Drucksache - VIII-0295  

 
 
Betreff: Beschluss über eine Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) für das Gebiet „Pankow-Süd“ im Bezirk Pankow von Berlin, Ortsteil Pankow
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
   
Drucksache-Art:Vorlage zur BeschlussfassungVorlage zur Beschlussfassung
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
18.10.2017 
10. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage zur Beschlussfassung BA, 10. BVV am 18.10.17
Vorlage zur Beschlussfassung BA Anlage, 10. BVV am 18.10.17

Siehe Anlage


Bezirksamt Pankow von Berlin

.2017

An die
Bezirksverordnetenversammlung

Drucksache-Nr.:

Vorlage zur Beschlussfassung
r die Bezirksverordnetenversammlung gemäß § 12 BezVG

1.Gegenstand der Vorlage

Beschluss über eine Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) für das Gebiet „Pankow-Süd“ im Bezirk Pankow von Berlin, Ortsteil Pankow.

2.Beschlussentwurf

Die Bezirksverordnetenversammlung wolle beschließen:

I.

r den Bereich „Pankow-Süd“ wird eine Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB beschlossen.

Die Rechtsverordnung gilt für das in der anliegenden Karte im Maßstab 1:4000 mit einer durchbrochenen Linie eingegrenzte Gebiet. Es wird begrenzt durch die Berliner Straße; Elsa-Brändström-Straße einschließlich der nördlich entlang der Elsa-Brändström-Straße liegenden Wohnbebauung; Trelleborger Straße; den Eschengraben; die Neumannstraße und die Wisbyer Straße.

Die Innenkante der durchbrochenen Linie bildet die Gebietsgrenze (Anlage 1).

II.

Der Entwurf der Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB für das Gebiet „Pankow-Süd“ im Bezirk Pankow von Berlin, Ortsteil Pankow wird beschlossen (Anlage 2).


3.Begründung

  1. Allgemeines

Das Gebiet, bestehend aus 16 Blöcken und zwei Blockteilflächen mit ca. 4.160 WE  soll gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB als neues Erhaltungsgebiet „Pankow-Süd“ festgesetzt werden.

Mit Hilfe der Verordnung soll die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten und die weitere Verdrängung der bereits gebietsansässigen Wohnbevölkerung verhindert werden, um negative städtebauliche Auswirkungen zu vermeiden. Die städtebaulichen Ziele sind

  1. der Erhalt des bestehenden Wohnungsangebotes mit den aktuell erreichten durchschnittlichen Ausstattungsstandards und
  2. der Erhalt der Übereinstimmung von sozialer Infrastruktur, Wohnungsangebot und Zusammensetzung der Gebietsbevölkerung.

Grundlage für die Gebietsabgrenzung bildet das 2017 im Auftrag des Bezirksamtes Pankow von der Arbeitsgemeinschaft S.T.E.R.N. GmbH und argus gmbh erstellte Gutachten zur Prüfung der Voraussetzungen für den Erlass Sozialer Erhaltungsverordnungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB für fünf Verdachtsgebiete im Bezirk Pankow von Berlin.

In dem Gutachten wurde nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB bestehendes Aufwertungspotenzial, Aufwertungsdruck, Verdrängungsgefahr - im Untersuchungsgebiet „Pankow-Süd“ vorliegen.

  1. Ausgangslage

Mit seiner Lage an der Schönhauser Allee und der Wisbyer Straße grenzt das Gebiet an attraktive Wohngebiete des Ortsteils Prenzlauer Berg und ist durch den ÖPNV (UBahn und Tram) gut erschlossen. Nutzungsstrukturell wird das Gebiet überwiegend durch Wohnnutzungen in Blockrandbebauung mit vereinzelt eingelagerten öffentlichen Infrastrukturstandorten geprägt. Verkaufsgewerbe für den täglichen Bedarf befindet sich, ohne räumliche Konzentration, in geringem Umfang in den Erdgeschossbereichen der gründerzeitlichen Bebauung.

