Drucksache - 1785/V  

 
 
Betreff: Zweckentfremdung wirkungsvoll bekämpfen - Gesetz auf Wirkungen überprüfen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Matischok, Hauptenbuchner 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin
21.03.2019 
26. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-STREAM) überwiesen   
Bürgerdienste und Wohnen Entscheidung
28.03.2019 
20. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste und Wohnen ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
16.05.2019 
27. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
28.01.2021 
45. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag SPD vom 12.03.2019
2. Antrag SPD vom 12.03.2019
3. BE BüdWohn vom 28.03.2019
4. Beschluss vom 17.05.2019
5. VzK SB vom 10.12.2020

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin Datum: 06.11.2020

Jugend, Familie und Bürgerdienste Tel.: 23700

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 1785/V 

Mitte von Berlin


Vorlage -zur Kenntnisnahme-

über Zweckentfremdung wirkungsvoll bekämpfen - Gesetz auf Wirkungen überprüfen

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 16.05.2019 folgende Anregung an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1785/V):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, die Strukturen im Amt für Bürgerdienste so zu verbessern,

dass die Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes tatsächlich realisiert

werden kann. Gleichzeitig sollen unerwünschte Nebenwirkungen des

Zweckentfremdungsrechts möglichst vermieden werden, insbesondere dort, wo dies dazu

führen würde, dass Träger ihre Leistung, welche diese für den Bezirk oder das Land

erbringen, andernfalls nicht oder nicht angemessen erfüllen könnten.

 

Entscheidende Schwachstellen zur Umsetzung des Zweckentfremdungsrechts sind zu

analysieren und Strategien zur Abhilfe zu entwickeln.

 

Soweit weitere Schritte wie Klärungen, Änderungen und Anpassungen von Gesetzes- oder

Verordnungstexten und dergleichen erforderlich sind, wird dem Bezirksamt empfohlen sich

bei den zuständigen Stellen für die notwendigen Schritte einzusetzen.

Dazu gehört explizit auch die Anpassung des Zweckentfremdungsrechts dahingehend, dass

unerwünschte Nebenwirkungen nicht eintreten.

 

 

Das Bezirksamt hat am 01.12.2020 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung nachfolgenden Bericht als Schlussbericht zur Kenntnis zu geben:

 

Das Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum trat in Berlin am 01.05.2014 in Kraft. Damit wird Wohnraum vor Zweckentfremdung durch Leerstand, Abriss und der Umwandlung in Gewerberaum oder Ferienwohnung geschützt.

 

Aktuell wird eine Novellierung des ZwVbG durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen angestrebt. Dazu hat das Bezirksamt Mitte zum 30. Oktober 2020 eine Stellungnahme abgegeben. Das Bezirksamt hält eine Anhebung des Höchstbetrages für das Zwangsgeld und verschärfte Vorschriften zu Ordnungswidrigkeiten für geboten. Sollte sich durch zusätzliche Regelungen des Gesetzes ein personeller Mehraufwand ergeben, muss dieser durch Finanzierung weiterer Stellen kompensiert werden. Der personelle Mehraufwand ließe sich entweder durch einen Personalzuwachs in den Bezirken und/oder durch die Auslagerung von Aufgaben wie der Treuhänderregelung an eine zentrale Bearbeitungsstelle lösen. Dies hätte auch den Vorteil, dass komplexe Verfahren einheitlich in allen Bezirken vorgenommen würden. Das Bezirksamt würde eine solche Einheitlichkeit begrüßen.

 

Das Verbot wird im Bereich Zweckentfremdung im Amt für Bürgerdienste umgesetzt und angewendet. In den rechtsanhängigen Verfahren zur Zweckentfremdung wird das bezirkliche Rechtsamt tätig. Sowohl in den rechtsanhängigen Verfahren zur Zweckentfremdung als auch im Vorfeld zur zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung bzw. zur Erteilung eines zweckentfremdungs-rechtlichen Negativattestes mit der Feststellung, es handele sich nicht um schützenswerten Wohnraum iSd § 1 Abs. 3 ZwVbG werden seitens der Beschwerde- bzw. Klägerseite Fachgutachten und Fachexpertisen, Renditerechnungen u.ä. als Beleg für deren Rechtsauffassung vorgelegt. 

