Drucksache - 0782/V  

 
 
Betreff: Bericht über Räumungen und flankierende Maßnahmen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Matischok, Hauptenbuchner 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion DIE LINKE
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.10.2017 
11. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
21.06.2018 
19. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-Stream) mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag SPD, LINKE vom 10.10.2017
2. Beschluss vom 19.10.2017
3. VzK als SB vom 15.05.2018
4. Anlage

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

(Text siehe Rückseite)

 


Bezirksamt Mitte von BerlinDatum:19.04.2018

Ordnung, Personal und FinanzenTel.:32200

 

BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr.: 0782/V

Mitte von Berlin


Vorlage -zur Kenntnisnahme-

über „Bericht über Räumungen und flankierende Maßnahmen“

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 19.10.2017 folgende Anregung an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 0782/V):

 

Das Bezirksamt wird ersucht der BVV vorläufig bis April 2018 monatlich über den jeweils vorangegangenen Monat einen Bericht über die vorgenommenen Räumungen zu geben. Der Bericht soll den Ort des Räumungseinsatzes benennen, die (ggf. geschätzte) Anzahl der betroffenen Schlafstätten und betroffenen Personen, Erkenntnisse über den Personenkreis (insbesondere Problemlagen), die angebotenen Hilfestellungen und die involvierten Träger der aufsuchenden Sozialarbeit und der diesen Trägern gewährte Zeit zur Betätigung. Bei den angebotenen Hilfestellungen soll differenziert werden insbesondere inwieweit

 

-            eine Ermittlung der für die Beantragung von Sozialleistungen zuständigen Sozialämter und Jobcenter,

-            eine Überprüfung inwieweit aufgrund vorangegangener Beschäftigung in Deutschland Anspruch auf Grundsicherungsleistung besteht,

-            ein Verweis auf Beratungsangebote für Wanderarbeitnehmer*innen,

-            eine Information über die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Über­brückungsleistungen

 

stattgefunden hat.“

 

Das Bezirksamt hat am 24.04.2018 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Die Beschlussfassung der Bezirksverordnetenversammlung vom 19.10.2017 zur Drucksache 0782/V steht in einem engen Zusammenhang mit anderen Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung zum Themenbereich Obdachlosigkeit, mit dem in erster Linie Empfehlungen und Ersuchen im Rahmen der Zuständigkeit des Amtes für Soziales an das Bezirksamt gerichtet wurden.

 

Das Bezirksamt hat nach Gesprächen auf Arbeitsebene, zwischen den Amtsleitungen und einer Thematisierung in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung und Gleichstellung am 27.11.2017 in seiner Sitzung vom 28.11.2017 die Federführung der Abteilung Ordnung, Personal und Finanzen übertragen.

 

Gleichzeitig konnte in der Ausschussberatung eine veränderte Berichterstattung zu der Drucksache verabredet worden: Eine monatliche Berichterstattung über die fünf Monate war aus der Sicht des Bezirksamtes alleine durch die Bearbeitungsabläufe innerhalb des Amtes nicht umsetzbar. Daher wurde eine abschließende Berichterstattung zur Bilanz der Kältehilfe 2017/2018 in einer gemeinsamen Ausschusssitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales sowie des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung und Gleichstellung festgelegt, die hiermit vorgelegt wird.

 

Der vorliegende Bericht deckt den Zeitraum vom 01.11.2017 bis 15.03.2018 mit 135 Arbeitstagen ab. Die erbetenen Informationen wurden von Seiten der Verwaltung und der beteiligten Arbeitsbereiche bestmöglich zusammengetragen.

 

In der Bearbeitung des Ersuchens wurde davon abgegangen, den durch das Ordnungsamt verwandten Begriff Räumung zum Gegenstand dieser Berichterstattung an die Bezirksverordnetenversammlung zu machen, denn mit dem Begriff Räumung im Bereich des Ordnungsamtes werden alle Einsätzen bezeichnet, die sich auf sämtliche illegale Lagerstätten im öffentlichen Raum beziehen unabhängig ob es sich dabei nur um verbale Hinweise zur Nichtzulässigkeit einer Niederlassung im öffentlichen Raum handelt, der nach Ansprache sofort beendet wird oder um eine konzertierte Aktion in der Regel mit Dienstkräften der Polizei, des Straßen- und Grünflächenamtes und der BSR, in der Müll und Unrat zu beseitigen und verlassene, aber noch nutzbare Gegenstände sichergestellt werden müssen.

