Drucksache - 0039/V  

 
 
Betreff: Qualitätsanspruch und Qualitätssicherung - Anspruch an eine professionelle Servicekultur im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:VorsteherVorsteher
Verfasser:Rögner-Francke 
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Vorberatung
14.12.2016 
3. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage zur Kenntnisnahme vom 29.11.2016

 

r die Große Anfrage „Qualitätsanspruch und Qualitätssicherung - Anspruch an eine professionelle Servicekultur im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf (Drs. 0011/V) der FPD-Fraktion wurde in der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung am 09.11.2016 entsprechend § 23 (1) GO BVV die schriftliche Beantwortung beantragt.

 

Die schriftliche Beantwortung des Bezirksamtes gebe ich nachstehend zur Kenntnis:

 

 

Sehr geehrter Herr gner-Francke,

 

die oben genannte Große Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

 

Im Vorfeld der Beantwortung der Großen Anfrage bitte ich um Verständnis, dass die Fragen 1, 2 und 4 nur eingeschränkt beantwortet werden können, da diese Fragen sehr allgemein das gesamte Bezirksamt betreffen und sehr kleinteilig auf die Fachbereiche runtergebrochen wurden.

 

Dabei wurden allgemeingültige Begrifflichkeiten wie Kundenorientierung, allgemeine Personalsituation, durchschnittlicher Krankenstand, Personalausstattung und Arbeitsbelastung  sowie Servicekultur benutzt, die für eine zweckdienliche Beantwortung näher definiert werden müssen.

 

Dies zeigen auch die inhaltlich sehr unterschiedlichen Stellungnahmen aus den einzelnen Abteilungen, die eingereicht.

 

Darüber hinaus ist eine Kundenorientierung über verschiedene Kanäle wie Internet, Social Media Angebote, Printmedien, Öffnungszeiten, Pressemitteilungen, Besuche vor Ort usw. möglich.

 

1)      Wie schätzt das Bezirksamt die Kundenorientierung der einzelnen Fachbereiche ein? (mit der Bitte um Antwort nach Zuständigkeiten des Bezirksamtes)

 

Die unterschiedlich zu interpretierende Kundenorientierung wird von allen Bereichen der Bezirksverwaltung als zentraler Mittelpunkt ihrer Aufgabenerledigung angesehen. Insgesamt hat der Bezirk eine funktionierende Kundenorientierung sowie Kundenausrichtung, die verschiedene Informationsplattformen bis hin zum persönlichen Gespräch nutzt.

 

Bei den Besetzungsverfahren von Stellen, bei denen es auf Kundenorientierung ankommt, wird diese Kompetenz durch entsprechende Fragen bzw. Aufgaben im Auswahlgespräch regelmäßig abgefragt.

 

Natürlich setzen jedoch die zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen der verschiedenen Bereiche einer intensiven Kundenorientierung bestimmte Grenzen, auf die im weiteren Text noch ausführlich eingegangen wird.

 

Im Amt für Bürgerdienste ist Kundenorientierung bereits ein wesentliches Ziel der Ausbildung und dass im Amt für Weiterbildung und Kultur die Kundenorientierung ein zentraler Mittelpunkt bei der Erstellung des Programms sowie der Bildungsangebote darstellt, versteht sich von selber.

 

Diese Programm- und Bildungsangebote werden den Kundinnen und Kunden differenziert und umfassend zur Verfügung gestellt sowohl über traditionelle Medien, wie beispielsweise einem Programmheft, einem Info-Telefon aber auch über moderne Medien bzw. dem Internet.

 

Darüber hinaus bieten die Bibliotheken des Bezirks kundenfreundliche Öffnungszeiten, auch am Samstag, an und die Möglichkeit, Medien auch außerhalb der Öffnungszeiten über die Außenrückgabe zurück zu geben. Auch die Öffnungszeiten in der Galerie Schwartzsche Villa und im Boulevard Berlin geben Berufstätigen die Möglichkeit, die Ausstellungen zu besuchen.

