Drucksache - 1739/III  

 
 
Betreff: Steglitz-Zehlendorf: Schulpflichtige Flüchtlingskinder ins Hintertreffen geraten?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Bezirksverordnete/rBezirksverordnete/r
Verfasser:Ehrhardt 
Drucksache-Art:Kleine AnfrageKleine Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Vorberatung
15.12.2010 
44. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
Ursprungsanfrage vom 11.12.2010
Schriftl. Beantwortung BA vom 20.12.2010

Ich frage das Bezirksamt:

 

 

Ich frage das Bezirksamt:

 

1.       Wie viele schulpflichtige Flüchtlingskinder leben derzeit in Steglitz-Zehlendorf, und wie viele dieser Kinder werden aus welchem Grund nicht beschult?

 

2.       Welche Rahmenbedingungen sind bei Flüchtlingskindern zu berücksichtigen?

 

3.       Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt ergriffen, um allen schulpflichtigen Flüchtlingskindern einen Schulbesuch zu ermöglichen?

 

4.       Wann werden 100% der schulpflichtigen Flüchtlingskinder eine Schule besuchen können?

 

 

 

Berlin Steglitz-Zehlendorf, den 11.12.2010

 

 

 

Kay Heinz Ehrhardt

 

Antwort des Bezirksamts

 

 

Sehr geehrter Herr Rögner-Francke,

 

ich beantworte die o.g. Anfrage wie folgt:

 

 

1.       Wie viele schulpflichtige Flüchtlingskinder leben derzeit in Steglitz-Zehlendorf und wie viele dieser Kinder werden aus welchem Grund nicht beschult?

 

Aus der Anfrage geht nicht hervor, ob mit „Flüchtlingskindern“ nur die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) gemeint sind oder auch die Kinder, die im Familienverband, z.B. als Asylbewerber, nach Berlin gekommen sind. Nach Rücksprache mit dem Fragesteller sind die UMF gemeint – die Angaben beziehen sich daher auch nur auf die UMF.

Ich gehe weiterhin davon aus, dass sich die Anfrage nicht nur auf Kinder bis 14 Jahre, sondern auf alle Minderjährigen bis 18 Jahre bezieht.

 

Schließlich muss unterschieden werden zwischen der Gruppe der UMF, die in der Clearingphase in der Erstaufnahme- und Clearingstelle (EAC) in der Wupperstr. rein örtlich gesehen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf für max. 3 Monate lebt (a) und der Gruppe der UMF, die dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf nach Abschluss der Clearingphase zugewiesen wurde (b). Diese Kinder leben überwiegend nicht im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, sondern in für sie individuell ausgesuchten und geeigneten Einrichtungen in ganz Berlin.

Zur Klarstellung: die EAC liegt nur geographisch in unserem Bezirk, betrieben wird sie im Auftrag der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung von einem freien Träger der Jugendhilfe.

 

a)      UMF in der EAC während der Clearingphase (Angaben der EAC vom 14.12.10):

 

Am 14.12.10 lebten 73 UMF in der EAC, davon 50 über 16 Jahre. Sieben von diesen UMF besuchen die Bildungseinrichtung SPI. Da Jugendliche über 16 Jahren nicht mehr schulpflichtig sind, werden diese Jugendlichen vorrangig in Deutschkurse und daran anschließend in berufsvorbereitenden Maßnahmen untergebracht. (In der EAC werden hauseigene Deutschkurse angeboten.)

Weiterhin lebten 20 Kinder unter 16 Jahren in der EAC, davon besuchen 2 eine Kleinklasse. 18 UMF haben keinen Schulplatz.

3 Kinder unter 12 Jahren lebten ebenfalls in der EAC, davon besuchen 2 die Schweizerhof-GS, das 3. Kind wird dort ebenfalls eingeschult, wenn das Gutachten der Schulärztin vorliegt.

 

Die Schulplätze für UMF in Steglitz-Zehlendorf sind nur in beschränkter Anzahl vorhanden. Während der Clearingphase ist noch nicht klar, welchem Bezirk der UMF zugewiesen und in welcher Einrichtung dann die Unterbringung erfolgen wird. Von daher muss eine Beschulung für diese Zeit von der Senatsverwaltung organisiert werden, die auch die Lehrerstunden zur Verfügung zu stellen hat. Das Problem ist bekannt und wird auch regelmäßig in der AG UMF angesprochen, zuletzt in den Sitzungen vom 13.10.2010 und 10.11.2010.

 

Natürlich macht es Sinn in dem Bezirk, in dem die EAC räumlich angesiedelt ist, nach geeigneten Schulräumen zu suchen. Das ist in der zurückliegenden Zeit auch immer erfolgt. Die Betreuung der UMF in der Clearingphase ist jedoch eine gesamtberliner Aufgabe und damit eindeutig Sache der Senatsverwaltung. Daher müssen auch andere Bezirke Schulräume zur Verfügung stellen, zumal nur eine geringe Anzahl der UMF nach Abschluss der Clearingphase dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf zugewiesen wird.