 

In den 135 Arbeitstagen gab es eine Vielzahl von Einsätzen des Ordnungsamtes. Die Mitarbeiter_innen des Allgemeinen Ordnungsdienstes wurden alle darauf sensibilisiert, bei allen Einsätzen - auch bei denen, die sich auf illegale Lagerstätten im öffentlichen Raum bezogen wurden Personen im Umfeld mit den mehrsprachigen Flyern über die sozialen Angebote und Leistungen des Amtes für Soziales informiert.

 

Es wurden insgesamt 103 Einsätze durchgeführt, über die Aufzeichnungen im Sinne des Ersuchens der Bezirksverordnetenversammlung geführt wurden.

 

Es wird dabei darauf hingewiesen, dass die Zusammenstellung der Informationen mit sehr hohem Zeitaufwand verbunden war, der selbstverständlich zu Lasten anderer Verwaltungsaufgaben der beteiligten Arbeitsbereiche des Bezirksamtes ging.

 

Ausgehend von dem aufgeführten Beschluss wurden folgende Informationen zusammengestellt:

  1. der Ort des Räumungseinsatzes,
  2. die (ggf. geschätzte) Anzahl der betroffenen Schlafstätten und betroffenen Personen,
  3. Erkenntnisse über den Personenkreis (insbesondere Problemlagen),
  4. die angebotenen Hilfestellungen und
  5. die involvierten Träger der aufsuchenden Sozialarbeit und die den Trägern gewährte Zeit zur Betätigung benennen;

 

zusätzlich sollte bei den angebotenen Hilfestellungen differenziert werden insbesondere inwieweit

  1. eine Ermittlung der für die Beantragung von Sozialleistungen zuständigen Sozialämter und Jobcenter durchgeführt wurde,
  2. eine Überprüfung aufgrund vorangegangener Beschäftigung in Deutschland Anspruch auf Grundsicherungsleistung durchgeführt wurde,
  3. ein Verweis auf Beratungsangebote für Wanderarbeitnehmer*innen ausgehändigt wurde,
  4. eine Information über die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Überbrückungsleistungen gegeben wurde.

 

Zur Beantwortung wurde eine Zusammenstellung der Informationen in tabellarischer Form vorgenommen.

 

Zu den o.g. Punkten 1-4 wurden folgende Daten zusammengestellt:

-          Datum Meldung illeg. Nutzung

-          Datum des Einsatzes

-          Informationsweitergabe zum Einsatz an

-          Ort des Räumungseinsatzes

-          Anzahl der angetroffenen Personen

-          Anzahl der Schlafstätten

-          Geschlecht (m)

-          Geschlecht (w)

-          Geschlecht (N/A)

-          Nationalität(en) der Personen

-          Anmerkungen Personen (besondere Problemlagen)

 

 

Die Auswertung der insgesamt 103 Einsätze des Ordnungsamtes im Zusammenhang mit Lagerstätten auf öffentlichem Straßenland oder in Grünflächen ergab, dass insgesamt sieben „umungen“ im Sinne der Begriffsbestimmung der öffentlichen Debatte durch die Bezirksverordnetenversammlung zu verzeichnen waren.

 

Dabei kann unterschieden werden zwischen einerseits Großeinsätzen und andererseits regulären Einsätzen. Als Großeinsätzen sind die Beräumung illegalen Lagerstätten zu verstehen, wo es aufgrund der Anzahl der im Vorfeld der Feststellung angetroffenen Personen bzw. Schlafstätten einer Vorbereitungszeit und einer Planung zum Zusammenziehen der Kräfte als auch der Informationsbereitstellung an andere Ämter und die Polizei bedurfte.

