Auszug - Zukünftige Finanzierung der Integrationskurse der Volkshochschule für freiwillige Teilnehmer Frau Cerstin Richter-Kotowski - Stadträtin für Bildung, Kultur und Bürgerdienste  

 
 
29. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Integration
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Gleichstellung und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 22.09.2010 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:10 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll
Abstimmungsergebnis

Einleitend begrüßen die beiden Ausschussvorsitzenden die Mitglieder des Ausschusses für Gleichstellung und Integration und des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste zur ersten gemeinsamen Sitzung der beiden Gremien

Einleitend begrüßen die beiden Ausschussvorsitzenden die Mitglieder des Ausschusses für Gleichstellung und Integration und des Ausschusses für Bildung, Kultur und Bürgerdienste zur ersten gemeinsamen Sitzung der beiden Gremien.

Die Programmbereichsleiterin Sprachen der VHS Steglitz-Zehlendorf, VHS 15  Frau Laude-Kennert, erläutert die Integrationskurse der Volkshochschule. Diese umfassen 600 bis 900 Stunden Sprachunterricht Deutsch; hinzu kommt ein 45-stündiger Orientierungskurs, in dem Kenntnisse über Deutschland vermittelt werden. Den Abschluss bildet ein Test auf B1-Niveau, d.h., die Kursteilnehmer können sich auf einfachem Niveau verständigen.

Gefördert werden Menschen, die vor dem 01.01.2005 nach Deutschland gekommen sind (sog. „Bestandsausländer“) und einen Antrag auf Zulassung zu einem Integrationskurs stellen; ebenso Bürger, die bereits einen deutschen Pass besitzen, aber kein Deutsch sprechen. Zu Deutschkursen verpflichtet werden Personen, die Leistungen des Job Centers empfangen; ebenso Menschen, die nach dem 01.01.2005 nach Deutschland gekommen sind. Die Förderung erfolgt durch das in Nürnberg ansässige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Allerdings fließen inzwischen nur noch 40 Prozent der zur Verfügung stehenden Gelder in die Sprachkurse selbst; 60 Prozent werden für andere Leistungen ausgegeben, z.B. für die Fahrtkosten zu den Deutschkursen, die besonders in ländlichen Regionen anfallen.

Bereits am 11. Dezember 2009 teilte das Bundesamt mit, dass es nicht mehr in der Lage sei, bei der Abrechnung der Kurse die Zahlungen zu leisten, die es bis zum 31.12.2009 hätte leisten müssen. Da dann Anfang Januar 2010 die Gelder flossen, die eigentlich 2009 noch hätten fließen müssen, hatte das Bundesamt bereits am 01.01.2010 einen Minusvortrag von 30 Mio. Euro.

Als Reaktion auf diese Situation wurde im März 2010 die Zulassung zu den Integrationskursen pro Monat kontingentiert, d.h., nach dem 10. eines Monats konnten meist keine neuen Antragsteller mehr aufgenommen werden. Dem entsprechend nahmen die Wartelisten und die Wartezeit bis zum Kursbeginn stark zu. Nach Protesten des Deutschen Volkshochschulverbandes und aus dem politischen Raum stellte das Bundesinnenministerium dem Bundesamt am 6. Juli 2010 weitere 15 Mio. Euro zur Verfügung, womit es aber weiterhin einen Fehlbetrag von 15 Mio. gab. Allerdings wurden bereits am 19. Juli 2010 die Sparmaßnahmen nochmals drastisch verschärft. So wurden z.B. die Fahrtkosten oder die - vom Bundesamt im Übrigen sehr hoch angesetzte - Lehrkräftequalifizierung gestrichen.

Außerdem wurde eine Dreimonatsregelung eingeführt, d.h., Menschen, die freiwillig einen Antrag auf Zulassung zu einem Integrationskurs stellen, unterliegen jetzt einer Sperrfrist von drei Monaten ab Bearbeitungsbeginn des Antrags. Personen, die dringend einen Deutschkurs besuchen möchten und die – wie bis März 2010 gängige Praxis – bereits vor der endgültigen Bewilligung mit dem Kursbesuch beginnen, werden von der Förderung komplett ausgeschlossen. Für die Volkshochschule hatte diese Kontingentierung einen Einnahmeverlust von ca. 26.000 Euro zur Folge, wodurch 800 Unterrichtseinheiten bzw. acht Kurse gestrichen werden mussten. Zwar seien einige Kurse zeitlich verschoben worden, um mehr Menschen die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben; dennoch reiche die Wartezeit derzeit bis Februar 2011.

Personen, die vom Job Center oder der Ausländerbehörde verpflichtet werden, können nach wie vor sofort mit einem Kurs beginnen.

Die Mitglieder des Ausschusses erörtern diese Situation. Auf Nachfrage der FDP-Fraktion erklärt BzStR’in Richter-Kotowski, dass sich die acht gestrichenen Kurse nur auf die Personen beziehen, die freiwillig einen Integrationskurs besuchen wollen und nunmehr mindestens drei bis vier Monate warten müssen. Hier versuche man die Haltung des Bundesamtes dahin gehend zu ändern, dass freiwillige Teilnehmer Kurse wieder sofort besuchen können, auch wenn die Bewilligung erst später ausgesprochen wird.

