Auszug - Bericht zum Seniorenwohnhaus "Haus Harz"  

 
 
8. öffentliche Sitzung des Sozialausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Sozialausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 12.06.2012 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:55 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Seniorenwohnhaus "Haus Harz" - Gemeinschaftsraum
Ort: Neuköllner Straße 336-342, 12355 Berlin
 
Beschluss

Die Vorsitzende begrüßt das Vorstandsmitglied der Baugenossenschaft IDEAL, Herrn Abraham

Die Vorsitzende begrüßt das Vorstandsmitglied der Baugenossenschaft IDEAL Herrn Abraham. Es folgt ein Rundgang durch das Haus. Nach der Führung erläutert Herr Abraham den Anwesenden zunächst einige grundsätzliche Informationen zum Haus Harz.

 

Grundstückseigentümer ist das Land Berlin. Das Grundstück wurde durch die IDEAL in den 70’er Jahren beliehen und das Haus Harz zwischen 1976 und 1978 mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus errichtet. Mit dem Bezirksamt Neukölln war ein Generalmietvertrag abzuschließen. Weitere Auflagen für den Bau waren eine Belegungs- (Errichtung eines Seniorenwohnheimes) und eine Mietpreisbindung (Kostenmiete). Bei der Kostenmiete handelt es sich um diejenigen Kosten, welche im laufenden Betrieb des Hauses entstehen und die Grundlage der Mieten darstellen. Die Baugenossenschaft erzielt nach Angaben von Herrn Abraham keinen Gewinn.

 

Das Haus verfügt über 118 Wohneinheiten (WE) und wird von der IDEAL bewirtschaftet. Es besteht ein nicht unerheblicher Leerstand (22 von 118 WE).

 

Aufgrund der einmaligen Vertragskonstellation (nicht Eigentümer des Grundstücks) werden keine Modernisierungsmaßnahmen im größeren Stil vorgenommen und auf Vorhaben der Instandhaltung beschränkt. Die Herrichtung/Renovierung freier Wohnungen erfolgt in der Regel erst, wenn ein Neueinzug durch Abschluss eines Nutzungsvertrages feststeht. Schönheitsreparaturen erfolgen im Bedarfsfall. Seit 2005 versucht die IDEAL, diese Vertragssituation in Gesprächen mit dem Bezirk bzw. der Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) abzuändern.

 

Herr BzStR Szczepanski führt aus, dass der Zustand des Hauses aus Sicht des Bezirks sowohl bei der Vermietung wie auch dem allgemeinen Zustand nicht zufriedenstellend ist. Der Leerstand ist den vergleichsweise hohen Mieten geschuldet, die bspw. für Grundsicherungsempfänger/-innen nicht mehr finanzierbar sind (Bsp. 40m2 Wohnung 498,93 €, 51 m2 Wohnung 620,61 €).

 

Im Haushaltsansatz 2012 sind als Mietausgleich 126.000 € eingeplant, die aufgrund des hohen Leerstandes nicht auskömmlich sein werden. Auch das Bezirksamt Neukölln möchte die für beide Seiten unbefriedigende Vertragskonstellation ändern. Es besteht für das Land Berlin mit
6-monatiger Frist die Möglichkeit den Generalmietvertrag jeweils zum Jahresende zu kündigen. Die Übernahme durch den Bezirk stellt jedoch ein zu hohes finanzielles Risiko dar. Hier ist SenFin gefordert und das Bezirksamt Neukölln befindet sich hier in intensiven Verhandlungen. Die Rechte der Mieterinnen und Mieter dürfen unabhängig von einer zukünftigen Regelung auf keinen Fall beeinträchtigt werden.

 

Die Vorsitzende stimmt der problematischen Situation zu und erteilt den Ausschussmitgliedern für ihre Fragen das Wort.

 

Herr Drzyzga fragt, ob es im Rahmen der Deckungsbeitragsregelung Überlegungen gab, die Mieten zu senken, und die sodann bestehenden Differenzen als Mietausfall an die IDEAL zu überweisen. Herr BzStR Szczepanski gibt an, dass es in diese Richtung durchaus Überlegungen gab, jedoch aus haushaltsrechtlichen Gründen verworfen werden mussten.

 

Herr BzStR Szczepanski verneint die Frage von Frau Schiffler, ob die Vermietung auch an Studenten möglich wäre, da lt. Generalmietvertrag nur an einkommensschwache ältere Menschen vermietet werden darf. Herr Abraham bestätigt dies. Darüber hinaus führen deutliche
Generationsunterschiede erfahrungsgemäß eher zu Problemen und funktionieren vielmehr im nachbarschaftlichen Zusammenleben als innerhalb eines Hauses.

 

Herr Rosenland fragt, ob 1.) die zuvor gehörten Miethöhen die Heizkosten bereits beinhalten, 2.) welche Zielstellungen das Bezirksamt Neukölln bei einer Neugestaltung der Vertragssituation verfolgt und 3.) ob ggf. der Betrieb als Mehrgenerationenhaus möglich wäre.

 

Herr BzStR Szczepanski bestätigt die erste Frage. Herr Abraham ergänzt, dass die Miethöhe bruttowarm, also inklusive Heiz- und Betriebskosten ausgewiesen ist. Zu 2.) Es besteht die Möglichkeit des Grundstücksverkaufs an die IDEAL, welche auch kaufen möchte. Dies liegt jedoch in der Zuständigkeit von SenFin. Möglich wäre auch eine Kündigung des Mietvertrages, wenn die wirtschaftlichen Risiken durch SenFin abgefedert werden. Es gibt derzeit intensive Verhandlungen in diese Richtung, die Erfolgsaussichten sind jedoch nicht absehbar. Herr Abraham ergänzt, dass die IDEAL mehrfach Angebote für das Grundstück bei SenFin abgegeben hat, und es für den symbolischen Preis von 1 € übernehmen würde. Bisher ist SenFin an einer bieterorientierten Abgabe interessiert, jedoch scheint tendenziell gerade ein politisches Umdenken einzusetzen. Herr BzStR Szczepanski weist darauf hin, dass keine Verschlechterung für die Mieter eintreten wird, der Zustand des Hauses eher im Gegenteil hiervon profitieren würde. Zu 3.) Ein Mehrgenerationshaus ist durch die Mieter nicht gewünscht.

 

Die Vorsitzende fragt im Zusammenhang mit einem möglichen Verkauf an die IDEAL, ob dieser Auswirkungen auf die Mieten hätte. Herr Abraham verneint dies mit Blick auf die vertraglich festgelegte Umlegung der tatsächlich anfallenden Kosten (Kostenmiete). Müssten die Grundstückskosten (Verkehrswert) in die Kostenmiete eingerechnet werden, wären die derzeitigen Miethöhen bei anstehenden Modernisierungen nicht mehr durchsetzbar. Die Bewohner können nach einem Verkauf Mitglied der Genossenschaft werden.

 

Frau Vonnekold fragt, ob die Bewohner eine Mitgliedschaft finanziell realiseren können, und ob bei mieterseitigen Umbaumaßnahmen eine Rückbauverpflichtung, verlangt durch das Bezirksamt Neukölln, besteht. Herr Abraham teilt hierzu mit, dass eine Rückbauverpflichtung zu den vertraglichen Standards gehöre. Sofern ein/e Nachmieter/in die erfolgten Umbauten übernimmt, tritt diese(r) in die Rückbauverpflichtung ein. Zudem muss die Genossenschaft hier ihren Mitgliedern gegenüber finanziell schadfrei gehalten werden.

 

Zur (Neu)Mitgliedschaft innerhalb der Genossenschaft teilt Herr Abraham mit, dass für eine normale Wohnung fünf Anteile a 180,- € zu erwerben sind. Die Höhe ist mit üblichen Kautionsleistungen vergleichbar. Es gibt keine rechtliche Grundlage für die Beendigung des Nutzungsverhältnisses, sofern der/die Mieter/in nicht Mitglied werden möchte.

 

Herr BzStR Szczepanski weist darauf hin, dass im Einzelfall (bspw. im Todesfall eines Mieters ohne ermittelbare Familienangehörige/Erben) das Bezirksamt Neukölln für die Rückbaukosten einsteht.

 

Frau Hall-Freiwald berichtet, dass ein freier Träger zusammen mit Stadt und Land ein Wohnungsbauprojekt mit grundsicherungsfreundlichen Mieten (rd. 350,- € bruttowarm) über ESF-Mittel realisiert hat, und fragt in diesem Zusammenhang, ob Mietreduzierungen möglich seien. Herr Abraham kann bei zukünftigen Sanierungen durchaus Potenzial für sinkende Betriebskosten (z. B. geringere Heizkosten durch Wärmedämmung) erkennen. Bei Neubau sind Wohnungen möglich, die die Kriterien der WAV bzw. AV-Wohnen erfüllen. Im konkreten Fall des Hauses Harz müssten die Grundrisse der Wohnungen verkleinert werden, um die Richtwerte einhalten zu können.