 

Natürlich sind den Ämtern auch Grenzen gesetzt, da beispielsweise das Ordnungsamt, aufgrund der Vielzahl von Vorgängen, nur eine begrenzte telefonische Erreichbarkeit sicherstellen und es bei der Beantwortung von Beschwerden und Anfragen zu Verzögerungen kommen kann. Eine gewisse Abhilfe und bessere Kundenzufriedenheit erhofft sich das Ordnungsamt durch die neue Ordnungsamts-App.

 

Eine andere Art von Kundenorientierung muss der bauende Bereich der Serviceeinheit Facility Management verfolgen. Die nach innen gerichtete Arbeit für die Kollegeninnen und Kollegen des Bezirksamtes betrifft die Infrastruktur und die Gebäudeverwaltung. Eine besondere Herausforderung stellt die bauliche Unterhaltung der Schulen dar, weil hier bei baulichen Maßnahmen im laufenden Betrieb immer eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Schulleitungen und dem Schulamt notwendig ist, um den laufenden Schulbetrieb möglichst wenig zu beinträchtigen. Dadurch wird der Schulträger in die Lage versetzt, Eltern, Lehrer, Schüler und die Öffentlichkeit mit notwendigen Informationen versorgen zu können.

 

In allen Fachbereichen ist Kundenorientierung das Gebot der täglichen Arbeit. Eine diesbezügliche Evaluation erfolgt meist durch entsprechende Kundenmonitore.

 

In der Stellungnahme des Jugendamtes wird die aktuelle Situation problematisch bewertet. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen des Jugendamtes haben sich in den vergangenen Jahren bei ständig steigendem Aufgabenspektrum reduziert, sodass die vorhandene personelle und finanzielle Ausstattung zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben als kritisch angesehen wird.

 

Hieraus sind auch Abstriche im Leistungsbereich nicht vermeidbar, wie z.B. längere Wartezeiten, eine schlechtere Erreichbarkeit der Dienste oder auch häufige Zuständigkeitswechsel durch wechselnde Fachkräfte in länger andauernden Hilfeprozessen. Sowohl die Kundenorientierung als auch die Arbeitszufriedenheit, die sich u.a. auch an der Kundenzufriedenheit ausrichtet, leiden unter diesen Rahmenbedingungen.

 

Das Jugendamt ist dem durch organisatorische Maßnahmen in den Regionalen Diensten entgegengetreten und ist zurzeit dabei, die Regionalen Dienste personell wieder zu stabilisieren, damit die Kunden des Jugendamtes bald wieder ihren Ansprechpartner innerhalb ihres Sozialraums haben.

 

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Amtes für Soziales erbringen materielle Hilfen der Grundsicherung, nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und in besonderen Lebenslagen. Darüber hinaus werden Beratungsleistungen der Sozialdienste angeboten, Leistungen im Seniorenbereich und im Bereich der Amtsbetreuungen. Der Kundenkreis ist also auch hier sehr vielfältig.

 

Die Kundenorientierung des Stadtentwicklungsamtes besteht im Wesentlichen darin, Bürger, Bauherren, Architekten und Planer über Planungsrecht und Bauordnungsrecht sowie öffentlich bestellte Vermessungsingenieure meist konkret über gewünschte Grundstücksdaten zu informieren. Diese Informationen werden selbstverständlich bereitgestellt.

 

Trotz einer hohen Kundenorientierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksamtes ist der Umgang mit dem Kunden oder der Kundin nicht automatisch problemfrei, da gesetzliche Regelungen, z.B. über die Höhe einer Sozialleistung oder das ahnden von Ordnungswidrigkeiten, die von der Bezirksverwaltung umgesetzt werden müssen, vom Bürger nicht immer akzeptiert werden.

