Drucksache - 0767/XIX  

 
 
Betreff: Einwohnerantrag gemäß § 44 Bezirksverwaltungsgesetz:
Erforderliche Maßnahmen des Bezirksamts zur Rettung der Kleingärten der Bahn-Landwirtschaft in der Säntisstraße 95-127, 12277 Berlin sowie Schutz der Anlieger in der Säntisstraße, Zehrensdorfer Straße, Richard-Tauber-Damm und Buckower Damm vor Lärmbeeinträchtigung
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksverordnetenvorsteherinBezirksamt
Verfasser:Frau Dr. Klotz, SibyllSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:Vorlage der BV-VorsteherinMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtentwicklung Entscheidung
04.09.2013 
20. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vertagt   
09.10.2013 
21. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung vertagt   
13.11.2013 
22. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
19.06.2013 
22. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksamt Entscheidung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
21.08.2013 
23. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin überwiesen   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage der Vorsteherin
Einwohnerantrag
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die Vorsteherin legt den in der Anlage beigefügten Einwohnerantrag gemäß

Die Bezirksverordnetenversammlung hat am 19.06.2013 das Bezirksamt mit Beschluss über den Einwohnerantrag dringend aufgefordert, folgende Maßnahmen zu ergreifen:

 

1. Beauftragung eines externen Gutachtens zur Grundstückshistorie und zur Rechtslage

2. Aufnahme von Verhandlungen mit den maßgeblichen Trägern öffentlicher Belange

3. Einleitung weiterer erforderlicher Maßnahmen und Verhandlungen mit dem Investor.

 

 

1.              Die planungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Beurteilung des Grundstücks Gemarkung Marienfelde, Flur 1 Flurstück 1164 (Koloniegelände) ist mehrfach und ausführlich durch das Bezirksamt, sowie die weiteren zuständigen Stellen erfolgt. Durchgehend lautete das Ergebnis: keine Eisenbahnbetriebsbefangenheit.

Da das Bezirksamt das vom „Grüner Säntispark e.V.“ in Auftrag gegebene Gutachten der Rechtsanwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. vom 22.5.2013 zur Grundlage genommen hat und dem zuständigen Eisenbahnbundesamt (EBA) als Fachbehörde, sowie der Landeseisenbahnverwaltung (SenStadt) zur Prüfung zugeleitet, hält es die Beauftragung eines externen Gutachtens zur Grundstückshistorie und zur Rechtslage betr. des Grundstücks nicht für erforderlich.

Mit Antwort vom 2.7.2013 durch das EBA, sowie vom 18.6.2013 durch SenStadt wurde die bisherige Einschätzung des Bezirksamts bestätigt. Beide Behörden erklären eindeutig, dass das Gutachten nicht geeignet sei, die bisherigen Erkenntnisse und Prüfergebnisse zu revidieren. Insbesondere steht nach wie vor fest, dass es sich bei dem Flurstück nicht um ein planfestgestelltes Gebiet handelt. Das Grundstück unterliegt vielmehr der gemeindlichen Planungshoheit im Rahmen der geltenden Vorschriften, hier des Baunutzungsplans.

Damit hat das Bezirksamt seinen Pflichten zur Ermittlung eines Sachverhalts vollständig Genüge getan. Die historischen und planungsrechtlichen sowie bauordnungsrechtlichen Erkenntnisse sind umfassend und haben von jeher Eingang in die Entscheidungen des Bezirks gefunden. Dokumentiert ist dies in der Mitteilung zur Kenntnisnahme zu den Drucksachen 1326/XVIII und 0421/XIX. Darin enthalten ist auch die ausführliche historische Recherche der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 4.6.2012, die zu dem Ergebnis kommt, dass es sich niemals um planfestgestelltes Bahngelände gehandelt hat. Ein Gutachten mag zu einer anderen Einschätzung kommen – der Bezirk kann sich jedoch nicht über die durch die zuständigen Behörden vermittelte und auch die durch den Baunutzungsplan vorgegebene Rechtslage hinwegsetzen.

Die planungsrechtliche Beurteilung hat bereits Eingang in verschiedene Vorbescheide gefunden. Damit geht eine rechtliche Bindung der Verwaltung einher.

Ergänzend ist lediglich mitzuteilen, dass das durch den eingetragenen Verein Grüner Säntispark eingereichte Gutachten weder die genannten Senatsverwaltungen noch den Bezirk veranlassen konnten, die dargestellten übereinstimmenden Einschätzungen zu revidieren.

Da somit keine rechtlichen Möglichkeiten bestehen, den Erhalt der Kleingartenanlage seitens des Bezirks zu sichern, stellen sich Fragen zu Entschädigungs- und Schadensersatzansprüchen nicht.

 

 

2.     Sowohl die Antwort des EBA vom 2.7.2013 als auch von SenStadt vom 18.6.2013 bekräftigen ihre bisherige Position und sehen in dem Gutachten keine zweckdienlichen neuen Erkenntnisse. Beide Behörden haben die Einschätzung bestätigt, dass es sich bei dem Koloniegelände nicht um planfestgestelltes Eisenbahngelände handelt, welches der gemeindlichen Planungshoheit entzogen wäre.

