Drucksache - 2319/V  

 
 
Betreff: Theodor Moldaenke, Erna Scheffler und Kurt Huldschinsky ehren
Status:öffentlichAktenzeichen:1390/V
 Ursprungaktuell
Initiator:GRÜNE- und CDU-FraktionGRÜNE-, CDU-, SPD- und FDP-Fraktion
Verfasser:1. Steinhoff/Wojahn
2. Berger, Hippe, Dr. Escher
3. Buchta, Specht-Habbel
 
Drucksache-Art:AntragBeschluss
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Vorberatung
16.06.2021 
49. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf - Videokonferenz überwiesen   
Ausschuss für Bildung und Kultur Empfehlung
11.08.2021 
37. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur - Präsenzsitzung mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Ausschuss für Haushalt, Personal und Verwaltungsmodernisierung Empfehlung
12.08.2021 
56. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Haushalt, Personal und Verwaltungsmodernisierung - Videokonferenz ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Entscheidung
25.08.2021 
50. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf - Videokonferenz ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
BE HHPV vom 12.08.2021
Beschluss vom 25.08.2021

Die BVV möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird ersucht, folgende Orte am Hindenburgdamm zu benennen: Der baumbestandene Platz an der Einmündung der Neuchateller Straße wird nach dem „Gerechten unter den Völkern“ Hans Söhnker benannt. Der Dorfanger mit der Pauluskirche wird nach der ersten Bundesverfassungsrichterin Dr. Erna Scheffler benannt. Sie überwand alle Frauen benachteiligenden Hindernisse auf dem Weg zur Richterin, nur um ab 1933 wegen der verbrecherischen nationalsozialistischen Rassen-Ideologie mit Berufsverbot belegt zu werden. Sie wirkte im Bundesverfassungsgericht an der Stärkung des Grundgesetzes mit. Sie setzte durch, dass der Satz im Grundgesetz, „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“, u.a. gegenüber Frauen benachteiligenden Paragrafen im BGB Vorrang bekam. Der Vorplatz des Benjamin-Franklin-Krankenhauses wird nach dem Kinderarzt Prof. Dr. Kurt Huldschinsky benannt. Zuvor vielfach geehrt, wurde er ab 1933 wegen der verbrecherischen nationalsozialistischen Rassen-Ideologie mit Berufsverbot belegt.

 

Begründung:

 

Anhand der Lebenswege der durch die Platzbenennungen zu Ehrenden soll etwa unter Anwohnenden und in den Schulen der Umgebung eine Auseinandersetzung mit der Politik zu Beginn des Nationalsozialismus, mit Antisemitismus und Rassismus, mit der Benachteiligung von Frauen und mit der Bedeutung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland angeregt werden. Während der Zeit des Dritten Reiches verbarg Hans Söhnker in Kooperation mit anderen Filmleuten immer wieder Juden vor den Nationalsozialisten, wodurch er selbst mehrfach auf die schwarze Liste der Gestapo geriet. 2018 wurde ihm dafür postum die Auszeichnung ‚Gerechter unter den Völkern‘ zuteil. Siehe auch Beschluss DRS 1205/V. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Söhnker zu den Schauspielern der ersten Stunde, die mit Boleslaw Barlog das Theaterleben in Berlin am Schlossparktheater in der Nähe zum zu benennenden Platz wieder aufnahmen. Weitere Informationen: Hans Söhnker – Wikipedia.