Das Wohnquartier hat eine heterogene Baustruktur. Während der westliche und südwestliche Bereich hauptsächlich noch gründerzeitliche Strukturen aufweist und damit an die angrenzenden Gebiete im Prenzlauer Berg anknüpft (insgesamt ca. 21 % des Wohnungsbestands), prägen vor allem auch Siedlungsstrukturen der 1920er und 30er Jahre das Gebiet (ca. 37 % des Wohnungsbestands). Darüber hinaus sind eingestreute Wohngebäude aus der Zeit der DDR (ca. 16 % des Wohnungsbestands) sowie größere Neubauprojekte, die nach 1990 erstellt wurden (ca. 26 % des Wohnungsbestands) vorzufinden. Ca. 19 % der Wohnungen des Gebiets befinden sich im Eigentum städtischer Wohnungsbaugesellschaften, ca. 6 % gehören Wohnungsbaugenossenschaften und ca. 41 % sind im Besitz privater Einzeleigentümer. Ca. 34 % des Bestandes wurde bereits in Einzeleigentum umgewandelt, wovon ca. die Hälfte von den Wohnungseigentümern selbst genutzt wird.

Der Bestand weist einen gemischten, ausgeglichenen Wohnungsspiegel mit einem, im Vergleich zu reinen Altbauquartieren etwas erhöhten Anteil an 1- bis 2-Zimmer-Wohnungen auf (42 %). Ca. 21 % des Wohnungsbestandes kann mit 4- und mehr Zimmern als „familiengerecht“ bezeichnet werden.

Die Wohnungen verfügen mit einer Sanitärzelle und Sammelheizung überwiegend über einen Vollstandard (ca. 91 %). Eine im Sinne des Berliner Mietspiegels 2016 „einfache“ Bad/WC Ausstattung (wohnwertmindernde Merkmale) weisen 17 % der Wohnungen auf und ca. 19 % haben noch eine dezentrale Warmwasserbereitung. In ca. 14 % der Wohnungen erfolgt die Beheizung noch durch Kohlefeuerstellen oder Gaseinzelöfen. Etwa die Hälfte der Wohnungen liegt in Gebäuden mit Fassadendämmung. An eine moderne Photovoltaik oder Solaranlage sind lediglich 5 % der Wohnungen angeschlossen.

Von den befragten Mietern beklagen mit Schwerpunkt in den Zwischenkriegsbauten ca. 13 % gravierende Wohnungsmängel.

Die Haushalte des Gebiets sind mit einem durchschnittlichen Wohnflächenverbrauch von 44 m² pro Person und nur einem sehr geringen Anteil an überbelegten Wohnungen (4 %) unter quantitativen Aspekten sehr gut mit Wohnraum versorgt.

Das Niveau der Netto-Kaltmieten im Gebiet (Stichtag 31.10.2016) beträgt im Median 6,74 €/m², wobei die Miethöhe nach Ausstattungs-, Baualter- und Wohnflächenklassen stark variiert. Auch schwankt das Nettokaltmietniveau stark nach Art des Eigentümers der Wohnungen. Mit 4,80 €/m² im Median werden die Wohnungen von Wohnungsgenossenschaften am preiswertesten vermietet; demgegenüber verlangen im Gebiet private Hauseigentümer oder private Wohnungsunternehmen im Median eine Bestandsmiete von 6,80 €/m². Ein Vergleich der Bestandsmieten im Gebiet mit den entsprechenden Werten des Berliner Mietspiegels 2015 ergibt für die überwiegende Zahl der Tabellenwerte deutliche Überschreitungen zwischen 15 und 46 %.

Die soziale Infrastruktur in dem Gebiet „Pankow-Süd“ ist an die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung gut angepasst. Im Gebiet selbst sind folgende Einrichtungen und Angebote vorhanden:

         zwei Kindertagesstätten (Schonensche Straße, Thulestraße),

         die Trelleborg- Grundschule (Eschengraben),

         eine Sportstätte, zugehörig zur Trelleborg- Grundschule sowie

         zahlreiche Angebote zur Gesundheitsvorsorge (niedergelassene Ärzte, Therapieangebote, Apotheken etc.).

