Auszug - Vorstellung der Wohn- und Infrastrukturuntersuchung (kurz WIU) für das Sanierungsgebiet Sonnenallee/ Karl-Marx-Straße  

 
 
39. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 23.06.2015 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:10 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, Çigli-Zimmer, 1. Etage, Raum A104
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss

Herr Biedermann leitet den Tagesordnungspunkt ein

Herr Biedermann leitet den Tagesordnungspunkt ein. Herr Groth legt zunächst die  Zielrichtung des Vortrages dar: Je älter ein Sanierungsgebiet wird, desto mehr konkreti-sieren sich die Sanierungsziele. Insoweit erfasst der Bericht eine Bestandsdokumentation und einen Ausblick, wie sich das Sanierungsgebiet entwickeln könnte.

 

Herr Hempel vom Büro PFE stellt sich als Vertreter des Auftragnehmers vor. Zunächst zeigt er die Gliederung der Untersuchung auf und geht sodann auf die einzelnen Punkte ein.

 

Die erste Untersuchung entstand 2007/2008. Inzwischen hat das gesamte Gebiet einige Dynamik entwickelt, so dass eine erneute Erhebung notwendig erschien. 

 

Das Büro hat zusätzlich zum Sanierungsgebiet auch die weiteren Planungsräume Nordneuköllns untersucht, die meisten Kerndaten wurden aber für das Sanierungsgebiet erhoben.

 

Herr Hempel legt dar, dass die Einwohnerzahl im Gebiet gewachsen sei, hier die Sonnenallee etwas stärker als die Karl-Marx-Straße. Die Anzahl der dort lebenden Kinder hat zugenommen, auch in den Planungsräumen. Sehr stark gewachsen ist die Altersgruppe der 25- bis 35- Jährigen. Im Sanierungsgebiet hat die Altersgruppe der Jugendlichen und die der Senioren am deutlichsten abgenommen. Die Menschen mit Migrationshintergrund hatten an der Gesamtbevölkerung des Sanierungsgebietes einen Anteil von 54 % im Jahr 2008, dieser Anteil ist im Sanierungsgebiet und auch im  Bearbeitungsgebiet auf 53 % gesunken. Die Einwohnerzahl der unter 18 Jährigen mit Migrationshintergund ist von 82 % auf 76 % gesunken. Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist um 4 % auf 29 % gestiegen. Der Anteil der Sozialleistungsbezieher ist im Gebiet von 35% auf 28 % gesunken.

 

Im Bearbeitungsgebiet haben sich die Zuzüge verstärkt, insgesamt wohnen nunmehr  97.000 Menschen dort. Die Zuzüge im Bereich der Altersgruppe der 18- bis 25 - Jährigen und der 25- bis 35 – Jährigen haben sich am stärksten erhöht. Eine verstärkte Abwanderung ist in den Süden des Bezirks zu verzeichnen.

 

Im Sanierungsgebiet gibt es insgesamt 15.352 Wohnungen, davon im Gebietsteil Sonnenallee 9.994 und im Gebietsteil Karl-Marx-Straße 5.358. In der Karl-Marx-Straße ist der Anteil an Einzelhandelsgeschäften aber höher, daher gibt es dort auch weniger Wohnungen. Die Wohnungen teilen sich wie folgt auf: der Anteil der 2-Raumwohnungen ist im Sanierungsgebiet größer als in Nordneukölln. Das Angebot an 4 und 5 Raumwohnungen ist nur sehr schwach vertreten, so dass bestimmte Einwohner-entwicklungen die Folge sind. Im Sanierungsgebiet gibt es 55 % Singlehaushalte, aber nur 35 % entsprechende Wohnungen. Viele Einpersonenhaushalte wohnen daher auch in größeren Wohnungen.

 

Der noch im Jahr 2008 existierende Wohnungsleerstand von 10 % wurde fast in Gänze abgebaut. In der Eigentümerstruktur ist festzustellen, dass gerade die Anteile der kommunalen Wohnungsunternehmen gestiegen sind, ebenso die der Wohnungs-eigentümergemeinschaften.

 

12 % aller Gebäude und 3% aller Wohnungen im Sanierungsgebiet waren von Verkäufen betroffen. Die Auswertung von zwei Gutachten für die Mietenentwicklung hat das Ergebnis erbracht, dass die Mieten seit 2009 in verschiedenen Postleitzahlen bis zu 170% gestiegen sind. Es handelt sich aber nur um Angebotsmieten, nicht um Bestandsmieten. Die Bestandsmieten waren nur partiell auswertbar. Im Sanierungsgebiet sind die realen Nettokaltmieten zwischen 2008 und 2013 nach einer Untersuchung der BSG um 28,5% gestiegen.

 

Im Sanierungsgebiet ist der Bedarf an sozialer Infrastruktur im Hinblick auf Kitas gut gedeckt. Die Auswertung ist jedoch aufgrund der freien Wahl bei Kitas nicht konkret aussagekräftig. Einen klaren Fehlbedarf gibt es bei den Jugendfreizeiteinrichtungen. Es gibt zudem ein Defizit an Grünflächen, weil der Raum an sich sehr dicht bebaut ist.

 

Im Vergleich der Einwohnerentwicklungsprognose mit den Nachverdichtungspotentialen Nordneuköllns ist festzustellen, dass mehr Wohnungen für den Zuwachs zur Verfügung gestellt werden müssten. Im Gebiet Sonnenallee sind die Dachraumausbauten häufiger als in der Karl-Marx-Straße, darüber kann der Bedarf an Wohnraum jedoch nicht gedeckt werden.

