Drucksache - 0904/XIX  

 
 
Betreff: Öffentlich nutzbare WCs in Supermärkten
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Fraktion der SPDBezirksamt
Verfasser:Frau Dr. Klotz, SibyllSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
11.12.2013 
28. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksamt Erledigung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Erledigung
16.04.2014 
32. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Antrag
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen:

Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 11.12.2013 folgenden Beschluss:

 

„Die BVV empfiehlt dem Bezirksamt, sich bei den zuständigen Stellen des Landes für eine Änderung der Berliner Bauordnung dahin gehend einzusetzen, dass bei der Errichtung von Lebensmittel- Einzelhandelsbetrieben ab 500 qm vom Errichter obligatorisch öffentlich zugängliche und kostenlos nutzbare, barrierefreie Toilettenanlagen mit vorzusehen sind. Diese sollen nach dem Vorbild großer Fach- und Möbelmärkte dem Eingangsbereich zugeordnet werden. Ferner sollen für Senioren geeignete Sitzgelegenheiten im Eingangsbereich verpflichtend vorgesehen werden.“

 

 

Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:

 

Der Beschluss wurde dem Senator für Stadtentwicklung und Umwelt mit Schreiben vom 20.12.2013 übermittelt.

 

Mit Schreiben der Senatsbaudirektorin, Frau Lüscher, vom 23.1.2014 ging folgende Antwort ein:

 

„Sehr geehrte Frau Dr. Klotz,

 

für Ihr Schreiben bedanke ich mich. Mit Interesse habe ich den Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg vom 11. Dezember 2012, Drucks. Nr. 0947/XIX zur Kenntnis genommen.

Die Bauordnung für Berlin (BauO Bln) stellt keine Qualitätsanforderungen sondern Mindestanforderungen und fordert daher keine Toilettenräume für Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume eine Brutto-Grundfläche bis 800 m² haben. Eine Toilettenforderung wird für kleinere Verkaufsstätten als überzogen angesehen; kleinteiliger Einzelhandel sollte mit solchen Ausstattungen nicht belastet werden. Dies gilt auch für die geforderten Sitzgelegenheiten im Eingangsbereich.

An Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Brutto-Grundfläche von insgesamt mehr als 800 m² haben und die gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 4 BauO Bln Sonderbauten sind, können im Baugenehmigungsverfahren besondere Anforderungen gestellt werden. Daher können nach § 52 Abs. 1 Nr. 17 BauO Bln auch öffentlich nutzbare Toiletten gefordert werden. Dies geschieht für Verkaufsstätten im Größenbereich zwischen 801 m² und 2000 m² jedoch nur im Einzelfall, weil man von einer nur kurzfristigen Aufenthaltsdauer der Kunden ausgeht. Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft könnte man jedoch ermessenssteuernd durch Einführung einer Ausführungsvorschrift Einfluss nehmen, damit im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens regelmäßig Toiletten in Verkaufsstätten dieser Größenordnung eingefordert werden. Grundsätzlich können Sie als Baustadträtin bereits heute auf eine entsprechende bauaufsichtliche Entscheidungspraxis Einfluss nehmen.

Für Verkaufsstätten mit mehr als 2000 m² Brutto-Grundfläche der Verkaufsräume und Ladenstraßen (größere Verkaufsstätten) sind auf Grund der Ausführungsvorschriften zu § 52 der Bauordnung für Berlin (AV Mustervorschriften) im Baugenehmigungsverfahren die Anforderungen der Muster-Verkaufsstättenverordnung der Bauministerkonferenz heranzuziehen, die jedoch keine Regelung über Toiletten enthält. Eine Toilettenanforderung für den Neubau dieser größeren Verkaufsstätten könnte in Form einer Betriebsvorschrift in die Verordnung über den Betrieb von baulichen Anlagen (Betriebs-Verordnung – BetrVO) aufgenommen werden, auch wenn die Betreiber bereits heute schon aus Wettbewerbsgründen ein angemessenes Toilettenangebot für alle Kunden – und nicht nur für ältere Menschen – bereitstellen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass – soweit Kundentoiletten für Verkaufsstätten bauordnungsrechtlich gefordert oder vom Betreiber bereit gestellt werden – gemäß § 51 Abs. 3 Satz 9 BauO Bln mindestens ein Toilettenraum für Menschen mit Behinderungen geeignet sowie barrierefrei erreichbar und nutzbar sein muss.

Bauordnungsrechtliche Vorschriften, die der Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dienen, sind allerdings nicht geeignet, um Betreiber baulicher Anlagen zur Bereitstellung von für Senioren geeigneten Sitzgelegenheiten im Eingangsbereich von Verkaufsstätten zu verpflichten.

Mit freundlichen Grüßen

Regula Lüscher“

 

Die Ausführungen in Absatz 3, letzter Satz werden vom Bezirksamt als unverständlich bzw. unzutreffend angesehen. Die genannte Vorschrift lautet: „An Sonderbauten können im Einzelfall zur Verwirklichung der allgemeinen Anforderungen nach § 3 Abs. 1 [1] besondere Anforderungen gestellt werden.“ Dies stellt nach Überzeugung des Bezirksamtes keine hinreichende Rechtsgrundlage dar, um auf bezirklicher         Ebene ermessenssteuernde Regelungen zu dieser Thematik zu erlassen und anzuwenden. Das Bezirksamt teilt die in Abs. 3, Satz 4 des Schreibens dargelegte Auffassung, entsprechende Regelungen könnten durch Einführung einer Ausführungsvorschrift erlassen werden. Für den Erlass solcher Vorschriften ist gem. § 84 Abs. 7 BauO Bln SenStadtUm zuständig.

Auf Arbeitsebene wurde zu diesem Punkt erneut die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (SenStadtUm) angeschrieben. Am 13.3.2014 ging folgende Antwort ein, die die Fragestellung hinsichtlich vermeintlicher bezirklichen Kompetenzen jedoch nicht thematisiert:

„Das Thema wird derzeit auch von Abgeordneten der Koalitionsfraktionen des AbgH-Bauausschusses diskutiert. Sollten öffentlich nutzbare Toiletten bereits in Verkaufsstätten ab 800 m² gewünscht werden, würden wir (lediglich) die BetrVO um eine entsprechende Betriebsvorschrift ergänzen.“

 

Insofern bleibt das Bezirksamt bei der oben wiedergegeben Rechtsauffassung. Auf bezirklicher Ebene bestehen in diesem Zusammenhang keine eigenständigen
Handlungskompetenzen. Die weitere Entwicklung der Bauordnung für Berlin und der aufgrund der BauO Bln erlassenen Vorschriften (Rechtsverordnungen, Ausführungsvorschriften) bleibt abzuwarten

 

Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.

 


[1] „Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden.“

 
 

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