Darüber hinaus befinden sich fußläufig gut erreichbar im unmittelbaren Verflechtungsbereich des Gebiets eine Vielzahl weiterer Einrichtungen und Angebote:

         fünfzehn Einrichtungen zur Kindertagesbetreuung,

         eine Freizeiteinrichtung im Familienzentrum Upsala (Upsalaer Straße),

         drei Grün- und Erholungsflächen auf dem Andreas-Hofer-Platz, Arnimplatz und Humannplatz,

         zwei Sportstätten an der Kurt-Tucholsky Oberschule,

         fünf öffentliche Kinderspielplätze (Trelleborger Straße, Max-Lingner-Straße, Andreas-Hofer-Platz, Arnimplatz, Humannplatz) sowie

         eine Oberschule (Kurt-Tucholsky Oberschule) und eine weitere Grundschule (Carl-Humann-Grundschule).

Der an der Wisbyer Straße, zwischen Baumbachstraße und Kurze Straße gelegene „Wisbyer Platz“ ist die „grüne Lunge“ des Gebiets. Der Stadtpark bietet mit großzügigen Grünflächen, einem alten Baumbestand und zahlreichen Wegen gute Erholungsmöglichkeiten.

Die Infrastrukturangebote des Gebiets und dessen näherer Umgebung werden von den Haushalten intensiv genutzt. So nutzten mehr als die Hälfte aller Anwohner regelmäßig die Angebote der Gesundheitsversorgung und die öffentlichen Grünanlagen. Von den Familien mit Kindern nutzen ca. 76 % die Kinderspielplätze, 65 % die Angebote zur Kindertagesbetreuung und ca. die Hälfte die Grundschulen.

In dem Gebiet wohnen aktuell ca. 7.400 Einwohner in 4.200 Haushalten. Die Haushaltsgröße beträgt 2,0 Personen pro Haushalt und liegt damit etwas oberhalb des Durchschnitts im Bezirk (1,8 Pers./Hh).

Der Belkerungszuwachs der letzten fünf Jahre in dem Gebiet liegt mit 13 % deutlich über den Bezirkswerten (7 %). Die Bewohnerschaft zeichnet sich durch eine, im Vergleich zum Bezirk, geringfügig jüngere Bevölkerung mit hohen Anteilen von Bewohnern im Erwerbsalter aus (68 % Gebiet zu 60 % Bezirk) aus. Der Anteil der Haushalte mit Kindern liegt bei ca. 29 % mit ca. 5 % über dem Bezirksdurchschnitt. Der Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund im Gebiet beträgt ca. 17 % und entspricht etwa dem Bezirkswert.

Entsprechend dem etwas höheren Anteil an Bevölkerung im Erwerbsalter verfügen die Bewohner mit einem höheren Äquivalenzeinkommen und verminderten Anteilen an Haushalten unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle im Schnitt auch über eine im Vergleich zum Bezirk etwas überdurchschnittliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Dem stehen allerdings auch Bevölkerungsteile in prekären Verhältnissen mit einem deutlich erhöhten Erwerbslosenanteil von ca. 15 % (Bezirk 3,5 %) und im Median ungünstigen Einkommensverhältnissen insbesondere von jungen Alleinstehenden, alleinlebenden Senioren und Alleinerziehenden gegenüber.

Das Gebiet weist insgesamt ein intaktes soziales Gefüge mit einer gemischten, sozialstrukturell ausgewogenen Wohnbevölkerung und einem hohen Anteil an Haushalten mit Kindern auf. Das Infrastrukturangebot des Gebiets, insbesondere die Grundschulversorgung und die Kindertagesbetreuung, sind auf die spezifische Bedarfslage der derzeitigen Bevölkerung abgestellt. Die Wohnbevölkerung findet in der derzeitigen demografischen und sozialen Zusammensetzung in dem Gebiet einen bezüglich des Wohnungsspiegels, der Ausstattung und des Mietpreises bedarfsgerechten Wohnungsbestand. 

  1. Erwartete städtebauliche Entwicklung

In der Zukunft sind aufgrund der gutachterlichen Feststellungen ohne die geplante Erhaltungsverordnung erhebliche Aufwertungen des vorhandenen Wohnungs-bestandes zu befürchten.