 

b)      UMF, die dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf zugewiesen wurden

 

Das Jugendamt Steglitz-Zehlendorf betreut derzeit 53 UMFs. Alle bekommen entsprechend ihres Bedarfs Alphabetisierungskurse, Deutschkurse, Regelschulbesuch oder eine schulische Berufsausbildung angeboten, da die Kinder und Jugendlichen im Rahmen einer stationären Unterbringung gem. SGB VIII verpflichtet sind, zur Schule zu gehen oder eine Berufsausbildung zu machen. Es können sehr differenzierte Angebote, die an den Bedarfen orientiert sind, gemacht werden. Es handelt sich dabei um die Situation, die regelmäßig bei der stationären Unterbringung von Kindern und Jugendlichen vorliegt.

 

 

2.       Welche Rahmenbedingungen sind bei Flüchtlingskindern zu berücksichtigen?

 

a) Die EAC hält eine sofortige Beschulung aus 3 Gründen für nötig: Die „Bildungspause“ sollte so kurz wie möglich gehalten werden; ein strukturierter Tagesablauf sollte so bald als möglich gewährleistet werden und die Grundlagen für eine Integration als solche müssen ermöglicht werden.

Gerade für die 12 bis 16 jährigen  ist allerdings der Besuch einer Förderklasse mit in der Regel nur 16 Schülern zunächst notwendig, um sich mit den sprachlichen und kulturellen Gegebenheiten vertraut zu machen.

 

Die Schwierigkeiten, die es evtl. bei der Beschulung von UMF geben könnte, sind die, dass einige selbst kein Interesse am Schulbesuch haben.

 

b) Weitere spezielle Rahmenbedingungen, die beachtet werden müssten, liegen nicht vor, da für alle Kinder in der BRD Schulpflicht besteht, incl. der Flüchtlingskinder.

 

 

3.       Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt ergriffen, um allen schulpflichtigen Flüchtlingskindern einen Schulbesuch zu ermöglichen?

 

Das Bezirksamt hat sich bereits auf Grund einer Initiative der BVV mit Schreiben vom 22.4.09 an die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung gewandt und um die zusätzliche Einrichtung von Förderklassen für UMF gebeten. Daraufhin stehen inzwischen für UMF, die altersmäßig an Oberschulen gehören, an der Johann-Thienemann-OS 2 Förderklassen mit jeweils 16 Plätzen zur Verfügung, die derzeit allerdings überbelegt sind (1x 18 Kinder, 1x 26 Kinder). Für Grundschulkinder gibt es eine Kooperation mit der Schweizerhof-GS. Dort konnten bislang alle Kinder im Grundschulalter untergebracht werden.

 

Nachdem die EAC im Oktober 2010 mit einem Schreiben der päd. Leiterin auf den aktuellen Bedarf an Schulplätzen hingewiesen hat, hat sich das Bezirksamt mit der Außenstelle der Senatsverwaltung BWF, Schulaufsicht in Verbindung gesetzt, um eine Lösung des Problems zu erarbeiten. Da von der Schulaufsicht keine Lösungsmöglichkeit gesehen wurde, hat sich das Bezirksamt mit Schreiben vom 9.11.10 erneut an die Senatsverwaltung BWF gewandt, zum wiederholten Male die Dringlichkeit der Bereitstellung von Schulplätzen für UMF aus der EAC dargelegt und um Bereitstellung von ausreichenden Schulplätzen gebeten.

 

Weiterhin hat das Bezirksamt mit Schreiben vom 5.11.10 bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zur Konferenz der Integrations- und Migrationsbeauftragten am 17.11.10 den Bedarf für Schulplätze für Schülerinnen und Schüler ohne Deutschkenntnisse (vorgesehener TOP 2) deutlich gemacht und die konkrete Situation dargelegt.

 

In jeder Sitzung der AG UMF bei der Senatsverwaltung BWF wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Bezirke – so auch vom BA Steglitz-Zehlendorf – der Bedarf für Schulplätze von UMF aus der EAC erläutert und nachdrücklich um die Bereitstellung von Schulplätzen gebeten.

 

4.       Wann werden 100% der schulpflichtigen Flüchtlingskinder eine Schule besuchen können?

 

a)      Die Bedingungen für UMF aus der EAC hängen davon ab, in welchem Maße die Senatsverwaltung auch andere Bezirke dazu veranlassen kann, Plätze zur Verfügung zu stellen.

 

b)      Die dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf zugewiesenen UMF unter 16 Jahren können zu 100% eine Schule besuchen bzw. berufsvorbereitende Maßnahmen u.ä., wenn sie älter sind als 16 Jahre.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Anke Otto

Bezirksstadträtin

 

 
 

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