 

Es gehört regelmäßig zur Amtsermittlung der Zweckentfremdung bzw. zur Amtsermittlung des Rechtsamtes sich mit diesen Gutachten u.a. auseinanderzusetzen. Dem Bezirksamt obliegt es im Rahmen seines Amtsermittlungsgrundsatzes, die von der Beschwerde- bzw. Klägerseite eingereichten Gutachten, Expertisen, usw., die zu dem Ergebnis kommen, der Erhalt des Wohnraums sei entweder nicht mehr schützenswert aus tatsächlichen Gründen oder aus wirtschaftlichen Gründen im Sinne des ZwVbG und seiner AV, zu entkräften. Da die entsprechende Expertise weder in der Zweckentfremdung noch im Rechtsamt vorliegt, gab es in der Vergangenheit größere Schwierigkeiten die Expertise fristgemäß vorzulegen und Zuständigkeiten zu regeln.

 

Für eine verbesserte Anwendung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes wurden organisatorische Maßnahmen ergriffen. In Bezug auf die tatsächlich bauordnungsrechtlich oder planungsrechtlich erforderlichen Maßnahmen sowie in Bezug auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung gemäß den AV-ZwVb tritt zukünftig das Stadtentwicklungsamt als Verfahrensbeteiligter mit fachlicher Expertise ein. Vor diesem Hintergrund wurde eine Verfahrensvereinbarung abgeschlossen. Sie regelt die Zusammenarbeit im Bezirksamt Mitte bei zweckentfremdungsrechtlichen Verwaltungsverfahren mit oder ohne gerichtlicher Verfügung. Diese Verfahrensvereinbarung trat am 01.03.2020 in Kraft und findet Anwendung insbesondere für erforderliche Wirtschaftlichkeitsberechnungen, vorzunehmende Plausibilitätsprüfungen sowie deren Beurteilung, bauordnungsrechtliche und planungsrechtliche Bewertungen und Stellungnahmen sowie deren Beurteilung.

 

Strukturelle Probleme verursachen seit Jahren im Bereich der Zweckentfremdung eine personelle Unterbesetzung. Im Bereich der Zweckentfremdung wurden sowohl befristete Stellen über die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen eingerichtet als Beschäftigungspositionen, als auch unbefristet Stellen über das Bezirksamt verankert. Im Wege der Abordnung von der Senatsverwaltung Stadtentwicklung und Wohnen stehen dem Bezirk Mitte seit Juli 2016 vier Vollzeitstellen für die Sachbearbeitung befristet zur Verfügung. Die erste Befristung endete Ende 2018 und eine weitere Verlängerung schloss sich bis zum 30.06.2021 an.

 

Eine kontinuierliche Stellenbesetzung konnte unter diesen Rahmenbedingungen nicht sichergestellt werden. Stellenbesetzungsverfahren mussten mangels Bewerber- und Bewerberinnenlage mehrfach wiederholt werden. Diese Stellenbesetzungen weisen außerdem eine hohe Fluktuation aus, was für den Einarbeitungsprozess und den notwendigen Wissenstransfer zusätzliche Personalressource bindet. Tatsächlich waren in 2018 und 2019 davon nur ca. 55% der Stellen besetzt. Aktuell sind von den 8 VZÄ 7 besetzt. Zudem sind von den vier Beschäftigungspositionen, d.h. befristeten Stellen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, 3 Stellen besetzt.

 

Vor diesem Hintergrund einer fehlenden kontinuierlichen Stellenbesetzung haben sich in den letzten Jahren Rückstände gebildet und Überlastungen im Bereich der Zweckentfremdung wurden angezeigt.

 

Zur Abarbeitung zweckentfremdungsrechtlicher Angelegenheiten mussten Prioritäten festgelegt werden, wobei vorrangig sowohl auf gesetzliche Aufgaben als auch auf gesetzliche Fristen abgestellt wurde.

 

Fallkonstellation

Sachverhalt

Rechtsgrundlage der Zweckentfremdung

Rechtsgrundlage der Bearbeitung

Priorität

Frist

Konsequenz

Begründung

Stellungnahmen für die Bauaufsicht

Stellungnahme-ersuchen der Bauaufsicht bei  Nutzungsänderungen und Abriss von Wohnraum

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 und 5 ZwVbG

§ 63 BauO Bln / § 63b BauOBln / § 64 BauOBln

1

1 Monat

Genehmigungsfiktion nach der Bauordnung
Kostenvererechnung mit der Bauaufsicht veranlassen

gesetzliche Verpflichtung der Beteiligung

Genehmigungsfrei-stellungen

Trägerwohnungen (Wohlfahrt, Jugend-, Sozialhilfe, Altenhilfe oder Pflege, Frauenhäuser etc., finanziert über Zuwendungen oder Vereinbarung mit Land Berlin)

§ 2 Abs. 1 ZwVbG

§ 3 Abs. 1 ZwVbVO

2

3 Monate

Untätigkeitsklage möglich
Den Trägern ist mitzuteilen, dass unabdingbar die Vereinbarung mit der zuständigen Senatsverwaltung beizufügen ist.