Die sich aus dem Aufwertungspotenzial und dem Aufwertungsdruck in dem Gebiet ergebende Verdrängungsgefahr ist für Teile der Gebietsbevölkerung erheblich und geeignet, im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung ohne deren Erlass Veränderungen der Bevölkerungsstruktur und negative städtebaulichen Folgen zu bewirken.

Aufwertungspotenziale im Wohnungsbestand

Die Aufwertungspotenziale in dem Gebiet liegen im Wesentlichen in baulichen Maßnahmen im gründerzeitlichen Gebäudebestand sowie in Teilbereichen der Siedlungsbestände aus den 1920/30er Jahren und der „Vorwendebauten“. Darüber hinaus besteht in dem Gebiet noch ein erhebliches Potenzial zur Bildung von Einzeleigentum.

Die mögliche Realisierung von Aufwertungspotenzialen konzentriert sich auf den Wohnungsbestand privater Hauseigentümer oder privater Wohnungsgesellschaften der in dem Gebiet ca. 2.600 Einheiten umfasst. Davon liegen ca. 2.100 Wohnungen im Altbau und den Zwischenkriegsbauten.

Die Möglichkeiten zu baulichen Aufwertungen bestehen im Altbaubestand insbesondere in:

         kostenaufwendigen, mietumlagefähigen Wertverbesserungen vorrangig in ca. 66 % der Wohnungen (ca. 1400 WE) die derzeit nur über eine „einfache“ Ausstattung verfügen (ohne modernes Bad, Einbauküche, Aufzug etc.)sowie in 14 % der Wohnungen (300 WE) die bislang keinen zeitgemäßen Standard haben durch:

­          Verbesserung der Sanitärausstattung insbesondere durch den Einbau von zweiten Sanitärzellen,

­          energetische Gebäudesanierung über den EnEV-Standard hinaus,

­          Anbau von Balkonen und Aufzugsanlagen,

         der Zusammenlegung von Kleinwohnungen (1- und 2-Zimmer-Wohnungen) die derzeit 42 % des Gesamtwohnungsbestands umfassen, zu attraktiven größeren Einheiten (häufig auch im Zusammenhang mit der Komplettsanierung von Gebäuden und nachfolgender Umwandlung),

         den Dachgeschossausbau und die Zusammenlegung der neugeschaffenen Wohnungen zu Maisonette-Einheiten.

Eine räumliche Konzentration der Aufwertungspotenziale liegt im nord- und südwestlichen Bereich des Gebiets, weil hier in der gründerzeitlichen Bebauung eine besondere Konzentration von Instandhaltungsdefiziten (nicht erneuerte Fassaden, Gebäude ohne Schließanlagen, nicht erneuerte Fenster etc.) festgestellt werden konnte.

Auch in den Zwischenkriegsbauten im Besitz von privaten Eigentümern (26 % des Bestands) können noch erhebliche Aufwertungspotenziale ausgeschöpft werden:

         Abriss, insbesondere der „Schlichtbauten“, und Erstellung von Neubauten mit hochwertigem Wohnungsbestand,

         Dachausbau und zum Teil auch Aufstockung von Wohngebäuden,

         Modernisierung des Bestandes, insbesondere durch Zusammenlegung von Kleinwohnungen, den Ein-/Anbau von Fahrstuhlanlagen, den Anbau von Balkonen, die Erneuerung der Sanitärzellen sowie aufwendige, über den EnEV-Standard hinausgehende, energetische Gebäudesanierung.

Derzeit sind in dem Gebiet bereits ca. 34 % des Wohnungsbestandes Eigentumswohnungen. Dennoch besteht noch ein Umwandlungspotenzial (ca. 1.800 WE), das bei den aktuellen wohnungswirtschaftlichen Entwicklungen häufig im Zusammenhang mit der baulichen Aufwertung der umgewandelten Wohnungen ausgeschöpft wird.

