Drucksache - 1652/XX  

 
 
Betreff: Bürohunde im Bezirksamt Spandau
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUBzBm Kleebank
Verfasser:BzBm Kleebank 
Drucksache-Art:AntragVorlage - zur Kenntnisnahme -
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Entscheidung
26.02.2020 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Spandau von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen     
Bezirksverordnetenversammlung als Schlussbericht
24.02.2021    Nichtöffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Spandau von Berlin - Entfällt      

Sachverhalt
Anlagen:
1. Version vom 10.02.2021
Schlussbericht vom 08.02.2021

Schlussbericht

 

Nach eingehender Prüfung ist das Bezirksamt zu dem Ergebnis gekommen, dass es möglich ist, in Räumlichkeiten des Rathauses Spandau ohne Publikumsverkehr das Pilotprojekt „rohunde“ einzurichten.

 

  1. Rechtslage und praktische Umsetzung:

 

Arbeitnehmer*innen haben in Deutschland keinen gesetzlichen oder tarifrechtlich geregelten Anspruch darauf, ihren Hund zur Arbeit mitzunehmen. Eine Ausnahme gilt für Assistenzhunde, z.B. Blindenführhunde. Es ist jedoch auch kein Verbot ersichtlich, seinen Hund nicht mit ins Büro nehmen zu dürfen. Die Entscheidung darüber obliegt dem Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts. Gestattet der Arbeitgeber die Mitnahme eines Hundes, bedarf es einer ausdrücklichen vorherigen Zustimmung. Wurde diese bereits anderen Beschäftigten erteilt, ist der Arbeitgeber nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich dazu verpflichtet, der Mitnahme eines jeden Hundes zuzustimmen. Eine Ungleichbehandlung kann jedoch durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein und eine Zustimmung verweigert werden. Eine erteilte Erlaubnis kann jederzeit begründet widerrufen werden, so dass auftretende Probleme zeitnah behebbar sind und kein endgültiges Risiko eingegangen wird.

 

Für das Gelingen des Pilotprojekts müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.

 

Es sollte möglichst in einer kleinen Arbeitseinheit starten, in deren Räumlichkeiten kein Publikumsverkehr herrscht. Alle Mitarbeitenden müssen mit der Anwesenheit eines Hundes einverstanden sein. Damit niemand einem faktischen Zwang ausgesetzt ist und es zu keinen kollegialen Unstimmigkeiten kommt, sollte eine anonyme Abstimmung erfolgen. Eine Nichterteilung des Einverständnisses ist in keinem Fall zu begründen, denn niemand darf dazu gedrängt werden, etwaige gesundheitliche Angaben preisgeben zu müssen. Im Interesse aller sollten die Büros gekennzeichnet werden, in denen sich ein Hund aufhält (z.B. Fotografie des jeweiligen Bürohundes an Tür, einheitliches Hundesymbol).

Der Hund sollte gut erzogen und verträglich mit anderen Hunden sein sowie sich für längere Zeit ruhig verhalten und auch alleine im Büro bleiben können. Als Nachweis über die theoretische und praktische Sachkunde des Hundehalters könnte eine Sachkundeprüfung nach § 7 des Gesetzes über das Halten und Führen von Hunden in Berlin erfolgreich absolviert worden sein. Alternativ dazu wäre auch die Vereinbarung einer Probezeit denkbar, in der sich Hund und Halter bewähren müssen. Der Hund benötigt einen festen Rückzugsort mit einem Schlafplatz und einen Wassernapf.

Obwohl die Hundehaftpflicht in Berlin und Brandenburg zu den Pflichtversicherungen gehört, ist ein Nachweis über das Bestehen einer solchen vorzulegen, damit der Ersatz eventueller Schäden abgesichert ist.

 

  1. Vorteile

 

Die Vorteile der Anwesenheit eines Hundes im Büro sind nicht von der Hand zu weisen. Zahlreiche Argumente sprechen dafür. Auch, dass sich bereits viele Unternehmen diese zu Nutze machen und damit ihre Attraktivität am Arbeitsmarkt erhöhen.

 

  1. Stressverminderung und positiver Einfluss auf die Gesundheit

 

Hunde tragen viel zur Erhaltung oder sogar Verbesserung der menschlichen Gesundheit bei. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Verminderung von Stress, was gerade am Arbeitsplatz wünschenswert ist. So wurde im Rahmen einer Studie[1] herausgefunden, dass sich durch den Kontakt zu einem Hund während der Arbeitszeit das Stresslevel vermindern lässt. Um dies zu ermitteln, wurde während einer Woche viermal täglich die Konzentration von Cortisol, einem Stresshormon, im Blut der Probanden gemessen. Die Testgruppe ohne Hund lag dabei bei einem Stresslevel von durchschnittlich 70 Prozent, die Gruppe mit Hund bei überraschend wenigen 11 Prozent. Zu letzterer zählten auch Probanden, die selber keinen Hund zur Arbeit mitgebracht haben, aber deren Befinden durch anwesende Hunde positiv beeinflusst worden ist.