 

2)      Welchen Einfluss hat die Personalsituation der einzelnen Fachbereiche auf die Kundenorientierung/Servicekultur? (mit der Bitte um Berücksichtigung von allgemeiner Personalausstattung & Arbeitsbelastung bzw. durchschnittlichem Krankenstand)

 

und

 

4)      Sieht das Bezirksamt Zusammenhänge zwischen Personalausstattung, Arbeitsbelastung und Servicekultur im Bezirksamt? Wenn ja, welche und wie wird angemessen auf diese Erkenntnis reagiert? Wenn nein, warum nicht?

 

Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs der gestellten Fragen, erfolgt eine gemeinsame Beantwortung der zweiten und vierten Frage.

 

Trotz der vielfältigen Stellungnahmen aus den Abteilungen vertreten alle Fachbereiche die nachvollziehbare Auffassung, dass die Personalausstattung immer einen Einfluss auf die Kundenorientierung aber auch auf die Arbeitsleistung insgesamt haben muss.

 

Qualität und Quantität sind bei einer personalgebunden Bezirksverwaltung immer mit abhängig von der Personalsituation, der Arbeitsbelastung und dem Krankenstand der Beschäftigten.

 

Die radikalen Personaleinsparungen in den Jahren 2001 bis 2011 sowie die nachfolgend eingeführten Personalobergrenzen führten bei steigenden Anforderungen zu einer sehr hohen Arbeitsdichte in allen Berliner Bezirksverwaltungen.

 

Deshalb ist es bemerkenswert, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf ihre Aufgaben mit einem hohen Qualitätsstandard erledigen, auch wenn durch die erhebliche Personalreduzierung natürlich Bearbeitungszeiten länger und Vertretungsregelungen schwerer organisierbar wurden.

 

Darüber hinaus steht die Bezirksverwaltung bei der Personalgewinnung in direkter Konkurrenz mit anderen Bezirksverwaltungen, aber auch den Senatsverwaltungen, anderen Bundesländern und natürlich den Bundesbehörden.

 

Personalabgänge durch den demographischen Wandel und Bewerbungen in andere Verwaltungen konnten trotz zahlreicher Neueinstellungen nicht immer komplett aufgefangen werden. Auch erfahren Wechselwillige in anderen Bundesländern und beim Bund eine größere Zuwendung durch ein höheres Grundgehalt und einer höheren Bewertung gleichartiger Stellen bei einer geringeren Arbeitsbelastung.

 

In der Folge bedeutet das, dass dringend benötigte - zum Teil gerade erst eingearbeitete - Fachkräfte wieder wechseln und nur schwer durch qualifiziertes Personal ersetzt werden können. Um ein ganz anderes Beispiel zu nennen, können auch scheinbar harmlose externe Faktoren zu einer angespannten Personalsituation führen, wie bei der Musikschule geschehen.

 

Die zuständige Senatsverwaltung erlässt eine geänderte Ausführungsvorschrift zu den Abrechnungen der Honorare für die freien Musikschullehrerinnen und Musikschullehrer und kompliziert damit die Geschäftsprozesse zur Zahlbarmachung der Honorare erheblich. Wenn dann noch die für die Umsetzung dieser neuen Honorarvorschrift eingeführte Fachsoftware fehlerhaft ist, entsteht sogar ein kräftiges Personaldefizit, das kaum noch aufgefangen werden kann, weil die jahrelangen Einsparungen kaum noch organisatorische Personalverschiebungen ermöglichen. Die Folge war eine sehr angespannte Personalsituation in allen Berliner Musikschulen.

 

r das Jugendamt liegt die Ursache der schlechten Personalsituation in der unzureichenden Finanzierung durch den Berliner Senat. Der Senat hatte im Rahmen seines Personalabbaukonzeptes zunächst sogenannte Zielzahlen für die Bezirksverwaltungen errechnet. Das Personal wurde im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf auch auf diese Zielzahl abgesenkt. Diese Zielzahl an Personal wird jedoch aufgrund der Ergebnisse der Budgetierung im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung nicht auskömmlich finanziert, was auf der Bezirksebene zu pauschalen Minderausgaben führen muss. Somit können Stellen nicht oder nur verspätet besetzt werden. Die verbliebenen Mitarbeitenden müssen immer mehr Vorgänge bearbeiten und werden durch die ständige Überlastung verstärkt krank.

