Drucksache - 1505/XX  

 
 
Betreff: Gegen Altersarmut - Über Grundsicherung im Alter informieren
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Gr. FDPBA/Soz
Verfasser:1. Leppek, Roland
2. Beitritt: SPD, LINKE
Liecke, Falko
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme - SB
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Vorberatung
25.09.2019 
39. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Soziales und Bürgerdienste Ausschussberatung
12.11.2019 
33. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Bürgerdienste ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beschluss
27.11.2019 
41. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln von Berlin vertagt   
04.12.2019 
42. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Kenntnisnahme
16.11.2022 
13. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen     

Beschlussvorschlag
Anlagen:
Antrag
Beitritt SPD
Überweisung Soz
Ausschuss Beschluss
Beschlussempfehlung vertagt
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme - SB

Der Ausschuss für Soziales und Bürgerdienste empfiehlt der Bezirksverordnetenversammlung die Annahme des Antrages in folgender Fassung:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird ersucht, ein Konzept zu entwickeln, wie Leistungsberechtigte über die Möglichkeit und Beantragung von Grundsicherung im Alter informiert werden können. Dabei soll auch geprüft werden, inwieweit die Mitglieder der Sozialkommissionen, die regelmäßig ältere Bürgerinnen und Bürger besuchen, einbezogen werden können.

 

Begründung: In Neukölln bezogen im Jahr 2017 5451 ältere Menschen Grundsicherung im Alter. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von Betroffenen, die anspruchsberechtigt sind, die Leistungen aus unterschiedlichen Gründen jedoch nicht beantragen. Verschiedene Erhebungen gehen bundesweit von einer Dunkelziffer bis zu 68 % aus. Die Gründe hierfür können Scham, fehlende Informationen oder die in den allermeisten Fällen unzutreffende Angst davor, dass direkte Angehörige in die finanzielle Pflicht genommen werden können, sein. In der Konsequenz müssen sich die Betroffenen materiell noch mehr einschränken, was einen Verlust an gesellschaftlicher Teilhabe bedeutet, oder das Haushaltseinkommen anderweitig aufstocken, z.B durch das Sammeln von Pfandflaschen. Diesem Zustand sollte durch ein verbessertes Informationssystem entgegengetreten werden.

 

-Schlussbericht-

 

Mit Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung vom 4. Dezember 2019 ist das Bezirksamt ersucht worden, ein Konzept zu entwickeln, wie Leistungsberechtigte über die Möglichkeit und Beantragung von Grundsicherung im Alter informiert werden können. Dabei soll auch geprüft werden, inwieweit die Mitglieder der Sozialkommissionen, die regelmäßig ältere Bürgerinnen und Bürger besuchen, einbezogen werden können.

 

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass der Bezirk die Seniorenberatung des Humanistischen Verbands Deutschlands (HvD) in der Rollbergstraße finanziert und der Geschäftsbereich Soziales dafür erhebliche Mittel einsetzt. Auch die vom Bezirk mit Mitteln des Senates eingerichtete allgemeine unabhängige Sozialberatung steht älteren Menschen an mehreren Standorten im Bezirk mit Rat und Tat zur Seite ebenso wie der bezirkliche Seniorenservice, der zum Beispiel gezielt die Teilnahme von einkommensbenachtiligten Personen an Veranstaltungen ermöglicht. In der Vergangenheit wurden aus Stiftungsmitteln auch mehrfach Tagesausflüge speziell für Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung zu einem symbolischen Beitrag organisiert, um so Teilhabe zu ermöglichen.

 