Aufwertungsdruck auf das Gebiet

Das Gebiet „Pankow-Süd“, nördlich direkt angrenzend an den Ortsteil Prenzlauer Berg, stellt ein insgesamt lagegünstiges, gut erschlossenes, überwiegend ruhiges und attraktives Wohngebiet dar. Auch zeigt das in den letzten 5 Jahren gegenüber dem Bezirk stark überproportionale Bevölkerungswachstum die besondere Attraktivität des Wohnstandorts.

Anhaltspunkte für die Ausschöpfung der im Wohnungsbestand vorhandenen Aufwertungspotenziale bestehen u. a. durch kürzlich fertiggestellte oder aktuelle Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (ModInst.). In etwas mehr als 12 % der Bestandsmietverhältnisse wurden Modernisierungsmaßnahmen und darauf gestützte Mieterhöhungen durchgeführt. Zusätzlich kann angenommen werden, dass eine gewisse Anzahl von leergezogenen Wohnungen nach umfassenden Modernisierungen neu vermietet wurden. Auch konnten Veränderungen im Gewerbebesatz zugunsten eines höherwertigen Waren- und Dienstleistungsangebots (einfache Gastronomie und Verkaufsgewerbe zugunsten szenetypischen Einzelhandels, Cafés und Bars), vor allem im westlichen Randbereich des Gebiets festgestellt werden.

Weitere Anzeichen für Aufwertungsprozesse in den letzten Jahren sind neben den baulichen Veränderungen im Altbau- und z. T. Siedlungsbestand insbesondere die bereits vergleichsweise hohe Umwandlungsquote von ca. 34 % (Bezirk Pankow und Berlin ca. 19 %) und hierdurch bereits bewirkte Veränderungen in der demografischen und sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung des Gebiets.

Aus einem Vergleich der Bevölkerungspopulationen nach Zuzugsperioden kann entnommen werden, dass sich die nach 2006 zugezogenen Haushalte mit einem höheren Äquivalenzeinkommen (ca. 2.100 € im Vergleich zu 1.700 € von vor 2006 zugezogenen Haushalten), größeren Haushalten (+ 0,2 Pers./Haushalt) und mehr Familien mit Kindern (+ ca. 10 %) deutlich von der Stammbevölkerung mit längerer Wohndauer unterscheiden. Insbesondere seit 2014 ist die Erwerbsquote der Zugezogenen stark gestiegen (+ ca. 10 %), während der Anteil der Haushalte unter der Armutsgefährdungsgrenze deutlich abgesunken ist.

Verdrängungsgefährdung der Wohnbevölkerung

Aufgrund der bestehenden Aufwertungspotenziale in dem Gebiet und dem nachhaltigen Aufwertungsdruck auf den Wohnungsbestand müssen nachteilige Veränderungen in der sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung befürchtet werden, die das aufeinander abgestimmte Verhältnis der derzeitigen Bevölkerungsstruktur, des lokalen Wohnungsangebots und der sozialen Infrastruktur gefährdet.

Von einer Verdrängung bedrohte Teile der Gebietsbevölkerung sind insbesondere:

         die Stammbevölkerung mit einer Wohndauer von 10 Jahren und mehr. Diese Teile der Bewohner (ca. 37 % der Haushalte) zeichnen sich durch eine unterdurchschnittliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Erwerbsquote, hohe Anteile an Seniorenhaushalten und Empfängern von staatlichen Transferleistungen aus. Teile dieser Haushalte werden aus persönlichen und finanziellen Gründen nicht in der Lage sein, die von einer Verteuerung durch die Umlage von Modernisierungskosten oder Veränderung des Wohnraums u. a. durch Zusammenlegung von Kleinwohnen erzwungenen Umzüge innerhalb des vertrauten Sozialraums oder Anpassungen des Haushaltsbudgets vorzunehmen.

         Erwerbslose und Bezieher von Transfereinkommen (SGB II und SGB III). Diese ca. 15 % der erwerbsfähigen Bevölkerung sind nicht in der Lage, höhere Mieten zu verkraften, da die Miete für die Wohnung nur bis zu einer bestimmten Grenze übernommen wird. Die Situation verschärft sich für diese Bevölkerungsgruppe zusätzlich, wenn im Gebiet kleinere Wohnungen durch Zusammenlegung verlorengehen. Denn dann wird auch ein Wechsel in eine kleinere Wohnung erschwert, wenn nicht unmöglich. Für diese Gruppe gilt, dass an anderer Stelle im Stadtgebiet preisgünstiger, in der Wohnungsgröße passender Wohnraum geschaffen werden müsste. Ebenso gilt hier, dass die in diesen Haushalten lebenden Kinder auf die im Gebiet geschaffene öffentlich finanzierte Infrastruktur in besonderem Maße angewiesen sind.

