Drucksache - 0053/XIX  

 
 
Betreff: Wartelisten in Kindertagesstätten – Mythos oder Realität?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Fraktion der CDUBezirksamt
Verfasser:Herr Schworck, OliverSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Entscheidung
15.08.2012 
7. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses 4. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Frauen und Queer mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
18.01.2012 
4. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Jugendhilfeausschuss Beratung
27.02.2013 
16. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses vertagt   
24.04.2013 
18. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses vertagt   
22.05.2013 
19. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   
Ausschuss für Frauen-, Queer- und Inklusionspolitik Beratung
Bezirksamt Beantwortung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
20.03.2013 
18. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin überwiesen   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen:

Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 18.01.2012 folgenden Beschluss:

 

„Das Bezirksamt wird ersucht, bei allen Kindertagesstätten in unserem Bezirk abzufragen

-          ob diese mit Stand vom 31.01.2012 Wartelisten führen

-          wie viele Kinder sich auf diesen Wartelisten befinden

-          welche Altersgruppen am häufigsten in der Warteliste geführt wird

-          nach welchen (kita-internen) Kriterien diese Wartelisten in der jeweiligen Einrichtung „abgearbeitet“ wird

 

und der BVV bis zum 31. März 2012 die Auswertung der Abfrage zur Kenntnis zu geben.“

 

Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:

 

Das Jugendamt hat 2012 alle Kindertagesstätten im Bezirk angeschrieben und dabei die von der BVV vorgegebenen Fragen gestellt.

 

Von 213 Kindertagesstätten im Bezirk haben 145 Kitas geantwortet, das entspricht einer Rücklaufquote von ca. 68 %.

 

Entsprechend der Anfrage der BVV ist der Anteil der Einrichtungen, die eine Warteliste führen, ebenfalls regional aufgeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei ausschließlich um die Anzahl der Einrichtungen handelt. Auf dieser Grundlage können zwar bedingt Aussagen erfolgen, dennoch sollten keine zu weitreichenden Interpretationen erfolgen.

 

Region

Anzahl

Kitas

Anzahl

Rückmeldung

Anteil der rückmeldenden Kitas in %

Grafik 1

Anteil der Einrichtungen

mit Warteliste in %

Grafik 2

SchN

30

28

93,3

67,9%

SchS

46

30

65,2

76,7%

Fried

44

29

65,9

79,3%

Temp

38

23

60,5

91,3%

Mardf

18

10

55,6

90,0%

Mfld

16

9

56,3

100,0%

Lira

21

16

76,2

100,0%

Bezirk

213

145

68,1

86,5%

 

Gesamtbezirk

Von 145 antwortenden Kitas führen 119 eine Warteliste, weil diese für den Träger planerisch und zur Platzvergabe organisatorisch notwendig ist. 22 Kitas geben an, überhaupt keine Warteliste zu führen. Gründe dafür werden nicht genannt.

 

 

Die Kriterien, nach denen die Wartelisten abgearbeitet werden, sind weitgehend übereinstimmend. Nachfolgend die meistgenannten Merkmale, sortiert nach Anzahl der Nennungen:

 

  • Geschlecht des Kindes
  • Alter des Kindes
  • Werden Geschwisterkinder bereits in der Kita betreut
  • Zeitpunkt der Anmeldung
  • Betreuungsbeginn
  • Betreuungsumfang
  • Zuschlagsberechtigung ndH
  • Betreuung wird vom Jugendamt erbeten

 

Stand: 31.12.11

 

In der oberen Grafik wird als bezirkliche Übersicht dargestellt, wie viele Kinder unter 3 Jahren auf Wartelisten geführt werden – im Vergleich zu den tatsächlich im Bezirk lebenden Kindern der Altersgruppe, die nicht in einer Kindertageseinrichtung oder in einer Tagespflege betreut werden. In dieser Gruppe sind auch die Kinder unter 1 Jahr erfasst, deren Eltern ggf. in Elternzeit sind und keinen Anspruch auf Betreuung haben.

 

Die Zahl dieser Kinder wurde rechnerisch ermittelt – die Gründe der Nicht-Inanspruchnahme oder Nicht-Antragsstellung sind vielfältig (Elternzeit, kein Betreuungsbedarf, kein Betreuungswunsch u.v.m.)   

