Die Konferenz von Evian 1938 - Lesung und Gespräch mit Dr. Gideon Botsch und Hartwig Riemann

Pressemitteilung Nr. 277 vom 14.06.2018

  • Dienstag, 3. Juli 2018, 19:00 Uhr
  • Rathaus Schöneberg, Goldener Saal

Auf Anregung des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt fand vom 6. bis zum 15. Juli 1938 im französischen Badeort Évian am Genfer See eine Konferenz statt. Delegierte aus 32 europäischen und außereuropäischen Staaten und von verschiedenen, meist jüdischen Hilfsorganisationen berieten die Möglichkeiten der Aufnahme jüdischer Flüchtlinge. Anlass war die nationalsozialistische Verfolgung in Deutschland und Österreich, die immer mehr jüdischen Menschen in ihrer Heimat die Lebensperspektive nahm und sie ins Ausland trieb.

Die Konferenz endete ohne nennenswertes Ergebnis, da trotz der dramatischen Verfolgungssituation letztlich kaum ein Land dazu bereit war, jüdischen Exilanten, über die üblichen Kontingente hinaus, Asyl zu gewähren. Angesichts der hohen Zahl wurden die jüdischen Auswanderungswilligen vor allem als „Problem“ erachtet. Zudem stand die Konferenz noch unter dem Zeichen der Appeasement-Politik gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland. Der Ausgang der Konferenz kann als moralisches Versagen der beteiligten Staaten betrachtet werden.

Als Völkerbundkorrespondent des deutschsprachigen Prager Tageblatts nahm der Schriftsteller und Publizist Hans Habe (1911−1977) neben 200 anderen Berichterstattern an der Konferenz teil. 1965 veröffentlichte er darüber seinen Roman „Die Mission“.

Aus Anlass des 80. Jahrestages der Évian-Konferenz liest Hartwig Riemann Auszüge aus Hans Habes Buch. Der Historiker und Antisemitismusforscher Dr. Gideon Botsch vom Moses-Mendelssohn-Zentrum der Universität Potsdam kommentiert und erläutert die Darstellung.

Hans Habe stammte aus einer jüdischen Familie ungarischer Herkunft. Er wuchs in Wien auf und arbeitete ab den 1930er Jahren als Journalist bei verschiedenen Zeitungen. Nachdem er 1938 als Korrespondent des Völkerbundes für des Prager Tagblatt an der Konferenz in Évian teilgenommen hatte, wurde er als einer der ersten nach dem „Anschluss Österreichs“ ausgebürgert und seine Bücher verboten. Er ging mit seiner Frau ins Exil nach Frankreich, meldete sich freiwillig zum Kampf gegen die Deutschen, wurde gefangen genommen, konnte fliehen und gelang schließlich über Spanien nach Portugal, von wo aus er 1940 in die USA emigrierte. 1942 meldete er sich freiwillig zur US-Army, wurde Mitglied des militärischen Geheimdienstes und in psychologischer Kriegsführung ausgebildet.
Als Leiter einer Abteilung der Stabsgruppe Propaganda bekam er die Aufgabe, mit weiteren illustren Mitstreitern wie Stefan Heym und Klaus Mann, deutsche Zeitungen herauszugeben. In dieser Funktion gründete Hans Habe bis zum November 1945 in der amerikanischen Beatzungszone 16 deutsch-sprachige Zeitungen. Später war er weiter als Schriftsteller und Journalist tätig und lebte in Deutschland, Österreich und zeitweise den USA. Insgesamt war er sechsmal verheiratet.

Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung statt und wird realisiert aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.

Kontakt:
“WIR WAREN NACHBARN“
Regina Szepansky
Tel.: (030) 90277-2838
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