 

Aufgrund der Einwohnerprognosen wird zukünftig ein Fehlbedarf an Kitas entstehen, auch an Senioreneinrichtungen steigt der Bedarf im Hinblick auf die Einwohnerprognosen.

 

Im Vergleich mit anderen Planungsräumen hat das Sanierungsgebiet eine Attraktivität erfahren. Der Anstieg der Mieten ist sehr stark, aber das Ausgangsniveau der Mieten war vorher allgemein niedriger dort. Allerdings wird sich der Bedarf an Grün nicht befriedigen lassen.

 

Der Ausschussvorsitzende fragt, ob weiteres Bevölkerungswachstum nur im Zusammenhang mit neuen Wohnungengesehen wird.  In anderen Studien hat sich eine Tendenz zur Zunahme vonüberbelegten Wohnungen ergeben. Erwartet man dort keine weitere Zunahme? Herr Hempel legt dar, dass dies aus den Zahlen nicht ableitbar sei. Bei weiterem Zuzug wird der Wohnungsmarkt jedoch immer enger und bei Neuvermietung werden sich Preise erhöhen.

 

Herr Laumann ist der Auffassung, die Zahlen zeigen, dass das Thema Wohnen eines der Sanierungsziele sein muss. Die Leitsätze der Stadterneuerung Berlins müssen hier umgesetzt werden, auch die genannten Zahlen würden das untermauern. Seine Forderung wäre, dass sich die Sanierungsziele an der Schaffung von preiswertem Wohnraum orientieren müssen. Der Wohnanteil muss nicht verringert werden, sondern sollte mindestens so bleiben, wie er ist.

 

Frau Fuhrmann schließt sich dem an, sie findet die Datensammlung beeindruckend. Sie zieht einen Vergleich mit dem Jahr 2011, als der Wohnungsaspekt nur eine geringe Rolle spielte und es um die Verbesserung der Infrastruktur ging. Dass der Wohnaspekt in den Fokus gerückt ist, empfindet sie als wichtig und richtig. Der Bericht würde deutlich machen, dass in Nordneukölln eine Verdrängung existiert, so dass die Sanierungsziele auf den Erhalt der angestammten Wohnbevölkerung gerichtet sein sollten und die Wohnstandards nicht derart gehoben werden. Das solle betont werden. Frau Fuhrmann fragt, ob es möglich ist, neuen Wohnraum zu schaffen, denn Dachausbauten würden teure Mieten bedingen, wenn zudem noch Fahrstühle ein- oder angebaut würden. Wie werden die Instrumente wie das Zweckentfremdungsverbot und Milieuschutz eingebunden?

 

Herr Dobberke bedankt sich für die Zahlen. Die Thesen von Frau Fuhrmann werden seiner Auffassung nicht von der Bestandsaufnahme erfasst. Eine Verdrängung könne nicht abgeleitet werden, da nur die Angebotsmieten erfasst werden konnten, jedoch keine Bestandsmieten. Er ist zudem der Meinung, dass man die Mietsteigerungen mithilfe von Milieuschutz nicht verhindern könne. Auch die Eigentümerstruktur zeigt, dass die Eigentümer Berlinansässige sind. Insofern könne kein Zuzug von Eigentümern, die luxussanieren wollen, nachgewiesen werden. Das Mietniveau war bis zum Jahr 2008 im Sanierungsgebiet offenbar niedrig und hat sich jetzt vielmehr auf ein Normalmaß entwickelt.

 

Herr Küstner (Bürger) zeigt sich verwundert über die gezeigte Eigentümerstruktur, würde aber gerne aufgeschlüsselt bekommen, um welche Vermieter es sich genau handelt. Dies würde im Rahmen der Diskussion um Verdrängung benötigt. Er fragt nach, ob man aufgrund der Änderungsbewegungen Konkretes über die Sozialstruktur ableiten könne. Bedeuten die Zahlen, dass in dem Gebiet der soziale Aufstieg gelungen ist oder die Menschen, die über weniger Einkommen verfügen, weggezogen sind?

 

Herr Laumann bittet Herrn Dobberke, sich die Zahlen anzuschauen. Die Eigentümer, die das Gebiet ertüchtigen wollen, hätten sich zu professionellen Eigentümern entwickelt, die nur eine Berliner Adresse vorweisen würden. Er erinnert, dass Herr Hempel dargelegt habe, dass die Mieten im Sanierungsgebiet über dem Berliner Durchschnitt liegen.

 

Herr Hempel fasst zu den Fragen abschließend zusammen, dass das Thema Verdrängung nicht durch die Studie beantwortet werden kann. Es handelt sich vielmehr um eine Situationsanalyse und einen Ausblick. Die Schlussfolgerung obliegt der Politik und Verwaltung. Herr Hempel führt an, dass Milieuschutz und auch Nachverdichtung städtebauliche Fragen seien. Verträglichkeitsgrenzen von Einwohnern oder die Begrenzung von Nachverdichtungspotentialen, um das Defizit an Freiflächen nicht noch mehr zu begrenzen, kann man aus den Zahlen ableiten. Aber die Frage der Mietpreisentwicklung ist ein Prozess, der sich durch eine Bestandsaufnahme nicht beantworten lässt.

 

Herr Biedermann bedankt sich und fragt, ob die Präsentation verschickt werden kann, was bejaht wird.


 
 

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