 

 

Insgesamt gab es im Berichtszeitraum drei Großeinsätze mit dem Ziel, illegale Lager aufzulösen:

        02.11.2017 (u.a. Hansaplatz, Zooverbindungsweg)

        09.11.2017 (u.a. Spreebogenparkt, Kl. Tiergarten, Mühlendammbrücke)

        05.12.2017 (Geschwister-Scholl-Str., Zooverbindungsweg)

 

Bei allen Großeinsätzen wurde stets im Vorfeld durch den AOD die Räumung gegenüber den betroffenen Personen einige Tage vorher angekündigt als auch der mehrsprachige Flyer mit Hilfsangeboten im Bezirk verteilt. Die Ansprache im Vorfeld hat sich als eine positive und deeskalierende Arbeitsweise etabliert. So wurden nur noch wenige Personen am Tag einer Großumung angetroffen. Ebenso wurden bei allen Großeinsätzen im Vorfeld neben der Polizei auch das Sozialamt sowie der bezirkliche Präventionsbeauftragte in Kenntnis gesetzt.

 

Daneben stehen vom Ordnungsamt sog. Einzeleinsätze, darunter sind die Vorfälle zu verstehen, bei denen der Allgemeine Ordnungsdienst des Ordnungsamtes (AOD) im Rahmen des regulären Streifendienstes auf vereinzelte illegale Lagerstätten getroffen ist, ohne dass es hierzu im Vorfeld eine Meldung gab (Ausnahme: in drei Fällen gab es eine Meldung vom SGA) und bei denen  im Rahmen der regulären Arbeit ad hoc ein direkter Platzverweis bzw. eine Aufforderungen zur Auflösung der illegalen Lagerstätte ausgesprochen werden konnte.

 

Bei allen Einzeleinsätzen wurde im Rahmen der Ansprache der mehrsprachige Flyer mit Hilfsangebot verteilt.

 

Bei einer Einzelräumung am 09.11.2017 wurden vier Personen aus dem Spreebogenpark geräumt. Informationen über den Einsatz ergingen auch in diesem Fall an das Amt für Soziales, das Gesundheitsamt und die Polizei.

 

Bei zwei Einzeleinsätzen zog das Ordnungsamt kurzfristig die Polizei bzw. das Sozialamt und den Präventionsbeauftragten dazu:

        14.02.2018 (Schillerpark, Burg),

        23.02.2018 (Hackescher Markt).

 

In den beiden Fällen handelte es sich um aggressive Personen, mit denen das Ordnungsamt bereits in der Vergangenheit negative Erfahrungen (so wurde z.B. im Juni 2017 eine Mitarbeiterin des Allgemeinen Ordnungsdienstes mit Urin überschüttet) gemacht hatte.

 

Ad hoc Einzeleinsätzen gehören zum Tagesgeschäft und zur Aufgabenstellung des Allgemeinen Ordnungsdienstes.

 

Grundsätzlich bleibt bei allen Formen von Räumungen und bei den Einsätzen im Zusammenhang mit Lagerstätten im öffentlichen Straßenland bzw. in Grünanlagen festzuhalten, dass die Mitarbeiter_innen des Ordnungsamtes diesen Aufgaben aus nachvollziehbaren Erwägungen sehr ungern nachkommen.

Dennoch wird der gesetzliche Auftrag, dem hier das Ordnungsamt für das Bezirksamt Mitte Folge zu leisten hat, entsprechend umgesetzt.

 

Bei der Ansprache von Personen auf öffentlichem Straßenland und in Grünanlagen bleibt das Ziel, den rechtmäßigen Zustand aus Sicht des Bezirksamtes wieder herzustellen.

 

Dabei ist auf die Aufgabenfülle des Ordnungsamtes hinzuweisen, der beschränkte Ressourcen des Allgemeinen Ordnungsdienstes gegenüberstehen. Gerade auch die Berücksichtigung der durch die Bezirksverordnetenversammlung zusammengestellten Aufgaben (Diskotheken, Spielhallen, ruhender Verkehr außerhalb der Parkraumbewirtschaftung „Zweite-Reihe-Parker“ u.a.m.) bedeuten, dass Effizienzgesichtspunkte zwingend in der Arbeit des Ordnungsamtes wie in allen Arbeitsbereichen des Bezirksamtes zu berücksichtigen sind.