Erna Haßlacher, geb. Friedenthal, später Scheffler (* 21. September 1893 in Breslau; † 22. Mai 1983 in London) war eine deutsche Juristin und Richterin des Bundesverfassungsgerichts. Im Dezember 1914 schloss sie ihr Studium mit der Promotion in Breslau ab. Ab 1921 durften auch Frauen Staatsexamina ablegen. 1922 legte sie das Erste und 1925 das Zweite Staatsexamen ab. Von Ende 1925 bis Juli 1928 war sie Rechtsanwältin an den Landgerichten I bis III in Berlin und am Amtsgericht Berlin-Mitte. Danach war sie Gerichtsassessorin in Berlin, seit Februar 1930 ständige Hilfsarbeiterin und seit 1932 Amtsgerichtsrätin am Amtsgericht Berlin-Mitte. Im April 1933 wurde sie zwangsweise beurlaubt und im Juli zunächst als „Arierin“ anerkannt und konnte im Amt bleiben. Im November 1933 wurde sie allerdings rückwirkend zum 1. März 1933 mit Berufsverbot belegt, da sich zwischenzeitlich ihre jüdische Herkunft herausgestellt hatte. Sie erhielt nur ein geringes Ruhegehalt. Die zweite Eheschließung mit Kammergerichtsrat Georg Scheffler wurde im Mai 1934 untersagt, da sie „Halbjüdin“ sei. Ende Mai 1945 kehrte sie zuerst als Landesgerichtsrätin und später als Landgerichtsdirektorin beim Landgericht Berlin in den Justizdienst zurück. Nach der Währungsreform 1948 wurde sie in Düsseldorf Verwaltungsgerichtsrätin und dann Verwaltungsgerichtsdirektorin am Verwaltungsgericht Düsseldorf. Auf dem Deutschen Juristentag 1950 hielt sie ein Referat zum Thema Gleichstellung von Mann und Frau und empfahl sich damit als Bundesverfassungsrichterin. Im September 1951 wurde sie als einzige Frau an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe berufen und war dort bis 1963 Richterin. Danach war sie unter anderem als Sachverständige vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages und bei tarifrechtlichen Auseinandersetzungen tätig. Scheffler war Mitglied des Deutschen Juristinnenbundes und Gründerin des Soroptimist International Clubs Karlsruhe, der alle zwei Jahre den Erna-Scheffler-Preis für junge Wissenschaftlerinnen vergibt. Sie starb 1983 in London. https://de.wikipedia.org/wiki/Erna_Scheffler https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/verfassungsrichterin-erna-scheffler-maenner-und-frauen-sind-gleichberechtigt/24184136-2.html

Kurt Huldschinsky (* 1883 in Gleiwitz; † 15. Dezember 1940 in Alexandria) war ein deutscher Kinderarzt in Berlin. Er entdeckte im Winter 1918/1919 die erste wirksame Behandlungsmöglichkeit von Rachitis durch Ultraviolettstrahlung. Als Flüchtling emigrierte er 1934 nach Ägypten. Zur damaligen Zeit litten etwa die Hälfte aller Kinder in Deutschland an Rachitis. Calciummangel als Ursache war bereits bekannt. Behandlungsversuche mit hochdosiertem Calcium oder mit Lebertran wurden gemacht. Huldschinsky fiel die blasse Haut seiner Patienten auf und er behandelte drei von ihnen zusätzlich zu den Calciumgaben versuchsweise mit dem Licht von Quecksilber-Quarzlampen („Höhensonne“). Der Erfolg der täglichen Behandlung stellte sich nach wenigen Monaten ein. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift richtete die AOK landesweit „Lichtbadeanstalten“ ein, Huldschinsky wurde für den Nobelpreis vorgeschlagen. Seit 1928 werden als Rachitis-Prophylaxe Vitamin-D-Präparate verabreicht. Da Huldschinsky Jude war, wurde seine Berufsausübung massiv eingeschränkt. Er musste 1934 aus Deutschland fliehen; seine Mitgliedschaften in ärztlichen Vereinen wurden aufgekündigt. Nachforschungen zufolge, die der Kinderarzt Thomas Lennert anstellte, war Huldschinsky nach Ägypten emigriert, hatte noch einige Artikel in britischen Zeitschriften veröffentlicht und starb am 15. Dezember 1940 in Alexandria. Sein Grab ist nicht bekannt. https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Huldschinsky

 

 

Der Antrag wurde am 11.08.2021 in der 37. Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur beraten und wie folgt geändert:

 

Die BVV möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird ersucht, folgende Orte am Hindenburgdamm zu benennen: Der baumbestandene Platz an der Einmündung der Neuchateller Straße wird nach dem Theologen Theodor Moldaencke von der Bekennenden Kirche benannt. Der Dorfanger mit der Pauluskirche wird nach der ersten Bundesverfassungsrichterin Dr. Erna Scheffler benannt. Sie überwand alle Frauen benachteiligenden Hindernisse auf dem Weg zur Richterin, nur um ab 1933 wegen der verbrecherischen nationalsozialistischen Rassen-Ideologie mit Berufsverbot belegt zu werden. Sie wirkte im Bundesverfassungsgericht an der Stärkung des Grundgesetzes mit. Sie setzte durch, dass der Satz im Grundgesetz, „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“, u.a. gegenüber Frauen benachteiligenden Paragrafen im BGB Vorrang bekam. Der Vorplatz des Benjamin-Franklin-Krankenhauses wird nach dem Kinderarzt Prof. Dr. Kurt Huldschinsky benannt. Zuvor vielfach geehrt, wurde er ab 1933 wegen der verbrecherischen nationalsozialistischen Rassen-Ideologie mit Berufsverbot belegt.

 

Begründung:

Unverändert.

 

Der Betreff wurde geändert von Hans Söhnker, Erna Scheffler und Kurt Huldschinsky ehren“ in „Theodor Moldaenke, Erna Scheffler und Kurt Huldschinsky ehren.

 

Die SPD-Fraktion ist dem Antrag in der geänderten Fassung beigetreten.

 

Der Antrag in der geänderten Fassung wurde mit 13 Ja-Stimmen einstimmig beschlossen.

 

Dem federführenden Ausschuss wird die Annahme des Antrags in der geänderten Fassung empfohlen.

 

 

Specht-Habbel

Ausschussvorsitzende

 

 

Der Antrag wurde am 12.08.2021 in der 56. Sitzung des Ausschusses für Haushalt, Personal und Verwaltungsmodernisierung beraten und die geänderte Fassung vom 11.08.2021 mit 14 Ja-Stimmen einstimmig beschlossen.

 

Der Bezirksverordnetenversammlung wird die Annahme des Antrags in der geänderten Fassung empfohlen.

 

 

Buchta

Ausschussvorsitzender

 

 

In der 108. Sitzung des Ältestenrats am 24.08.2021 ist die FDP-Fraktion dem Antrag beigetreten.

 

 

gner-Francke

Bezirksverordnetenvorsteher

 

 

Die BVV hat in ihrer 50. Sitzung am 25.08.2021 beschlossen:   

 

Das Bezirksamt wird ersucht, folgende Orte am Hindenburgdamm zu benennen: Der baumbestandene Platz an der Einmündung der Neuchateller Straße wird nach dem Theologen Theodor Moldaencke von der Bekennenden Kirche benannt. Der Dorfanger mit der Pauluskirche wird nach der ersten Bundesverfassungsrichterin Dr. Erna Scheffler benannt. Sie überwand alle Frauen benachteiligenden Hindernisse auf dem Weg zur Richterin, nur um ab 1933 wegen der verbrecherischen nationalsozialistischen Rassen-Ideologie mit Berufsverbot belegt zu werden. Sie wirkte im Bundesverfassungsgericht an der Stärkung des Grundgesetzes mit. Sie setzte durch, dass der Satz im Grundgesetz, „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“, u.a. gegenüber Frauen benachteiligenden Paragrafen im BGB Vorrang bekam. Der Vorplatz des Benjamin-Franklin-Krankenhauses wird nach dem Kinderarzt Prof. Dr. Kurt Huldschinsky benannt. Zuvor vielfach geehrt, wurde er ab 1933 wegen der verbrecherischen nationalsozialistischen Rassen-Ideologie mit Berufsverbot belegt.

 

 

gner-Francke

Bezirksverordnetenvorsteher

 
 

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