 

Im Zuge der „Wachsenden Stadt“ wurden zwar zusätzliche Stellen bewilligt. Diese verpuffen jedoch weitgehend wirkungslos, weil die regulären Stellen nicht auskömmlich finanziert sind.

 

Das jetzige Finanzierungssystem ist nicht mehr zeitgemäß und nicht kompatibel mit dem Modell der Stellenzuweisung im Rahmen der „Wachsenden Stadt“. Die Forderung an den Senat muss daher lauten: Wir brauchen eine gezielte ausreichende Zuteilung für Personal anhand der Zielzahlen und eine entsprechende finanzielle Zuweisung.

 

Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf versucht, durch Maßnahmen im Gesundheitsmanagement wie Informationsveranstaltungen zum Thema Gesundheit, Bewegungsangeboten, Massagen oder auch bei der Bewältigung von Konflikten entgegenzusteuern.

 

Auf der Grundlage des Gesundheitsberichtes 2015 liegt die pauschale Gesundheitsquote im Jahr 2014 in Steglitz-Zehlendorf bei 90,9 %, während sie im gesamten Landesdienst Berlin bei 90,3 % liegt. Auch wenn diese Zahl besser ist, als die im Landesdurchschnitt, ist sie trotzdem erschreckend, bedeutet sie doch, dass jeder 9. Mitarbeiter krank ist.

 

Um die Arbeitsbelastung nicht noch zusätzlich zu erhöhen, müssen gezielt Personalgewinnung und -entwicklung weiter forciert werden.

 

Trotzdem kann jeder Bezirk nur mit dem Geld wirtschaften, das ihm vom Senat zur Verfügung gestellt wird und es ist zu hoffen, dass die zukünftige Landeskoalition die Bezirke finanziell besser ausstatten wird, denn hier in den Bezirksämtern vor Ort wird die eigentliche Arbeit am Bürger für die Bürger erfüllt.

 

Leider wird zurzeit auf Landesebene diskutiert, ob verschiedene bezirkliche Aufgaben zentralisiert werden sollten. Der Senat muss zwar seiner Fachaufsicht wieder nachkommen und einheitlich geltende Vorgaben an die Bezirke machen; eine Zentralisierung von Aufgaben führte jedoch in der Vergangenheit selten zu dem gewünschten Erfolg, wie beispielsweise die Organisation der Aufstellung von Tempohomes gezeigt hat. Eine vernünftige finanzielle und personelle Ausstattung der Bezirke würde kurzfristig in vielen problematischen Bereichen für Abhilfe sorgen.

 

3)      Welche allgemeinen Rückschlüsse zieht das Bezirksamt für die Verwaltungsorganisation aus der Verurteilung einer Steglitz-Zehlendorfer Bürgeramtsmitarbeiterin wegen Körperverletzung im Dienst? Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

 

Das Bezirksamt hat noch an dem Tag des Vorfalls entsprechende Maßnahmen ergriffen. Da es sich hierbei um eine Einzelpersonalmaßnahme handelt, die personenbezogene Hintergründe hat und nicht generalisiert werden kann, können und sollten auch keine grundsätzlichen oder allgemeinen Rückschlüsse für das gesamte Bezirksamt gezogen werden. Eine weitere Berichterstattung zu dieser Einzelpersonalangelegenheit an dieser Stelle da öffentlich zugänglich ist nach dem Bezirksverwaltungsgesetz unzulässig.