         Haushalte, die trotz guter wirtschaftlicher Voraussetzungen bereits eine hohe Mietbelastung haben, so dass ihr Spielraum für weitere Kosten- steigerungen erschöpft ist. Hierdurch sind nicht nur sozial schwächere Haushalte, sondern auch Haushalte mit mittleren Einkommen von Verdrängung betroffen. Dies gilt vor allem für die Haushalte mit Kindern, die in viel geringerem Maße ihre Ausgaben zugunsten einer höheren Miete umschichten können. Da auch diese Haushalte trotz ihres höheren Einkommens auf die von der öffentlichen Hand bereit gestellte Infrastruktur angewiesen sind, müsste diese Infrastruktur im Falle einer Verdrängung an anderer Stelle neu geschaffen werden.

         Haushalte unterhalb der Armutsgrenze. Bei steigenden Mieten als Folge von Modernisierungsmaßnahmen sind Bewohner mit Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze (5 % der Haushalte) besonders von Verdrängung bedroht, da sie kaum Möglichkeiten haben durch Umschichtungen der Ausgaben steigende Mieten aufzufangen. Für diese Haushalte müsste dann an anderen Stellen im Stadtgebiet zusätzlicher preisgünstiger Wohnraum geschaffen werden. Für die in diesen Haushalten lebenden Kinder und Jugendlichen müsste darüber hinaus eine entsprechende Infrastruktur (Kitas, Schulen, Spielplätze, Jugendfreizeiteinrichtungen) geschaffen werden, da dieser Personenkreis in besonderem Maße auf die öffentlich finanzierten Angebote angewiesen ist. Auch sind Haushalte unterhalb der Armutsgrenze nicht in der Lage, eine fehlende Infrastruktur durch Inanspruchnahme privat finanzierter Angebote auszugleichen.

Städtebauliche Folgen der Veränderung der sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung und Festlegungserfordernisse

Ersatzinvestitionen durch Minderauslastung der Gebietsinfrastruktur

Das im Quartier und Umfeld mit einer Vielzahl von Einrichtungen und Angeboten infrastrukturell gut ausgestattete Gebiet entspricht der Bedarfslage der Wohnbevölkerung in der derzeitigen Zusammensetzung, die sich auch durch einen überdurchschnittlichen Anteil an Familien mit Kindern auszeichnet. Insbesondere die Grundschulversorgung durch die Trelleborg Grundschule sowie die privaten und öffentlichen Einrichtungen zur Kindertagesbetreuung im Gebiet und vor allem im unmittelbaren Umfeld decken die spezifische quartiersbezogene Nachfrage. Im Rahmen der Haushaltsbefragung wurde zudem deutlich, dass auch die Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge im Gebiet sowie die Spielplätze im Umfeld stark genutzt und als wichtig eingeschätzt werden. Eine mit der Gebietsaufwertung einhergehende wesentliche Änderung der sozialen und demografischen Zusammensetzung der Bevölkerung, insbesondere des Altersaufbaus mit geringeren Kinderzahlen würde eine Anpassung der sozialen Infrastruktur notwendig machen. Zur Vermeidung der dann erforderlichen Anpassungskosten sowie von Ersatzinvestitionen in anderen Quartieren Berlins für die abgewanderte Bevölkerung ist der Schutz der derzeitigen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung geboten.

Überlastung der Verkehrsinfrastruktur

Aktuell hat das Gebiet einen Pkw-Besatz von 273 Fahrzeugen pro Tausend Einwohnern und eine auf diesen Besatz ausgerichtete Infrastruktur für den ruhenden Verkehr, die sich bereits jetzt durch gewerbliche Nutzungen im Umfeld und angrenzende Parkraumbewirtschaftungszonen durch einen relativ hohen Parkdruck auszeichnet. Eine durch weitere Aufwertungsprozesse zu befürchtende Veränderung der Bewohnerstruktur in Richtung kleiner einkommensstarker Haushalte führt im Allgemeinen auch zu einem höheren Pkw Besatz. Hierdurch würde die vorhandene Infrastruktur überlastet bzw. zusätzliche öffentliche Investitionen zur Bedarfsdeckung erforderlich.

Verlust preiswerten Wohnraums

Aufgrund des sich auf allen Wohnungsteilmärkten Berlins reduzierenden Angebots an preiswerten Mietwohnungen hat der Berliner Senat am 28. April 2015 mit der Verordnung zur zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn gemäß § 556d Absatz 2 BGB (Mietenbegrenzungsverordnung) die Gesamtstadt zum Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt bestimmt. Zur Vermeidung bzw. Minderung öffentlicher Investition in preiswerten Ersatzwohnraum ist es daher im Interesse der Versorgung einkommensschwacher Haushalte mit angemessenem Wohnraum geboten, baurechtliche Instrumente zum Erhalt vorhandenen preiswerten Wohnraums einzusetzen.

Verstärkung von Segregationsprozessen

Die Gebietsaufwertung und die nachfolgende Verteuerung von Wohnraum lassen eine Verdrängung insbesondere der einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen mit geringer Mietzahlungsfähigkeit und damit beschleunigte Segregationsprozesse in dem Gebiet „Pankow-Süd“ befürchten. Im turnusmäßigen „Monitoring Sozial Stadtentwicklung“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ist nachgewiesen, dass gesamtstädtisch Segregationsprozesse zu beobachten sind, die durch die zunehmende Konzentration von Wohnbevölkerung mit multiplen sozialen Problemlagen zu einer besonderen sozialen Belastung einzelner Wohnquartiere führen und öffentliche Investitionen z. B. im Bereich der Städtebauförderung „Soziale Stadt“ und dem Ausbau sozialer Infrastruktur erfordern.

Die in dem Gebiet „Pankow-Süd“ zu befürchtende Verdrängung von Teilen der Wohnbevölkerung lässt eine Belebung der Wohnungsnachfrage in anderen Quartieren der Stadt, insbesondere aber der näheren Umgebung des Gebiets  erwarten. Hierdurch können Gentrifizierungsdynamiken ausgelöst werden, die diese Quartiere wiederum sozial überfordern und Folgekosten verursachen.

In der Befragung wurde zudem deutlich, dass die Nachbarschaftsbeziehungen und die damit einhergehenden Selbsthilfenetzwerke im Gebiet insgesamt sehr gut sind. Deren Fortbestand steht im unmittelbaren Zusammenhang zum Erhalt der Bevölkerungszusammensetzung. Eine Veränderung des sozialen Gefüges und resultierend des Zusammenlebens birgt Konfliktpotenziale, die sich sowohl negativ auf die Stabilität im Gebiet als auch insbesondere auf die „Ausweichquartiere“ der Verdrängten auswirken können.

Auf der Grundlage der vorstehend zusammengefassten Untersuchungsergebnisse ist daher der Einsatz des städtebaulichen Instruments einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB zum Erhalt der sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in dem Gebiet „Pankow Süd“ ein geeignetes und zulässiges Mittel, um sonst notwendig werdende städtebauliche Investitionen zu vermeiden.

  1.     Rechtsgrundlagen

§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Baugesetzbuch (BauGB)

§ 12 Abs. 2 Ziff. 4 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG)

§ 30 Gesetz zur Ausführung des Baugesetzbuches (AGBauGB)

Haushaltsmäßige Auswirkungen

Die erforderliche Personalstelle ist in der Personalplanung des Haushaltsjahres 2018 ff berücksichtigt. Gutachten sowie Leistungen einer Mieterberatung werden aus dem Titel 89331 oder 89339 finanziert.

Gleichstellungs- und gleichbehandlungsrelevante Auswirkungen

keine

Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung

keine

Kinder- und Familienverträglichkeit

entfällt

ren Benn
Bezirksbürgermeister
 

Vollrad Kuhn
Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bürgerdienste

Anlagen

Anlage 1: Karte des Geltungsbereiches der Erhaltungsverordnung „Pankow-Süd“

Anlage 2: Entwurf der Verordnung


 

Anlage 2

Entwurf

Verordnung

zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuches für das Gebiet „Pankow-Süd“ im Bezirk Pankow von Berlin, Ortsteil Pankow

vom ___.___.2017

Auf Grund des § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel  2 Abs. 3 des Gesetzes vom  20.07.2017 (BGBl. I S.  2808) in Verbindung mit § 30 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches (AG BauGB) in der Fassung vom 07.11.1999 (GVBl. S. 578), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23.06.2015 (GVBl. S.  283) wird verordnet:

§ 1

Geltungsbereich

Die Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB gilt für das in der anliegenden Karte im Maßstab 1:4000 mit einer durchbrochenen Linie eingegrenzte Gebiet „Pankow-Süd“ im Bezirk Pankow von Berlin, Ortsteil Pankow. Es wird begrenzt durch die Berliner Straße; Elsa-Brändström-Straße einschließlich der nördlich entlang der Elsa-Brändström-Straße liegenden Wohnbebauung; Trelleborger Straße; den Eschengraben; die Neumannstraße und die Wisbyer Straße.

Die Innenkante der durchbrochenen Linie bildet die Gebietsgrenze. Die Karte ist Bestandteil dieser Verordnung (Anlage).

§ 2

Gegenstand der Verordnung

Zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung bedürfen in dem in § 1 bezeichneten Gebiet der  Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung.

§ 3

Zuständigkeit

Die Durchführung der Verordnung obliegt dem Bezirksamt Pankow von Berlin.

§ 4

Ordnungswidrigkeiten

Wer eine bauliche Anlage innerhalb des Geltungsbereiches des Erhaltungsgebiets „Pankow-Süd“ gemäß § 1 dieser Verordnung ohne die dafür nach § 2 dieser Verordnung erforderliche Genehmigung rückbaut oder ändert, handelt gemäß § 213 Absatz 1 Nummer 4 BauGB ordnungswidrig und kann gemäß § 213 Absatz  3 BauGB mit einer Geldbuße belegt werden.

§ 5

Ausnahmen

§ 2 dieser Verordnung ist nicht auf Grundstücke anzuwenden, die den in § 26 Nummer 2 BauGB bezeichneten Zwecken dienen, und nicht auf die in § 26 Nummer 3 BauGB bezeichneten Grundstücke. Das Bezirksamt Pankow von Berlin unterrichtet die Bedarfsträger dieser Grundstücke von dieser Verordnung. Beabsichtigt ein Bedarfsträger dieser Grundstücke ein Vorhaben im Sinne von § 2 dieser Verordnung, hat er dies dem Bezirksamt anzuzeigen.

§ 6

Verletzung von Vorschriften

(1)    Wer die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung überprüfen lassen will, muss

  1. eine beachtliche Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften, die in § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummern 1 bis 3 des BauGB bezeichnet sind,
  2. nach § 214 Absatz 3 Satz 2 des BauGB beachtliche Mängel des Abwägungsvorganges,
  3. eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die im AG BauGB enthalten sind,

innerhalb eines Jahres  seit der Verkündung dieser Verordnung gegenüber dem Bezirksamt Pankow von Berlin schriftlich geltend machen. Der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, ist darzulegen. Nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist werden die in den Nummern 1 bis 3 genannten Verletzungen oder Mängel gemäß § 215 Absatz 1 BauGB und gemäß § 32 Absatz 2 AG BauGB unbeachtlich.

(2)    Die Beschränkung des Absatzes 1 gilt nicht, wenn die für die Verkündung dieser Verordnung geltenden Vorschriften verletzt worden sind.

§ 7

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

Berlin, den2017

Bezirksamt Pankow von Berlin

ren BennVollrad Kuhn

Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung

und Bürgerdienste

Anlage (1 Karte)

 

 

 
 

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