Mit Übernahme des Geschäftsbereiches Soziales im November 2021 wurde ein Konzept r eine aufsuchende Senioren- und Schuldnerberatung erstellt für eine aktive Kontaktaufnahme und Vermittlung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten an Menschen am Übergang vom Erwerbsleben in die nächste Lebensphase.  Allen Senioren sollte zum Eintritt in die neue Lebensphase ein schriftliches Gesprächsangebot gemacht werden. Bei einem Gesprächswunsch hätte dies telefonisch oder persönlich - ggf. auch mit Videotelefonie erfolgen können. Bei weitergehendem und speziellem Bedarf wäre an bestehende Beratungseinrichtungen und andere Partner (Seniorenberatung, Allgemeine unabhängige Sozialberatung, Mieterverein, Sportvereine, Gesundheitsamt etc.) verwiesen worden. Durch eine frühzeitige und aufsuchende Information über Beratungsangebote hätten die Folgen einer durch Einkommensverringerung bei Übergang in die Rente drohenden Verschuldung zielgerichteter und mit höherer Erfolgsaussicht abgewendet werden können. Durch eine zielgruppengerechte Ansprache, die bestehende Vorbehalte gegen Unterstützungsleistungen berücksichtigt, hätten auch die Hürden zur Inanspruchnahme gesenkt werden können. Auch hier gilt: das Wissen, dass Unterstützungsmöglichkeiten bestehen, stärkt die eigene Handlungskompetenz auch dann, wenn (zunächst) keine Leistungen in Anspruch genommen werden. Im Gespräch hätten sich zudem zusätzliche Bedarfe ergeben können, die zunächst nicht Anlass der Kontaktaufnahme waren.

 

Das Konzept wurde im Kern von den in Neukölln sehr erfolgreichen Hausbesuchen bei Neugeborenen übernommen, bei denen zuverlässig ca. 80% aller Familien erreicht werden können. Um gezielt Personen erreichen zu können, die jedenfalls zum Ende ihrer Erwerbsfähigkeit Leistungen nach dem SGB II erhalten haben, wurde die Unterstützung des Vorhabens in die trilaterale Zielvereinbarung zwischen Bezirk, Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter Neukölln als kommunales Ziel aufgenommen.

 

Das entsprechende Vorhabenkonzept wurde im März 2022 zur Interessenbekundung beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingereicht, das gemeinsam mit der Europäischen Union über den Europäischen Sozialfonds Plus das Programm „Stärkung der Teilhabe älterer Menschen gegen Einsamkeit und soziale Isolation“rdert.

 

Eine Berücksichtigung der Interessenbekundung fand nicht statt. Über die Gründe wurde das Bezirksamt nicht informiert.

 

Mit dem Ziel, ein niedrigschwelliges Angebot für Menschen ab einem bestimmten Lebensalter ohne Erkrankung oder Gefährdung, das frühzeitig und vorsorgend auf vorhandene Unterstützungsangebote aufmerksam macht, wurde in 2020 auch auf Landesebene eine berlinspezifische Konzeption für Präventive Hausbesuche entwickelt. Das Angebot des Präventiven Hausbesuchs richtet sich an alle Berliner und Berlinerinnen ab dem 70. Lebensjahr. Alle älteren Menschen im Jahr ihres 70. Geburtstags erhalten ein persönliches Anschreiben des Bezirks, in dem sie über den Präventiven Hausbesuch informiert werden und ein persönliches Gespräch vereinbaren können. Alternativ zum Hausbesuch sind auch hier telefonische Beratungen bzw. Beratungen an einem neutralen Ort im Quartier (z. B. Stadtteilzentrum) möglich. Mit der Durchführung der Präventiven Hausbesuche wird ein Dienstleister durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung beauftragt. Der im Neuköllner Konzept vorgesehene Schwerpunkt auf eine Schuldnerberatung entfällt hier jedoch, zudem wird die Altersgrenze von 70 Jahren nicht als optimal angesehen, da nach dem Renteneintritt, der mehrere Jahre zuvor wirksam wird, zu diesem Zeitpunkt bereits Isolationstendenzen und eine erschwerte erneute Aktivierung möglich sind.

 

Ab 2021 wurden die präventiven Hausbesuche im Rahmen einer Pilotierung in zunächst zwei Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Lichtenberg durchgeführt. In diesem Jahr findet eine Ausweitung auf drei weitere Bezirke statt, wobei Neukölln hier leider ohne vorherige Beteiligung des Bezirks keine Berücksichtigung fand. Die Auswahl der Bezirke erfolgte anhand eines datengestützten Analyserasters. Es ist jedoch eine Verankerung der Berliner Hausbesuche als gesamtstädtisches Angebot vorgesehen. Zu welchem Zeitpunkt das erfolgt, ist derzeit jedoch noch unklar.

 

Das Bezirksamt sieht den BVV-Beschluss damit als erledigt an.

 

Berlin-Neukölln, 25.10.2022

 

 

Martin Hikel Falko Liecke

Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat

 
 

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