 

5)      Wie bewertet das Bezirksamt das eigene Vorgehen bei der Personalausstattung im Bürgeramt Steglitz-Zehlendorf angesichts monatelanger Wartezeiten für die Bürger/-innen, hohem Krankenstand, hoher Arbeitsbelastung und den Verrentungen? Und teilt das Bezirksamt die Einschätzung der Fraktion Freie Demokraten FDP, dass die schwierige Situation im Bürgeramt und der Konflikt um mehr Personal mit dem Senat weder auf dem Rücken der Mitarbeiter/-innen, noch viel weniger auf dem Rücken der Steglitz-Zehlendorfer/-innen ausgetragen werden darf? Und wenn ja, welche bezirksamtsinternen Schwerpunktsetzungen hat man für die Bürgeramtsstandorte vorgenommen und welche Konzepte ermittelt?

 

Die Leitung des Amtes für Bürgerdienste hat mitgeteilt, dass der Krankenstand bei den Berliner Bürgerämtern zwischen 20 und 25% liegt. Das ist erschreckend, jedoch stellt es auch in anderen publikumsbezogenen Bereichen des Landes Berlin leider die Realität dar. Der Krankenstand in den Steglitz-Zehlendorfer Bürgerämtern liegt bei durchschnittlich 15 bis 18 %, was vergleichsweise gering ist, wenn auch nicht zufriedenstellend. Auch sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bürgeramt Steglitz-Zehlendorf tendenziell eher jünger, sodass die pensions- bzw. rentenbedingten Abgänge auch in den nächsten Jahren eher überschaubar sind. Darüber hinaus gibt es regelmäßig konstruktive Absprachen mit der Personalvertretung, sodass in einem bestimmten Rahmen aus laufenden Besetzungsverfahren weitere zukünftige Stellenvakanzen besetzt werden dürfen. Dies verringert den Zeitraum einer Stellenbesetzung erheblich.

 

Daher ist die Prämisse der Fragestellung nicht zutreffend, obwohl der sehr hohe Anteil von publikumsbezogenen Öffnungszeiten an der Arbeitszeit eines Mitarbeiters im Bürgeramt durchaus belastend ist und für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter des Bürgeramtes eine besondere Herausforderung darstellt. Das Bezirksamt hat außerdem bereits im Jahr 2015 über die Personalverstärkungen durch die Hauptverwaltung hinaus zusätzlich fünf Stellen finanziert und besetzt.

 

Da jedoch in Berlin eine Allzuständigkeit bei den Bürgerämtern existiert, kann eine Personalverstärkung in lediglich einem Bezirk keine Entlastung schaffen, da die frei werdenden Kapazitäten sofort belegt werden und natürlich auch von Bürgerinnen und Bürgern anderer Bezirke nachgefragt werden.

 

Aufgrund der vom Bezirk zusätzlich finanzierten Stellen, werden jedoch in den Bürgeramtsstandorten vor Ort bei der Vergabe von Spontanterminen die Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirks vorrangig bedient.

 

6)      Wie bewertet das Bezirksamt die für die Senatsfinanzverwaltung gefertigten Gutachten, die bezirkliche Organisationsdefizite und Entscheidungsschwächen/-fehler den Bezirken vorhalten und darauf lange Wartezeiten zurückführen?

 

Das Gutachten für die Bürgerämter ist unter Mitwirkung aller Bezirke entstanden. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hat sich besonders intensiv an der Erstellung des Gutachtens beteiligt, in dem er sich bei themenorientierten Workshops eingebracht hat, einer der Interviewbezirke war und federführend Anmerkungen der Bezirke vorbrachte.

 

Trotzdem wurden die Bezirke während der Datenerhebung nicht immer auf Augenhöhe behandelt. Die Bürgerämter, die wirklich eine objektive Organisationsuntersuchung erhofft haben, vertreten die Auffassung, dass das Gutachten wesentliche Schwächen enthält und leider die Federführung der Senatsfinanzverwaltung deutlich zu erkennen ist.

 

Beispielsweise geht das Gutachten bei der Berücksichtigung von Abwesenheitszeiten von einem sogenannten Mustermitarbeiter des Bundesministerium des Innern aus, also einem Verwaltungsmitarbeiter, der kaum Kundenkontakt hat.

