Bezirksamtsbeschluss 22/21 N

Die Bezirksverordnetenversammlung hat beschlossen, dass die bisher namenlosen Stadtteilbibliotheken die Namen von drei Frauen, die sich insbesondere als Bildungs- und Kulturschaffende Neuköllnerinnen bleibende Verdienste erworben haben, erhalten sollen.

Die Stadtteilbibliotheken haben in den Jahren 2020 und 2021 neue Namen erhalten.

Die Benennung der Bibliothek in Britz-Süd nach der Britzer Malerin Margarethe Kubicka fand am 2. September 2020 im Rahmen des Bezirkstages des Senators für Kultur und Europa, Dr. Klaus Lederer, statt.

Die Benennung der Bibliothek im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt nach der Neuköllner Kommunalpolitikerin Gertrud Junge fand am 9. September 2021 statt. Als Bezirksverordnete setzte sich Gertrud Junge engagiert für die Errichtung eines generationenübergreifenden Kultur- und Stadtteilzentrums in der bereits im Bau befindlichen Gropiusstadt ein.

Die Benennung der neu errichteten Bibliothek Alt-Rudow nach Gertrud Haß erfolgte am 17. September 2021. Die Namensgeberin Gertrud Haß war eine Neuköllner Demokratin und ehemalige Stadtverordnete, die sich für eine Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten für Kinder und Arbei-ter:innen sowie die Rechte der Frauen einsetzte.

Gertrud Uster wurde 1881 geboren und heiratete 1899 den späteren Bezirksbürgermeister von Neukölln Alfred Scholz. Dieser ließ sich 1919 von ihr scheiden. 1928 heiratete Gertrud Scholz dann den Stadtverordnetenvorsteher Johannes Haß und nahm seinen Namen an. Gertrud Haß starb am 18. April 1950 und wurde neben ihrem Gatten auf dem Wilmersdorfer Friedhof beigesetzt. Der Grabstein trägt den Namen Gertrud Haß.
In ihren autobiografischen Notizen „Gertrud Hass. Leben und Wirken“ wird über beide Ehen berichtet. Aus diesem Bericht geht hervor, dass sie erst mit ihrem zweiten Ehemann, Johannes Haß, glücklich geworden ist. Über die Auflösung der ersten Ehe schreibt sie: „Leider war diese ersehnte, schöne Zeit nur von kurzer Dauer. Mein Mann wollte sich von seiner Familie trennen. Die erste Ehe hatte damit ihr Ende. Dies Ende war kein schöner Sonnenuntergang, der langsam verglühte und eine schöne Erinnerung zurückließ“.
Die Bibliothek nach Gertrud Scholz zu benennen hieße, diesen Lebensweg mitsamt ihren Erinnerungen nicht zu respektieren. Es ist zudem bedenklich, dass Gertrud Haß mit dieser Benennung quasi auf ihre Rolle als Bürgermeistergattin reduziert würde. Es könnte zumindest der Eindruck ent-stehen, dass der Name Scholz gewählt wurde, damit die Verbindung zum Bezirksbürgermeister eindeutig ist. Dies ist auch aus emanzipatorischer Sicht bedenklich.

Das Bezirksamt hat deswegen entschieden, die Stadtteilbibliothek Rudow nach Gertrud Haß zu benennen. Dadurch wird der Beschluss der BVV umgesetzt, und es wird dem Lebensweg der Namensgeberin gerecht.

Das Bezirksamt sieht die Drucksache damit als erledigt an.