Als absurd bezeichnet BzStR’in Richter-Kotowski die folgende, vom Bundesamt vorgegebene Abrechnungspraxis: Wenn am ersten Tag des Kurses alle vom Bundesamt geförderten Teilnehmer erscheinen, wird für diese der gesamte Kurs über den gesamten Zeitrum vom Bundesamt mit 235 Euro pro Person komplett finanziert, unabhängig davon, wie viele später gelegentlich fehlen oder am Kursende noch dabei sind. Wenn in dieser ersten Sitzung auch nur ein einziger geförderter Teilnehmer nicht erscheint, muss für den gesamten Kurszeitraum täglich pro Teilnehmer abgerechnet werden, was einen sehr hohen bürokratischen Aufwand darstelle. Zudem seien die tatsächlichen Geldeinnahmen nicht mehr planbar. Sollte auch nur ein Kursteilnehmer noch nicht vom Bundesamt bewilligt worden sein, werde der ganze Kurs nicht finanziert. Da nicht mehr der Kurs, sondern nur noch der einzelne Teilnehmer finanziert wird, müsse sich die Volkshochschule in diesem Bereich außerdem von ihrem traditionellen Kursgedanken verabschieden. Insgesamt werden die Kosten der Integrationskurse nur zu 60 Prozent vom Bundesamt und Teilnehmerbeiträgen gedeckt; die restlichen 40 Prozent schießt der Bezirk zu bzw. stammen aus den Teilnehmergebühren für die anderen Volkshochschulkurse. BiKu L  Frau Schwarz erläutert im Einzelnen, wie diese 40 Prozent hinzufinanziert werden.

Auf Nachfragen der SPD-Fraktion erklärt BzStR’in Richter-Kotowski, da es sich beim Geldgeber um ein Bundesamt handele, sei dies auch kein Berliner, sondern ein bundesweites Problem, und die Wartezeiten seien bundesweit identisch. Sie verneint die Frage, ob das Bundesamt die Teilnehmer nach sozialen Gesichtspunkten fördere und erklärt, deren Aufenthaltstatus sei das entscheidende Kriterium. Weiterhin erklärt sie, dass es unter den Teilnehmern insgesamt nur relativ wenig Abbrecher gibt; Fehlzeiten ergäben sich aufgrund persönlicher Probleme, Krankheiten, Ramadan, Zuckerfest usw. Zur Fahrkostenregelung erklärt sie, da es in Berlin relativ viele Einrichtungen gibt, die Integrationskurse anbieten, gehe das Bundesamt davon aus, dass die Teilnehmer zu Fuß dort hingelangen können. Sie verneint die Frage, ob die Teilnehmer der Integrationskurse nach genderspezifischen Gesichtspunkten gewichtet werden; niemand, der als Teilnehmer zugewiesen wird, wird aufgrund seines Geschlechts von der Volkshochschule abgewiesen. Insgesamt nähmen aber mehr Frauen als Männer an den Kursen teil.

Auf Nachfrage der Fraktion GRÜNE erläutert VHS 15  Frau Laude-Kennert den Unterschied zwischen 600- und 900-stündigen Kursen. In den letztgenannten sind z.B. Wiederholungen einzelner Kursteile enthalten. Nicht alphabetisierte Menschen haben automatisch einen Anspruch auf 1200-stündigen Kurs.

Auf Nachfragen der FDP-Fraktion erläutert VHS 15  Frau Laude-Kennert, dass die vom Bundesamt geförderten Teilnehmer der Integrationskurse hauptsächlich aus der Türkei, dem Libanon, dem Iran und dem Irak, aber auch aus West- und Osteuropa stammen. Aus der ganzen Welt hingegen kämen die Teilnehmer, die ebenfalls an diesen Kursen teilnehmen, aber nicht vom Bundesamt finanziert werden. Dabei handele es sich z.B. um Au-pair-Mädchen, Studenten, Wissenschaftler oder Botschaftsangehörige. Weiterhin erklärt sie, da es sich um kein bezirkliches oder Berliner, sondern um ein bundesweites Problem handele, könne sie nicht sagen, wie es gelöst werde.

Die SPD-Fraktion stellt die Frage, wie die BVV die Volkshochschule bei der Fortführung der Integrationskurse in der gewohnten Form unterstützen kann. BzStR’in Richter-Kotowski weist nochmals darauf hin, dass dies ein bundesweites und daher auch bundesweit zu lösendes Problem ist, so dass der Hauptvorstoß über den Bundesverband der Volkshochschulen erfolgen müsse. Eine Unterstützung der BVV sei daher im Augenblick nicht unbedingt nötig.

Die CDU-Fraktion erklärt, wenn die Veränderung, die in diesem Jahr bei den Integrationskursen eingetreten ist, nur darin bestehe, dass freiwillige Teilnehmer nicht mehr sofort damit beginnen können, sondern eine drei- bis viermonatige Wartezeit hinnehmen müssen, so müsse dies als noch hinnehmbar angesehen werden, zumal die Kurse für sie vom Bundesamt bezahlt würden. Auch Deutsche müssten bisweilen längere Zeit warten, bis Anträge erledigt sind, die sie bei einem Amt gestellt haben.

Die SPD-Fraktion erklärt, von der Öffentlichkeit werde von den Menschen mit Migrationshintergrund Spracherwerb und Integration gefordert. Daher müssten diese auch darin unterstützt werden, wenn sie sich dazu bereit erklären.

BiKu L  Frau Schwarz berichtet abschließend, dass sich aufgrund der Sparmaßnahmen beim Bundesamt die Mentalität beim Job Center sehr positiv verändert hat, da sie viel mehr Migranten zuweisen als vorher.


Abstimmungsergebnis:

 

 

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