 

Abb.: Regionaler Vergleich: Kinder auf Wartelisten  Kinder „ohne Betreuung“, Freie Plätze

(Stand: 31.12.11)

 

 

Auf der Basis dieser Zahlen – auch wenn sie inzwischen vor längerer Zeit angefragt wurden – können verschiedene Grundaussagen und Feststellungen getroffen werden, die im Kern aktuell geblieben sind. Exemplarisch soll dies am Beispiel der Region Schöneberg Nord erläutert werden, da hier mit 93,3 % die größte Rücklaufquote zu verzeichnen ist. In den Wartelisten wurden über 1.055 Kinder geführt, zum gleichen Zeitpunkt gab es in der Region aber lediglich 714 Kinder dieser Altersgruppe, die nicht einem Angebot der Tagesbetreuung zugeordnet werden können. Daraus ist deutlich erkennbar, dass die Addition der Zahlen der auf einer Warteliste geführten Kinder in den einzelnen Kitas nicht unmittelbar den tatsächlichen Bedarf an Betreuungsplätzen widerspiegelt.

 

Der Begriff der „Vormerkliste“ trifft daher eher den Charakter dieser Listen.

 

Es handelt sich dabei um das Auswahlverhalten von Eltern, die sich nachvollziehbar verschiedene Betreuungsoptionen sichern wollen. Möglich und wahrscheinlich ist auch, dass bestimmte Profile von Kitas besonders nachgefragt sind und Eltern sich vorsorglich (als Ersatz) bei weiteren Kitas vormerken lassen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass zwar die wohnortnahe Versorgung mit einem Kitaplatz bei den meisten Eltern klare Priorität hat, aber dass der Eintrag auf einer Warteliste und natürlich auch die Belegung von Plätzen in der Tagesbetreuung nicht an Regionen- oder Bezirksgrenzen gekoppelt sind. Von daher ist auch eine ausschließlich regionale Betrachtungsweise der Wartelisten und des Platzangebotes nicht ausreichend.

 

Diese mehrfach geführten Kinder auf den Wartelisten bedeuten auch für die Träger einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Es gibt inzwischen zunehmend Berichte von Einrichtungen, deren Listen „geschlossen“ wurden und keine weiteren Kinder vorgemerkt werden. Auch die anhaltende politische Diskussion über fehlende Betreuungsplätze führt dazu, dass verunsicherte Eltern bereits in der Schwangerschaft nach einem Platz suchen. Sie lassen sich daher vorsorglich auf verschiedenen Listen vormerken, auch wenn es noch nicht endgültig klar ist, ab wann und in welchem Umfang sie tatsächlich eine Betreuung benötigen bzw. einen Anspruch darauf haben. Dies führt insgesamt dazu, dass die derzeitigen von den Trägern angegebenen Zahlen auf den internen Wartelisten (Vormerklisten) im erheblichen Umfang Mehrfachnennungen enthalten können, ohne dass ein Abgleich zwischen den Trägern untereinander oder mit dem Jugendamt erfolgt. Er erhält in der Regel auch keine Rückmeldung, ob ein Kitagutschein inzwischen beantragt oder woanders „eingelöst“ wurde.

 

Notwendig war es daher, dass ein berlinweites IT-gestütztes Verfahren entwickelt wird, das Eltern und Träger möglichst frühzeitig vor dem benötigten Betreuungsbeginn in die Lage versetzt, sicher über eine Betreuung für Kinder verfügen zu können. Dazu gehört idealtypisch auch, dass sobald die Betreuung eines Kindes in einer Einrichtung feststeht, dieses Kind dann auch automatisch von allen Wartelisten anderer Kitas gestrichen wird. Nur so erhält die aufnehmende Kita Vertrags- und Finanzierungssicherheit und andere Kitas müssen nicht mehr bei Eltern nachfragen, ob der Betreuungswunsch überhaupt noch besteht. Es gab viele Schreiben von Kitas, die sich im Zusammenhang mit der Abfrage über den immensen organisatorischen Aufwand beklagt haben, der durch das Belegungsverfahren entsteht.

 

Der Rat der Bürgermeister hat in 2011 den Auftrag erteilt, die Umsetzung eines „Wartelistenmanagement“ für ganz Berlin zu prüfen. Da es sich um eine gesamtstädtische Aufgabe handelt, wurde auf Senatsebene unter Einbeziehung der Bezirke erarbeitet, ob und wie eine solche Datenbank installiert werden kann und welche rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssten. Diese Planung liegt inzwischen ausgearbeitet vor und soll durch zusätzliche Module in ISBJ Kita in verschiedenen Stufen im Laufe der Jahre 2013/2014 umgesetzt werden. Die Zeitpunkte der endgültigen Fertigstellung der einzelnen Module stehen noch nicht fest.  Beabsichtigt ist, die Kosten dafür auf die Bezirke umzulegen.

 

 

 
 

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