 

Alleine die Interaktion mit einem Hund, aber besonders auch das Streicheln verstärkt die Stressreduzierung zusätzlich, denn dadurch wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, das in der neurochemischen Forschung mit psychischen Zuständen wie Liebe, Vertrauen und Ruhe in Zusammenhang gebracht wird und zu einer Minderung der Produktion von Stresshormonenhrt. Dabei hat das Oxytocin, welches umgangssprachlich auch als Glückshormon bezeichnet wird, weitere zahlreiche Auswirkungen auf den Menschen. Es wirkt z.B. blutdrucksenkend, angstlösend, erhöht die soziale Kompetenz und vermindert Depressionen.[2] Die Stärkung der psychischen Gesundheit der Beschäftigten sollte angesichts dessen, dass psychische Erkrankungen einer der häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeiten[3] sind und eine weitere Zunahme der krankheitsbedingten Fehlzeiten aufgrund psychischer Störungen wahrscheinlich ist[4], ein ernstzunehmend zu verfolgendes Ziel sein.

 

Auch die dann erforderliche Gestaltung der Mittagspause fördert die physische Gesundheit. Die mit dem Gassi gehen verbundene Bewegung wirkt den negativen Folgen des langen Sitzens entgegen. Die frische Luft fördert daneben auch das psychische Wohlbefinden und die Augen erhalten eine dem Sehvermögen zuträgliche Bildschirmpause.

 

  1. Verbesserung der Büroatmospre

 

Ein Hund ist jedoch nicht nur für den einzelnen Arbeitnehmer vorteilhaft, sondern hat auch einen Einfluss auf das Büroklima als Gemeinschaft.  Ein Bürohund kann ein Bindeglied zwischen Kollegen und Kolleginnen sein, die aus verschiedensten Gründen weniger Kontakt miteinander haben. Die geteilte Freude aufgrund der Anwesenheit eines Hundes vermittelt ein Gefühl der Verbundenheit und bietet ein angenehmes Gesprächsthema, zu dem auch introvertierte Kollegen mit Leichtigkeit eingebunden werden können. Vorstellbar ist auch, dass alleine das Zugeständnis der Hundemitnahme die Arbeitsmoral erheblich steigern kann. Das damit verbundene Eingehen auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen kann zu einer positiveren und motivierteren Einstellung gegenüber der Arbeit und dem Arbeitgeber führen. Die gemeinsame Verantwortung für das Wohlergehen des Hundes während der Arbeitszeit stärkt den Teamgeist und wirkt vor allem auch bei Streitigkeiten deeskalierend.

 

  1. Vorteile für den Arbeitgeber/gesteigertes Ansehen des Arbeitgebers

 

Einen Hund im Büro zu erlauben, kann ein großer Gewinn für das Ansehen des Arbeitgebers sein. So sind neben einem angemessenen Gehalt auch die gebotenen weiteren Leistungen ausschlaggebend für welchen Arbeitgeber sich Arbeitnehmer*innen entscheiden.

Ausweislich der Studie „von Arbeitnehmern nachgefragte und von Arbeitgebern angebotene Benefits“ rangiert die Erlaubnis, einen Hund mit zur Arbeit bringen zu dürfen, unter den ersten drei Wünschen der Teilnehmenden direkt hinter dem Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten und der Option auf Homeoffice aber vor einem Firmenwagen und einer betrieblichen Altersvorsorge.[5] Arbeitgeber, die sich für die Möglichkeit eines Bürohundes aussprechen, zeigen einen menschlichen und zeitgemäßen Umgang mit Mitarbeitenden und können so im Wettbewerb um gute Arbeitskräfte mithalten. Für Hundehalter bestünde dadurch auch die Möglichkeit, bei Bedarf länger zu arbeiten, da sie sich keine Sorgen machen müssen, dass der Hund zu Hause zu lange alleine bleibt.

 

Zudem würde auch ein Beitrag zum Tierschutz geleistet werden, der nach dem Wortlaut des Art. 20a GG zu den Staatszielbestimmungen gehört.

 

 

 

Berlin Spandau, den 8. Februar 2021

 

 

Helmut Kleebank

        Bezirksbürgermeister


[1]Randolph T. Barker, Virginia Commonwealth University, Preliminary investigation of employees dog presence on stress and organizational perceptions.

[2] Dr. Linda Handlin et at, Epsilon, 2010: Human-Human and Human-Animal Interaction, S. 18ff.

[3] z.B. Marschall, Hildebrandt u.a., Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 33), Gesundheitsreport 2020, S. 16ff.

[4] F. Knieps/H. Pfaff, BKK Gesundheitsreport 2019, Psychische Gesundheit und Arbeit, S. 150.

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Stadtbezirk Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer/-in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen