielle Grundausstattung und für weitergehende Strukturveränderungen waren politisch bisher nicht umsetzbar.
In der Diskussion befindet sich seit geraumer Zeit, ob es ggf. auch eine gesetzliche Regelung in Form eines Jugendfördergesetzes bedarf. Im Rahmen der weiteren fachlichen und politischen Diskussionen wird sich das Bezirksamt - wie bisher - auf der Grundlage des o.g. LJA- Beschlusses aktiv für eine bessere und gesicherte finanzielle Ausstattung der Jugendarbeit einsetzen.
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