Hunderte Kinder ohne Einschulungsuntersuchung

Pressemitteilung vom 30.06.2021

In Neukölln werden bis zu 900 Kinder ohne Einschulungsuntersuchung in die Schule starten. Gesundheitsstadtrat Falko Liecke mahnt daher eine bessere Ausstattung der bezirklichen Gesundheitsämter an.

Gesundheitsstadtrat Falko Liecke: „Ich fordere seit vielen Jahren eine bessere personelle Ausstattung für die Berliner Gesundheitsämter. Aufgrund ihrer bedeutenden Rolle als dritte Säule unseres Gesundheitssystems und sowohl für die individuelle Gesundheit aber auch die Bevölkerungsmedizin, müssen die Gesundheitsämter krisenfest ausgestattet sein.

Sie müssen auch während einer Pandemie in der Lage sein, ihre wesentlichen Regelaufgaben zuverlässig zu erfüllen. Dazu gehören die Einschulungsuntersuchungen. Aber auch die Hygiene- und Umweltmedizin mit Schädlingsbekämpfung und Trinkwassersicherheit genauso wie der sozialpsychiatrische Dienst oder die Beratung für chronisch kranke Menschen.

Ziel muss es daher sein, das Gesundheitsamt in die Lage zu versetzen, außerhalb von Krisenlagen mit breiter Primärprävention gesundheitsrelevantes Verhalten der Bevölkerung zu stärken und im Krisenfall in kürzester Zeit reaktionsfähig zu sein.“

Bis zum Beginn des Schuljahres werden voraussichtlich 900 der knapp 3.100 Schulanfänger nicht kinderärztlich gesehen werden können. Zu der Zahl der in diesem Jahr erstmals schulpflichtigen Kinder kommen noch die Rücksteller aus dem vergangenen Jahr sowie Kinder, die auf Wunsch der Eltern vorzeitig eingeschult werden sollen. Da noch bis zum Beginn des Schuljahres Untersuchungen vorgenommen werden, handelt es sich bei dieser Zahl um eine Prognose.

Um diese Zahl möglichst weiter zu verringern wird es noch bis zum Start des Schuljahres, also auch während der Sommerferien Untersuchungen geben. Wie im vergangenen Jahr auch gibt es von Seiten des Gesundheitsamtes Neukölln zudem die Möglichkeit, auch nach Beginn des Schuljahres vorstellig zu werden, soweit Auffälligkeiten zu beobachten sind. Grundsätzlich steht der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst auch außerhalb der Einschulungsuntersuchungen für medizinische und sozialkompensatorische Beratung zur Verfügung.

Neben den individuellen Aspekten der Einschulungsuntersuchungen ist langfristig auch die bevölkerungsmedizinische Erfassung des Entwicklungsstandes aller Schulanfänger zu einem definierten Zeitpunkt relevant. Es ist daher wichtig festzuhalten, dass sich die Einschulungsuntersuchungen nicht an eine bestimmte, durch soziale oder gesundheitliche Merkmale definierte, Gruppe richtet. Sie richtet sich im Regelfall an alle Kinder. Gegenteilige Eindrücke, die aufgrund der besonderen Lage und dem vermuteten Fokus auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen entstehen könnten, sind falsch.

Wesentlicher Grund für die nicht in vollem Umfang durchführbaren Untersuchungen in diesem Jahr ist die pandemische Lage, die nunmehr seit über einem Jahr anhält. Auch die Fachbereiche des Gesundheitsamtes – außerhalb des Pandemiestabes – waren zeitweise vom Lockdown, in dem eine persönliche Kontaktaufnahme nur im Ausnahmefall möglich war – betroffen. Aufgrund der notwendigen Hygienevorkehrungen konnten außerhalb dieser Zeit nicht im gleichen Maße Termine vergeben werden, wie vor der Pandemie. Zudem mussten Warteräume zeitweise zu Arbeitsplätzen des Pandemiestabes umgenutzt werden, was zu weiteren Einschränkungen im Ablauf führte.

Gleichzeitig wurden öfter als sonst üblich Termine von Seiten der Eltern abgesagt – oft auch wegen einer notwendigen Isolierung als Index- oder Kontaktperson. Zeitweise wurde medizinisches Personal im Pandemiestab eingesetzt und stand für die Aufgaben im KJGD nicht durchgängig oder mit vollem Stellenanteil zur Verfügung.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Infektionsgeschehen in Neukölln im Gegensatz zu anderen Kommunen und Berliner Bezirken zu keinem Zeitpunkt derart zurückgegangen ist, dass ein Abbau der medizinischen Kapazitäten im Pandemiestab vertretbar gewesen wäre. Die notwendige Abwägung zwischen Infektionsschutz und verschiedenster anderer Aufgaben im Gesundheitsamt musste daher leider zu Lasten unter anderem der wichtigen Aufgaben des KJGD gehen.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch in anderen Berliner Bezirken nicht alle Einschulungsuntersuchungen wie geplant durchgeführt werden können.