 

Daraus ergeben sich in Bezug auf die Personalausstattung erhebliche Fehler, da der von der Senatsfinanzverwaltung vorgegebene Mustermitarbeiter kaum vergleichbar mit den Mitarbeitern des Bürgeramtes ist, die den wesentlichen Anteil ihrer Arbeitszeit im ausschließlichen Kundendienst mit den dazugehörenden stress- und krankheitsbedingten Belastungen verbringen. Das auf dieser Basis errechnete Personal muss zu gering ausfallen.

 

Ebenso wie auch alle anderen daraus abgeleiteten Aussagen zu Standorten, zur Auslastung und zu vorhandenen Kapazitätsgrenzen sind daher nicht zutreffend.

 

In dem Gutachten wird zusätzlich bemängelt, dass in den Bürgerämtern keine Standards für die Leistungserbringung vorhanden sind. Dies ist jedoch nicht richtig. Standards werden einerseits über die Dienstleistungsdatenbank beschrieben, zum anderen werden die Produkte im Produktkatalog einheitlich dargestellt und zum dritten werden die Geschäftsprozesse zur Erstellung fast aller Produkte durch die Software VOIS vorgegeben und können nicht verändert werden. Oder anders ausgedrückt: Ein Ausweis in Marzahn-Hellersdorf wird genauso erstellt, wie in Steglitz-Zehlendorf und sieht auch gleich aus.

 

Zutreffend ist jedoch, dass es unterschiedliche Organisationsformen in den Bezirken gibt, die Auswirkungen auf die Aufgabenerledigung haben. So gibt es Bezirke mit einem Backoffice und andere ohne. Es gibt Bezirke, die für die D115 eine Hotline zur Verfügung stellen und mit speziellen Mitarbeitern besetzen, andere, die das über alle Sachbearbeiter abwickeln.

 

Gerade in diesen grundsätzlichen Organisationsformen trifft das sogenannte Organisationsgutachten im Kern keine Aussage, sondern verweist auf eine künftig zu bildende Arbeitsgruppe, die eine Empfehlung oder Vorgabe erarbeiten soll.

 

Dieses im Detail wirklich sehr grenzwertige und aussagelose Gutachten will dann aber im Ergebnis in der Lage sein, die Feststellung zu treffen, dass zu viele Mitarbeiter in zu vielen Standorten in Berlintig sind und die entsprechende Arbeit auch mit der Hälfte der gegenwärtigen Mitarbeiter zu bewältigen wäre.

 

Diese Argumentation entspricht zwar dem bekannten Verhaltensmuster der Senatsverwaltung für Finanzen gegenüber den Bezirken, zeigt aber, dass hier keine ergebnisoffene Organisationsuntersuchung erfolgte.

 

Dabei wäre es verhältnismäßig einfach, eine berlin-einheitliche Personalausstattung unter Berücksichtigung einer Fluktuationsreserve sicherzustellen. Eine solche Berechnung wurde von allen Bezirken gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Inneres erstellt, jedoch von der Senatsverwaltung für Finanzen ohne Angabe von Gründen abgelehnt.

 

Zusätzlich sind bereits Kennzahlensysteme (gemessene Daten) vorhanden, die die Zusammenhänge der Dienstleistungserbringung aller Berliner Bezirke insbesondere in Bezug auf die Abwesenheitsquoten, die mittlere Bedienzeit und die durchschnittliche Anzahl der Kunden pro Stunde/Öffnungszeit (5,7) herstellen.

 

Es muss abgewartet werden, wie der neue Senat mit diesem sogenannten „Organisationsgutachten“ umgeht und ob ein ernstgemeinter Dialog mit den Bezirken erfolgt oder aber das Gutachten nur als Werkzeug für eine geplante Zentralisierung benutzt wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Cerstin Richter-Kotowski

Bezirksbürgermeisterin

 

 

 

 

 

gner-Francke

Bezirksverordnetenvorsteher

 
 

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