 

Die Mitarbeiter_innen des Allgemeinen Ordnungsdienstes sind sich genauso wie das Bezirksamt insgesamt bewusst, dass es sich bei jedem illegalen Lager mit obdachlosen Personen auch um persönliche Einzelschicksale handelt und dass Obdachlose Hilfe und Unterstützung brauchen.

 

Ergänzend zu der Darstellung der Groß- und Einzeleinsätze hat das Ordnungsamt durch die Dokumentation aller 103 Einsätze in dem Zeitraum auch eine Dokumentation hinsichtlich der angetroffenen Personen durchgeführt, die u.a. mit Informationsflyern versorgt wurden.

 

Es wurden bei allen 103 Einsätzen 138 Personen angetroffen wobei einige Personen (18) mehrfach in Erscheinung traten. Von den 138 Personen waren 120 Personen männlich und 14 Personen weiblich. Bei vier Personen wurde keine Geschlechtszuordnung festgehalten.

 

Es wurden insgesamt 14 Nationalitäten festgestellt (in alphabetischer Reihenfolge):

 

        Afghanisch: 7 (5,19%)

        Bulgarisch: 3 (2,22%)

        Deutsch: 32 (23,70%)

        Estnisch: 3 (2,22%)

        Französisch: 4 (2,96%)

        Iranisch: 5 (3,70%)

        Italienisch: 3 (2,22%)

        Lettisch: 13 (9,63%)

        Litauisch: 4 (2,96%)

        Peruanisch: 2 (1,48%)

        Polnisch: 40 (29,63%)

        Rumänisch: 4 (2,96%)

        Tschechisch: 2 (1,48%)

        Tunesisch: 1 (0,74%)

        N/A: 12 (8,89%)

 

Obdachlos (akut wohnungslos) ist derjenige Mensch, der keine Unterkunft hat und demzufolge Tag und Nacht auf der Straße zubringen müsste.

 

Obdachlos ist nach bestimmten Auffassungen auch diejenige Person, deren Unterkunft nach objektiven Anforderungen nicht mehr einer menschenwürdigen Unterkunft entspricht. Es wird zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Obdachlosigkeit unterschieden.

 

Nur die unfreiwillige Obdachlosigkeit begründet die sachliche Zuständigkeit einer Behörde für die Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung/Beseitigung der Obdachlosigkeit. Bei einer freiwilligen Obdachlosigkeit besteht kein Anspruch auf Unterbringung. Freiwillig Obdachlose üben ihr Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gem. Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) aus. Gleichwohl kann es aber Betreuungsnagebote geben, die jedoch prozyklisch wirken. Dem Versuch Ausstiegsangebote zu entwickeln sind hier Grenzen gesetzt.

 

Anders als die freiwillige Obdachlosigkeit stellt die unfreiwillige Obdachlosigkeit eine Störung der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Grenze zwischen der freiwilligen und der unfreiwilligen Obdachlosigkeit ist jedoch fließend. So kann ein_e ehemals freiwillig Obdachlose_r durch einfache und glaubwürdige Erklärung und/oder sein Verhalten seine/ihre unfreiwillige Obdachlosigkeit jederzeit erklären bzw. anzeigen.

 

Der Übergang von der freiwilligen in die unfreiwillige Obdachlosigkeit hängt somit in erster Linie von dem Verhalten bzw. von dem Willen des betroffenen obdachlosen Menschen ab. Bei der Beseitigung von Obdachlosigkeit ist jedoch die Selbsthilfe vorrangig.