Dem entspricht auch der Baunutzungsplan, bei dem es sich immerhin um eine Rechtsnorm handelt, die das Bezirksamt bei der Beurteilung von Baugesuchen im Baugenehmigungsverfahren zu Grunde zu legen hat.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung hat am 29.7.2013 mitgeteilt, dass aus wirtschaftspolitischer Sicht jede Aufgabe gewerblicher Bauflächen zu bedauern wäre und es ansonsten erforderlich wäre, den Flächennutzungsplan und das Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich zu ändern. Dies ist nicht im Sinne der hier zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Betreffend die Forderung zur Dresdner Bahn hat sich das Bezirksamt mit der Deutschen Bahn AG in Verbindung gesetzt, um Erkenntnisse über Auswirkungen des Ausbaus der Dresdner Bahn auf das Koloniegelände zu gewinnen. Da die Deutsche Bahn AG den Bezirk nichr regelmäßig über diese überörtlichen Planungen informiert, ist ein entsprechendes Schreiben veranlasst worden. Ob sich aus der Antwort ein weiteres Verwaltungsverfahren ergibt, ist nicht abzusehen. Über die Antwort wird berichtet werden.

Aus den insgesamt eingegangenen Antworten ist zu erkennen, dass keinerlei Verhandlungsbereitschaft mit dem Ziel einer anderen Bewertung besteht. Das Bezirksamt sieht daher keine Notwendigkeit für die Aufnahme weiterer Gespräche.


 

3.     Im Rahmen seiner Amtsermittlung hat der Bezirk mehrfach mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Kontakt über eine mögliche Änderung des Flächennutzungsplans bzw. des Entwicklungskonzepts für den produktionsgeprägten Bereich gehabt (Februar 2012, Dezember 2012, Februar 2013). Zusätzlich wurde die Senatsverwaltung mit Datum vom 17.12.2012 erneut angeschrieben und bezüglich einer Änderung des FNP befragt. Mit Schreiben vom 8.1.2013 erfolgte die abschlägige Antwort, wonach aus stadtentwicklungsplanerischen Gründen keine Möglichkeit einer FNP-Änderung von gewerblicher Baufläche in Grünfläche/Kleingärten gesehen wurde. Es wird auf den StEP Industrie und Gewerbe (2011) hingewiesen, wonach diese Fläche von ca. 10 ha als gewerbliche Potentialfläche (Entwicklungsgebiet für den produktionsgeprägten Bereich, EpB) innerhalb eines großflächigen, zusammenhängenden Gewerbebandes entlang der Dresdner Bahn eingeordnet wird. So wurde es auch in der Beantwortung der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Antje Kapek am 21.3.2013 im Abgeordnetenhaus durch den Senat formuliert: „Die Stärkung Berlins als Wirtschaftsstandort und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind wichtige wirtschafts- und stadtentwicklungspolitische Ziele des Berliner Senats. Deshalb hat der Berliner Senat im Jahr 2011 den Stadtentwicklungsplan (StEP) Industrie und Gewerbe beschlossen, in dem u. a. die Flächen der in Rede stehenden Kleingartenkolonie „Eisenbahn Landwirtschaft Säntisstraße“ als gewerbliches Entwicklungspotenzial mit einer vorrangigen Inanspruchnahme enthalten sind. Dies wurde bei der Erarbeitung des StEP Industrie und Gewerbe auch vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg unterstützt.“

Es ist auch auf den Umstand zu verweisen, dass die genannten Planungen aus jüngerer Zeit datieren und unter der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung (aller) Bezirke zustande gekommen sind und diese somit als die aktuell gültigen Plangrundlagen anzusehen sind. Es wird ergänzend auf die Antwort des Senats zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Magalski (PIRATEN) vom 20.3.2013 (Drcks. 17/11 795) verwiesen, aus der sich die Rechtsposition des Senats eindeutig ergibt.

Auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung wurde angeschrieben und antwortete sinngemäß, dass der Erhalt von Gewerbeflächen wichtig sei.

Aus den vorstehenden Begründungen ergibt sich, dass eine Bebauungsplanaufstellung nicht in Betracht kommt. Einer solchen Aufstellung steht bereits § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB entgegen, wonach die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln sind.

 

Die Frage nach Erlass einer Veränderungssperre stellt sich folgerichtig nicht mehr.

 

Da sich das Bezirksamt mit der Aufstellung eines B-Plans zur Festsetzung einer Grünfläche wissentlich gegen den Flächennutzungsplan stellen würde, was
rechtswidrig wäre, unterlässt das Bezirksamt dies.

 

Lärm- und Verkehrsgutachten zu dem geplanten Bauvorhaben auf dem Koloniegelände sind vom Investor veranlasst worden und auf der Internetseite des Stadtentwicklungsamtes einsehbar.

 

Für Anfang August hatte das Bezirksamt zu einem Gespräch zwischen VertreterInnen des Bezirksamts, dem Investor, der Eisenbahner-Landwirtschaft und dem Kleingartenverein unter Beteiligung von VertreterInnen der „Südallianz“ eingeladen. In

kleinerer Runde (Bezirksamt, Eisenbahner-Landwirtschaft, Kleingartenverein, Investor, Anwohnervertreter) zeichnete sich ein möglicher Kompromiss ab, bei dem der Investor auf die Realisierung eines Logistikzentrums auf dem gesamten Koloniegelände verzichten würde. Stattdessen wurde der Erhalt von Kleingärten auf einer Teilfläche, sowie die Ansiedlung von nicht störendem Gewerbe auf einer weiteren Teilfläche in Aussicht gestellt.

 

 
 

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