Politische Brisanz


Fallkonstellation

Sachverhalt

Rechtsgrundlage der Zweckentfremdung

Rechtsgrundlage der Bearbeitung

Priorität

Frist

Konsequenz

Begründung

Abrissanträge

Abriss von Wohnraum gegen Ersatzwohnraum oder einmalige Ausgleichszahlung

§ 2 Abs. 1 Nr. 5 ZwVbG

§ 3 Abs. 1 ZwVbG

2

3 Monate

Untätigkeitsklage möglich

Politische Brisanz

Anträge auf Negativatteste

Antragsteller halten Nutzung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken, Leerstand oder Abriss für nicht genehmigungsbe-dürftig, meist weil nicht für schützenswerten Wohnraum deklariert

§ 2 Abs. 2 ZwVbG

§ 5 ZwVbVO

3

3 Monate

Untätigkeitsklage möglich

keine Ruhendstellungen oder Moratorien mehr (in Fällen analog BVerfG); politische Brisanz bei Anträgen wegen Feststellung nicht schützenswerten Wohnraums


Fallkonstellation

Sachverhalt

Rechtsgrundlage der Zweckentfremdung

Rechtsgrundlage der Bearbeitung

Priorität

Frist

Konsequenz

Begründung

Anträge auf Leerstandsgeneh-migungen

Leerstand über 12 Monate hinaus wegen Sanierung zu Wohnraum

§ 2 Abs. 1 Nr. 4 ZwVbG

§ 3 Abs. 1 ZwVbG

2

3 Monate

Untätigkeitsklage möglich
sehr öffentlichkeits-wirksam

Politische Brisanz

Amtsermittlungs-verfahren

Verfahrenseröffnung bei Verdacht des ungenehmigten Leerstands oder der Zweckentfremdung jeder Art mit dem Ziel der Rückführung zu Wohnzwecken

§ 2 ZwVbG

§ 4 ZwVbG

3

ohne

Zweckentfremdung wird fortgeführt

Politische Brisanz

Andere Genehmigungs-anträge

sonstige gewerbliche Nutzung, z.B. als Büro, Flüchtlingsunter-bringung, Hostel, öffentliches Interesse (Kita o.ä.)

§ 2 Abs. 1 ZwVbG

§ 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 ZwVbG

4

3 Monate

Untätigkeitsklage möglich

 


Fallkonstellation

Sachverhalt

Rechtsgrundlage der Zweckentfremdung

Rechtsgrundlage der Bearbeitung

Priorität

Frist

Konsequenz

Begründung

Antrag auf Genehmigung und Registriernummer

Ferienwohnungen in Haupt- oder Nebenwohnungen

§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZwVbG

§ 3 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 ZwVbG

4

3 Monate

Untätigkeitsklage möglich

 

Teilgewerbliche Nutzung als FeWo (Registriernummer)

Vermietung eines Zimmers oder des kleineren Teils der Hauptwohnung - genehmigungsfrei, registrierungspflichtig

§ 2 Abs. 2 Nr. 5 ZwVbG

§ 5 Abs. 6 ZwVbG

4

3 Monate

 

 

Ordnungswidrig-keitenverfahren
Bis zum Zeitpunkt der Stellenbesetzung sollen grundsätzlich keine OWIs  eröffnet werden.

meist bei abgeschlossenen Verwaltungsverfahren und klarer Beweislage als Strafe und zur Gewinnabschöpfung durch Bußgeld

§ 2 ZwVbG

§ 7 ZwVbG

5

ohne

Zweckentfremdung wird fortgeführt

 

Registriernummer-anfragen für bereits erteilte Genehmigungen

Ferienwohnungen genehmigt als Zweitwohnung oder gegen Ersatzwohnraum oder Ausgleichsabgabe

§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZwVbG

§ 5 Abs. 6 ZwVbG

6

3 Monate

 

Nicht mehr relevant

Grundsätzlich sind die Antragsverfahren in der Reihenfolge des Eingangs zu bearbeiten. Bezogen auf die Genehmigungsfreistellungen für Trägerwohnungen werden diese mit einer hohen Priorisierung vorgenommen. Die Anzahl der Trägerwohnungen in Mitte beträgt derzeit ca. 400. Jedoch reichen häufig die Träger die erforderlichen Unterlagen, die zu einer Freistellungsbescheinigung führen, nicht ein. Um hier Abhilfe zu schaffen ist ein verstärkter Personaleinsatz dringend erforderlich.

A)      Rechtsgrundlage

§ 13 i.V. mit § 36 BezVG

 

B)      Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

  1. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

keine

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

Keine

Berlin, den 01.12.2020

Bezirksbürgermeister von Dassel Bezirksstadträtin Reiser

 
 

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