 

 

Keine Obdachlosigkeit liegt daher vor, wenn:

        ausreichend Wohnraum vorhanden ist, dieser jedoch nur mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand seine_s Benutzer_in mit gesundheitlichen Gefahren für Dritte verbunden ist;

        eine zur Verfügung gestellte Unterkunft abgelehnt oder nicht bezogen wird;

        sich eine Person durch eigenes zurechenbares Verhalten der Nutzungsmöglichkeit einer Unterkunft entzieht, indem sie beharrlich gegen die innere Ordnung der zugewiesenen Einrichtung verstößt (Hausverbot);

        eine Person über genügend finanzielle Mittel verfügt, sich selbst helfen zu können (eigenes, ausreichend hohes Einkommen oder entsprechend hoher Kontostand bzw. Bargeldbestand) und/oder

        eine Person sich selbst helfen kann, z.B. durch Unterkommen bei der Familie, bei Freunden oder Bekannten.

 

 

Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und unverheiratet sind, sind regelmäßig auf den Haushalt der Eltern zu verweisen, so-fern diese über eine eigene Wohnung verfügen (vgl. § 22 Abs. 5 SGB II). Lediglich wenn das Jobcenter einem Auszug aus dem elterlichen Haushalt zustimmt oder bereits zugestimmt hatte, darf nicht zwingend auf diesen verwiesen werden. Die Einholung einer Stellungnahme des Jobcenters ist hier ggf. erforderlich.

 

 

Zur Heterogenität der Lebenslage obdachloser Menschen soll auf folgende Personengruppen hingewiesen werden (keine abschließende Aufzählung):

        Geflüchtete ohne eigene Wohnung ca. 6.500 Personen / 3.500 Bedarfsgemeinschaften (BG), keine unbegleiteten Jugendlichen (Jug)

        Wohnungslose (ohne Fluchtkontext) mit und ohne Migrationshintergrund ca. 2.800 Personen

        Personen, die Leistungen nach dem AsylbLG erhalten (ohne Wohnungslose)

        Straßenobdachlose, die nicht zu den genannten Personenkreisen gehören, mit und ohne Migrationshintergrund

        Arbeitsmigrant_innen (EU), die wohnungslos sind oder von Wohnungslosigkeit bedroht oder in prekären Wohnverhältnissen leben

        Nomad_innen“, die bei Freunden und Bekannten wohnen (zum Teil auch ausgebeutet werden) und keinen eigenen Wohnraum haben

 

 

Schon aus dieser Aufzählung werden die integrationsrelevanten und gleichstellungsrelevanten Herausforderungen deutlich, derer sich auch das Bezirksamt Mitte in seinem Handeln bewusst ist.

 

Insgesamt muss daher aus der Sicht des Bezirksamts Mitte die präventive Arbeit gestärkt werden, um Obdachlosigkeit zu verhindern. Allerdings setzt Prävention je nach Gruppe der Betroffenen an ganz unterschiedlichen Punkten an. Primat der Prävention bedeutet:

        ausreichend bezahlbaren Wohnraum schaffen;

        Vermeidung von Wohnungsverlust z.B. durch Kooperation mit dem JC;

        Kooperation mit Ursprungsregionen;

        Keine falschen Anreize schaffen den öffentlichen Raum als Wohnraum zu nutzen;

        Konsequent und zeitnah gegen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorgehen.

 

Dabei ist es auch gemeinsame Auffassung der Fachleute aus den beteiligten Ämtern, dass das Vernachlässigen rechtlicher Rahmenbedingungen keine Option darstellt, da es das Vertrauen in den Rechtsstaat unterminiert und so die Problemlösung nur erschwert.

 

Dabei soll ausdrücklich betont werden, dass die Zusammenarbeit der betroffenen Ämter innerhalb des Bezirkes sowohl von den Mitarbeitenden als auch durch das Bezirksamt ist als gut bis sehr gut beschrieben wird. Es gibt hier so gut wie kein weiteres Verbesserungspotenzial.

 

Aus Sicht des Bezirksamtes sind Räumungen das letzte Mittel. Um Räumungen zu vermeiden muss die präventive Arbeit gestärkt werden, um Obdachlosigkeit zu verhindern. Obdachlosigkeit ist zudem kein einzelnes Problem des Bezirks Mitte und kann genauso wenig vom Bezirksamt alleine gelöst werden. Vielmehr handelt es sich mindestens um ein landesweites Problem. Das Bezirksamt erhofft sich hier durch sein Engagement in der landesweiten Strategiekonferenz ein Engagement der zuständigen Senatsverwaltungen, um Verdrängungseffekte zu vermeiden.

