Auszug - Bericht der Frauenbeauftragten des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, Frau Petra Koch-Knöbel  

 
 
19. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Frauen und Gleichstellung
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Frauen und Gleichstellung Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 03.04.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:05 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll

Dieser Tagesordnungspunkt wird gemeinsam mit TOP 3.1 behandelt.

 

Frau Koch-Knöbel berichtet, dass es im Jahr 2014 eine Bürger*inneninitiative gegeben habe, die sich mit sexistischer und frauenfeindlicher Werbung im öffentlichen Raum befasst habe. Das Thema sei erweitert worden, so dass auch diskriminierende Werbung gegenüber Personen nach dem Diversity-Prinzip eingeschlossen sei. Das Thema sei in mehreren Sitzungen der BVV in Friedrichshain-Kreuzberg diskutiert worden und habe schließlich zum Beschluss der Drucksache DS/1013/IV geführt, keine sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Werbung zu dulden. Auf der Grundlage dieses Beschlusses habe die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte den Auftrag erhalten, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die Kriterien erarbeitet und Maßnahmen entwickelt habe, um sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Werbung zu verhindern. Erwähnenswert sei, dass sich alle Parteien (bis auf eine) und die Frauen- und Migrantinnenprojekte des Bezirkes gemeinsam hierzu engagiert hätten. Dies zeige ein hohes Interesse bei allen gesellschaftlichen Gruppen zu diesem Thema. Aus den Erfahrungen, die in Friedrichshain-Kreuzberg gemacht worden seien, sei es dringend notwendig, für ganz Berlin eine unabhängige Jury zu installieren, die sich mit den Beschwerden zu sexistischer, diskriminierender und frauenfeindlicher Werbung auseinandersetze. Der Deutsche Werberat, an den man seine Beschwerden ebenfalls richten könne, sei ein Gremium der deutschen Werbewirtschaft und bestehe aus 41 Mitgliedern der Werbegesellschaften. Er sei deshalb in seiner Entscheidung nicht neutral. Daher gäbe es auch wenige Einwände gegen die dort vorgetragenen Beschwerden.

 

Im Anschluss stellt Frau Koch-Knöbel zehn Kriterien vor, die von der Arbeitsgruppe entwickelt worden seien, um sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Werbung zu identifizieren. Unter dem Schlagwort „SEXism shouldn´t sells“ sei gemeinsam mit der Arbeitsgruppe und weiteren Frauenorganisationen ein Flyer und ein Handlungsleitfaden zur Umsetzung von Maßnahmen gegen sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Werbung entwickelt worden, der auch im Internet eingestellt sei: www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/politik-und-verwaltung/beauftragte/gleichstellung/frauenfeindliche-werbung/ In Friedrichshain-Kreuzberg gäbe es 27 bezirkseigene Werbetafeln, die von der Firma Ströer GmbH bestückt würden. In dem Vertrag zwischen dem Bezirksamt und der Firma Ströer, sei ein Verbot von sexistischer, diskriminierender und frauenfeindlicher Werbung mit aufgenommen worden. Die Kriterien im Handlungsleitfaden seien bei der Bewertung entsprechend anzuwenden. Leider gäbe es keinen Einfluss auf Werbung, die auf privaten Grundstücken platziert sei. Diese Möglichkeit habe auch das Land Berlin nicht.

 

Die Bezirksverordneten interessiert in der anschließenden Aussprache, welche Sanktionsmöglichkeiten das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gegenüber der Firma Ströer bei Nichteinhaltung der Vereinbarung habe. Frau Koch-Knöbel erklärt, dass bei einem Verstoß gegen die festgelegten Kriterien, sexistische, frauenfeindliche und diskriminierende Werbeplakate, die auf Werbeflächen des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg zu sehen seien, abgenommen werden. Bei Beschwerden aus der Bevölkerung zu sexistischer, diskriminierender und frauenfeindlicher Werbung verweist Frau Koch-Knöbel ebenfalls auf den Handlungsleitfaden, in dem u.a. Vorschläge für Beschwerdebriefe und Vordrucke enthalten seien, und auf Aufkleber und „Rote Karten“, die in ihrem Büro erhältlich seien. Mit Hilfe dieser Materialien ist es auch Einzelpersonen möglich, sich gegen sexistische und diskriminierende Werbung zu wehren. Auch der Deutsche Frauenring e.V. habe einen Flyer entwickelt, der übersichtlich beschreibe, wie man sich gegen sexistische und diskriminierende Werbung zur Wehr setzen könne. Die breite Öffentlichkeitskampagne habe dazu geführt, dass die Beschwerden zugenommen hätten. Das habe zu einem Umdenken bei den Werbegesellschaften beigetragen.

 

Herr Bezirksstadtrat Karnetzki fragt bezugnehmend auf den vorliegenden Antrag, wie die Jury arbeite. Für ein generelles Verbot sexistischer Werbung fehle die rechtliche Grundlage. Frau Koch-Knöbel erläutert, dass der Bezirk nur Einfluss auf die 27 bezirkseigenen Werbetafeln habe. Die Jury des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg kann also nur bei den 27 bezirkseigenen Werbetafeln tätig werden und ggfs. veranlassen, dass diese bei frauenfeindlicher, sexistischer und diskriminierender Werbung abgehängt werden. Mit der Werbefirma würden Gespräche geführt und es werde auf das Verbot hingewiesen. Auch die Möglichkeit, Sanktionen auszusprechen, gebe es. Die CDU-Fraktion fragt nach der konkreten Vorgehensweise. Frau Koch-Knöbel erläutert, dass es keine zentrale Stelle im Bezirksamt für die Vermietung von Werbeflächen gebe. Zunächst müsse festgestellt werden, welche Abteilung den Vertrag mit der Werbegesellschaft abgeschlossen habe. Es gebe eine Auflistung mit den zuständigen Mitarbeitenden in den jeweiligen Abteilungen. Die Bezirksbürgermeisterin und das Bezirksamt werden darüber in Kenntnis gesetzt und die Werbegesellschaft werde nach einer Prüfung durch die Jury aufgefordert die beanstandete Werbung abzunehmen. Die CDU-Fraktion erläutert, dass es notwendig sei, bei den Jugendlichen zu beginnen und sie für das Thema zu sensibilisieren. Frau Koch-Knöbel ergänzt, dass sie aus diesem Grund in Schulen mehrere Workshops durchgeführt habe. Sie halte es für dringend erforderlich, dass junge Menschen sich frühzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen. Die Linksfraktion bewegt die Frage, wie mit Satire umzugehen sei. Wenn es sich um eine Diskreditierung von Menschen handele, so Frau Koch-Knöbel, muss Interventionglich sein. Grundsätzlich muss die Frage im Einzelfall von der Jury geprüft werden. Auf die Frage der Grüne-Fraktion, welche Erfahrungen sie bisher gemacht habe und was sie heute ändern würde, antwortet die Referentin, sie hätte gerne Interventionsmöglichkeiten auf alle Werbeflächen im Bezirk. Das sei zurzeit rechtlich jedoch nicht möglich. Es sei wichtig, durch die Vernetzung mit Organisationen und Vereinen Öffentlichkeit herzustellen und Menschen zu mobilisieren, gegen frauenfeindliche, sexistische und diskriminierende Werbung vorzugehen. Die Ausschussvorsitzende dankt der Referentin herzlich für den sehr interessanten Input.

 
 

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