 

Frau Künning fragt, ob frei werdende Wohnung weitervermietet werden, und wie die Menschen von freien Wohnungen erfahren. Herr BzStR Szczepanski berichtet, dass das Haus Harz im bezirkseigenen monatlichen Veranstaltungskalender des Seniorenservices beworben wird, die Wege der Bekanntmachung aber durchaus vielfältiger sein könnten. Aktuell gibt es zwei Neuvermietungen und eine Anfrage. Herr Abraham verweist zu dieser Frage auf den Satzungsauftrag der Genossenschaft, der ausschließlich gegenüber den Mitgliedern besteht. Frau Haynes ergänzt zu dieser Frage abschließend, dass es zu ca. 5 – 10 Besichtigungen in der Woche kommt.

 

Frau Gascho fragt, warum das Grundstück nicht für den symbolischen 1 € verkauft wird, statt jährlich Mittel für den Verlustausfall vorzuhalten. Herr BzStR Szczepanski erklärt dies mit den Besonderheiten der vertraglichen Konstellation und dem bisher auf Landesebene fehlenden politischen Willen, diese zu ändern. Für Herrn Abraham sind hierfür die gegensätzlichen Interessen des Landes bzw. des Bezirkes mit ausschlaggebend. SenFin hat diese Kosten nicht, die der Bezirk hier zu tragen hat.

 

Frau Schiffler fragt, ob sämtliche behindertengerechte Umbauten von den Mietern zu tragen sind. Herr Abraham erläutert, dass ein behindertengerechter Umbau mit vertretbaren Mitteln nicht realisierbar ist; barrierefreie Umbauten dagegen schon. Entsprechende Umbauten des Bades oder auch der Küchen werden mit Zuzahlung durch die Mieter vorgenommen.

 

Frau Aktürk fragt, warum die Seniorenwohnungen so teuer seien. Herr Abraham erklärt dies erneut mit der durchaus nicht leicht verständlichen Kostenmiete.

 

Herr Rosenland fragt 1) um welche Größe es sich bei dem in Rede stehenden Grundstück handelt, 2) ob bei einem Neuvertrag Änderungen hinsichtlich des Personenkreises möglich seien und 3) warum der Bezirk die freien Wohnungen nicht anmietet und günstiger untervermietet.

 

Zu Frage 2). und 3.) verweist Herr BzStR Szczepanski auf die Landeshaushaltsordnung (LHO), über die eine solche Konstellation nicht darstellbar ist. Es wird auch grundsätzlich nach einer
Generallösung gesucht, Teillösungen sind nicht zielführend. Die Vorsitzende Frau Schoenthal
wendet ein, dass die LHO dahingehend zumindest überprüft werden sollte. Herr Abraham teilt zur ersten Frage mit, dass es sich bei dem Grundstück um eine Größe von rd. 4.800 m2 mit einem Verkehrswert von 1,2 Mio. € handelt. Die Vorsitzende bemerkt, dass auf dem Grundstück eine verdichtende Bebauung stattfinden könnte. Hier verweist Herr Abraham auf bestehende Bebauungspläne und die Notwendigkeit der Zustimmung des Bezirksamts Neukölln für entsprechende Überlegungen.

 

Herr Dr. Reller erkundigt sich nach dem aktuellen Stand der Kredittilgungen für das Haus Harz. Herr Abraham teilt mit, dass kleinere Darlehen bereits getilgt sind, die größeren noch nicht.

 

Frau Vonnekold greift die Thematik einer Nachverdichtung der Grundstücksfläche auf und fragt, ob SenFin einem Verkauf wohlwollender gegenüberstehen würde, wenn bei Neubauten günstigere Mieten angeboten werden könnten. Aus Sicht von Herr Abraham handelt es sich hier noch um “Zukunftsmusik“, da zuvor erst ein Abschluss mit SenFin und ggf. dem Liegenschaftsfonds herbeigeführt werden muss. SenFin strebte bisher ein Bieterverfahren für den Verkauf an. Langsam setzt jedoch ein Umdenken ein. Herr Abraham möchte in diesem Zusammenhang auch das Wunschdenken sozialverträglicher Neubauten für breite Bevölkerungsschichten beenden. Neubau kostet heutzutage 9,- €/m2 aufwärts und Geringverdiener sind nicht die ausgewiesene Zielgruppe. Ausnahme für sozialverträgliche Mieten bilden aus seiner Sicht die kommunalen Anbieter, welche geringere Mieten festlegen könnten.

 

Die Vorsitzende beendet den TOP und bedankt sich bei Herrn Abraham. Sie schlägt vor, das Thema bei Vorliegen aktueller Entwicklungen erneut auf die Tagesordnung zu nehmen.

 


 
 

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