 

 

Das bezirkliche Ordnungsamt und das bezirkliche Amt für Soziales haben nur eine kleine gemeinsame Schnittfläche: unfreiwillig obdachlose Menschen, die im öffentlichen Raum auffällig sind.

Hierbei sei auf die bereits gemachten Aussagen zur Heterogenität der Gruppe der von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen hingewiesen, die differenzierte Ansätze sowohl in der Prävention als auch im Unterstützungssystem beinhalten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Sowohl aus der Auswertung des Ordnungsamtes als auch aus der Statistik der Kältehilfe wird deutlich, dass die EU-Bürger_innen, die keine Unterkunft (mehr) haben, die statistisch weitaus größte Gruppe der Betroffenen stellen.

Damit werden Wohnungslose mit Migrationshintergrund (mit und ohne Fluchtkontext) die Zielgruppe, die den größten Teil der Ressourcen binden.

Derzeit besteht der Eindruck, dass die bisherigen Integrationsangebote von den Betroffenen nur sehr schlecht angenommen. Auch der Einsatz von externen Trägern führt nicht automatisch zu einer Verbesserung der Situation. Es bedarf daher innovativer Ansätze, die sowohl personell als auch konzeptionell besser zu untersetzen sind. Das Amt für Soziales hat hier im Herbst letzten Jahres mit einem Organisationsentwicklungsprozess begonnen, der eng mit der Strategiekonferenz verwoben ist.

 

Demgegenüber hat die Obdachlosigkeit durch Wohnungsverlust z.b. infolge von Mietrückständen o.ä. auch durch eine im Zeitverlauf verringerte Zahl an Räumungsklagen eine deutlich geringere Bedeutung.

Dennoch setzt hier eine Präventionsarbeit an, durch das Jobcenter gemeinsam mit dem Amt für Soziales wahrgenommen wird.

 

 

Notwendig ist ein Anreizsystems zur erfolgreichen Loslösung von der Straße. Welche Maßnahmen wirklich zu einer erfolgreichen Bekämpfung von Straßenobdachlosigkeit führen, wird zur Zeit sowohl auf Landesebene als auch im Bezirksamt intensiv erörtert. Wichtige Erkenntnisse erhofft sich das Bezirksamt durch die Einrichtung von Straßensozialarbeit im Amt für Soziales.

 

Doch auch hierbei und generell sind für eine erfolgreiche Analyse und für eine erfolgreiche Entwicklung wirksamer Maßnahmen die einzelnen Fallkonstellationen und Zielgruppen deutlich auseinander zu halten.

 

Gleichzeitig wird durch die koordinierte Arbeit des Ordnungsamtes und des Amtes für Soziales auf die Angebote des Sozialdienstes der Fachstelle für Wohnungsnotfälle des Amtes für Soziales aktiv hingewiesen:

        sozialpädagogische Beratung und Unterstützung bei drohendem Wohnungsverlust;

        sozialpädagogische Beratung und Unterstützung bei Mietschulden;

        sozialpädagogische Beratung und Unterstützung bei Obdachlosigkeit und Unterbringungsbedarf in einem Wohnheim;

        Vermittlung und Unterbringung in eine/r betreuten Wohnform gemäß § 67/ 68 SGB XII (z.B. betreutes Einzelwohnen);

        Beratung in mit o.g. Hilfen in Zusammenhang stehenden Sozialleistungsfragen;

        sozialpädagogische Beratung und Vermittlung bei persönlichen Krisensituationen (Wohnungsnotfälle).

 

Auf die notwendige konsequente Unterscheidung zwischen Wohnungsnotfällen und Obdachlosigkeit wurde bereits hingewiesen.

 

A)    Rechtsgrundlage:

§ 36 in Verbindung mit § 13 Bezirksverwaltungsgesetz

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

  1. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

Keine.

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

Keine.

Berlin, den 24.04.2018

 

 

Bezirksbürgermeister von Dassel

 
 

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